TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/19 93/12/0092

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Veröffentlicht am 19.01.1994
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

ABGB §90;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §56 Abs1;
BDG 1979 §56 Abs2;
FinStrG;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. NN, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Jänner 1993, Zl. 44a/Th, betreffend Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Fachinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol; seine Dienststelle ist eine Bezirkshauptmannschaft, wo er seit 1989 im Referat für Sozialhilfe beschäftigt ist; davor war er mehrere Jahre im Verkehrsstrafreferat bzw. bis Ende 1980 in der KFZ-Zulassungsstelle tätig.

Zumindest formell gesehen befaßte sich die Gattin des Beschwerdeführers mit dem Handel bzw. der grenzüberschreitenden Überstellung von Kraftfahrzeugen (nach dem Beschwerdevorbringen ohne Vorliegen einer protokollierten Firma). Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit wurde ein Finanzstrafverfahren eingeleitet.

Mit Schreiben der Dienstbehörde vom 30. Dezember 1992 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß eine Untersagung seiner Nebenbeschäftigung in der Firma seiner Gattin beabsichtigt sei, weil er die Verantwortung für das Finanzstrafverfahren übernommen habe.

Soweit dem für das vorliegende Verfahren Bedeutung zukommt, äußerte sich der Beschwerdeführer daraufhin mit Schreiben vom 12. Jänner 1993 dahingehend, daß er seine Frau habe schützen wollen und daß seine Tätigkeiten vorwiegend in der Übernahme, Überstellung, Vorführung und Verzollung der beanstandeten Fahrzeuge bestanden habe, wobei aber die Verzollung von befugten Speditionen durchgeführt worden sei.

Ohne weiteres Ermittlungsverfahren erging dann der angefochtene Bescheid, der folgenden Spruch aufweist:

"Gemäß § 56 Abs. 2 und 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 in Verbindung mit § 2 Z. 1 des Landesbeamtengesetzes 1982 wird festgestellt, daß die von Herrn Fachinspektor R ausgeübte Nebenbeschäftigung in der Firma seiner Frau (Fahrzeugimport/-export und KFZ-Überstellungen), welche hauptsächlich im Überstellen von Kraftfahrzeugen aus der BRD und im Weiterverkauf dieser Fahrzeuge besteht, unzulässig ist."

Zur Begründung wird ausgeführt, am 14. Mai 1991 sei vom Zollamt Innsbruck gegen die Gattin des Beschwerdeführers ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden. Es sei ihr vorgeworfen worden, daß ihre Firma durch die Vorlage falscher Rechnungen beim Import von Kraftfahrzeugen Abgaben hinterzogen habe. Im Zuge einer Firmenüberprüfung sei der Beschwerdeführer am 15. Mai 1991 niederschriftlich einvernommen worden. Ursprünglich sei von ihm jeder Vorwurf einer Abgabenhinterziehung bzw. Mitwirkung daran zurückgewiesen worden. Aufgrund der vorliegenden Beweise habe er schließlich zugeben müssen, beim Import von sechs Kraftfahrzeugen allein verantwortlich tätig gewesen zu sein. Befragt zu den Firmenverhältnissen sei von ihm folgendes ausgesagt worden:

"Ich möchte betonen, daß meine Gattin mit diesen Machenschaften nichts zu tun hatte und davon auch keine Kenntnis hatte. Alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Import wurden ausschließlich von mir alleine durchgeführt."

Am selben Tag sei auch die Gattin des Beschwerdeführers einvernommen worden und habe die vom Beschwerdeführer getätigten Aussagen bestätigt. Demnach seien alle Geschäftsabwicklungen vom Beschwerdeführer durchgeführt worden, sie habe lediglich ihren Namen zur Firmengründung beigegeben; auch die Idee der Firmengründung sei 1989 von ihrem Gatten gekommen.

