TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/22 92/16/0076

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Veröffentlicht am 22.10.1992
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

FinStrG §23 Abs2;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §35 Abs1;
FinStrG §60 Abs1;
StGB §34 Z17;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 26. Februar 1992, Zl. 24/33-GA6-DMe/89, betreffend Finanzvergehen (Schmuggel), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis vom 8. Mai 1989 hat das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz (ZA) den Beschwerdeführer schuldig erkannt,

a) am 6. Juni 1980 anläßlich seiner Einreiseabfertigung beim Zollamt Walserberg-Autobahn die von ihm mitgeführte, eingangsabgabepflichtige Medikamententest-Kommode im Zollwert von S 7.564,80 (Eingangsabgaben S 1.385,--; EUSt 1.362,--, AF-Beitrag S 23,--),

b) im Juni 1984 anläßlich seiner Einreise nach Österreich das von ihm mitgeführte eingangsabgabepflichtige Therapiegerät, Mora RM 1005, komplett mit Akku, Fernbedienung und vier BNC-Kabel mit Adapter, im Zollwert von S 105.792,50 (Eingangsabgaben S 21.475,--; EUSt 21.158,--, AF-Beitrag

S 317,--) und

c) im Juni 1985 anläßlich seiner Einreiseabfertigung beim Zollamt Salzburg die von ihm mitgeführten eingangsabgabepflichtigen zwei Paar Handelektroden und zwei Kabel im Zollwert von S 973,80 (Eingangsabgaben EUSt S 195,--) vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen zu haben.

Er habe hiedurch jeweils das Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG begangen.

Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) verhängt. Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG in Verbindung mit § 17 FinStrG werde auf Verfall des Therapiegerätes mit Akku, Fernbedienung und vier BNC-Kabel mit Adapter, der zwei Paar Handelektroden und der zwei Kabel erkannt.

Gemäß § 19 Abs. 1 FinStrG werde für eine Medikamententest-Kommode statt auf Verfall auf Wertersatz in der Höhe von S 8.949,80 (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) erkannt.

Gemäß § 19 Abs. 2 FinStrG werde für das Therapiegerät mit Akku, Fernbedienung und vier BNC-Kabel mit Adapter neben dem ausgesprochenen Verfall auf Wertersatz in der Höhe von S 127.267,50 (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Tage) erkannt.

Gemäß § 185 FinStrG seien die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von S 1.500,-- und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

In der Begründung dieses Erkenntnisses führte das ZA aus, daß der Beschwerdeführer am 6. Juni 1980 mit einem TSE-Gerätesatz sowie einer Medikamententest-Kommode über das Zollamt Walserberg-Autobahn nach Österreich eingereist sei. Während der TSE-Gerätesatz auf Antrag verzollt worden sei, habe der Beschwerdeführer die ebenfalls mitgeführte Medikamtentest-Kommode nicht erklärt. Als Grund für die Nichstellung habe er im finanzstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren angegeben, daß es sich um eine Musterkommode gehandelt habe, die er lediglich zur Erprobung nach Österreich mitgenommen und im Juni 1981 wieder ins Ausland zurückgestellt habe.

Das im Postweg aus dem Ausland erhaltene und verzollte Therapiegerat habe er beim Zollamt als Rückware gemäß § 43 ZollG vorabfertigen lassen und ohne Stellung ins Ausland verbracht und dem Verkäufer zur Durchführung eines Umbaues übergeben. Bei der Rückreise habe er dieses Gerät, dem ein Akku und eine Fernbedienung eingebaut worden war, sowie zusätzlich erworbene vier BNC-Kabel nicht gestellt.

Am 17. Juni 1985 habe der Beschwerdeführer zwei Paar Handelektroden und zwei Kabel um DM 138,52 sowie weitere Geräte um DM 713,07 im Ausland erworben. Anläßlich der Einreise sei "der Beschwerdeführer" von Zollorganen nach mitgeführten Waren kontrolliert worden, wobei nur die Geräte im Wert von DM 713,07 vorgefunden worden seien. Für diese Geräte sei neben der Abgabenschuld eine Abgabenerhöhung gemäß § 172 Abs. 5 ZollG vorgeschrieben worden. Die ebenfalls mitgeführten und unentdeckt gebliebenen Handelektroden und Kabel habe der Beschwerdeführer nicht erklärt.

