TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/8 88/14/0014

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Veröffentlicht am 08.09.1992
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §34 Abs1;
BAO §35 Abs2;
BAO §36 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Verein X in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 24. November 1987, Zl. 4/66/2-BK/Hd-1987, betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1983 und 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist ein Verein nach dem Vereinsgesetz mit Sitz in W. Strittig ist, ob er gemeinnützige Zwecke im Sinn der §§ 34 ff BAO verfolgt und die entsprechenden abgabenrechtlichen Befreiungen in Anspruch nehmen kann.

Nach § 2 der Statuten hat der Beschwerdeführer folgenden Vereinszweck:

"1. Zweck des Vereines ist die Förderung der fachlichen Aus- und Weiterbildung der in der Bauwirtschaft Tätigen sowie die Weitergabe der dabei gewonnenen Erkenntnisse an die Öffentlichkeit.

2. Dieses Ziel soll erreicht werden durch:

a) Errichtung oder Anmietung und Betrieb eines Lehrbauhofes,

b) überbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen der Lehrlingsausbildung (Meisterlehre),

c) Aus- und Weiterbildung von in der Bauwirtschaft Tätigen in eigenen Werkstätten, wobei auch Bearbeitungs- und/oder Forschungsaufträge aus der Bauwirtschaft zu erfüllen sind. Sollten hiefür gewerberechtliche Genehmigungen erforderlich sein, werden diese erwirkt und eingeholt.

Allfällige Überschüsse aus solchen Aufträgen dürfen nur dem Verein zur Förderung seines gemeinnützigen Zweckes zufließen.

d) Führung eines Internates (Schülerheimes) und einer Kantine. Auch die hiefür notwendigen gewerberechtlichen Genehmigungen werden erwirkt und eingeholt. Der letzte Absatz der lit. c gilt analog.

e) Öffentlichkeitsarbeit z.B. durch Herausgabe praxisorientierter Schriften."

Mit Berufung gegen die Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1983 und 1984, mit denen das Finanzamt die Begünstigungen infolge Gemeinnützigkeit versagte, machte der Beschwerdeführer geltend, der zur Begründung der Abgabenbescheide herangezogene Betriebsprüfungsbericht stelle insbesondere darauf ab, daß die Förderung der Allgemeinheit nicht gegeben sei, da durch die Förderung des Berufsnachwuchses bzw. in bisher geringem Ausmaß der Erwachsenenberufs- und -weiterbildung eine zu starke Abgrenzung nach beruflichen Merkmalen gegeben sei und der in Betracht kommende Personenkreis nur klein wäre. Es würden auch in erster Linie die Interessen der Mitglieder des Vereins gefördert. Es wäre nur eine mittelbare Förderung der Allgemeinheit, wenn durch die verbesserte Ausbildung auch die Allgemeinheit gefördert werde. Diese Beurteilung der Betriebsprüfung berücksichtige jedoch nicht, daß die im § 2 Abs. 1 der Statuten des Beschwerdeführers genannten Zwecke als gemeinnützig im Sinne der §§ 34 ff BAO angesehen werden können. Diese Rechtsmeinung werde auch in einer Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Finanzen vertreten. Im § 35 Abs. 2 BAO werde ausdrücklich die Berufsausbildung angeführt. Daraus könne geschlossen werden, daß die Förderung der wirtschaftlichen Interessen jener, die die ausgebildeten Personen beschäftigten, der Gemeinnützigkeit nicht entgegenstehe.

Es sei die tatsächliche Vereinsführung im Zuge der Betriebsprüfung im Hinblick auf die Statuten beurteilt worden und, wie aus dem Betriebsprüfungsbericht zu erkennen sei, auch Übereinstimmung festgestellt worden.

Es sei weiters unbestreitbar, daß durch die Berufsausbildung in erster Linie dem Personenkreis gedient werde, der damit lerne, seine Fähigkeiten besser zu nutzen und sich Fertigkeiten anzueignen. Durch bessere Berufsausbildung und -fortbildung werde sicherlich auch die Berufszufriedenheit, die wiederum auf die Lebenseinstellung und den privaten Bereich rückwirke, gefördert. Eine Förderung von Bauunternehmen könne höchstens indirekt sein und stelle damit ein unschädliches Nebenprodukt bei der Auslegung der Gemeinnützigkeitstatbestände dar. Auch ein kleinerer Mitgliederkreis sei nicht schädlich, wenn die Interessen der Allgemeinheit im Vordergrund stünden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Wenn durch den Beschwerdeführer eine Förderung der Berufsausbildung gemäß § 35 Abs. 2 BAO auch bewirkt werde, so bedeute dies nicht, daß diese Förderung der Berufsausbildung bereits gemeinnützig im Sinne des § 35 Abs. 1 BAO sei, da sie durch die Erfüllung ihres statutarisch festgelegten Zweckes nicht die Allgemeinheit fördere. Infolge der Abgrenzung der geförderten Personen nach beruflichen Merkmalen (nur solche, die im Baugewerbe beschäftigt sind) könne die Anzahl der in Betracht kommenden Personen dauernd nur klein sein.

