TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/11 91/03/0240

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Veröffentlicht am 11.12.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §103 Abs1 Z1;
VStG §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der H in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. Juli 1991, Zl. 11-75 Ha 51-91, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GesmbH und somit als im Sinne des § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Person der bezeichneten GesmbH am 21. November 1989 im Hinblick auf die Verpflichtungen eines Zulassungsbesitzers nicht dafür gesorgt, daß ein dem Kennzeichen nach bestimmter Lkw und ein ebenfalls dem Kennzeichen nach bestimmter Anhänger, die für die bezeichnete GesmbH zum Verkehr zugelassen seien, hinsichtlich der Beladung den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen haben, zumal H. den angeführten Kraftwagenzug am 21. November 1989 um 13.55 Uhr auf der B 76 bei Straßenkilometer 39,2 in Altenmarkt, Gemeindegebiet Wies, gelenkt habe, obgleich durch die Beladung das höchste zulässige Gesamtgewicht 1. des Lkw von 22.000 kg um 3.790 kg und 2. des Anhängers von 16.000 kg um 2.320 kg überschritten worden sei. Sie habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 101 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 wurden über die Beschwerdeführerin zwei Geldstrafen in der Höhe von S 10.000,-- und S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage und 8,5 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei gemäß § 9 Abs. 2 VStG als verantwortliche Person bestellt worden und könne daher nicht gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. als handelsrechtliche Geschäftsführerin verwaltungsstrafrechtlich in Anspruch genommen werden.

Dieser Einwand geht schon deswegen ins Leere, weil die Beschwerdeführerin nicht als "verantwortliche Beauftragte" im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG anzusehen war. Da die H. GesmbH mehrere Geschäftsführer hat, erließ die Strafbehörde erster Instanz gegen sämtliche Geschäftsführer Aufforderungen zur Rechtfertigung als Beschuldigte. Daraufhin gab der Vertreter der Beschwerdeführerin der Behörde bekannt, daß die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung in der vorliegenden Sache ausschießlich die Beschwerdeführerin treffe. Sie zeichne für die Verpflichtung des Zulassungsbesitzers im konkreten Fall verantwortlich, weshalb gleichzeitig der Antrag gestellt werde, die Verwaltungsstrafverfahren gegen die übrigen Geschäftsführer einzustellen.

Eine wesentliche Voraussetzung, um von einem "verantwortlichen Beauftragten" im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG sprechen zu können, ist zufolge des § 9 Abs. 4 leg. cit. die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 1988, Zl. 87/08/0306; 19. September 1989, Zl. 89/08/0192 u.a.). Ein solcher - aus der Zeit vor der Begehung der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung stammender - Zustimmungsnachweis wurde der Verwaltungsstrafbehörde aber bis zum Abschluß des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, das Ermittlungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Sie habe im Verwaltungsstrafverfahren geltend gemacht, daß die öffentliche Brückenwaage in E ein unrichtiges Meßergebnis erzielt habe, weil nach der Eichung die Eich- und Sicherungsstempel dieser Waage verändert worden seien. Sie habe daher die exakte und genaue Befragung zweier Zeugen beantragt, die über die Veränderung der Eich- bzw. Sicherungsstempel befragt werden sollten. Dies habe die belangte Behörde unterlassen.

Die Beschwerdeführerin hat sich im Verwaltungsstrafverfahren auf die nicht näher ausgeführte Vermutung, die Eich- bzw. Sicherungsstempel der Brückenwaage seien nach der Eichung verändert worden, beschränkt, sie war jedoch nicht in der Lage, das Vorliegen konkreter, gegen das Meßergebnis sprechender Tatsachen - etwa das Ergebnis einer Kontrollabwaage - ins Treffen zu führen. Da einem solchen unbestimmt gehaltenen Vorbringen die zur Erweckung begründeter Bedenken gegen die Richtigkeit des Meßergebnisses notwendige Substanz mangelt, bedurfte es der von der Beschwerdeführerin beantragten Einvernahme der Meldungsleger über eine allfällige Veränderung der Eich- bzw. Sicherungsstempel nicht (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1991, Zl. 91/03/0258).

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, der am Tattag tätige Wäger sei niemals von der Gewerbebehörde im Sinne des Gesetzes RGBl. Nr. 85/1866 als die das Wäge- und Meßgeschäft besorgende Person bestellt worden und er sei auch nicht auf die persönliche Vertrauenswürdigkeit überprüft worden, wurde von ihr im Verwaltungsstrafverfahren nicht aufgestellt. Ihr in diesem Zusammenhang gestellter Beweisantrag, die Meldungsleger "mögen im Sinne des Gesetzes über die Einrichtung öffentlicher Wäg- und Meßanstalten über die Qualifikationen des Wägers befragt werden", liefen auf einen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme die belangte Behörde nicht verpflichtet war (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1991, Zl. 91/03/0258).

Die Beschwerdeführerin rügt schließlich auch die Strafbemessung. Ihre Behauptung, die von der belangten Behörde angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien ebensowenig aus der Aktenlage ersichtlich wie das Vorliegen zahlreicher auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen, ist aktenwidrig. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse basieren auf dem im Akt erliegenden Erhebungsergebnis des Gendarmeriepostenkommandos P; der Hinweis auf das Vorliegen zahlreicher verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen kann sich auf ein im Akt erliegendes Verzeichnis stützen. Sowohl die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse als auch der Hinweis auf die Verwaltungsvorstrafen waren bereits in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses enthalten, sodaß die Beschwerdeführerin jedenfalls Gelegenheit hatte, in der Berufung alles geltend zu machen, was gegen diese Sachverhaltsannahme sprach. Sie hat dies nicht getan, sodaß der belangten Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden kann, sie habe diese Sachverhaltselemente unter Verletzung des Parteiengehörs ihrem Bescheid zugrunde gelegt. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung besteht keine Verpflichtung der belangten Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die genaue Anzahl der Verwaltungsvorstrafen aufzuzählen. Auch die Schlußfolgerung der belangten Behörde, aus der festgestellten Überladung resultiere eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und eine erhöhte Abnützung des Straßenbelages, widerspricht nicht den Denkgesetzen.

Wenn daher über die Beschwerdeführerin Geldstrafen von S 10.000,-- und S 6.000,-- verhängt wurden, liegt darin angesichts der mit der Verwaltungsübertretung verbundenen Schädigung und Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die verletzte Norm dient und insbesondere unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Vorstrafen kein Umstand, demzufolge die belangte Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels Beweiswürdigung antizipative vorweggenommene Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung Vorweggenommene antizipative Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030240.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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