Der Beschwerdeführer habe sich betreffend die Nichtstellung der Medikamententest-Kommode damit verantwortet, er sei nicht auf die Idee gekommen, daß nur vorübergehend nach Österreich verbrachte Waren einer Zollbehandlung zuzuführen seien und er habe damals auch keine Rechnung oder sonstige Papiere für die Verzollung mitgehabt. Dieser Verantwortung sei jedoch entgegengehalten, daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner Einreise medizinische Geräte und zwar einen TSE-Gerätesatz beim Zollamt verzollt habe. Der Beschwerdeführer habe überdies nicht glaubhaft darstellen können, warum seiner Ansicht nach die von ihm in Österreich fast ein Jahr lang erprobten Waren keiner Zollbehandlung zuzuführen gewesen wären.

Anläßlich der Einfuhr des Therapiegerätes sei dem Beschwerdeführer klar gewesen, daß dieses beim Grenzzollamt zu stellen gewesen wäre. Dies werde auch durch die Aussage des als Zeugen einvernommenen Zollbeamten klar, der angegeben habe, sowohl den Beschwerdeführer als auch seine Gattin über die Stellungspflicht aufgeklärt zu haben. Der Beschuldigte habe anläßlich der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt, betreffend die Reparaturkosten nicht richtig gehandelt zu haben.

Bei der Einfuhr der Handelektroden und Kabel liege der Sachverhalt ähnlich wie bei der Einfuhr der Medikamententest-Kommode. Der Beschwerdeführer sei anläßlich der Einreise mit Waren im Wert von DM 713,07 betreten worden. Es erscheine unglaubwürdig, daß dem Beschwerdeführer die Stellungspflicht hinsichtlich der zusätzlich mitgeführten und für seine Praxis bestimmten Handelektroden und Kabel nicht bekannt gewesen sei.

Zusammenfassend sei daher davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer die im angelasteten Finanzvergehen objektiv und subjektiv begangen habe.

In der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er bestreite den Tatbestand des § 35 Abs. 1 FinStrG in subjektiver Hinsicht erfüllt zu haben.

Die Nichtstellung der Medikamententest-Kommode könne überhaupt nicht den Tatbestand des Schmuggels erfüllen, da er in Unkenntnis der Möglichkeit einer Abfertigung der mitgeführten Ware zum Vormerkverkehr gehandelt habe. Der eingeführte Gegenstand sei nach Durchführung des Testes wieder an die Lieferfirma in der Bundesrepublik Deutschland zurückgestellt worden. Die Unterstellung im Straferkenntnis, daß der Beschwerdeführer die Abfertigung dieser Ware nur deshalb unterlassen habe, weil ihm der große Zeitaufwand lästig gewesen wäre, sei eine durch keinerlei Tatsachen bewiesene Behauptung.

Betreffend die Vorabfertigung des Therapiegerätes sei es richtig, daß der Beschwerdeführer über die Stellungspflicht informiert worden sei und er daher nicht richtig gehandelt habe, wobei jedoch das Zollamt das Handlungsmotiv in keiner Weise deutlich gemacht habe.

Da sowohl das Therapiegerät zollfrei hätte eingeführt werden können und die Einfuhrumsatzsteuer wegen des Vorsteuerabzuges keine Kostenbelastung darstelle, sei unklar, aus welchem Grund der Beschwerdeführer die Stellungs- und Erklärungspflicht vorsätzlich unterlassen haben soll.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (Berufungsentscheidung) hat die belangte Behörde der Berufung teilweise stattgegeben und den Beschwerdeführer betreffend das im Erkenntnis genannte Faktum a) im Hinblick auf die eingetretene Verjährung freigesprochen. Betreffend die Fakten

b) und c) des Erkenntnisses bestätigte die belangte Behörde die Entscheidung des ZA (nunmehr Fakten a) und b) im angefochtenen Bescheid).

Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

Gemäß § 35 Abs. 4 in Verbindung mit § 17 FinStrG wurde auf Verfall des Therapiegerätes, Mora RM 1005, komplett mit Akku, Fernbedienung und vier BNC-Kabel mit Adapter, zwei Handelektroden und zwei Kabel erkannt.

