TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/21 95/07/0121

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Veröffentlicht am 21.09.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §2 Abs5;
AWG 1990 §3 Abs1;
AWG 1990 §39 Abs1 lita Z1;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1991 §2 Z20;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 30. Mai 1995, Zl. UVS-5/332/2-1995, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (weitere Partei des Verfahrens: Bundesminister für Umwelt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeschrift und den ihr angeschlossenen Ausfertigungen des angefochtenen ebenso wie des erstinstanzlichen Bescheides sowie der Berufung ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt X (BM) vom 13. Juli 1994 wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Alois N. KG es unter anderem zu verantworten habe, daß auf dem Betriebsgelände dieses Unternehmens am 6. August 1993 15 gebrauchte Kühlgeräte gesondert gelagert und somit gefährliche Abfälle gesammelt wurden, ohne daß hiefür eine Erlaubnis des Landeshauptmannes vorgelegen sei; der Beschwerdeführer habe hiedurch die Rechtsvorschrift des § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 iVm § 15 Abs. 1 AWG im Zusammenhang mit § 2 Z. 20 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl. Nr. 49/1991, verletzt, weshalb über ihn gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG eine Geldstrafe in der Höhe von S 50.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Tagen verhängt und er gemäß § 64 VStG zum Kostenersatz verhalten werde. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, anläßlich einer Überprüfung des betroffenen Unternehmens seien 15 Kühlgeräte gesondert gelagert auf dem Betriebsgelände vorgefunden worden, ohne daß vom Unternehmen eine Erlaubnis des Landeshauptmannes hiefür vorgelegt habe werden können. Aus der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Verantwortung, die Kühlschränke, deren Sammlung er weder betrieben noch beabsichtigt habe, seien unter angeliefertem Sammelschrott verdeckt gewesen, sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil er bei Übernahme des Sammelschrottes diesen eben genauer kontrollieren oder mangels Möglichkeit einer solchen Kontrolle eine Sammelerlaubnis des Landeshauptmannes einholen hätte müssen. Die weitere Verantwortung des Beschwerdeführers, daß ständig vor dem Betriebsgelände Kühlschränke illegal abgelagert würden, welche vom Unternehmen nicht stehengelassen werden könnten, ließ die Erstbehörde ebensowenig gelten wie das Argument des Beschwerdeführers, daß das Unternehmen die Kühlgeräte aus wirtschaftlichen Gründen nicht einzeln, sondern nur gesammelt zur Entsorgung verbringen könne.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer im hier interessierenden Umfang ein, daß die Behörde eine Prüfung der Frage unterlassen habe, ob die vorgefundenen Kühlschränke Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe enthalten hätten, weil sie verneinendenfalls nämlich nicht unter die im Straferkenntnis zitierte Verordnung gefallen wären. Dem Unternehmen würden pro Tag etwa 30 bis 40 LKW-Ladungen an Altmaterialien angeliefert, wobei es in Einzelfällen dazu komme, daß sich bei der Lieferung auch ein Kühlgerät befinde, ohne daß dies sofort festgestellt werden könne. Fallweise würden vor dem Eingangstor zum Betriebsgelände des Unternehmens außerhalb der Geschäftszeiten Kühlschränke, vermutlich von privater Seite, abgestellt werden. Für das betroffene Unternehmen sei beides ein Ärgernis, da es die Kühlschränke auswärts entsorgen lassen und damit nicht nur den Transport, sondern auch die Entsorgungsgebühren bezahlen müsse, welche Kosten zu Lasten des Betriebsergebnisses gingen, ohne daß ihnen ensprechende Erlöse gegenüberstünden. Die sofortige Sortierung und Überprüfung des Inhaltes von 30 oder 40 täglichen LKW-Anlieferungen sei betriebsorganisatorisch nicht möglich. Befinde sich in einer Lieferung ein Kühlgerät, das nicht sofort beim Abladen entdeckt wird, könne gar nicht mehr festgestellt werden, auf welchem LKW es sich befunden habe, während bei den privat abgestellten Kühlgeräten eine Feststellung überhaupt unmöglich sei, wer sie dem Unternehmen "vor die Tür gestellt" habe. Indem das Unternehmen die dem Gesetz entsprechende Behandlung dieser Abfälle durch Überführung an den Entsorgungsort veranlasse, erfülle es durch diese ihm aufgezwungene Tätigkeit genau jene Zwecke, welche Zielsetzung des Abfallwirtschaftsgesetzes seien, und handle damit im öffentlichen Interesse und das noch dazu auf eigene Kosten. Eine solche Vorgangsweise dürfe nicht noch verwaltungsstrafrechtlich geahndet werden. Das dem Beschwerdeführer zugerechnete Verhalten der Alois

