TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/2 89/07/0027

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Veröffentlicht am 02.06.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §66 Abs4;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §142 Abs1;
WRG 1959 §41 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Waldner, über die Beschwerde der A AKTIENGESELLSCHAFT in R, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1988, Zl. Wa-629/6-1988/Spi/Ort, betreffend wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. Mai 1986 trug die Bezirkshauptmannschaft (BH) der Beschwerdeführerin gemäß §§ 9, 32, 41 und 138 Abs. 2 WRG 1959 auf, entweder (a) für die Wasserausleitung aus der E mittels Teilungsbauwerkes im Bereich der Grundstücke Nr. 486/2, 491/1 und 496/2 KG R und Versickerung in den Grundwasserbereich auf den Grundstücken Nr. 494 und 501/1 KG R bis zum 31. Juli 1986 um wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen oder (b) bis zum selben Zeitpunkt das Teilungsbauwerk zu beseitigen und die Ausleitung einzustellen.

Der Berufung der Beschwerdeführerin gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 19. Dezember 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht Folge, änderte jedoch den Bescheid der BH wie folgt ab:

"(Der Beschwerdeführerin) wird aufgrund der Bestimmungen des § 138 Abs. 1 i.V. mit den §§ 9, 32, 41 und 98 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215, i.d.g.F. (im folgenden WRG. 1959 bezeichnet) aufgetragen, bis spätestens 31.3.1989 die auf den Grundstücken Nr. 494, 501/1, 2819 und 2820, alle KG. R, sowie 1431/1 und 1431/2, KG. M, betriebene Versickerung von E-Wässern in den Grundwasserbereich einzustellen und alle dazu dienenden Anlagen oder Teile von Anlagen (insbesondere beim Teilungsbauwerk im Bereich der Grundstücke Nr. 486/2, 491/1 und 496/2, KG. R) bzw. damit zusammenhängende künstlich hergestellte Abflußmöglichkeiten (Rinnen, Gräben, Rohre etc.) zu beseitigen, damit der ursprünglich vor Beginn der Versickerung bestandene Zustand und hiemit die wasserrechtliche Ordnung wieder hergestellt ist."

Begründend wurde ausgeführt:

Auf den Grundstücken der Beschwerdeführerin Nr. 494 und 501/1 sowie 1431/1 und 1431/2 KG M in R finde eine Versickerung von großen Mengen ankommenden E-Wassers statt. Teilweise würden auch die Grundstücke Nr. 2820 und 2819 KG R in Anspruch genommen. Zur Versickerung komme es deswegen, weil das Wasser der E nicht mehr weiter abgeführt werden könne. Erhebungen durch den Gewässerbezirk hätten allerdings ergeben, daß zur Zeit aufwärts der Wasserausleitung der Beschwerdeführerin keine Entwässerungsanlagen, für welche die E als Vorfluter diene, existierten. Ab dem Teilungsbauwerk im Bereich der Grundstücke Nr. 586/2, 491/1 und 496/2 KG R werde daher vor (gemeint wohl: von) der Beschwerdeführerin die überschüssige Wassermenge auf die oben genannten Grundstücke geleitet und dort zur Versickerung gebracht. Diese widerspreche in der geübten Form öffentlichen Interessen.

Wie den Äußerungen der Sachverständigen in der Verhandlungsschrift vom 20. Jänner 1987 zu entnehmen sei, könne das versickernde Wasser aufgrund der geologischen Verhältnisse rasch in das oft nur 10 m unter Gelände liegende Grundwasser eindringen und dort eine Veränderung des Grundwasserspiegels hervorrufen. Dies führe zumindest zu einer quantitativen Beeinflussung durch ständiges Zuführen von Oberflächenwasser in beträchtlichen Mengen, könne aber auch qualitative Beeinträchtigungen hervorrufen, da zum Teil stark verunreinigtes E-Wasser (das keinesfalls Trinkwasserqualität habe) ins Grundwasser gelange. Dies entspreche keineswegs den Intentionen der Wasserwirtschaft. Darüber hinaus bestehe in der Nähe der Versickerungsstelle eine alte Deponie für produktionsspezifische Abfälle des Werkes, die wassergefährdende Stoffe enthalten könnten. Es bestehe die Gefahr, daß durch die Erhöhung des Grundwasserspiegels aufgrund der Versickerung lösliche toxische Stoffe der Altlast aus der Deponie gelöst würden und ins Grundwasser gelangten.

