TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/24 92/16/0091

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

ABGB §886;
GebG 1957 §14 TP1;
GebG 1957 §18 Abs1;
GebG 1957 §25 Abs1;
GebG 1957 §25 Abs12;
GebG 1957 §25 Abs2;

Beachte

Besprechung in:AnwBl 1994/8 S 621-624;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der L-KG in J, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 5. März 1992, Zl. 60.137-6/92, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin vermietet Stellplätze an Campinggäste. Unbestritten ist, daß sie mit Dauercampern jeweils schriftliche Vereinbarungen durch Ausfüllen und Unterfertigen von Formularen schloß; diese Formblätter wurden mit Durchschlägen hergestellt, wobei das Original dem Kunden übergeben, der erste Durchschlag zur Buchhaltung der Beschwerdeführerin genommen und der zweite Durchschlag der Gemeinde vorgelegt und in der Folge gesammelt im Betrieb der Beschwerdeführerin verwahrt wurde. Die Unterschriften beider Vertragsteile wurden auf die Originale gesetzt und durch ein Farbpapier auf die Durchschläge durchgedrückt.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Frage strittig, ob es sich bei diesen Durchschlägen um Gleichschriften handelt, die nicht angezeigt wurden, sodaß sie gemäß § 25 Abs. 2 Gebührengesetz 1957 (im folgenden: GebG) gebührenpflichtig sind.

Die belangte Behörde bejahte im angefochtenen Bescheid die Gebührenpflicht, weil die Gebührenschuld durch Unterzeichnung entstehe und gemäß § 18 Abs. 1 GebG der handschriftlichen Unterzeichnung die mechanische Herstellung der Unterschrift (mit Einverständnis des Ausstellers) gleichstehe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin erkennbar ihr Recht auf Gebührenfreiheit aller Durchschläge, hilfsweise jener Durchschläge, die nur für ihre Buchhaltung bestimmt waren, geltend macht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten

und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte grundsätzlich nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird. Bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften entsteht gemäß § 16 Abs. 1 GebG die Gebührenschuld, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung. Gemäß § 18 Abs. 1 GebG steht der handschriftlichen Unterzeichnung durch den Aussteller die Unterschrift gleich, die von ihm oder in seinem Auftrag oder mit seinem Einverständnis mechanisch hergestellt oder mit Namenszeichnung vollzogen wird. Gemäß § 25 Abs. 2 GebG ist die Hundertsatzgebühr, wenn von einer Urkunde Gleichschriften ausgefertigt werden, auf Grund jener Gleichschriften nur einmal zu entrichten, die dem Finanzamt innerhalb eines Monats nach dem Entstehen der Gebührenschuld vorgelegt werden. Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist die Hundertsatzgebühr, wenn über ein Rechtsgeschäft eine die Gebührenpflicht begründende Urkunde errichtet wurde, für dieses Rechtsgeschäft auf Grund jeder weiteren Urkunde nur dann nicht neuerlich zu entrichten, wenn diese Urkunde innerhalb eines Monats nach dem für sie maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld einem für die Erhebung der Gebühren zuständigen Finanzamt mit dem Nachweis vorgelegt wird, daß auf Grund der ersten gebührenpflichtigen Beurkundung die Hundertsatzgebühr für das Rechtsgeschäft in Stempelmarken entrichtet wurde oder bei diesem Finanzamt die Hundertsatzgebühren zu erheben war.

Unter Verweis auf Gaier, Kommentar zum Gebührengesetz2, Rz 5 zu § 18 GebG sieht die Beschwerdeführerin einen Anwendungsbereich dieser Gesetzesbestimmung in der Herstellung von Originalurkunden in großer Zahl, wenn dies im Geschäftsverkehr üblich sei. Dabei wird aber verkannt, daß sich die Bestimmung des § 886 dritter Satz ABGB von der des § 18 Abs. 1 GebG wesentlich unterscheidet: § 886 dritter Satz ABGB sieht vor, daß - bei gesetzlicher oder gewillkürter Schriftform - eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege nur da genügend ist, wo sie im Geschäftsverkehr üblich ist; § 18 Abs. 1 GebG enthält keinen Verweis auf die Verkehrsüblichkeit, dafür aber die Einschränkung, daß nur mit Einverständnis des Ausstellers die mechanische Herstellung der Unterzeichnung erfolgen dürfe (vgl. Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern I/2A zu § 18 GebG, Ergänzung G, 2 G).

