TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/28 91/04/0009

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Veröffentlicht am 28.05.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art129a;
B-VG Art129b;
B-VG Art130 Abs1;
VStG §24;
VwGG §33a;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der X-Ges.m.b.H. Nfg. Kommanditgesellschaft gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. September 1990, Zl. 308.019/5-III/4/90, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Verfahrensvorgänge bis zum Ergehen des hg. Erkenntnisses vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0238, wird auf die diesbezügliche Darstellung in dem zitierten Erkenntnis verwiesen. In diesem Erkenntnis vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht, der dem gegenständlichen Verwaltungsverfahren zugrunde liegende Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung ihrer Berechtigung, die Auszeichnung gemäß § 68 GewO 1973 zu führen, sei unzulässig, da die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht vorliegen. Diese Voraussetzungen seien nur gegeben, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liege und die Vorschriften nichts anderes bestimmen oder wenn die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Vom Fall ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung abgesehen, sei die Erlassung eines Feststellungsbescheides jedenfalls unzulässig, wenn die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens - etwa auch in einem Strafverfahren - entschieden werden könne. Letzteres treffe im vorliegenden Fall zu.

Mit dem als Ersatzbescheid ergangenen Bescheid vom 5. September 1990 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den in Rede stehenden Antrag der Beschwerdeführerin mangels Rechtsgrundlage für eine Entscheidung hierüber als unzulässig zurück. Zur Begründung bezog sich der Bundesminister auf die ihm überbundene Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1990 abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen in dem Recht auf Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0238, habe sich die Rechtslage insofern geändert, als mit Bundesgesetz vom 29. Juni 1990 die unabhängigen Verwaltungssenate geschaffen worden seien. Da diese unabhängigen Verwaltungssenate in letzter Instanz entschieden, sei einerseits dadurch der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Verwaltungssachen durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr gewahrt. Andererseits obliege die Zuerkennung der Führung einer staatlichen Auszeichnung in erster und letzter Instanz dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten. Der Gesetzgeber habe die Verleihung dieser Auszeichnung im Hinblick auf die grundsätzliche Wichtigkeit und Notwendigkeit der Rechtssicherheit auf diesem Gebiet bewußt der obersten Behördeninstanz zugeordnet. Wenn nun über den Bestand eines von der obersten Verwaltungsbehörde eingeräumten Rechtes letztlich die den Bezirksverwaltungsbehörden zugeordneten unabhängigen Verwaltungssenate zu entscheiden hätten, müsse dies notwendigerweise zu einer differenzierten Rechtsprechung führen, die der Gesetzgeber auf diesem Gebiet offensichtlich bewußt habe ausschließen wollen, weil er andernfalls auch die Bezirksverwaltungsbehörden hätte ermächtigen können, die staatliche Auszeichnung zuzuerkennen. Dadurch, daß dem Verwaltungsgerichtshof die Entscheidungskompetenz in Verwaltungsstrafverfahren entzogen worden sei, sei hinsichtlich der im Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ausgedrückten Rechtsansicht nunmehr eine Differenzierung geboten. Die bisher zutreffende Überlegung, durch ein vorgelagertes Strafverfahren wirkten bereits gewisse Selektionsmechanismen, könne nicht mehr aufrecht erhalten werden. Es sei jedoch im höchsten Interesse der Bundesverwaltung gelegen, daß über den Bestand von Rechten, die die höchste Behördeninstanz gewähre, auch nur ein höchstes Gericht erkennen könne.

Diesen Erwägungen stehe der Umstand, daß wegen der Führung der in Rede stehenden Auszeichnung durch die Beschwerdeführerin bereits vor dem 1. Jänner 1991 ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei, nicht entgegen, weil es in diesem Strafverfahren aus den verschiedensten Gründen zu einer Einstellung kommen könne, welche die Beschwerdeführerin aber nicht davor schütze, daß zu einem späteren Zeitpunkt wegen der Führung der in Rede stehenden Auszeichnung durch sie neuerlich ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werde, welches dann in den sachlichen Zuständigkeitsbereich der unabhängigen Verwaltungssenate falle.

Schließlich müsse im konkreten Fall auch berücksichtigt werden, daß Partei des Verwaltungsverfahrens die Beschwerdeführerin sei, während Partei des Verwaltungsstrafverfahrens bei juristischen Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes stets der gewerberechtliche Geschäftsführer sei. Der Beschwerdeführerin käme daher in einem Verwaltungsstrafverfahren keine Parteistellung zu und sie habe keinen unmittelbaren Einfluß auf den Gang des Verwaltungsstrafverfahrens.

Auf dieses zuletzt dargestellte Argument vermag der Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf seine Bindung an die im hg. Vorerkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0238, dargestellte Rechtsansicht (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, auf Seite 733 dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) nicht weiter einzugehen. Eine solche Bindung bestünde nur dann nicht, wenn sich seit dem Vorerkenntnis die Sach- oder die Rechtslage geändert hätte. Daß dies hinsichtlich des zuletzt dargestellten Beschwerdevorbringens der Fall wäre, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber entgegen der Beschwerde auch in den im Zusammenhang mit der Schaffung der unabhängigen Verwaltungssenate erfolgten legistischen Maßnahmen keine ein Abgehen von der im Vorerkenntnis niedergelegten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigende Änderung der Rechtslage zu erblicken. Denn die mit der Novelle BGBl. Nr. 330/1990 in diesem Zusammenhang in das Verwaltungsgerichtshofgesetz eingefügte Bestimmung des § 33 a besagt lediglich, daß der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehenen kann, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es kann daher keine Rede davon sein, daß mit Schaffung der unabhängigen Verwaltungssenate der Verwaltungsgerichtshof im Bereich der Verwaltungsstrafjustiz seine Kontrollbefugnis verloren hätte.

Der Beschwerde ist es somit nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Da sich der angefochtene Bescheid auch im Rahmen der amtswegigen Prüfung als frei von Rechtsirrtum erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Strafverfahren Rechtswidrigkeit von Bescheiden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040009.X00

Im RIS seit

28.05.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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