TE Vfgh Beschluss 1990/11/27 G211/90

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Veröffentlicht am 27.11.1990
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Index

60 Arbeitsrecht
60/03 Kollektives Arbeitsrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AKG 1954 §5
AKG 1954 §19

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Bestimmungen über die Mitgliedschaft von Lehrlingen bei der Arbeiterkammer sowie die daraus resultierende Verpflichtung zur Einhebung einer Umlage; Zumutbarkeit des Rechtsweges über die Feststellung der Kammerzugehörigkeit

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit dem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, die §§5 und 19 des Bundesgesetzes vom 19. Mai 1954, BGBl. 105, über die Kammern für Arbeiter und Angestellte und den Österreichischen Arbeiterkammertag (Arbeiterkammergesetz - AKG) jeweils zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben. Sämtliche Antragsteller seien als Dienstnehmer bei einem Unternehmen im Sinne des §5 Abs1 lita AKG beschäftigt. Sie erachten sich durch die bekämpften Gesetzesstellen unter anderem deshalb unmittelbar betroffen, weil gemäß §19 AKG von den in Beschäftigung stehenden kammerzugehörigen Personen (mit Ausnahme der Lehrlinge) eine Umlage einzuheben ist. Diese Einhebung erfolge unmittelbar aufgrund des AKG und ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides. Es stehe den Antragstellern auch kein zumutbarer Umweg zur Erwirkung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines Bescheides zur Verfügung,

"zumal ein Bescheid über die Kammerzugehörigkeit der Antragsteller nicht erwirkt werden kann, mangels diesbezüglich fehlender Voraussetzungen (§5 Abs3 AKG bestimmt nur hinsichtlich eines Streitfalles im Sinne der Ausnahmebestimmungen des Abs2, daß das Bundesministerium für Soziale Verwaltung über die Zugehörigkeit zu entscheiden hat). Andererseits kann die Erzwingung einer gerichtlichen Entscheidung nur darin liegen, daß von den Antragstellern allenfalls eine Klage beim hiefür zuständigen Gerichtshof erster Instanz im Sinne des ASGG auf Unterlassung des Einbehaltes der Umlagebeträge im Sinne des §19 Abs2 einzubringen wäre, was jedoch für die Antragsteller als Dienstnehmer gegenüber den Dienstgebern nicht zumutbar ist. Eine Aufforderung der Antragsteller an ihre Dienstgeber, den Einbehalt der Umlagen zu unterlassen, würde allenfalls einen Versuch zur Anstiftung im Sinne des §15 Abs2 StGB darstellen, da es sich bei den im Abzugswege eingehobenen Umlagebeträgen um ein, dem Dienstgeber anvertrautes Gut im Sinne des §133 StGB handelt. Das Provozieren von sowohl gerichtlichen als auch verwaltungsbehördlichen Strafverfahren ist für die Antragsteller jedoch unzumutbar."

In der Sache behaupten die Antragsteller mit näherer Begründung, die bekämpften Bestimmungen des AKG verletzten sie in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unverletzlichkeit des Eigentums, Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Erwerbsausübungsfreiheit und Koalitionsfreiheit.

II. Der Antrag ist unzulässig.

§5 Abs1 AKG umschreibt den Kreis derjenigen Dienstnehmer, die den Arbeiterkammern angehören. Dazu gehören nach ihren eigenen Angaben aufgrund des §5 Abs1 lita AKG auch die Antragsteller.

§5 Abs2 AKG zählt sodann Gruppen von in einem Dienstverhältnis Beschäftigten auf, die den Arbeiterkammern nicht zugehören. §5 Abs3 AKG bestimmt schließlich (in der geltenden Fassung):

"Über die Zugehörigkeit zu einer Arbeiterkammer entscheidet im Streitfalle das Bundesministerium für Arbeit und Soziales."

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Beschluß VfSlg. Anhang 11/1956 ausgeführt, daß die Entscheidung nach §5 Abs3 AKG in der Feststellung besteht, ob nach der Art der Beschäftigung eine Kammerzugehörigkeit für einen bestimmten Dienstnehmer besteht oder ob dies nicht der Fall ist. Daran anknüpfend hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 8485/1979 (S. 42f und 54ff) die Antragslegitimation einer Dienstnehmerin gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG verneint, da §5 Abs3 AKG der Antragstellerin einen zumutbaren Weg eröffnet, die behaupteten Rechtsverletzungen geltend zu machen und letztlich ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesstellen in einem Beschwerdeverfahren an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Die Antragsteller könnten mit der Behauptung, der Arbeiterkammer - aus welchem Grund auch immer - nicht anzugehören, ein solches Verwaltungsverfahren in Gang setzen.

Da in §5 Abs3 AKG somit ein zumutbarer Weg zur Abwehr der durch die behauptete Verfassungswidrigkeit angeblich bewirkten Rechtsverletzungen eröffnet ist, muß der Antrag mangels Legitimation ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückgewiesen werden (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Arbeiterkammern Mitgliedschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G211.1990

Dokumentnummer

JFT_10098873_90G00211_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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