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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §19 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des K in T, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 21. Jänner 1993, Zl. 7-G, betreffend Ladung in einer Angelegenheit des Suchtgiftwesens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Am 19. November 1992 wurde der Beschwerdeführer von Beamten des Landesgendarmeriekommandos Niederösterreich dazu einvernommen, daß ihn eine namentlich genannte Person als Verkäufer von Suchtgift bezeichnet habe. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19 AVG für den 2. Februar 1993 zur belangten Behörde geladen. Der angefochtene Bescheid erging unter Verwendung des Formulars "Ladungsbescheid an Beteiligte". Unter der Rubrik "Betrifft" scheint "Übertretung nach dem Suchtgiftgesetz" auf. Die Notwendigkeit, der Beschwerdeführer habe persönlich zu erscheinen, wird zum Ausdruck gebracht, die Möglichkeit einer Vertretung gestrichen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 27. September 1993, B 293/93, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bestreitet unter Hinweis auf § 9 des Suchtgiftgesetzes, daß ein Anlaß bestanden habe, ihn vor die Behörde zu laden. Nach dieser Gesetzesstelle hat die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde Personen, bei denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie Suchtgift mißbrauchen, der ärztlichen Begutachtung durch einen mit Fragen des Suchtgiftmißbrauches hinreichend vertrauten Arzt zuzuführen. Der Betreffende hat sich der hiefür erforderlichen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Wie bereits ausgeführt war der Beschwerdeführer als eine Person bezeichnet worden, die im Besitz von Suchtgift gewesen sei und dieses an andere Personen weitergegeben habe. Er stand damit auch im Verdacht, selbst Suchtgift zu konsumieren. Es kann also entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Rede davon sein, daß der Verdacht des Suchtgiftmißbrauches völlig unbegründet gewesen ist. Daß der Beschwerdeführer vor den Beamten des Landesgendarmeriekommandos dem Verdacht "ausdrücklich widersprochen" habe, kann keinen Umstand darstellen, die Ladung vor die Behörde als rechtswidrig erscheinen zu lassen.
2. Dasselbe gilt für die behauptete bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Ansehung von Suchtgiftdelikten. Der Beschwerdeführer übersieht insbesondere in diesem Zusammenhang, daß hinter dem von ihm selbst angesprochenen § 9 des Suchtgiftgesetzes nicht ein Verwaltungsstrafverfahren (der Beschwerdeführer wurde auch nicht als Beschuldigter geladen), sondern die Einleitung und Durchführung einer ärztlichen Betreuung einer Suchtgift mißbrauchenden Person steht.
3. Der Beschwerdeführer vertritt ferner den Standpunkt, eine einfache Ladung hätte ausgereicht. Es habe kein Anlaß zur Annahme bestanden, er würde der Ladung keine Folge leisten.
Ist der Verdacht gegeben, eine Person mißbrauche Suchtgift, so ist im Hinblick auf allenfalls zu setzende ärztliche Maßnahmen Raschheit geboten. Ein Ladungsbescheid kann bei Nichtbefolgung sofort vollstreckt werden. Bei einer einfachen Ladung müßte erst ein Ladungsbescheid mit Setzung eines neuen Termines erlassen werden. Es könnte somit wertvolle Zeit ungenützt verstreichen. Es kann daher nicht gesagt werden, daß es gleichgültig ist, ob der Betreffende früher oder später bei der Behörde erscheint.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die zu ladende Person konkrete Hinweise geboten hat, sie werde eine einfache Ladung nicht befolgen. Die Behörde ist im Gegenteil immer berechtigt, die Möglichkeit der unentschuldigten Nichtbefolgung einer Ladung in Betracht zu ziehen.
Eine Überschreitung des Auswahlermessens hinsichtlich der Form der Ladung ist der belangten Behörde daher nicht vorzuwerfen.
4. Wenn der Beschwerdeführer rügt, ihm sei entgegen dem § 19 Abs. 2 AVG der Gegenstand der Amtshandlung nicht mitgeteilt worden, so ist ihm zu erwidern, daß ihm gegenüber sehr wohl zum Ausdruck gebracht wurde, daß es um die für notwendig erachtete Anwesenheit des Beschwerdeführers vor der Behörde im Zusammenhang mit einer Angelegenheit des Suchtgiftwesens gehe. Die Wendung im Betreff "Übertretung nach dem Suchtgiftgesetz" ist zwar nach dem oben Gesagten nicht ganz präzise. Dem Beschwerdeführer war aber klar, daß es der Behörde nicht um die Besorgung anderer ihr übertragener Aufgaben geht (wie etwa um eine kraftfahrrechtliche, eine straßenpolizeiliche, eine gewerberechtliche oder eine melderechtliche Angelegenheit).
Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, mit dem ein Ladungsbescheid wegen unzureichender Bezeichnung des Gegenstandes der Amtshandlung aufgehoben wurde (Erkenntnis vom 28. März 1980, Zlen. 2850/79, 290/80) betraf einen im wesentlichen anders gelagerten Sachverhalt: Dort hatte es im angefochtenen Bescheid in dem in Rede stehenden Zusammenhang lediglich geheißen, es gehe um eine "Auskunftserteilung"; die Angabe eines Stichwortes über die Art der Amtshandlung genüge aber nicht.
5. Soweit in der Beschwerde (auf der fünften Seite unter b) Ausführungen enthalten sind, die nach ihrer Formulierung einen Aufschiebungsantrag zu begründen scheinen, ist festzuhalten, daß ein solcher Antrag an den Verwaltungsgerichtshof gar nicht gestellt wurde. Als Beschwerdegründe sind diese Ausführungen jedenfalls schon deswegen nicht zielführend, weil der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "psychologische Nachteil" keine behauptete Verletzung seiner Rechte darstellt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
ErmessenBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter VerfahrensanordnungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993110223.X00Im RIS seit
25.01.2001Zuletzt aktualisiert am
13.05.2011