Aus rechtlicher Sicht ergebe sich aufgrund dieses Sachverhalts folgendes: An der E, in diesem Bereich Privatgewässer der Beschwerdeführerin, sei zu einem nicht mehr genau eruierbaren Zeitpunkt ein Teilungsbauwerk errichtet worden, das ursprünglich zu anderen Zwecken als jetzt benutzt worden sei, nämlich höchstwahrscheinlich zum Zwecke der Räumung der Unterliegerstrecke. Derzeit diene es zur Dotierung und Ausleitung des E-Bachbettes, sei mit entsprechenden Teilen hiefür ausgestattet und werde ständig bedient. Man könne daher wohl von einer Wasserbenutzungsanlage im Sinne des § 9 Abs. 2 WRG 1959 sprechen, zumal eine Ableitung und Änderung des natürlichen Laufes des Wassers bezweckt werde. Im Bereich dieses Teilungsbauwerkes seien auch Maßnahmen getroffen worden, das ankommende E-Wasser zur Versickerungsstelle zu leiten. Wie schon die BH ausgeführt habe, bedürfe die Benutzung privater Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen dann einer wasserrechtlichen Bewilligung, wenn hiedurch unter anderem auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädigender Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes Einfluß geübt oder eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden könne. Diese Rechtsfolge trete, auch wenn der Tatbestand in früherer Zeit nicht verwirklicht worden sei, spätestens mit dem Tag ein, an dem eine Einflußnahme auf Quantität und Qualität des Grundwassers erfolge. Zur Zeit sei daher der Inhaber dieser Anlage verpflichtet, hiefür eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen. Außerdem käme aus ähnlichen Gründen der ebenfalls von der BH ins Treffen geführte § 41 WRG 1959 zum Tragen. Von großer Bedeutung erscheine der Berufungsbehörde der Umstand, daß eine Versickerung in solchem Ausmaß erfolge, daß öffentliche Interessen beeinträchtigt würden. Es seien hiefür die §§ 10 und 32 WRG 1959 heranzuziehen. Der Grundeigentümer bedürfe zur Benutzung des Grundwassers und den damit in Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt einer wasserrechtlichen Bewilligung. Die gegenständliche Versickerung sei bewilligungspflichtig, weil mit ihr ein erheblicher Eingriff in den Grundwasserhaushalt erfolge. Da außerdem eine beeinträchtigende Einwirkung auf die Beschaffenheit des Grundwassers in keinesfalls geringfügigem Maß hervorgerufen werde, sei auch § 32 WRG 1959 anzuwenden.

Insgesamt gesehen bestehe daher ein nicht der wasserrechtlichen Ordnung entsprechender Zustand, sodaß gemäß § 138 WRG 1959 entsprechende Maßnahmen zu deren Herstellung zu verfügen seien. Die BH habe sich hiezu des Instrumentes des Abs. 2 des § 138 WRG 1959 bedient und einen Alternativauftrag erlassen, entweder für die Ausleitung beim Teilungsbauwerk und die Versickerung um eine wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen oder das Teilungsbauwerk zu beseitigen und die Ausleitung einzustellen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde könne im vorliegenden Falle aber nur Abs. 1 des zitierten Paragraphen als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden, da

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wie sich im Ermittlungsverfahren gezeigt habe - die Versickerung in einer Form erfolge, die die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung ausschließe, weil vor allem das öffentliche Interesse nachteilig beeinflußt werde. § 138 Abs. 1 WRG 1959 bestimme, daß derjenige, der die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten habe (und dies sei, wie oben dargelegt, hier der Fall), wenn es das öffentliche Interesse erfordere (oder ein Betroffener es verlange), zu verhalten sei, eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen. Eine solche sei jede bewilligungspflichtige Maßnahme, für die keine Genehmigung vorliege. Die Heranziehung dieser Gesetzesstelle sei auch dann möglich, wenn nur eine objektive Übertretung des Wasserrechtsgesetzes ohne persönliches Verschulden vorliege. Eine derartige eigenmächtige Neuerung sei im vorliegenden Fall gegeben, und das öffentliche Interesse erfordere es, diesen

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einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht zugänglichen - Zustand zu beseitigen, und zwar in dem Maße, welches das öffentliche Interesse gebiete. Es sei daher der Beschwerdeführerin, die den gesetzwidrigen Zustand zu vertreten habe, aufzutragen gewesen, die wasserrechtliche Ordnung durch Beseitigung der bezeichneten Neuerungen (Versickerung und der dazu dienenden Vorrichtungen) im erforderlichen Umfang wieder herzustellen. Wenn hiebei die Beschwerdeführerin darauf verweise, daß Dritte am Zustandekommen der rechtswidrigen Situation indirekt beteiligt wären, so gelte, daß zunächst derjenige, in dessen Rechtssphäre ein gesetzwidriger Zustand herrsche, diesen zu beseitigen habe. Die den Gegenstand dieses wasserrechtsbehördlichen Verfahrens bildende konsenslose Neuerung sei die unbefugt vorgenommene E-Ausleitung und -versickerung. Im übrigen hätten keine Entwässerungsanlagen oberhalb der Eausleitung festgestellt werden können, wenn auch das Wasserregime oberhalb des Bereiches im Laufe der Zeit möglicherweise insgesamt eine Veränderung erfahren habe. Hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung der sogenannten E-Bachordnung werde bemerkt, daß diese keinen Normcharakter habe, also nicht etwa Bestimmungen des WRG 1959 zu derogieren vermöge.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten, wobei sich die Beschwerdeführerin erkennbar in dem Recht auf Unterbleiben des ihr erteilten wasserpolizeilichen Auftrages verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist der folgenden Beurteilung des Beschwerdevorbringens, daß die belangte Behörde durch die Änderung der wasserpolizeilichen Anordnung der BH - die (nur) einen Alternativauftrag gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 erteilt hatte - in einen unbedingten Auftrag gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 die Grenzen der bei ihr anhängig gewordenen Berufungssache nicht überschritten hat; in einem derartigen Fall darf das Recht des Verpflichteten auf Parteiengehör nicht verletzt werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1988, Zl. 88/07/0022). Einen Verfahrensmangel in der zuletzt bezeichneten Hinsicht macht die Beschwerdeführerin selbst nicht geltend und ein solcher ist auch nach Lage der Verwaltungsakten nicht zu erkennen (vgl. insbesondere die Ausführungen der Sachverständigen in der in Anwesenheit von Vertretern der Beschwerdeführerin durchgeführten Verhandlung am 20. Jänner 1987).