N. GesmbH & Co KG verwirkliche im übrigen den gesetzlichen Tatbestand deswegen nicht, weil es nicht als Entgegennehmen im Sinne des § 15 Abs. 1 AWG angesehen werden könne; ein solches Entgegennehmen setze einerseits ein Gegenüber voraus, von wem man etwas entgegennimmt, und erfordere andererseits, daß man das, was einem der andere anbietet, auch nehmen wolle. Nach der festzustellenden Art und Weise, wie die Kühlschränke zum Unternehmen gelangten, seien diese Voraussetzungen nicht als gegeben zu erkennen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der erstinstanzliche Schuldspruch im hier interessierenden Umfang bestätigt, die vom BM verhängte Strafe aber unter Anwendung des § 20 VStG auf S 25.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt, was auch zu einer entsprechenden Reduzierung des Kostenersatzbetrages führte. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, nach den Ergebnissen des im Berufungsverfahren abgeführten Beweisverfahrens könne kein Zweifel daran bestehen, daß es sich bei den am 6. August 1993 am Betriebsgelände der N. KG vorgefundenen Geräten um FCKW-haltige Produkte gehandelt habe. Das Unternehmen, für dessen Handeln der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei, müsse insoweit auch als Abfallsammler im Sinne des § 15 Abs. 1 AWG angesehen werden. Die Übernahme der vor dem Firmengelände abgestellten Kühlschränke sei nämlich ebenso als "Entgegennahme" im Sinne des § 15 Abs. 1 AWG anzusehen, wie die Fälle "verdeckter Anlieferung" von Kühlgeräten, in denen der Verursacher ausfindig gemacht und vom Unternehmen auf die Erforderlichkeit der ordnungsgemäßen Entsorgung hingewiesen und zur Kostentragung veranlaßt worden sei; genau dieses Verhalten müssen ebenfalls als unmittelbare Sammlertätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 AWG verstanden werden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung beantragt, daß der Beschwerdeführer sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf als verletzt ansieht, wegen des ihm zugerechneten Verhaltens nicht bestraft zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von S 50.000,-- bis S 500.000,-- zu bestrafen, wer unter anderem die Tätigkeit eines Abfallsammlers oder Abfallbehandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs. 1 erforderlichen Erlaubnis zu sein.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AWG bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes, wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt).

Wie schon im Verwaltungsverfahren so bestreitet der Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Tatbildlichkeit des ihm zur Last gelegten Verhaltens mit der Auffassung, daß die N. KG die Kühlschränke ja nicht freiwillig übernehme, weil sie diese gar nicht haben wolle; eine "unwillkürliche Entgegennahme" scheide aber als denkmöglich aus. Diese Auffassung trifft indessen, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend erkannt hat, nicht zu. Daß die von dritter Seite vor dem Betriebsgelände des Unternehmens abgestellten Kühlschränke von Bediensteten des Unternehmens auf das Betriebsgelände verbracht wurden, war ein Verhalten, das weder als unfreiwillig noch als unwillkürlich beurteilt werden kann und dem die Tatbildlichkeit des Entgegennehmens nicht deswegen fehlt, weil die Personen, von welchen die vor dem Betriebsgelände deponierten Kühlgeräte durch deren Verbringung auf das Betriebsgelände entgegengenommen wurden, dem Unternehmen unbekannt waren. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretetenen Ansicht setzt der Begriff des "Entgegennehmens" einer Sache nämlich nicht voraus, daß demjenigen, der eine Sache entgegennimmt, die Person desjenigen, von dem er diese Sache entgegennimmt, auch bekannt ist. Nichts anderes aber hat auch für jene Kühlgeräte zu gelten, die sich "verdeckt" in angelieferten LKW-Ladungen befunden hatten. Mit der Abladung des angelieferten Materials wurde dieses "entgegengenommen". Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Element des "Unfreiwilligen" und "Unwillkürlichen" haftet auch diesem Vorgang nicht an, weil nicht zu erkennen ist, welche Umstände der Prüfung des angelieferten Materials auf solche Bestandteile, zu deren Entgegennahme das Unternehmen keine Befugnis hatte, anläßlich der Entladung der Lastkraftwagen sachbezogen entgegenstanden. Die Pflicht zu einer solchen Prüfung aber folgt unmittelbar aus der Bestimmung des § 15 Abs. 1 AWG, der zufolge das Unternehmen gefährliche Abfälle, zu deren Sammlung es über eine Erlaubnis des Landeshauptmannes nicht verfügte, nun einmal nicht entgegennehmen durfte.

Der Beschwerdeführer räumt ein, daß es sich bei der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 VStG handelt. Angesichts des Vorliegens eines solchen Deliktes war es Sache des Beschwerdeführers, initiativ alles darzulegen, was für seine Verschuldensfreiheit gesprochen hätte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Juni 1994, 91/07/0062, vom 16. November 1993, 93/07/0023, und vom 28. Jänner 1992, 90/07/0138). Dies ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, weil die von ihm aufgezeigten Umstände nicht geeignet waren, ihn als schuldlos erkennen zu lassen. Weder bestand eine Rechtspflicht des Unternehmens zur Verbringung der vor dem Betriebsgelände abgestellten Kühlgeräte auf das Betriebsgelände, noch hat der Beschwerdeführer nachvollziehbar dargestellt, wodurch das Unternehmen gehindert gewesen wäre, angelieferte Materialien anläßlich ihrer Entladung in einer solchen Weise zu überprüfen, welche die Entgegennahme der Kühlgeräte verhindert hätte.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die von ihm in der Folge gesetzmäßig durchgeführte Behandlung der übernommenen Kühlgeräte kann seiner Beschwerde deswegen zu keinem Erfolg verhelfen, weil dieser Umstand am Fehlen der dafür nun einmal erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes und der daraus resultierenden Tatbildlichkeit des ihm vorgeworfenen Verhaltens nichts ändert.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer schließlich, daß dem angefochtenen Bescheid keine Begründung dafür entnommen werden könne, weshalb er als das nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Alois N. KG anzusehen sei. Dieser Rüge kann deswegen kein Erfolg beschieden sein, weil der Beschwerdeführer, der im Verwaltungsstrafverfahren seine Eigenschaft als nach außen vertretungsbefugtes Organ der Alois N. KG nicht bestritten hat, es darzutun unterläßt, weshalb die belangte Behörde bei Vermeidung des ihr gegebenenfalls vorzuwerfenden Begründungsmangels zu einem im Ergebnis anderen Bescheid gelangen hätte können; daß der Beschwerdeführer tatsächlich nicht ein zur Vertretung des betroffenen Unternehmens nach außen befugtes Organ sei, behauptete er auch in seiner Beschwerde nicht.

Da somit der Inhalt der Beschwerde schon erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995070121.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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