Am 27. Mai 1991 sei vom Zollamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer und seine Gattin nach §§ 11 und 35 Abs. 2 des Finanzstrafgesetzes ausgedehnt bzw. eingeleitet worden. Als Begründung sei angeführt worden, daß nach den vorliegenden Erkenntnissen, den Feststellungen des Zollfahndungsamtes München und den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Gattin vom 15. Mai 1991 der begründete Verdacht bestehe, daß beide in den Jahren 1988 bis 1990 beim Import von Kraftfahrzeugen aus der Bundesrepublik Deutschland durch unrichtige Wertangaben in fortgesetzter Weise Abgaben hinterzogen hätten. In verschiedenen Medien sei ausführlich über diesen Import von Kraftfahrzeugen aus der Bundesrepublik Deutschland, die Vorlage falscher Rechnungen und die derart erfolgte Abgabenhinterziehung berichtet worden. Das Finanzstrafverfahren sei noch nicht abgeschlossen; wegen Gewerbsmäßigkeit und der Höhe der Schadenssumme werde nach Erhebung des maßgeblichen Sachverhaltes vom Zollamt Innsbruck Strafanzeige an das Gericht erstattet werden.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 12. Jänner 1993 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, die Behauptung, alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Import von Kraftfahrzeugen seien ausschließlich von ihm alleine durchgeführt worden, habe er lediglich zum Schutz seiner Gattin vor weiterer finanzbehördlicher Verfolgung aufgestellt. Seine Tätigkeit habe hauptsächlich in der Übernahme, Überstellung, Vorführung und Verzollung der Kraftfahrzeuge bestanden, wobei die Verzollung von befugten Speditionen durchgeführt worden sei. Alle diese Tätigkeiten habe er ausnahmslos in seiner Freizeit vorgenommen.

Nach Wiedergabe des § 56 Abs. 2 BDG 1979 und der Rechtsprechung hiezu führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, die ehemalige dienstliche Verwendung des Beschwerdeführers in der Zulassungsstelle der Bezirkshauptmannschaft und die guten persönlichen Kontakte zu den Mitarbeitern der Zulassungstelle seien geeignet, in der Öffentlichkeit den Verdacht einer bevorzugten Behandlung bei der Zulassung jener Kraftfahrzeuge, die vom Beschwerdeführer nach Österreich überstellt wurden, zu begründen. Weiters könne der Beschwerdeführer im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit an der Bezirkshauptmannschaft mit Personen in Berührung kommen, die - nicht zuletzt aufgrund seiner persönlichen Mitwirkung - in einer Geschäftsbeziehung zu der Firma seiner Frau stünden, was geeignet sei, bei dem von der dienstlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers berührten Personenkreis Zweifel bezüglich einer objektiven und von jeglichen persönlichen Interessen und Beeinflussungen freien Amtsführung aufkommen zu lassen.

Die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer und die ausführliche Medienberichterstattung darüber, insbesondere an die Öffentlichkeit gelangte Berichte, in welchen von "mehreren Beamten der Bezirkshauptmannschaft, gegen die finanzbehördliche Ermittlungen anhängig seien" die Rede gewesen sei, habe das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche und gesetzestreue Wahrnehmung der Aufgaben durch die Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft erschüttert. Es liege deshalb ein wesentliches dienstliches Interesse daran, dieses für die Erfüllung der Aufgaben des Landes Tirol so wichtige und unverzichtbare Vertrauen der Allgemeinheit zurückzugewinnen. Dies sei aber nur durch eine klare Trennung von Privatinteressen einzelner Bediensteter und öffentlicher Aufgaben möglich. Eine solche Entflechtung von Interessen sei im gegenständlichen Fall beim Beschwerdeführer nur durch ein konsequentes Unterlassen jeglicher Mitarbeit in der Firma seiner Frau möglich. Aus diesen Gründen sei die Mitarbeit des Beschwerdeführers in der Firma seiner Frau als unzulässige Nebenbeschäftigung anzusehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf das Dienstverhältnis der Tiroler Landesbeamten findet gemäß § 2 Z. 1 des Landesbeamtengesetzes 1982, LGBl. Nr. 69, in der Fassung LGBl. Nr. 11/1993, das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979, BGBl. Nr. 333, über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 314/1992, mit für den Beschwerdefall nicht maßgebenden Abweichungen sinngemäß Anwendung.

Nach § 56 Abs. 1 BDG 1979 ist eine Nebenbeschäftigung jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt. Der Beamte darf nach Abs. 2 der genannten Bestimmung keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet. Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung hat der Beamte seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt.

Aus dem Wortlaut und dem Zusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt sich, daß der Begriff der Nebenbeschäftigung alle nur denkmöglichen Beschäftigungen eines Beamten außerhalb seines Dienstverhältnisses (im weiteren Sinn) umfaßt, wobei nur erwerbsmäßige Nebenbeschäftigungen zu melden sind.

Dementsprechend stellt auch die ehrenamtliche Wahrnehmung einer Funktion in einem Verein eine Nebenbeschäftigung dar, die an den Anforderungen des § 56 Abs. 2 BDG 1979 zu messen ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1985, Zl. 85/12/0145, Slg. Nr. 11.942/A).