Die Beschwerdeführerin meint, ihr hätten Neuerungen der angegebenen Art nicht vorgeworfen werden dürfen, da die Behörde den Zeitpunkt der Errichtung des Teilungsbauwerkes selbst nicht angeben könne und im übrigen die vermehrte Wasserzufuhr in der E auf Maßnahmen (insbesondere Dränagierungen) der dortigen Oberlieger zurückzuführen sei. Daß, wie es im angefochtenen Bescheid heißt, oberhalb der E-Ausleitung keine Entwässerungsanlagen hätten festgestellt werden können, geht allerdings auf eine der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebrachte Äußerung des Gewässerbezirkes B vom 16. November 1988 zurück. Doch ist die Beschwerdeführerin Eigentümerin jener Flächen, auf welchen ein einer Ableitung eines Gewässers von seinem Bett dienendes, nicht bewilligtes Teilungsbauwerk besteht und aufrechterhalten wird; daher hat sie - unabhängig davon, ob es von der Beschwerdeführerin, ihren Rechtsvorgängern oder von dritter Seite errichtet worden ist - für den Fall der Bewilligungsbedürftigkeit - der schon deshalb zutrifft, weil jene Vorrichtung mit den ihr zugehörigen Anlagenteilen eine Regulierungsanlage darstellt - die betreffende (somit eigenmächtige) Neuerung zu vertreten (vgl. zur ständigen Rechtsprechung in bezug auf § 138 WRG 1959 in der hier anzuwendenden Fassung vor der WRG-Novelle BGBl. Nr. 252/1990 etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1988, Zl. 84/07/0181). Was die von der Beschwerdeführerin für bedrohlich erachteten Folgen einer künftigen E-Führung ohne Ableitung anlangt, sind entsprechende Maßnahmen erforderlichenfalls in geeigneter Weise rechtzeitig in die Wege zu leiten, wovon etwa bei der oben erwähnten Verhandlung vom 20. Jänner 1987 die Rede war (Detailprojekt für die Ertüchtigung des Unterlaufes der E laut Vorschlag der Sachverständigen und der Stadtgemeinde B sowie seitens der letzteren Vorschlag regelmäßiger Bachräumungen im Oberlauf), ohne daß dies die wasserpolizeilichen Anordnungen hinderte.

Soweit die Beschwerdeführerin die Errichtung der vom Auftrag betroffenen Anlage nach älterer Rechtslage einer Bewilligung nicht für bedürftig hält, ist einerseits an die nach § 142 Abs. 1 WRG 1959 bestehende Pflicht zur Eintragung ins Wasserbuch binnen Jahresfrist (bis 30. April 1960) zu erinnern, die erfüllt zu haben auch die Beschwerdeführerin nicht behauptet, andererseits daran, daß die Bewilligungspflicht auch erst durch eine spezifische Anlagen-Benutzung (unter objektiv maßgebend veränderten Umständen) seitens der Beschwerdeführerin entstanden sein konnte, wovon die belangte Behörde ausgeht; in beiden Fällen führt dies zum selben Ergebnis einer eigenmächtigen Neuerung.

Was die im Beschwerdefall noch hinzutretende Gefährdung des Grundwassers durch Lösung toxischer Stoffe aus einem nahegelegenen Altlastbereich anlangt, konnte sich die belangte Behörde auf ausführliche Darlegungen einer von vier Sachverständigen ausgearbeiteten Stellungnahme bei der schon mehrfach genannten Verhandlung stützen, welcher die Vertreter der Beschwerdeführerin weder bei jener Gelegenheit noch später mit fachlich ausgewiesenen Argumenten entgegengetreten sind.

Der Verwaltungsgerichtshof kann schließlich nicht finden, daß die Fassung der der Beschwerdeführerin im Instanzenzug erteilten Anordnung nicht hinreichend bestimmt wäre; mit dem Zusatz "damit der ursprünglich vor Beginn der Versickerung bestandene Zustand und hiemit die wasserrechtliche Ordnung wieder hergestellt ist" wird kein eigener über den vorher formulierten hinausgehender Auftrag erteilt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Auswechslung behördlicher Aufträge und Maßnahmen Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel Umfang der Abänderungsbefugnis Auswechslung des Rechtsgrundes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989070027.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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