TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/28 94/13/0144

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Veröffentlicht am 28.09.1994
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §34 Abs1;
BAO §35 Abs2;
EStG 1988 §4 Abs4 Z5 lite idF 1993/818;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Vereines X in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Mai 1994, Zl 6/5-7012/94, betreffend Ausstellung eines Bescheides gemäß § 4 Abs 4 Z 5 lit e EStG 1988 in der Fassung Steuerreformgesetz 1993, BGBl Nr 818, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Verein beantragte mit Eingabe vom 4. Jänner 1994 die Ausstellung eines Bescheides gemäß § 4 Abs 4 Z 5 lit e EStG 1988 idF BGBl Nr 818/1993.

§ 2 der dem Antrag beigeschlossenen Statuten des Beschwerdeführers regelt den Zweck und § 3 die Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes wie folgt:

"§ 2 Zweck

Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist, bezweckt die Förderung der wissenschaftlichen Aktivitäten des Dr. Bruno Kreisky Archivs, dh Sammlung, Sichtung, Auswertung von Dokumenten aller Art (Protokolle, Briefe, Fotos, Filme, dh Bild- und Tonträger), die aus der Tätigkeit Dr. Bruno Kreiskys hervorgegangen sind oder die auf Dr. Bruno Kreisky als österreichischen Politiker und Staatsmann Bezug nehmen. Überdies soll die politische Bildung über die Geschichte der

1. und 2. Republik Österreichs exemplarisch am Beispiel der Aktivitäten Bruno Kreiskys erweitert werden.

§ 3 Mittel zur Erreichung von Vereinszwecken

1.

Der Vereinszweck soll durch die in den Abs 2 und 3 angeführten ideellen und materiellen Mittel erreicht werden:

2.

Als ideelle Mittel dienen:

a)

Vorträge, Seminare, Bildungs- und Informationsveranstaltungen aller Art, Diskussionen, Tagungen;

b)

Die Herausgabe eines Mitteilungsblattes, sowie von Publikationen in Buch- und Broschürenform;

c)

Die Einrichtung einer Bibliothek und verschiedener Archive zur öffentlichen Benützung;

d)

Die Zusammenstellung und Gestaltung von Ausstellungen;

e)

Die Erstellung von Unterrichtsmaterialien zur politischen Bildung für Schule und Erwachsenenbildung;

3.

..."

Mit Vorhalt vom 3. Februar 1994 wies die belangte Behörde ua darauf hin, daß unter die Begünstigung lediglich Vereine fallen, deren ausschließlicher Zweck es sei, Wissenschaft zu betreiben. Nach den vorgelegten Statuten (§ 2) sei der Beschwerdeführer nicht ausschließlich wissenschaftlich tätig. Der Beschwerdeführer wurde eingeladen, geänderte Statuten vorzulegen oder den Antrag zurückzuziehen, widrigenfalls mit einem abweisenden Bescheid gerechnet werden müsse.

In einem in der Folge an die belangte Behörde gerichteten Schreiben, in welchem zunächst auf die tatsächliche Geschäftsführung des Beschwerdeführers Bezug genommen wurde, wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer daher ohne Probleme die Statuten ändern habe können. In der Folge wurde abermals um Ausstellung eines Bescheides gemäß § 4 Abs 4 Z 5 lit e EStG 1988 ersucht. § 2 der diesem Antrag beigeschlossenen Statuten regelt den Zweck und § 3 die Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes wie folgt:

"§ 2 Zweck

Zweck des Vereines ist es, ausschließlich wissenschaftliche Forschungen zur österreichischen und internationalen Zeitgeschichte zu betreiben, unter besonderer Berücksichtigung der Tätigkeiten und Langzeitwirkungen des österreichischen Politikers und Staatsmannes Bruno Kreiskys und unter Verwendung der Materialien der Stiftung Bruno Kreisky Archiv. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 35 und 36 BAO und ist daher nicht auf Gewinn ausgerichtet.

§ 3 Mittel zur Erreichung von Vereinszwecken

1.

Der Vereinszweck soll durch die in den Abs 2 und 3 angeführten ideellen und materiellen Mittel erreicht werden:

2.