Ob der Beamte seine Nebenbeschäftigung im Rahmen einer Beistandspflicht gegenüber seiner Ehegattin ausübt, ist für die Frage der Zulässigkeit der Nebenbeschäftigung rechtlich bedeutungslos. Nach der gesetzlichen Regelung des § 56 Abs. 2 BDG 1979 sind Nebenbeschäftigungen, die einer der drei gesetzlichen Voraussetzungen widersprechen, grundsätzlich unabhängig von dem Motiv, aus dem sie ausgeübt werden, zu untersagen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1987, Zl. 86/12/0243).

Wie aus der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hervorgeht, ist als Voraussetzung für die Untersagung wegen Vermutung der Befangenheit insbesondere wesentlich,

1. ob die erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unmittelbar im dienstlichen Aufgabenbereich des Beamten ausgeübt werden soll bzw.

2. ob bei einer solchen Nebenbeschäftigung zwangsläufig ein Kontakt mit Personen gegeben ist, gegenüber denen auch ein dienstliches Einschreiten des Beamten häufig notwendig sein kann bzw.

3. ob der finanzielle Erfolg der Nebenbeschäftigung von den Personen abhängig ist, gegenüber denen der Beamte dienstlich tätig zu werden hat.

Die Vermutung der Befangenheit im Sinne des § 56 Abs. 2 BDG 1979 darf also nicht nur eine bloß abstrakt-denkmögliche sein, um die Untersagung einer Nebenbeschäftigung zu rechtfertigen, sondern muß vielmehr stichhaltig und auf den Erfahrungen des täglichen Lebens aufbauend begründet werden. Durchaus an der bisherigen Rechtsprechung festhaltend ist aber für die Untersagung einer Nebenbeschäftigung nicht notwendig, daß durch diese tatsächlich eine Befangenheit hervorgerufen wird. Es muß nur die Gefahr der Befangenheit hinlänglich konkret sein (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1985, Zl. 85/12/0145, Slg. Nr. 11.942/A und die dort weiters angegebene Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, daß ihm eine Nebenbeschäftigung nicht ohne Vorliegen der dafür in § 56 BDG 1979 genannten Voraussetzungen, sowie unzuständigkeitshalber und unter Verletzung des § 90 ABGB untersagt wird, durch unrichtige Anwendung der genannten Normen sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Er sieht die Unzuständigkeit der belangten Behörde darin, es handle sich bei der Untersagung der Nebenbeschäftigung um einen Eingriff in die ihn treffende eheliche Beistandspflicht, hinsichtlich derer die Zuständigkeit bei der außerstreitigen Gerichtsbarkeit liege. Der Dienstgeber sei nicht berechtigt, die Erfüllung einer solchen im § 90 ABGB zweiter Satz ("Im Erwerb des anderen hat ein Ehegatte mitzuwirken, soweit ihm dies zumutbar und es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist.") vorgeschriebenen Beistandspflicht zu untersagen. Es handle sich bei seiner unentgeltlichen Mithilfe im Betrieb seiner Ehegattin im Rahmen der ihn treffenden Beistandspflicht überhaupt um keine "Beschäftigung" im Sinne des § 56 BDG 1979.

Diese Rechtsauffassung des Beschwerdeführers teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht.

Vor dem Hintergrund der Rechtslage und der vorher wiedergegebenen Rechtsprechung ist vielmehr davon auszugehen, daß § 56 BDG 1979 jedenfalls nicht nur auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinn abstellt. Bei der Mithilfe des Beschwerdeführers im Betrieb seiner Gattin handelte es sich nicht bloß um gelegentliche, zeitlich geringfügige Handreichungen oder dergleichen. Es ist vielmehr auf Grundlage der eigenen Angaben des Beschwerdeführers und der seiner Gattin im vorliegenden Verwaltungsverfahren davon auszugehen, daß die Gattin des Beschwerdeführers lediglich formal die Firma geführt hat. Aber selbst wenn der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 12. Jänner 1993 gefolgt wird, ändert dies nichts daran, daß die zugegebene Mithilfe des Beschwerdeführers in einem solchen Umfang erfolgte, daß sie eine Nebenbeschäftigung im Sinne des § 56 BDG 1979 darstellt und die Dienstbehörde nach § 1 DVG berufen ist, über die Zulässigkeit der Ausübung dieser Nebenbeschäftigung zu befinden. Im übrigen läßt die Regelung des § 90 ABGB, die eine eheliche Beistandspflicht nur im Rahmen der Zumutbarkeit vorsieht, erkennen, daß die Beistandspflicht ihre Grenze dort findet, wo sich diese Verpflichtung mit der eigenen Stellung des Ehegatten nicht vereinbaren läßt. An dieser Betrachtung ändert sich auch nichts durch die in der Beschwerde geltend gemachten sozialen Gründe (hohe Kosten für das Studium des Sohnes) bzw. durch den Hinweis auf die Bedeutung von Ehe und Familie im Rahmen der Rechtsordnung.

Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung darauf, daß die Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers die Vermutung der Befangenheit hervorruft und auch sonst wesentliche dienstliche Interessen dadurch gefährdet werden.

Der Beschwerdeführer bringt gegen die Annahme der Vermutung der Befangenheit vor, es sei rechtlich völlig verfehlt, eine Befangenheit anderer Beamter, mit denen der Beschwerdeführer früher zusammengearbeitet hätte, nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 zweiter Tatbestand zu werten, weil dieser nur auf die Befangenheit des die Nebenbeschäftigung ausübenden Beamten selbst abstelle.

Diese Auffassung teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht.

Im Gegensatz zum ersten Tatbestand im § 56 Abs. 2 BDG 1979 (...IHN an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert ...) mangelt es beim zweiten und dritten Untersagungstatbestand im § 56 Abs. 2 BDG 1979 an einer normativen Bezugnahme auf den die Nebenbeschäftigung ausübenden Beamten. Die Vermutung der Befangenheit kann daher entgegen den Beschwerdeausführungen auch dann eine Untersagung der Nebenbeschäftigung rechtfertigen, wenn diese Vermutung gar nicht in der Person des die Nebenbeschäftigung ausübenden Beamten, sondern in seinem dienstlichen Umfeld gegeben sein kann.

Diese Vermutung der Befangenheit darf aber auch diesfalls nicht bloß eine abstrakt-denkmögliche sein, sondern muß in einem ordnungsgemäßen Verfahren unter Beteiligung des (der) betroffenen Beamten ermittelt bzw. stichhaltig und auf den Erfahrungen des täglichen Lebens aufbauend begründet werden.

Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid aber nicht gerecht.

Die Beschwerde macht zutreffend als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß die Frage der Möglichkeit einer Befangenheitsvermutung nicht Gegenstand des abgeführten Verwaltungsverfahrens war und dem Beschwerdeführer dazu kein Parteiengehör gewährt worden ist, in dem er ansonsten nachgewiesen hätte, daß jede Verquickung seiner dienstlichen Tätigkeit einerseits und seiner Tätigkeit für seine Gattin andererseits ausgeschlossen sei. Dies nicht nur tatsächlich, sondern auch in dem Sinne, daß niemand ernstlich eine dahingehende Vermutung anstellen könne. Die Personen, auf die sich die dienstliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Subreferat Sozialhilfe bezöge, seien nicht Kunden des Unternehmens der Gattin und würden dies auch in Zukunft mit praktischer Sicherheit nicht sein. Daß der Beschwerdeführer im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit an der BH mit Personen in Berührung kommen könne, die - mit oder ohne seine persönliche Mitwirkung - in einer Geschäftsbeziehung zur Firma seiner Frau stünden, sei eine apodiktische Behauptung, die aus der Bescheidbegründung, aus irgendwelchen aufgenommen Beweisen oder schlüssigen Ableitungen nicht nachvollzogen werden könne. Was die Frage der Möglichkeit der Befangenheit von anderen Beamten der BH betreffe, sei keiner der derzeitigen Beamten des Verkehrsreferates dort auch schon früher gemeinsam mit dem Beschwerdeführer tätig gewesen. Daß gegen den Beschwerdeführer und seine Gattin ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden sei, treffe zu. Damit stehe jedoch das Verschulden des Beschwerdeführers noch nicht fest;

diesbezüglich wären die näheren Umstände festzustellen gewesen. Der Vorhalt mit Schreiben vom 30. Dezember 1992 habe sich nur auf die grundsätzliche Rolle des Beschwerdeführers bei den Autoimporten beschränkt. Wäre dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß Parteiengehör gewährt worden, so hätte er ins Treffen geführt, daß im Unternehmen seiner Gattin seit Ende 1991 ein Handel mit Kraftfahrzeugen überhaupt nicht mehr stattfinde, sondern nur mehr Überstellungen durchgeführt würden. Er hätte ausdrücklich erklärt, daß er jedenfalls auch in Zukunft nur mehr bei Überstellungen mitwirken werde und somit jede weitere Involvierung in abgabenrechtlich oder sonst verpönte Handlungen auszuschließen sei.

