TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/14 90/11/0162

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Veröffentlicht am 14.05.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §13 Abs1;
KDV 1967 §29;
KFG 1967 §64 Abs6;
KFG 1967 §67 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des A gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Juli 1990, Zl. VerkR-18.146/5-1990-I/Si, betreffend Erteilung einer inländischen Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, begehrte mit dem bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebrachten Antrag vom 20. Oktober 1989 die Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B aufgrund der ihm in der Türkei erteilten Lenkerberechtigung. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Juli 1990 wurde dieser Antrag "mangels der erforderlichen Fahrpraxis" gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der Erteilungsvoraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe gelenkt hat, für die die Lenkerberechtigung erteilt wurde, und wenn bei ihm keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit, der geistigen und körperlichen Eignung und der fachlichen Befähigung bestehen.

2. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht außer Streit, daß der Beschwerdeführer am 10. Februar 1987 in Österreich (Wels) einen ordentlichen Wohnsitz begründet hat.

Strittig ist u.a. die Frage einer ausreichenden Lenkpraxis des Beschwerdeführers auf Grund seiner ausländischen Lenkerberechtigung. Bei der Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, daß das glaubhaft zu machende Lenken im Zeitraum eines Jahres rückgerechnet vom Zeitpunkt der Antragstellung liegen muß und weiter zurückliegende Lenkzeiten nicht zu berücksichtigen sind. Das glaubhaft gemachte Lenken innerhalb der in Rede stehenden Jahresfrist muß berechtigterweise erfolgt sein. Schließlich ist ein bloß gelegentliches Lenken nicht als ausreichend anzusehen (vgl. zum ganzen die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1985, Zl. 83/11/0163, in Form von Rechtssätzen abgedruckt in Slg. Nr. 11.912/A, vom 23. Jänner 1987, Zl. 86/11/0080, und vom 6. Juni 1989, Zl. 89/11/0067).

Diese Rechtslage verkennt der Beschwerdeführer, wenn er meint, die relevante Fahrpraxis müsse nicht im Jahr vor der Antragstellung gelegen sein, sondern es genüge eine insgesamt einjährige Fahrpraxis auf Grund der ausländischen Lenkerberechtigung und es komme nicht darauf an, in welchem Zeitraum sie erworben worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch aus der Sicht des vorliegenden Falles nicht veranlaßt, von der dargestellten Rechtsprechung abzugehen.

Was den nach dem Gesagten maßgebenden Zeitraum eines Jahres vor Stellung des Antrages vom 20. Oktober 1989 anlangt (darauf, ob der Beschwerdeführer, wie er behauptet, bereits im Februar 1988 bei der Bundespolizeidirektion Wels einen inhaltsgleichen Antrag gestellt hat, wird noch eingegangen werden), hat der Beschwerdeführer im Verfahren vor der Erstbehörde bei seiner Vernehmung am 18. Dezember 1989 vorgebracht, er habe "von Dez. 1988 bis jetzt" mit seinem Pkw in Österreich ca. 30.000 km zurückgelegt. In dieser Zeit sei er im Ausland nicht gefahren, in der Türkei habe er seinen Pkw das letzte Mal im August 1988 gelenkt. In seiner Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er habe in Österreich Kraftfahrzeuge der Gruppe B im Jahr nach der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes (am 10. Februar 1987) und auch im Jahr vor der Antragstellung gelenkt. Außerdem habe er "insbesondere im Ausland Fahrten mit Kraftfahrzeugen der relevanten Gruppe durchgeführt, dies inbesondere zur Urlaubszeit".

Die belangte Behörde wertete dieses Vorbringen dahin, daß es dem Beschwerdeführer damit nicht gelungen sei, eine ausreichende anrechenbare Fahrpraxis in der Zeit von Oktober 1988 bis zur Antragstellung im Oktober 1989 glaubhaft zu machen.

Die belangte Behörde hat im Licht der oben dargestellten Rechtslage das Vorliegen der genannten Erteilungsvoraussetzung nach § 64 Abs. 6 KFG 1967 zu Recht verneint. Was das Lenken von Kraftfahrzeugen durch den Beschwerdeführer im Inland anlangt, hat sie zutreffend ausgeführt, es sei nach Ablauf der Jahresfrist des § 64 Abs. 5 leg. cit. (das ist im Beschwerdefall nach dem 10. Februar 1988) mangels Berechtigung hiezu nicht mehr auf Grund der ausländischen Lenkerberechtigung erfolgt und habe daher bei der Prüfung der Voraussetzungen nach § 64 Abs. 6 KFG 1967 außer Betracht zu bleiben. Die späteren Angaben des Beschwerdeführers über das Lenken seines Kraftfahrzeuges im Ausland "insbesondere zur Urlaubszeit" hat die belangte Behörde für nicht glaubwürdig erachtet. Sie ist allerdings eine Begründung dafür schuldig geblieben. Dieser Mangel ist aber mit Rücksicht auf die weitere - zutreffende - Begründung nicht wesentlich, der Beschwerdeführer habe nicht einmal versucht, diese Fahrpraxis glaubhaft zu machen, und ein bloß gelegentliches Lenken im Ausland bilde keine hinreichende Fahrpraxis. Der Beschwerdeführer hat nie ein konkretes Vorbringen darüber erstattet, wann und in welcher Dauer er jeweils im fraglichen Zeitraum Kraftfahrzeuge im Ausland gelenkt hat. Er hat somit eine vom Gesetz geforderte Lenkpraxis nicht einmal behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht. Dazu war er als Antragsteller nach dem insoweit unmißverständlichen Wortlaut des Gesetzes ("und glaubhaft macht") verpflichtet. Dies verkennt der Beschwerdeführer, wenn er meint, die belangte Behörde habe auch in Ansehung der in Rede stehenden Erteilungsvoraussetzung nach § 64 Abs. 6 KFG 1967 die Pflicht zur amtswegigen Sachverhaltsfeststellung und damit zu entsprechenden Beweisaufnahmen getroffen. Die diesbezüglichen Verfahrensrügen sind daher nicht berechtigt.

