TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 94/09/0116

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §9 Abs2 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. März 1994, Zl. UVS-07/14/0014/93, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, die u.a. in Wien einen Lebensmittelkleinhandel betreibt.

Bei einer Revision dieses Betriebes durch einen Beamten des Marktamtes am 28. November 1991 wurde dort als Verkäufer der indische Staatsangehörige H.S. ohne die erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung angetroffen, der angab, seit 18. November 1991 als Verkäufer tätig zu sein.

Zur Rechtfertigung wegen eines Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) aufgefordert, gab der Beschwerdeführer an, für Fragen des Verkaufspersonals sei sein Prokurist X verantwortlich. Über behördliche Aufforderung ergänzte der Beschwerdeführer dies mit einem Hinweis auf mündliche Absprachen, schriftliche Unterlagen gebe es darüber nicht.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (Mag.) vom 20. November 1992 wurde der Beschwerdeführer als zur Vertretung der Ges.m.b.H. nach außen Berufener einer Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 450/1990 schuldig erkannt, weil er es zu verantworten habe, daß die Ges.m.b.H. mit Sitz in Wien als Arbeitgeber am 28. November 1991 in ihrem Betrieb den indischen Staatsangehörigen H.S. als Verkäufer beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Er wurde dafür zur Zahlung einer Geldstrafe von S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) sowie zum Ersatz der Kosten von S 4.000,-- verurteilt.

Begründend berief sich der Mag. auf die Anzeige des Marktamtes. Der Rechtfertigung des Beschwerdeführers sei entgegenzuhalten, der behaupteten Bestellung des X zum verantwortlichen Beauftragten mangle es an Rechtsgültigkeit, weil der Verantwortungsbereich nicht klar abgesteckt worden sei und die verantwortlich gemachte Person ihrer Bestellung nicht nachweislich zugestimmt habe. Bei der Strafbemessung sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd berücksichtigt worden. Unter Bedachtnahme auf das öffentliche Interesse an einem geordneten Arbeitsmarkt seien 2/3 der gesetzlich zulässigen Höchststrafe als angemessen erachtet worden, wobei mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Feststellung seiner persönlichen Verhältnisse mittlere finanzielle Verhältnisse angenommen worden seien.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß X schon auf Grund seiner Stellung als Prokurist der Ges.m.b.H. zu deren Vertretung berufen sei. Auch sei die Einvernahme des Prokuristen zu Unrecht unterlassen worden, gegen den die Behörde ebenfalls wegen des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Deliktes vorgegangen sei. Außerdem hätten die an dem Verkaufsstand tätigen Verkäufer strikte Anweisung, Betriebsfremden keine Verkaufstätigkeit zu überlassen, auch nicht nur vorübergehend. H.S. sei nie der von der Ges.m.b.H. an dem Stand eingesetzte Verkäufer gewesen, er könne nur vom "offiziell beauftragten Betreuer des Standes" kurzfristig um Vertretung ersucht worden sein. Den Beschwerdeführer treffe auf Grund all dieser Umstände kein Verschulden an dem festgestellten Verstoß gegen das AuslBG. Auch die Strafe sei viel zu hoch bemessen.

Im Berufungsverfahren gab der Beschwerdeführer bekannt, daß der dem Stand am 28. November 1991 "zugeteilte Verkäufer" nicht der ursprünglich genannte A S, sondern K K gewesen sei.

Die mündliche Berufungsverhandlung am 1. Februar 1994 brachte infolge von Zustellproblemen keine Ergebnisse. In der weiteren Verhandlung am 4. März 1994, zu der der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschien, wurde der einzig erschienene Zeuge G vom Marktamt einvernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. März 1994 gab die belangte Behörde der Berufung in der Schuldfrage keine Folge, sie setzte aber die verhängte Geldstrafe auf S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Tage) und den Kostenersatz dementsprechend auf S 2.500,-- herab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie die Aussage des Zeugen P wieder und führte dazu aus, sie folge der klaren und schlüssigen Sachverhaltsdarstellung des Zeugen, der einen sehr guten Eindruck hinterlassen habe. Damit sei insbesondere die Behauptung des Beschwerdeführers, H.S. sei von einem offiziell beauftragten Betreuer des Standes kurzfristig um Vertretung ersucht worden, widerlegt, habe doch H.S. gegenüber dem Anzeiger erklärt, diese Tätigkeit schon mehrere Tage hindurch auszuüben. Der Beschwerdeführer sei sich selbst nicht darüber klar gewesen, wer der zuständige Verkäufer gewesen sei und habe zuletzt dafür eine Person genannt, die monatelang abwesend sei. Die belangte Behörde nehme daher als erwiesen an, daß H.S. am 28. November 1991 von der Ges.m.b.H. unberechtigt als Verkäufer beschäftigt worden sei. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe seine Verantwortung an eine andere Person weitergegeben, scheitere schon daran, daß diesbezüglich nur eine mündliche Absprache behauptet worden sei. Allein aus der Stellung als Prokurist sei eine Vertretung nach außen im Sinne des § 9 VStG nicht ableitbar. Die Weitergabe der Verantwortlichkeit könne erst ab dem Zeitpunkt einer nachweislichen Zustimmung zur Bestellung wirken. Dieser Zustimmungsnachweis müsse aus der Zeit vor der Begehung der angelasteten Übertretung stammen. Die Existenz eines derartigen Nachweises sei aber vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet worden. Die Einvernahme des X erübrige sich daher. Die Einvernahme des "ständigen Verkäufers" habe unterbleiben können, weil sich der Beschwerdeführer offenbar selbst nicht im klaren darüber gewesen sei, welche Person dies gewesen sein sollte. Auch die nur "allenfalls" beantragte Einvernahme des H.S. als Zeugen habe unterbleiben können, weil der Sachverhalt auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens als ausreichend ermittelt anzusehen sei. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, im Sinne des § 5 VStG sei fehlendes Verschulden an dem vorgeworfenen Ungehorsamsdelikt nachzuweisen. Die Strafe sei spruchgemäß herabgesetzt worden, weil der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei und zahlreichen Sorgepflichten nachzukommen habe. Eine weitere Herabsetzung der Strafe sei aber wegen des bedeutenden Unrechtsgehaltes der Tat und wegen des erheblichen Verschuldens des Beschwerdeführers nicht in Betracht gekommen. Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe sei bei dem Strafrahmen von S 5.000,-- bis zu S 60.000,-- die nunmehr verhängte Geldstrafe angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht nach den Bestimmungen des AuslBG verurteilt und bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 450/1990 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--.

