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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §212a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des (nach ihrer Erhebung verstorbenen) Dr. J, nunmehr nach Einantwortung dessen Erbin A in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 23. August 1991, 50.432-5/91, betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 31. Oktober 1989 setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer Einkommensteuer für das Jahr 1988 von 74.040 S fest, wobei es von der Erklärung abwich.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte, die Einhebung der Einkommensteuer im strittigen Ausmaß von 24.500 S gemäß § 212a BAO auszusetzen.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 1989 setzte das Finanzamt die Einhebung der strittigen Einkommensteuer antragsgemäß aus, wobei es darauf hinwies, Aussetzungszinsen würden nach § 212a Abs 9 BAO bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen mit gesondertem Bescheid angefordert werden. Der Aussetzungsbescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit in Rechtskraft erwachsener Berufungsvorentscheidung vom 27. Mai 1991 gab das Finanzamt der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1988 teilweise statt und gelangte so zu einer Einkommensteuer von 72.735 S.
Mit Bescheid vom selben Tag verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer und schrieb dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 212a Abs 9 BAO Aussetzungszinsen von 4.210 S vor, wobei es zur Begründung ausführte, diese Zinsen seien für jene Abgaben vorzuschreiben, für die auf Grund einer Aussetzung der Einhebung Zahlungsaufschub eingetreten sei.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung vertrat der Beschwerdeführer ua die Ansicht, angesichts eines in der Lastschriftanzeige vom 27. Mai 1991 ausgewiesenen Kontoüberschusses von 18.684,84 S habe nie ein Zahlungsrückstand bestanden, weswegen die Vorschreibung von Aussetzungszinsen rechtswidrig sei.
In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, für den im Endeffekt ausgesetzten Betrag von 23.195 S seien für den Zeitraum vom 18. Dezember 1989 bis 27. Mai 1991 Aussetzungszinsen nach § 212a Abs 9 BAO zu entrichten.
Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zur Begründung im wesentlichen ausführte, die Berechnung der Aussetzungszinsen beruhe auf dem am 13. Dezember 1989 erlassenen, in Rechtskraft erwachsenen Aussetzungsbescheid. Die am 27. Mai 1991 - somit am selben Tag wie der bekämpfte Bescheid - wirksam gewordene Gutschrift der Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1990, woraus sich ein Tagessaldo zugunsten des Beschwerdeführers von 18.684,84 S ergeben habe, habe auf die Berechnung der Aussetzungszinsen für den davor liegenden Zeitraum keinen Einfluß. Bei der Zinsenbemessung sei jedoch von der sich nunmehr aus der in Rechtskraft erwachsenen Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1988 ergebenden Einkommensteuerschuld ausgegangen worden. Damit sei der gesetzlichen Anordnung des § 212a Abs 9 zweiter Satz BAO entsprochen worden, wonach im Fall einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe. Die verbleibende Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen habe somit 23.195 S betragen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtfestsetzung von Aussetzungszinsen dem Grunde nach verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens inklusive eines Kontoausdruckes vom 12. Mai 1989 bis 13. Juni 1991 vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 212a Abs 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe,
deren Höhe unmittelbar .... von der Erledigung einer Berufung
abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen,
als eine Nachforderung unmittelbar .... auf einen Bescheid, der
von einem Anbringen abweicht, .... zurückzuführen ist,
höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Im Beschwerdefall wurde die Einhebung der Einkommensteuernachforderung für das Jahr 1988 von 24.500 S mit Bescheid vom 13. Dezember 1989 antragsgemäß nach der eben zitierten Bestimmung ausgesetzt. Der Aussetzungsbescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht im Sinn des § 212a Abs 5 BAO in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet in der Regel mit dem Ablauf der Aussetzung. Dieser Ablauf ist wiederum ua anläßlich einer über die Berufung ergehenden Berufungsvorentscheidung zu verfügen.
Im Beschwerdefall erging die Berufungsvorentscheidung hinsichtlich der ausgesetzten Abgabenschuld am 27. Mai 1991. Infolge Erledigung der für die Aussetzung der Einhebung der Abgabenschuld Anlaß gebenden Berufung wurde daher am selben Tag der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt. Diese Vorgangsweise der Abgabenbehörde entspricht dem Gesetz.
Nach § 212a Abs 8 BAO dürfen zur Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschulden, deren Einhebung ausgesetzt ist, Zahlungen, sonstige Gutschriften (§ 213 Abs 1) sowie Guthaben (§ 215 Abs 4) nur auf Verlangen des Abgabepflichtigen verwendet werden.
Auf Grund dieser Verwendungsbeschränkung von Tilgungstatbeständen haben Verrechnungen im Fall einer Aussetzung der Einhebung nicht nach der Grundregel des § 214 Abs 1 BAO auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschulden zu erfolgen, sondern nach der Sonderregelung des § 214 Abs 3 letzter Satz BAO, wonach eine Verrechnung auf Abgabenschulden, deren Einhebung ausgesetzt ist, nur nach § 212a Abs 8 BAO, somit nur über ausdrückliches Verlangen des Abgabepflichtigen vorgenommen werden darf. Im Rahmen der kontokorrentmäßigen Gebarungsverrechnung gemäß §§ 213 ff BAO bestehende Gutschriften und Guthaben dürfen somit den ausgesetzten Betrag nur auf Antrag des Abgabepflichtigen tilgen oder mindern. Eine derartige Tilgung oder Minderung des ausgesetzten Betrages wäre - wie sich aus dem Kontoausdruck ergibt - im Zeitraum vom 18. Dezember 1989 bis 27. Mai 1991 mangels einer Gutschrift oder gar eines Guthabens nicht möglich gewesen. Der für die Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen maßgebliche Betrag von 23.195 S haftete daher im Zeitraum vom 18. Dezember 1989 bis 27. Mai 1991 unberichtigt aus, weswegen sich die Vorschreibung der Aussetzungszinsen von 4.210 S als mit der Rechtslage im Einklang stehend erweist.
Daran vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers, auf seinem Abgabenkonto habe am 27. Mai 1991 - somit am Tag der Vorschreibung der Aussetzungszinsen - ein Guthaben bestanden, weswegen mangels Bestehens einer Abgabenschuld begrifflich keine Aussetzungszinsen anfallen könnten, nichts zu ändern. Dieses Guthaben ist auf Grund der Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1990 ebenfalls am 27. Mai 1991 entstanden. Mit dem am selben Tag verfügten Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Abgabenschuld galt aber wiederum hinsichtlich der gesamten Gebarung auf dem Abgabenkonto die Verrechnungs(grund)regel des § 214 Abs 1 BAO. Hiedurch erfolgte die Entrichtung der ausgesetzten Abgabenschuld durch Verwendung einer Gutschrift anstatt durch Zahlung, was auf den Zahlungsaufschub hinsichtlich des Betrages von 23.195 S jedoch keinen Einfluß hatte. Da eine Gutschrift auf einem Abgabenkonto - mit hier nicht vorliegenden Ausnahmen - erst mit ihrem Entstehen wirkt und auch zufolge des § 212a Abs 9 zweiter Satz BAO die nachträgliche Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1990 - und nicht, wie in der Beschwerde ausgeführt, für das Jahr 1988 - keine Auswirkungen auf die Höhe der Aussetzungszinsen betreffend die Einkommensteuerschuld für das Jahr 1988 hatte, gehen die Ausführungen des Beschwerdeführers über die Verrechnung von Vorauszahlungen mit Abschlußzahlungen ins Leere (vgl das hg Erkenntnis vom 14. April 1994, 94/15/0043).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1991140211.X00Im RIS seit
20.11.2000