TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/5 91/18/0058

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Veröffentlicht am 05.06.1991
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der Brigitte N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Juli 1990, Zl. MA 70-11/1451/89/Str, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Juli 1990 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, es am 30. September 1988 um 0,50 Uhr in "Wien 22., Donaustadtstr. nächst Häußlerg. - in der Nebenfahrbahn -" als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws und Beteiligte an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sie in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen zu haben, 1) sofort nach dem Unfall anzuhalten und 2) ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von dem Unfall zu verständigen. Die Beschwerdeführerin habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1) nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und zu 2) nach § 4 Abs. 5 leg. cit. begangen, weshalb über sie Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt worden sind.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist zu dem in der Gegenschrift der belangten Behörde gestellten Antrag, die Beschwerde wegen Verspätung zurückzuweisen, festzuhalten, daß der rechtzeitig gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mit hg. Beschluß vom 19. Dezember 1990, Zl. VH 90/18/0029, abgewiesen worden ist und die Frist zur Erhebung der Beschwerde daher zufolge § 26 Abs. 3 dritter Satz VwGG - erst - mit der am 21. Jänner 1991 erfolgten Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Beschwerdeführerin begonnen hat. Unter diesen Umständen ist von der Rechtzeitigkeit der Beschwerde auszugehen.

ZUR ÜBERTRETUNG DES § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960:

Nach dieser Bestimmung haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Der Lenker eines Fahrzeuges kommt seiner Anhaltepflicht nicht schon dadurch nach, daß er das Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand bringt, im übrigen aber - ohne auszusteigen und ohne zwingenden Grund - mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verläßt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. September 1984, Zl. 83/03/0365).

    Die belangte Behörde ist daher unter Berufung auf die

Aussage der Zeugin K. ("... Anschließend wurde das Fahrzeug

neuerlich ein Stück nach vor gefahren und beim Zurückschieben

stieß der Lenker dieses Fahrzeuges nunmehr gegen den

Mazda 626 ... Der Lenker des Toyota Starlet ist dann

neuerlich ... zurückgefahren und habe ich dieses Fahrzeug dann

aus den Augen verloren, da die Nebenfahrbahn eine leichte Kurve macht ...") zutreffend davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin ihrer Anhalteverpflichtung im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. a leg. cit. nicht entsprochen hat, weil "sie sonst ihr Fahrzeug nach der letzten Kontaktnahme in der Endposition hätte stehenlassen müssen".

ZUR ÜBERTRETUNG DES § 4 Abs. 5 StVO 1960:

Zufolge dieser Vorschrift haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn bei diesem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit Recht darauf hingewiesen, daß ein von einem Verkehrsunfall Betroffener bezüglich seiner eigenen Verletzungen nicht verpflichtet ist, die gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. angeordnete Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vorzunehmen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1965, Zl. 1041/64), weshalb die Beschwerdeführerin in Anbetracht des unbestritten gebliebenen Umstandes, daß sie an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt war, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Verkehrsunfall zu verständigen gehabt hätte. Angesichts der sohin im Beschwerdefall nicht entscheidungswesentlichen Frage, ob die Beschwerdeführerin bei dem Unfall überhaupt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß verletzt worden ist, kann der belangten Behörde auch kein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG relevanter Verfahrensmangel vorgeworfen werden, wenn sie den diesem Thema gewidmeten Beweisanträgen der Beschwerdeführerin nicht gefolgt ist.

Der offenbar im Zusammenhang mit beiden Übertretungen erhobenen Kritik der Beschwerdeführerin an den Aussagen der erwähnten Zeugin (die entsprechend ihrer in der Anzeige festgehaltenen Äußerung erklärt hatte, "einen lauten Knall" gehört zu haben, und anläßlich ihrer Einvernahme als Zeugin "Anstoßgeräusche" erwähnt hatte, es müsse also zumindest dreimal einen Knall gegeben haben, weshalb die Angaben der genannten Zeugin widersprüchlich seien) ist zu erwidern, daß im gegebenen Zusammenhang neben dem objektiven Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen der Beschwerdeführerin von diesem Schadenseintritt von Bedeutung ist (vgl. dazu aus der ständigen hg. Judikatur das Erkenntnis vom 6. Juli 1984, Slg. N. F. Nr. 11.495/A). Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde nicht den geringsten Zweifel daran gelassen, daß ihr bereits am Unfallsort bewußt geworden ist, mit ihrem Fahrzeug andere Fahrzeuge beschädigt zu haben, weshalb es dahingestellt bleiben kann, wie oft die erwähnte Zeugin einen "Knall" wahrgenommen hat. Daß die Beschwerdeführerin in der Folge ihrer Verpflichtung nach § 4 Abs. 5 leg. cit. entsprochen hätte, behauptet sie in der Beschwerde selbst nicht.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß die in Rede stehenden Schuldsprüche der belangten Behörde mit keiner Rechtswidrigkeit belastet sind, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Identitätsnachweis Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180058.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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