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß das Einverständnis beider Vertragsteile vorlag, gleichzeitig mit der Urschrift Durchschriften herzustellen. Unbestritten ist auch, daß das von der Beschwerdeführerin zugegebene "Durchdrücken" eine mechanische Herstellung einer Unterschrift bewirkte. Arnold meint dazu (Rechtsgebühren3, Rz 5 zu § 18 GebG), daß mit einem Schriftzug, mit einer einzigen Abgabe einer Unterschrift, eben NUR EINE EINZIGE UNTERSCHRIFT - auch in gebührenrechtlicher Sicht - geleistet werde, so wie bei den unbestrittenen Ersatzformen für eine Unterschrift dafür, daß mehrere Unterschriften vorliegen, eben auch mehrfach gestempelt oder gedruckt werden müsse.

Dieses Argument überzeugt nicht: Auch im vorliegenden Fall wurde nicht bloß die Unterschrift mechanisch reproduziert, sondern die gesamte Urkunde. (Letzteres erhellt aus den Verwaltungsakten, da es sich bei den dort erliegenden Ausfertigungen keinesfalls um die dem Kunden übergebenen Originale handeln kann.) Gerade § 18 Abs. 1 GebG geht ja davon aus, daß die Unterschrift ANDERS als eigenhändig gesetzt wird, weshalb nicht auf die EINZIGE Unterschrift abgestellt werden kann. Aus § 25 GebG ergibt sich zweifelsfrei, daß die Gebührenpflicht nicht einmalig (pro Rechtsgeschäft) sondern durchaus auch mehrfach (pro Urkunde) bestehen kann. Damit versagt das Argument, daß ja nur eine einzige Unterschrift geleistet wurde. Arnold geht bei seinen Erwägungen von der Fotokopie aus, wobei er aber das weitere Erfordernis des § 18 Abs. 1 GebG des Einverständnisses des Unterschreibenden nicht berücksichtigt. Ablichtungen können jederzeit hergestellt werden, sodaß nicht erkennbar ist, ob derjenige, der (seinerzeit) unterschrieben hat, mit der Herstellung von Ablichtungen einverstanden war. Beim Durchschreibeverfahren ist hingegen dem Unterschreibenden im allgemeinen bewußt (die Beschwerde nennt ausdrücklich die Verwendung von Blaupapier), daß Ausfertigungen hergestellt werden und ihm ist auch die Anzahl der - in der Folge nicht mehr auf gleiche Art vervielfältigbaren - Ausfertigungen erkennbar.

Die Beschwerdeführerin kann sich mangels Vorlage auf die Befreiungsbestimmung für Gleichschriften (§ 25 Abs. 2 GebG) nicht berufen. Eine Gleichschrift ist eine Ausfertigung der Vertragsurkunde (Urschrift), die dieser Urschrift im Inhalt völlig gleicht und von den Vertragsteilen ebenfalls eigenhändig unterfertigt worden ist (Fellner aaO zu § 25 GebG, Ergänzung T, 5 T). Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß, wie bei den Urschriften, auch bei den Gleichschriften die eigenständige Unterfertigung gemäß § 18 Abs. 1 GebG ersetzbar ist (Frotz-Hügel-Popp, aaO 6. Lieferung, 3, B 2a aa zu § 25 GebG).

Abschriften gemäß § 14 TP 1 GebG stimmen zwar mit der Urschrift gleichfalls überein und unterscheiden sich daher nicht von Gleichschriften; zum Unterschied von diesen und von neuerlichen Beurkundungen des Rechtsgeschäftes sind sie jedoch nicht unterfertigt; zumindest fehlt eine den Inhalt der Schrift deckende originale Wiederholung der Unterschrift oder eine - entsprechend § 18 Abs. 1 GebG - gleichwertige Unterschrift (Frotz-Hügel-Popp, aaO B I 1 zu § 14 TP 1 GebG).

Schließlich versagt auch das Argument der Beschwerdeführerin, jeweils ein Durchschlag sei bei der Beschwerdeführerin verblieben und habe somit die Rechtssphäre des Urkundenausstellers nicht verlassen. Dabei wird verkannt, daß die Gebührenpflicht beim zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft schon durch die Unterschriften entsteht; das von den Beschwerdeführern herangezogene Erkenntnis vom 7. März 1956, Zl. 2614/54 (Slg. Nr. 1379/F) betraf einen Darlehensvertrag, für den die Gebührenschuld gemäß § 16 Abs. 1 Z. 2 lit. a GebG erst im Zeitpunkt der Aushändigung bzw. Übersendung der Urkunde an den Berechtigten entsteht.

Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 5. März 1991, BGBl. Nr. 104.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992160091.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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