Wie aus den Vereinsstatuten ferner zu entnehmen sei, sei Zweck des Beschwerdeführers die Förderung der fachlichen Aus- und Weiterbildung der in der Bauwirtschaft Tätigen sowie die Weitergabe der dabei gewonnenen Erkenntnisse an die Öffentlichkeit. Aus Zielsetzung und Mitgliederzusammensetzung des Vereines könne mit Gewißheit geschlossen werden, daß Zweck des Vereines die Förderung des Baugewerbes an sich sei. Der Beschwerdeführer diene nicht unmittelbar der Förderung gemeinnütziger Zwecke.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 BAO sind die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, an die Voraussetzungen geknüpft, daß die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke zumindest überwiegend im Bundesgebiet dient.

Gemäß § 35 Abs. 1 BAO sind gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Gemäß § 35 Abs. 2 BAO liegt eine Förderung der Allgemeinheit nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt insbesondere für die Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der Bekämpfung von Elementarschäden.

Gemäß § 36 Abs. 1 BAO ist ein Personenkreis nicht als Allgemeinheit aufzufassen, wenn er durch ein engeres Band, wie Zugehörigkeit zu einer Familie, zu einem Familienverband oder zu einem Verein mit geschlossener Mitgliederzahl, durch Anstellung an einer bestimmten Anstalt und dergleichen fest abgeschlossen ist oder wenn infolge seiner Abgrenzung nach örtlichen, beruflichen oder sonstigen Merkmalen die Zahl der in Betracht kommenden Personen dauernd nur klein sein kann.

Gemäß § 39 BAO liegt ausschließliche Förderung vor, wenn folgende fünf Voraussetzungen zutreffen:

1. Die Körperschaft darf, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen .....

Gemäß § 41 Abs. 1 BAO muß die Satzung der Körperschaft eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und diese Betätigung genau umschreiben; als Satzung im Sinn der §§ 41 bis 43 gilt auch jede andere sonst in Betracht kommende Rechtsgrundlage einer Körperschaft.

Gemäß § 42 BAO muß die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft auf ausschließliche und unmittelbare Erfüllung des gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes eingestellt sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung aufstellt.

Zu den gemeinnützigen Zwecken zählt nach der beispielsweisen Aufzählung im § 35 Abs. 2 BAO die Förderung der Berufsausbildung. Die Lehrlingsausbildung (Meisterlehre), aber auch die berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung der in der Bauwirtschaft Tätigen kann als solch gemeinnütziger Zweck angesehen werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, 89/13/0177). Daß die Aus- und Weiterbildung in erster Linie dem Personenkreis dient, der damit lernt, seine Fähigkeiten besser zu nutzen und sich Fertigkeiten anzueignen, ist dabei Ziel der Ausbildung. Die unmittelbare Förderung des Baugewerbes an sich kann daraus nicht abgeleitet werden.

Die Beschwerde rügt nun, daß die belangte Behörde die Auffassung vertrete, eine Förderung der Allgemeinheit sei nicht gegeben, da infolge der Abgrenzung der geförderten Personen durch berufliche Merkmale die Zahl der in Betracht kommenden Personen dauernd nur klein sein könne, weil die Geförderten letztlich nur im Baugewerbe beschäftigte Personen seien. Tatsächlich sei aber der durch die Berufsausbildung geförderte Personenkreis grundsätzlich offen und unbestimmt. Er umfasse nicht nur eine Berufsgruppe, sondern auch Jugendliche, die diesen Beruf erst erlernen, und Personen, die sich umschulen lassen wollen.

Schon bei Förderung eines Berufsstandes kann nicht von vornherein gesagt werden, daß die Zahl der in Betracht kommenden Personen dauernd nur klein sein werde.

Bei Förderung des in Rede stehenden Personenkreises ist jedenfalls die Ausschließungsbestimmung des § 36 Abs. 1 BAO nicht mehr anwendbar (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 89/13/0177;

Kohler-Quantschnigg-Wiesner, Besteuerung der Vereine4, Seite 55). Immerhin haben nach dem Inhalt eines bei den Verwaltungsakten befindlichen Prospektes in ca. 5 Jahren mehr als 5.000 Mitarbeiter aus der Bauindustrie und dem Baugewerbe an Aus- und Weiterbildungskursen teilgenommen.

Auch führt die bloße Einschränkung der Förderer auf Vereinsmitglieder nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit, wenn die Fördertätigkeit eines solchen Vereines nach außen gerichtet ist, d.h. Förderer und Geförderte nicht ident sind (Kohler-Quantschnigg-Wiesner, a.a.O., Seite 54).

Wenn die belangte Behörde daher aus der Zielsetzung des Vereines und der Mitgliederzusammensetzung "mit Gewißheit" geschlossen hat, daß Zweck des Vereines die Förderung des Baugewerbes an sich sei, dann ist sie jedenfalls die eine solche Schlußfolgerung aufzwingende Begründung schuldig geblieben. Der Fall des hg. Erkenntnisses vom 26. September 1973, Zl. 1650/72, das auf Grund der Beschwerde eines Förderungs- und Verschönerungsvereines für Bäder, Kur- und Sporteinrichtungen ergangen ist, der die Errichtung und den dauernden Betrieb von Badeanlagen, Kur- und Sporteinrichtungen, von Einrichtungen zur Förderung des Wintersports sowie von Anlagen zur Ortsverschönerung, Erholung und Unterhaltung mit den entsprechenden Nebenbetrieben zum Zweck hatte, ist mit dem vorliegenden Beschwerdefall nicht vergleichbar.

Die Beschwerde erweist sich demnach als berechtigt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988140014.X00

Im RIS seit

08.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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