Der Beschwerdeführer rügt eine ungenügende Sachverhaltserhebung durch die belangte Behörde und macht dazu geltend, es hätte weder von der Einvernahme der Zeugen K.K. und X noch von seiner eigenen Einvernahme als Beschuldigter Abstand genommen werden dürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag die in freier Beweiswürdigung erzielten, den Sachverhalt betreffenden Annahmen der belangten Behörde nur insoweit zu überprüfen, als sie durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt werden, der ermittelte Sachverhalt unzureichend ist und daher einer Ergänzung bedarf, und dann, wenn die Annahmen der belangten Behörde auf Grund eines Verfahrens zustande gekommen sind, das den Verfahrensvorschriften nicht entsprach. Weitere Voraussetzung ist, daß die Behörde bei fehlerfreiem Verfahren zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 548 ff angeführte Judikatur). Es liegt ferner im Wesen der freien Beweiswürdigung, daß weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Verwaltungsbehörde sich auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgeblichen Sachverhaltselemente machen konnte (vgl. dazu Dolp aaO, S. 618).

Dem Vorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer als Beschuldigten einzuvernehmen, ist entgegenzuhalten, daß sich der Beschwerdeführer zur mündlichen Berufungsverhandlung trotz gebotener Gelegenheit nicht eingefunden hat, daß ihm aber andererseits bereits im erstinstanzlichen Verfahren, aber auch in der Berufung ausreichend Gelegenheit geboten wurde, seinen Standpunkt und seine Entlastungsbeweise vorzutragen. Daß die belangte Behörde dessenungeachtet auf Grund der ihr vorliegenden Beweise zu dem Ergebnis gekommen ist, daß es zu einer Übertragung der Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG auf eine andere Person als den Beschwerdeführer selbst nicht gekommen ist, und daß der Behauptung, der "offiziell beauftragte Betreuer des Standes" habe diesen Stand nur kurzfristig an H.S. überlassen, nicht gefolgt werden konnte, ist einerseits das Ergebnis nicht weiter kontrollierbarer nachvollziehbarer Erwägungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung, andererseits aber auch zutreffender rechtlicher Überlegungen der belangten Behörde.

So entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß es eine wesentliche Voraussetzung dafür darstellt, von einem verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 und 3 VStG zu sprechen, daß im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung vorliegt. Die Berufung auf einen (anderen) verantwortlichen Beauftragten ist demnach nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verfahrens ein aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender Zustimmungsnachweis einlangt (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 770 f, angeführte Judikatur). Diesen Nachweis hat der Beschwerdeführer nicht erbracht.

Was schließlich die unterbliebene Einvernahme des Zeugen K K betrifft, der als angeblich zur Tatzeit für den Stand am Praterstern zuständiger Verkäufer diesen Stand nur kurzfristig und für den Beschwerdeführer unkontrollierbar an H.S. überlassen habe, ist dem Beschwerdevorbringen zu erwidern, daß die belangte Behörde auf Grund der von ihr als unbedenklich und glaubwürdig erachteten Aussage des Zeugen P festgestellt hat, H.S. sei an dem Stand bereits seit mehreren Tagen als Verkäufer tätig gewesen.

Die belangte Behörde ist daher ohne Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers zur Bestätigung des Straferkenntnisses des Mag. gelangt. Zur Straffrage enthält die Beschwerde kein gesondertes Vorbringen; es besteht auch sonst kein Anlaß, die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Allgemein Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994090116.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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