Gemäß § 19 Abs. 2 FinStrG wurde für das Mora Therapiegerät, RM 1005, mit Akku, Fernbedienung und vier BNC-Kabel mit Adapter, neben dem ausgesprochenen Verfall auf Wertersatz in der Höhe von S 127.267,50 (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Tage) erkannt. Gemäß § 185 FinStrG wurden die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von S 1000,-- und die Kosten des Strafvollzuges vorgeschrieben.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß sich aus der Zeugenaussage des Zollbeamten ergeben habe, daß der Beschwerdeführer über die Stellungspflicht informiert gewesen sei. Nach seinen Ausführungen in der Berufung und aus der Tatsache, daß der Beschwerdeführer keinerlei Gründe vorbringen habe können, warum er nicht zumindest den in der Bundesrepublik Deutschland eingebauten Akku dem Zollamt gestellt habe, sei von einer vorsätzlichen Verletzung der Stellungspflicht auszugehen. Seit dem Jahre 1980 habe der Beschwerdeführer die Verzollung von mehreren Sendungen, die ihm mittels Bahn oder Post zugesandt worden seien, bzw. die er auch im Zuge von persönlichen Einreisen mitgeführt habe, beantragt. Er könne daher als in Zollangelegenheiten durchaus erfahren angesehen werden. Insbesondere sei der Beschwerdeführer über den Vorgang bei Rückwaren bzw. über den passiven Veredelungsverkehr informiert gewesen. Wenn der Beschwerdeführer zu seiner Rechtfertigung der Nichtstellung der Handelektroden und Kabel vorbringe, daß diese Gegenstände einen Wert von unter S 1000,-- gehabt hätten und er somit einen Tag Aufenthalt in Salzburg in Kauf hätte nehmen müssen, dann könne in Zusammenhang mit den vorangeführten Feststellungen durchaus von einem Vorsatz (dolus eventualis) ausgegangen werden.

Gegen diesen Bescheid, ausgenommen seinen das Verfahren wegen der Medikamententest-Kommode einstellenden Teil, richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht, nicht wegen Schmuggels, mithin wegen eines Vorsatzdeliktes, nicht mit der im Falle des Vorsatzes zulässigen Nebenstrafe des Verfalls (in einem Fall zusätzlich auch noch mit Wertersatz) und nur nach einem mängelfreien und allen Verfahrensvorschriften entsprechenden Verfahren, insbesondere nach mündlicher und öffentlicher Verhandlung, bestraft zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzieht.

Vorsätzlich handelt gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Dem Täter wird gemäß § 9 FinStrG weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen.

Wenn der Beschwerdeführer betreffend die Einfuhr des Therapiegerätes behauptet, er wollte die im Ausland nachträglich eingebauten Bestandteile der bereits anläßlich der ersten Einfuhr verzollten Ware erst in Wien stellen, weil im Nachtzug die Verzollung nicht hätte durchgeführt werden können, gibt er - wie schon im verwaltungsbehördlichen Verfahren - zu erkennen, daß er um die Stellungspflicht des Gerätes mit den eingebauten Teilen anläßlich der Einreise wußte. Da aber eine solche Stellung unterblieben und das Gerät ohne Durchführung eines Zollverfahrens ins Zollgebiet verbracht worden ist, befindet sich die belangte Behörde im Recht, wenn sie die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 FinStrG auch subjektiv als erfüllt angesehen hat. Daran vermag weder die allfällige Möglichkeit des Vorsteuerabzuges der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer noch ein allfälliger Irrtum über die "Verzollungspflicht" - ob nämlich für das gesamte Gerät oder nur für Teile Eingangsabgaben zu entrichten sind - etwas zu ändern.

Eine Abgabenverkürzung ist zwar regelmäßig Folge, aber nicht Tatbestandsvoraussetzung des Schmuggels (Fellner, Finanzstrafgesetz, RZ 17 zu § 35 samt Rechtsprechung). Das behauptete Fehlen einer Hinterziehungsabsicht ist daher unmaßgeblich. Wenn der Beschwerdeführer weiter vorbringt, er habe das Gerät erst nach der Ankunft in Wien verzollen wollen, fällt auf, daß das Gerät im Juni 1984 eingebracht worden ist und bis zum Zeitpunkt des Einschreitens der Zollorgane im Juni/Juli 1986 keine nachträgliche Stellung stattgefunden hat. Der Beschwerdeführer irrt überdies im Sachverhalt, wenn er im Nachsatz zur Beschwerde vorbringt, er sei mit den Gegenständen schon an der Grenze betreten worden, sodaß ein Vorsatzdelikt noch nicht vollendet sei, sondern lediglich ein Versuch vorliegen könne und im Falle der Fahrlässigkeit die belangte Behörde auf Verfahrenseinstellung erkennen hätte müssen.

Gemäß § 19 Abs. 2 FinStrG ist neben dem Verfall auf Wertersatz zu erkennen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht feststeht, ob der Verfall vollziehbar sein wird, oder wenn Rechte dritter Personen (§ 17 Abs. 5) anerkannt werden.

