TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/22 95/11/0152

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Veröffentlicht am 22.09.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs4;
AVG §71 Abs6;
AVG §72 Abs1;
ZDG 1986 §76a Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Oktober 1994, Zl. 143.983/2-IV/10/94, betreffend Erklärung nach § 2 Abs. 1 Zivildienstgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Oktober 1994 wurde gemäß § 5a Abs. 4 in Verbindung mit § 5a Abs. 3 Ziffer 2 Zivildienstgesetz (ZDG) in der Fassung der ZDG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 187/1994, festgestellt, daß die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers vom 11. Oktober 1994 wegen Fristversäumnis gemäß § 76a Abs. 2 Ziffer 1 ZDG die Zivildienstpflicht nicht habe eintreten lassen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst zur Zl. B 2802/94 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit dem in das Erkenntnis vom 6. März 1995, B 2802/94 und B 108/95, aufgenommenen Beschluß die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der über sie erwogen hat:

1. Nach dem Inhalt des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, des angefochtenen Bescheides und der Behauptungen des Beschwerdeführers ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Im Jahre 1985 wurde die Tauglichkeit des Beschwerdeführers zum Wehrdienst festgestellt. Nach der Rückkehr von einem Studienaufenthalt in Schottland in der Zeit vom 15. September 1993 bis 25. September 1994 hat sich der Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen am 3. Oktober 1994 über die Voraussetzungen für die Abgabe einer Zivildiensterklärung erkundigt und dabei erfahren, daß während seines Auslandsaufenthaltes das Zivildienstgesetz durch die oben genannte Novelle geändert worden sei und eine Zivildiensterklärung nur mehr innerhalb eines Monates ab 11. März 1994 hätte abgegeben werden können.

Am 11. Oktober 1994 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Abgabe der Zivildiensterklärung und gab gleichzeitig eine derartige Erklärung ab.

Die belangte Behörde erließ hierauf den eingangs genannten angefochtenen Bescheid und wies ferner mit Bescheid vom 14. November 1994 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung ab, die Frist zur Abgabe der Zivildiensterklärung betreffe die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Anspruches, weshalb eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme.

Mit dem oben genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1995 wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 14. November 1994 aufgehoben. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, daß die Frist des § 76a Abs. 2 Ziffer 1 ZDG eine verfahrensrechtliche Frist sei, gegen deren Versäumung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig sei. Durch die Verweigerung der Sachentscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag sei der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

2. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, weil der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bescheid rechtswidrig gewesen sei. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die Gründe für die verspätete Abgabe der Zivildiensterklärung zu ermitteln.

Damit vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Unbestritten ist, daß er die Frist zur Abgabe der Zivildiensterklärung gemäß § 76a Abs. 2 Ziffer 1 ZDG versäumt hat. Die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der belangten Behörde, daß die Zivildienstpflicht infolge Fristversäumnis nicht eingetreten ist, ist daher nicht rechtswidrig. Es besteht keine Verpflichtung der Behörde, im Fall der Verbindung der verspäteten Verfahrenshandlung mit einem Wiedereinsetzungsantrag zuerst über diesen zu entscheiden. Soweit der Verfassungsgerichtshof in der Begründung der Beschwerdeablehnung in diesem Zusammenhang (unter Hinweis auf Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, § 72 AVG E. Nr. 3 und 4) von einer nicht einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes spricht, ist dies insofern nicht richtig, als seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 23. Oktober 1986, Slg. Nr. 12275/A, eine einheitliche und umfangreiche Rechtsprechung in der Richtung besteht, daß die Frage der Verspätung einer Prozeßhandlung - von Fällen abgesehen, in denen dem Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 Abs. 6 AVG aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde - unabhängig von einem anhängigen, aber noch nicht bejahend entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden ist. Wird nach der Zurückweisung der verspäteten Verfahrenshandlung die Wiedereinsetzung bewilligt, so tritt der Zurückweisungsbescheid nach § 72 Abs. 1 AVG von Gesetzes wegen außer Kraft.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den (zur hg. Zl. AW 95/11/0096 protokollierten) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995110152.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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