3. Strittig ist weiters, ob der Beschwerdeführer bereits im Februar 1988 einen Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung gestellt hat. Der Beschwerdeführer hat in seiner (durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter eingebrachten) Berufung vorgebracht, er habe einen solchen Antrag bereits im Februar 1988 beim Verkehrsamt der Bundespolizeidirektion Wels gestellt. Das Verfahren habe sich aus ihm nicht bekannten Gründen verzögert. Nach der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes nach Linz habe er dort neuerlich einen Antrag (den gegenständlichen) eingebracht. Die Verfahren in Wels und in Linz seien als Einheit zu sehen.

Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich bereits im Februar 1988 bei der Bundespolizeidirektion Wels einen Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung auf Grund seiner türkischen gestellt, so wäre sein an die Bundespolizeidirektion Linz gerichteter Antrag vom 20. Oktober 1989 lediglich als Wiederholung des früheren Antrages bei der nunmehr zuständigen Kraftfahrbehörde anzusehen. Beiden Anträgen läge ein und dasselbe Begehren zugrunde. Die Verfahren über die Anträge wären daher, wie der Beschwerdeführer zutreffend meint, als Einheit anzusehen, das bei der Bundespolizeidirektion Wels eingeleitete Verfahren wäre demnach von der inzwischen zuständig gewordenen Bundespolizeidirektion Linz weiterzuführen gewesen. Maßgeblicher Stichtag für die Berechnung der Jahresfrist nach § 64 Abs. 6 KFG 1967 wäre diesfalls der Tag der Antragstellung bei der Bundespolizeidirektion Wels.

In seiner Beschwerde rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben der von ihm beantragten Vernehmung jener Person als Zeugen, die bei den diversen Vorsprachen bei der Bundespolizeidirektion Wels für ihn als Dolmetsch fungiert habe. Deren Vernehmung hätte ergeben, daß der Beschwerdeführer bei dieser Behörde tatsächlich einen Antrag auf Erteilung einer inländischen Lenkerberechtigung gestellt und ihr über Aufforderung diverse Unterlagen vorgelegt habe, sowie daß ihm mitgeteilt worden sei, daß vor der Entscheidung über den Antrag noch eine Stellungnahme des Amtes der Oö Landesregierung einzuholen sei.

Die belangte Behörde hat die Nichtaufnahme des beantragten Personalbeweises unter Hinweis auf den Bericht der Bundespolizeidirektion Wels vom 14. Februar 1990 damit begründet, daß der Beschwerdeführer bei dieser Behörde keinen schriftlichen Antrag auf "Umschreibung" seines türkischen "Führerscheins" eingebracht habe und daß dort kein Verfahren anhängig gewesen sei. Ein "Vorstelligwerden" bei der Behörde sei einem Antrag auf Erteilung der Lenkerberechtigung nicht gleichzusetzen.

Die belangte Behörde ist im Recht, wenn sie in ihrer Gegenschrift ausführt, die Erteilung einer Lenkerberechtigung sei ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt und es seien "Vorsprachen und Erkundigungen bei der Behörde" nicht einem schriftlichen Antrag gleichzusetzen. Zu ergänzen ist, daß ein derartiger Antrag nicht etwa auch mündlich gestellt werden kann. Das ergibt sich aus § 29 KDV 1967, nach dessen erstem Satz unter anderem Anträge auf Erteilung einer Lenkerberechtigung mit einem Formblatt nach dem Muster der Anlage 6 in zweifacher Ausfertigung einzubringen sind. Durch diese Verwaltungsvorschrift wird im Sinne des § 13 Abs. 1 AVG für derartige Anträge (dazu zählt auch ein solcher nach § 64 Abs. 6 KFG 1967) das Erfordernis der Schriftlichkeit bestimmt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Hinblick darauf im Unterbleiben der Vernehmung des vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen keinen wesentlichen Verfahrensmangel zu erkennen, hat doch der Beschwerdeführer selbst nie behauptet, bei der Bundespolizeidirektion Wels einen SCHRIFTLICHEN Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung auf Grund seiner türkischen gestellt zu haben. Die Vernehmung des in Rede stehenden Zeugen hat der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 9. April 1990 lediglich zum Beweis dafür beantragt, daß er bei der Bundespolizeidirektion Wels zwecks Erlangung einer österreichischen Lenkerberechtigung "wiederholt vorstellig" geworden sei.

4. Da sich die Beschwerde aus den dargelegten Erwägungen als nicht begründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990110162.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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