Der Ausspruch der Wertersatzstrafe betreffend das Therapiegerät erfolgte nur fakultativ, da das Gerät in Gewahrsam des Beschwerdeführers belassen worden war und daher im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht festgestanden hat, ob der Verfall vollziehbar sein wird. Eine Rechtswidrigkeit liegt insoweit nicht vor.

Erstmals in der Beschwerde wird die Unverhältnismäßigkeit des Verfalls bzw. Wertersatzes (§§ 17 Abs. 6 und 19 Abs. 5 FinStrG) geltend gemacht. Besondere Umstände, die eine Unverhältnismäßigkeit begründen könnten, sind der Beschwerdeschrift aber nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer hat somit die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, nicht aufgezeigt (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG). Im übrigen kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß der Entscheidung insoweit Rechtswidrigkeit anhaftet.

Betreffend die im Juni 1985 ohne Stellung ins Zollgebiet verbrachten zwei Handelektroden und zwei Kabel im Zollwert von S 973,80 sei dem Beschwerdeführer seiner Ansicht nach allenfalls entschuldbarer Irrtum zuzubilligen. Dies versucht der Beschwerdeführer damit zu begründen, daß seine Rechtfertigung, er wolle deswegen nicht einen Tag Aufenthalt in Kauf nehmen, für sich allein noch nicht ausreichend und auch irrelevant sei. Aber der weitere Hinweis auf die Betragsgrenze von S 1000,-- zeige seine Rechtsmeinung, daß gewisse geringwertige Gegenstände jedenfalls eingangsabgabenfrei importiert werden dürften. Er habe nicht wissen müssen, auf welche Gegenstände sich das beziehe. Außerdem gebe es einen Freibetrag, bis zu dem eine Eingangsabgabe überhaupt nicht eingehoben werde. Jedefalls sei nicht anzunehmen, daß er wegen eines so gerinfügigen Abgabenbetrages wie S 195,-- vorsätzlich eine Stellungspflicht verletzen wollte. Sein Irrtum begründe daher höchstens Fahrlässigkeit.

Bei diesem Vorbringen scheint der Beschwerdeführer zu übersehen, daß er anläßlich seiner Einreise im Juni 1985 von den Zollorganen mit nichtgestellten Waren im Wert von ca. DM 700,-- betreten wurde und ihm deswegen neben den Eingangsabgaben auch eine Abgabenerhöhung nach § 172 Abs. 5 ZollG vorgeschrieben wurde. Wenn der Beschwerdeführer die unentdeckt gebliebenen Gegenstände von ca. S 970,-- anläßlich dieser Einreise verschwiegen hat, dann konnte die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die übrigen Umstände des Falles mit Recht das Vorliegen eines Irrtums ausschließen.

Der Beschwerdeführer rügt bei der Strafbemessung die Nichtberücksichtigung der Milderungsgründe des Tatsachengeständnisses und der Bereitschaft, an der Aufklärung mitzuwirken. Von einem als Milderungsgrund zu wertenden Geständnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Beschuldigte das Vorhandensein sämtlicher Tatbestandsmerkmale zugegeben hat, also sowohl in Ansehung der objektiven wie der subjektiven Tatseite uneingeschränkt geständig ist (OGH 17. Juli 1973, 13 Os 87/73; Sommergruber/Reger, Das Finanzstrafgesetz, Band 1, E 23 Abs. 2 C/16). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Die Ermittlungsbehörde hatte schon vor der ersten Einvernahme des Beschuldigten die maßgebenden Unterlagen zur Verfügung, sodaß die Aussage des Beschwerdeführers keineswegs mehr wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Unter Berücksichtigung der im Erkenntnis näher angeführten Milderungs- und Erschwerungsgründe sowie der Sorgepflichten kann der Verwaltungsgerichtshof in der vorliegenden Beschwerdesache entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers somit nicht finden, daß bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von ca. S 21.500,-- die verhängte Geldstrafe von S 10.000,-- zu hoch bemessen ist.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht der Beschwerdeführer in der nicht gesondert anfechtbaren Ablehnung der Zuständigkeitsübertragung.

Gemäß § 60 Abs. 1 FinStrG kann anstelle der gemäß § 58 zuständigen Finanzstrafbehörde erster Instanz aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vermeidung von Verzögerungen oder Erschwerungen des Verfahrens oder zur Verkürzung der Verwahrung oder der Untersuchungshaft eines Beschuldigten, für die Durchführung des Finanzstrafverfahrens eine andere sachlich zuständige Finanzstrafbehörde bestimmt werden.

