TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/4 93/02/0132

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Veröffentlicht am 04.02.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §67f Abs3;
AVG §8;
VStG §51 Abs7;
VStG §51d;
VStG §51f Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 27. April 1993, Zl. Senat-GF-92-045, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. eine Geldstrafe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht ausschließlich geltend, der angefochtene Bescheid sei nicht innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG erlassen worden. Seine Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis sei am 10. Februar 1992 bei der Erstbehörde eingelangt und der angefochtene Bescheid am 11. Mai 1993 an ihn zugestellt und damit erlassen worden. Erst mit diesem Zeitpunkt habe er - ungeachtet der am 27. April 1993 stattgefundenen mündlichen Verhandlung zur Verkündung des Berufungsbescheides - vom angefochtenen Bescheid Kenntnis erlangt, weil er zur Verhandlung vom 27. April 1993 nicht geladen worden sei.

Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt sich diesbezüglich folgender Verfahrensgang:

In der von der belangten Behörde abgehaltenen mündlichen Verhandlung vom 8. April 1993, an der auch der Vertreter des Beschwerdeführers teilgenommen hat, wurde die Verhandlung "zur Verkündung des mündlichen Berufungsbescheides unter Ladungsverzicht auf den 27. April 1993, 14.00 Uhr, vor den Unabhängigen Verwaltungssenat, Außenstelle Mistelbach, vertagt". Über die Verhandlung vom 27. April 1993 findet sich eine Verhandlungsschrift, aus der sich ergibt, daß weder der Beschwerdeführer noch dessen Vertreter erschienen waren. Auch enthält die Verhandlungsschrift keinen Hinweis auf ein Erscheinen eines Vertreters der Erstbehörde. Als Gegenstand der Amtshandlung enthält die Verhandlungsschrift den Vermerk "Verkündung des Berufungsbescheides in obigem Verfahren". Der sonstige Inhalt der Verhandlungsschrift erschöpft sich - abgesehen von einer Unterschrift - in dem Vermerk: "Verlauf der Verhandlung: mangels Teilnahme des BW an der Verhandlung wird der verkündete Berufungsbescheid zugestellt. Ende der Amtshandlung um 14.10 Uhr." In der Folge langte sodann die Berufungsentscheidung unter Anschluß des Verwaltungsaktes am 30. April 1993 bei der Erstbehörde ein.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der angefochtene Bescheid innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG rechtswirksam verkündet wurde, weil diese Frist jedenfalls durch die rechtzeitige Zustellung an die Erstbehörde gewahrt wurde: Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 1993, SlgNr. 13.955/A, dargelegt hat, ist im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat die Berufungsentscheidung auch dann als erlassen anzusehen, wenn sie der Erstbehörde zugestellt wurde.

Nach der ausdrücklichen Regelung des § 51d VStG ist die Verwaltungsbehörde, die den (vor dem unabhängigen Verwaltungssenat) angefochtenen Bescheid erlassen hat, ohne Einschränkung Partei im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat. Das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist daher ein Mehrparteienverfahren.

Entsprechend der ständigen, mit der Lehre übereinstimmenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in einem Mehrparteienverfahren ein Bescheid bereits mit seiner Zustellung an eine der Verfahrensparteien erlassen (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, Rz 431, und die dort angeführte weitere Literatur und hg. Judikatur). Mit der am 30. April 1993, also noch innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG vollzogenen Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Erstbehörde als eine Partei des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist dieser Bescheid somit als erlassen anzusehen und die mit der Versäumung der genannten Frist verbundene Rechtsfolge der Aufhebung des erstbehördlichen Bescheides mit anschließender Einstellung des Verwaltungsverfahrens vermieden.

Die allein auf eine Verletzung der Bestimmung des § 51 Abs. 7 VStG gestützte Beschwerde erweist sich aus den dargelegten Gründen als nicht begründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993020132.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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