TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/15 91/02/0023

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Veröffentlicht am 15.05.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §11 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs6 lita;
VStG §45 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Februar 1991, Zl. MA 70-11/458/90/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 4. März 1989 um ca. 9.15 Uhr in Wien 22, Auffahrt zur A 23, zwischen Verschneidung mit dem Knoten Kaisermühlen und der Einmündung in die A 23, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a, § 15 Abs. 1, § 11 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 StVO begangen zu haben. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, jedoch kein Kostenersatzbegehren gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 99 Abs. 6 lit. a StVO vermeint, die belangte Behörde habe zu Unrecht das Vorliegen von Verwaltungsübertretungen bejaht. Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht anzuschließen:

Gemäß § 99 Abs. 6 lit. a StVO liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn durch die Tat lediglich Sachschaden entstanden ist, die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs. 5) eingehalten worden sind und nicht eine Übertretung nach Abs. 1 vorliegt.

Die Rechtswohltat nach dieser Bestimmung kommt daher von vornherein nur demjenigen zugute, der die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs. 5 StVO) eingehalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1975, Zl. 1812/74).

Im Beschwerdefall wurde zwar das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO im Zusammenhang mit demselben Verkehrsunfall eingestellt, doch ist für den Beschwerdeführer damit nichts gewonnen, denn § 99 Abs. 6 lit. a StVO stellt nicht darauf ab, ob der Täter nach § 4 Abs. 5 leg. cit. bestraft wurde oder ob er diese Verwaltungsübertretung begangen hat, sondern ob die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden eingehalten worden sind; letzteres kann aber auch verneint werden, wenn es - gleichgültig aus welchen Gründen - nicht zu einer Bestrafung gekommen ist oder kommen konnte. Die Einstellung des Strafverfahrens wegen Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO stellt somit kein bindendes Präjudiz für die Entscheidung der Frage dar, ob die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden eingehalten worden sind (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1978, Zl. 86/77).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Annahme der belangten Behörde, daß sein Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in "ursächlichem Zusammenhang" gestanden ist (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 19. April 1989, Zl. 88/02/0198). Zu Recht weist aber die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hin, daß der Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall hätte bemerken müssen: Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. September 1990, Zl. 90/02/0039) zum Ausdruck gebracht, daß der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden hat und ein Blick in den Rückspiegel in bestimmten Verkehrssituationen geboten ist. Das in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellte riskante Fahrmanöver des Beschwerdeführers - Fahrstreifenwechsel ohne diesen anzuzeigen und darauffolgendes plötzliches und unerwartetes Bremsen - hätte den Beschwerdeführer verpflichtet, unter anderem im Rückspiegel seines Kraftfahrzeuges das Geschehen hinter ihm zu beobachten und sich zu vergewissern, ob sein Verhalten nicht für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. September 1990, Zl. 90/02/0112).

Der Beschwerdeführer hatte es daher zu verantworten, wenn er von diesem Verkehrsunfall im Sinne des § 4 Abs. 5 erster Satz StVO nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt hat (ein Identitätsnachweis im Sinne des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle ist nicht erfolgt). Die erfolgte Verständigung war aber schon deshalb nicht gesetzmäßig, weil sie der Beschwerdeführer entsprechend den gerichtsbekannten örtlichen Gegebenheiten nicht bei der "nächsten" Polizeidienststelle (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. September 1989, Zl. 89/02/0027), sondern beim Bezirkspolizeikommissariat Penzing vorgenommen hat und konkrete relevante Umstände, warum es dem Beschwerdeführer nur möglich gewesen sei, die Meldung erst bei dieser Polizeidienststelle zu erstatten, nicht ersichtlich sind.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Prüfung, ob die Rechtswohltat des § 99 Abs. 6 lit. a StVO für sämtliche, dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in Betracht käme (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1982, Slg. Nr. 10 927/A).

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Schlagworte

Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991020023.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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