Die Zuständigkeitsübertragung darf nur aus den in § 60 Abs. 1 FinStrG angeführten Gründen angeordnet werden, wenn dafür überwiegende Vorteile der Strafrechtspflege sprechen. Eine Zuständigkeitsübertragung wird sich unter diesem Gesichtspunkt vor allem dann als zweckmäßig erweisen, wenn Beschuldigte und Zeugen ihren Wohnsitz in größerer Entfernung von der örtlich zuständigen Finanzstrafbehörde haben, sodaß bei Unterlassung einer Zuständigkeitsübertragung diese im Rechtshilfeweg vernommen werden müssen, oder eine mehrmalige Versendung des Strafaktes erforderlich wäre (Sommergruber-Reger, aaO, Band 2, Seite 427/428).

Die Ermittlungsbehörde hat die Ablehnung der Zuständigkeitsübertragung im wesentlichen darauf gestützt, daß zwar der Wohnsitz des Beschuldigten für eine Zuständigkeitsübertragung sprechen könnte, andererseits aber noch Ermittlungen im Bereich des erkennenden Zollamtes durchzuführen seien. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr vorbringt, daß seine Verfahrens- und Verteidigungsrechte dadurch verletzt worden seien, daß der Verteidiger an der mündlichen Verhandlung in Salzburg nicht habe teilnehmen können, dann ist dem entgegenzuhalten, daß der durch einen Verteidiger vertreten gewesene Beschwerdeführer zu Beginn der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die Anwesenheit des Verteidigers verzichtet hat. Im übrigen hat er nicht dargetan, daß der Verteidiger oder ein Substitut an der mündlichen Verhandlung nur deswegen nicht teilnehmen konnte, weil sie in Salzburg und nicht in Wien stattgefunden habe.

Mündliche Verhandlungen vor dem Spruchsenat sind grundsätzlich öffentlich, vor dem Einzelbeamten nicht.

Gemäß § 58 Abs. 2 lit. b FinStrG obliegt die Durchführung der mündlichen Verhandlung und Fällung des Erkenntnisses einem Spruchsenat als Organ der Finanzstrafbehörde erster Instanz, wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter die Fällung des Erkenntnisses durch einen Spruchsenat beantragt. Im Fall eines vorausgegangenen vereinfachten Verfahrens (§ 143) ist ein solcher Antrag im Einspruch gegen die Strafverfügung, in den übrigen Fällen bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung oder, wenn eine solche gemäß § 125 Abs. 3 nicht stattfindet, bis zur Abgabe der Verzichtserklärung zu stellen.

Demnach hätte eine öffentliche Verhandlung durchgeführt werden können, falls der Beschwerdeführer die Fällung des Erkenntnisses durch den Spruchsenat im Einspruch beantragt hätte.

Gemäß § 62 Abs. 2 lit. b FinStrG obliegt die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Entscheidung über das Rechtsmittel einem Berufungssenat als Organ der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter dies in der Berufung oder in der Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß § 149 Abs. 4 begehrt.

Von diesen Möglichkeiten hat der Beschwerdeführer jedoch keinen Gebrauch gemacht, sodaß er letztlich nicht beschwert sein kann, wenn keine öffentliche Verhandlung durchgeführt wurde. Bei dieser Sach- und Rechtslage sieht der Verwaltungsgerichtshof auch keine Veranlassung, an den Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 127 Abs. 3 FinStrG wegen vermeintlicher Verletzung des Art. 6 Abs. 1 MRK im Hinblick auf mangelnde Öffentlichkeit zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens heranzutragen, weil es der Beschwerdeführer in der Hand gehabt hätte, eine solche öffentliche Verhandlung durchführen zu lassen.

Gemäß § 160 Abs. 1 lit. b FinstrG ist über eine Berufung nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden in sonstigen Berufungsverfahren, wenn dies der Berufungswerber in der Berufung beantragt hat oder wenn es die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz für erforderlich hält.

In der Berufung hat der Beschwerdeführer weder eine mündliche Verhandlung beantragt noch sonstige Beweisanträge gestellt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ehegattin oder der Beschwerdeführer die Vorabfertigung des Gerätes beim Zollamt B. beantragt hat, wenn unbestritten und nachgewiesen der Beschwerdeführer das Gerät ins Ausland verbracht und wieder eingeführt hat und in der Berufung ausdrücklich darauf hinweist - was sich im übrigen mit den Feststellungen der belangten Behörde deckt -, daß er über die Stellungspflicht des Therapiegerätes informiert worden sei. Es kann daher der belangten Behörde nicht mit Erfolg der Vorwurf gemacht werden, wenn sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat.

Die Beschwerde erweist sich somit dem gesamten Inhalt nach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992160076.X00

Im RIS seit

22.10.1992

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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