TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/6 92/14/0143

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Veröffentlicht am 06.10.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1090;
EStG 1972 §18 Abs1 Z3 lita;
EStG 1988 §18 Abs1 Z3 lita;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der G in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. Juli 1991, Zl. 138/2-5/Kö-1991, betreffend Jahresausgleich 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die beantragte Anerkennung von mindestens achtjährig gebundenen Beträgen ("Finanzierungsbeitrag") zur Schaffung von Wohnraum als Sonderausgaben, weil es sich beim Bauträger der gegenständlichen freifinanzierten Mietwohnanlage "X-Versicherungsanstalt" (im folgenden kurz: Versicherungsanstalt) um keinen Bauträger im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 handle. Die N-Gemeinnützige Wohnungs-GmbH habe lediglich mit der Versicherungsanstalt einen Baubetreuungsvertrag abgeschlossen, auf Grund dessen sie auch die Betreuung der Wohnungswerber und die Wohnungsvergabe durchgeführt habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 15. Juni 1992, B 1049/91, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Anerkennung der strittigen Aufwendungen als Sonderausgaben verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 sind mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen (soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind). Bauträger sind

-

gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen

-

Unternehmen, deren Betriebsgegenstand nach Satzung und

tatsächlicher Geschäftsführung die Schaffung von Wohnungseigentum ist

-

Gebietskörperschaften.

Daß die Versicherungsanstalt ein solcher Bauträger wäre, hat die belangte Behörde auf Grund des von ihr festgestellten Sachverhaltes zu Recht verneint.

Aus dem von der Beschwerdeführerin zitierten hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1976, 909/75, Slg. 5.028/F, ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, weil im damaligen Beschwerdefall ein Baukostenbeitrag an die Stadt Wien geleistet worden war. Gebietskörperschaften zählten schon in § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1972 zu den (tauglichen) Empfängern von zur Schaffung von Wohnraum von Wohnungswerbern geleisteten Beträgen. Im übrigen enthält dieses Erkenntnis die Aussage, daß die mietweise Überlassung einer Wohnung durch die Gebietskörperschaft und die Zahlung des Baukostenbeitrages durch den Wohnungswerber (schlüssige) Handlungen sind, die das Zustandekommen des Mietvertrages und die (damals) mindestens fünfjährige Bindung des Baukostenbeitrages bewirken.

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch angeführt hat, daß das vom Finanzamt der Beschwerdeführerin zugesandte Formular (Bestätigung über achtjährig gebundene Beträge; L 72) unausgefüllt und ununterschrieben retourniert wurde, so handelte es sich hiebei um keinen tragenden Teil der Bescheidbegründung. Die belangte Behörde hat hiebei nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Ausfüllung dieses Formulares unabdingbare Begünstigungsvoraussetzung wäre.

Soweit die Beschwerdeführerin eine Gleichheitswidrigkeit der gesetzlichen Regelung behauptet, genügt der Hinweis auf den Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes und die dort zitierte verfassungsgerichtliche Judikatur (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 24. November 1983, B 466/79). Auch der Verwaltungsgerichtshof teilt die Bedenken der Beschwerdeführerin nicht. Es trifft nicht zu, eine verfassungskonforme Auslegung ließe es als ausreichend erscheinen, daß ein gemeinnütziges Unternehmen im Auftrag der Versicherungsanstalt die Betreuung der Wohnungswerber und die Wohnungsvergabe durchführt. Die Qualifikation des "Baubetreuers" vermag die mangelnde Qualifikation des Bauträgers, in dessen Namen der "Baubetreuer" handelt, nicht zu ersetzen.

Schließlich rügt die Beschwerdeführerin als Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde Ermittlungen dahin unterlassen habe, OB die Versicherungsanstalt nach Statuten und tatsächlicher Geschäftsführung Wohnungseigentum schaffe. Damit vermag sie einen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlichen Verfahrensmangel schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil sie auch in der Beschwerde keine konkreten Behauptungen über den Inhalt der Satzung der Versicherungsanstalt (ihres Vertragspartners) und deren tatsächliche Geschäftsführung aufstellt. Schon im Verwaltungsverfahren war die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, indem sie insbesondere einen die Qualifikation des Bauträgers betreffenden Vorhalt der belangten Behörde unbeantwortet ließ. In Begünstigungsfällen tritt der von der Beschwerdeführerin betonte Grundsatz der Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung aber in den Hintergrund; es liegt an der Partei, die Umstände darzulegen, die für die abgabenrechtliche Begünstigung sprechen (vgl. Stoll, BAO Handbuch, Seite 270).

Zu den Hinweisen der Beschwerdeführerin auf Bestimmungen des AVG ist noch zu bemerken, daß dieses Gesetz im gegenständlichen Abgabenverfahren nicht anzuwenden war (vgl. Art. II Abs. 5 EGVG).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992140143.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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