Als ideelle Mittel dienen:

a)

Wissenschaftliche Vorträge, Seminare, Bildungs- und Informationsveranstaltungen, Diskussionen, Tagungen;

b)

Die Herausgabe eines Mitteilungsblattes, sowie von wissenschaftlichen Publikationen;

c)

Die Einrichtung einer zeitgeschichtlichen Bibliothek und eines zeitgeschichtlichen Archives zur öffentlichen Benützung;

d)

Die wissenschaftliche Zusammenstellung und Gestaltung von Ausstellungen;

e)

Die Erstellung von Unterrichtsmaterialien zur politischen Bildung für Schule und Erwachsenenbildung;

3.

..."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Austellung des genannten Bescheides ab.

Nach Wiedergabe von § 2 und 3 der oben angeführten geänderten Statuten vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Beschwerdeführer hätte nicht substantiiert vorgebracht, daß es sich bei den in den Statuten angeführten Vorträgen etc. um ausschließlich wissenschaftliche Tätigkeiten handle. Die Tatsache, daß der im Spruch genannte Verein nicht ausschließlich wissenschaftlich tätig sei, sei unter Hinweis auf die Statuten mit Schreiben vom 3. Februar 1994 vorgehalten worden, die Bedenken des Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen seien von der antragstellenden Partei aber nicht zerstreut worden. Da die antragstellende Partei nicht substantiiert vorgebracht habe, daß es sich bei den in den Statuten angeführten Seminaren, Bildungs- und Informationsveranstaltungen, Diskussionen, Tagungen sowie der unter lit e angeführten Erstellung von Unterrichtsmaterialien zur politischen Bildung für Schule und Erwachsenenbildung um ausschließlich wissenschaftliche Tätigkeit handle, sei davon auszugehen gewesen, daß nach allgemeiner Verkehrsauffassung mit Rücksicht auf die Zielsetzung der genannten Veranstaltungen und der Erstellung von Unterrichtsmaterialien für Schule und Erwachsenenbildung nicht von einer wissenschaftlichen Lehre die Rede sein könne. Die Benutzbarmachung der Bibliothek Bruno Kreiskys durch die Öffentlichkeit und auch die Zugänglichmachung des in Rede stehenden Archivs an die Öffentlichkeit stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Dies treffe auch auf die Verbreitung der politischen Bildung aus der Geschichte der ersten und zweiten Republik unter dem Schwerpunkt der Tätigkeit von Dr. Bruno Kreisky zu. Es habe auch in den diversen Vorhaltsbeantwortungen nicht ausgeführt werden können, welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Allgemeinheit gewonnen worden seien.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Austellung eines Bescheides nach § 4 Abs 4 Z 5 EStG 1988 in der Fassung Steuerreformgesetz 1993 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wiewohl die belangte Behörde in der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides die maßgebenden Teile der im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgelegten - geänderten - Statuten zitiert, nimmt sie in ihrer Begründung des angefochtenen Bescheides auf diese Statuten deutlich erkennbar nicht, sondern ausschließlich auf Bestimmungen Bezug, wie sie in den anläßlich der ursprünglichen Antragstellung vorgelegten Statuten enthalten sind. So meint sie etwa, daß die - im geänderten Statutenzweck gar nicht mehr angeführte - Verbreitung der politischen Bildung aus der Geschichte der ersten und zweiten Republik unter dem Schwerpunkt der Tätigkeit von B keine wissenschaftliche "Tätigkeit" darstelle. Auch den im angefochtenen Bescheid erwähnten Vorhalt hatte die belangte Behörde im Hinblick auf die ursprünglich vorgelegten Statuten erlassen. Mit den in der Folge geänderten Statuten hat sich die belangte Behörde jedoch in keiner Weise auseinandergesetzt. Insbesondere ging sie in keiner Weise darauf ein, daß der Zweck des Vereines in den geänderten Statuten nunmehr eine ausdrückliche Zielsetzung dergestalt enthält, daß es Zweck des Vereines sei, ausschließlich wissenschaftliche Forschungen zur österreichischen und internationalen Zeitgeschichte zu betreiben. Auch den Umstand, daß die geänderten Statuten hinsichtlich der ideellen Mittel eine Änderung dergestalt erfahren haben, daß nunmehr die Vorträge etc wissenschaftlicher Art zu sein haben, hat die belangte Behörde nicht erkennbar berücksichtigt, wenn sie lediglich meint, der Beschwerdeführer habe nicht substantiiert vorgebracht, daß es sich bei den in den Statuten angeführten Seminaren etc ausschließlich um wissenschaftliche Tätigkeiten handle.

Die belangte Behörde hat den der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt somit in wesentlichen Punkten aktenwidrig angenommen, und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei von der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994130144.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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