Die Untersagung einer Nebenbeschäftigung ist nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 nur zulässig, wenn aufgrund der Ausübung der Nebenbeschäftigung eine der dort genannten Beeinträchtigungen des Dienstes folgt bzw. konkret zu befürchten ist. Um dies beurteilen zu können, müssen die den Beamten treffenden Dienstpflichten auf seinem Arbeitsplatz, als Angehöriger einer Dienststelle bzw. in seinem dienstlichen Umfeld dargestellt werden und die Dienstbezogenheit der Ausübung der Nebenbeschäftigung im Sinne der Untersagungstatbestände des § 56 Abs. 2 BDG 1979 konkret dargelegt werden.

Vorliegendenfalls hat die belangte Behörde weder den Inhalt der Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers, noch seinen dienstlichen Aufgabenbereich bzw. sein dienstliches Umfeld hinlänglich dargestellt. Es bleibt damit auch unüberprüfbar, ob und inwieweit dem Beschwerdeführer im Hinblick auf seine dienstlichen Aufgaben bzw. Kontakte jegliche Tätigkeit in der "Firma seiner Frau" zu untersagen war.

Wenn die belangte Behörde ihre Entscheidung auf den dritten Tatbestand des § 56 Abs. 2 BDG 1979 "Gefährdung sonstiger wesentlicher dienstlicher Interessen" stützt und diese im Vertrauensverlust der Allgemeinheit in die sachliche und gesetzestreue Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben durch die Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft sieht, ist ihr zuzustimmen, daß sowohl die Gefährdung der sachlichen und gesetzestreuen Aufgabenerfüllung durch Bedienstete als auch die Gefährdung des Vertrauens der Allgemeinheit darauf ein solches wesentliches dienstliches Interesse im Sinne des § 56 Abs. 2 BDG 1979 darstellen. Voraussetzung für eine Untersagung nach diesem Tatbestand ist aber ähnlich wie bei der Befangenheitsvermutung, daß in einem ordnungsgemäßen Verfahren unter Beteiligung des (der) betroffenen Beamten erhoben und dann dargestellt wird, worin durch die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung diese Gefährdungen eingetreten sein sollen.

Im Beschwerdefall beschränkte sich die belangte Behörde diesbezüglich auf den Hinweis der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer und der ausführlichen Medienberichterstattung darüber (in dieser soll angeblich von mehreren Beamten die Rede gewesen sein). Dieser Hinweis allein genügt aber nicht. Der Umstand der EINLEITUNG eines Finanzstrafverfahrens gegen einen Beamten im Zusammenhang mit der Ausübung einer ansonst zulässigen Nebenbeschäftigung, die in keinerlei offenkundigem Bezug zu der dienstlichen Tätigkeit dieses Beamten steht, reicht für sich allein für die von der belangten Behörde getroffenen Annahmen nicht aus. Auch in diesem Zusammenhang wären der Dienstbezug der Nebenbeschäftigung, die näheren Umstände des dadurch ausgelösten Finanzstrafverfahrens und (- wie der Beschwerdeführer behauptet - einer Änderung) des Umfanges seiner Nebenbeschäftigung festzustellen gewesen. Nur dann, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt ordnungsgemäß und umfassend festgestellt worden ist, kann darauf unter Heranziehung der Erfahrungen des täglichen Lebens die von der belangten Behörde getroffene Annahme gestützt werden. Diese notwendige Objektivierung in einem ordnungsgemäßen Verfahren kann auch hinsichtlich des Vertrauensverlustes der Allgemeinheit nicht durch einen bloßen Hinweis auf die Medienberichterstattung, die schon auf Grund ihrer anderen Ziele nicht den rechtsstaatlichen Erfordernissen, die an ein Verfahren zu stellen sind, entsprechen muß, keinesfalls ersetzt werden.

Da der Verwaltungsgerichtshof mangels ausreichender Feststellung der belangten Behörde nicht in der Lage war zu beurteilen, ob bzw. inwieweit die Untersagung der Ausübung der Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers zu Recht erfolgt ist, mußte der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Sachverhalt SachverhaltsfeststellungBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993120092.X00

Im RIS seit

04.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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