TE Lvwg Erkenntnis 2023/4/4 LVwG-1-104/2023-R21

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Veröffentlicht am 04.04.2023
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Entscheidungsdatum

04.04.2023

Norm

EpidemieG 1950 §5 Abs1
EpidemieG 1950 §5 Abs3
EpidemieG 1950 §40 Abs1 lita
VStG §44a Z1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Wachter, LL.M., über die Beschwerde des S L, L, vertreten durch RA Dr. Hubert Kinz, Bregenz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 16.01.2023 betreffend eine Übertretung nach dem Epidemiegesetz, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten Folgendes vorgeworfen:

1.   

Datum/Zeit:                  03.04.2022, 13:36 Uhr

Ort:                           L, G X

 

 

 

Sie haben am 03.04.2022 um 13:36 Uhr als mit SARS-CoV-2 infizierte Person der Bezirkshauptmannschaft Bregenz bekanntgegeben, dass Sie im relevanten Zeitraum keine Kontaktpersonen gehabt haben. Es konnte jedoch von der Gesundheitsbehörde erhoben werden, dass Sie im relevanten Zeitraum Kontakt zu ihrer Frau sowie ihrem Kind, welche an derselben Wohnadresse wie Sie wohnen, hatten und diese nicht als Kontaktpersonen angegeben haben. Sie haben dadurch der Bezirksverwaltungsbehörde falsche Angaben gemacht, obwohl gemäß § 5 Abs. 3 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950 idF BGBl. I Nr. 100/2021 alle Personen auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten könnten, zur Auskunftserteilung verpflichtet sind.

Sie handelten daher zuwider § 5 Abs. 3 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950 idF BGBl. I Nr. 100/2021.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.   

§ 40 Abs. 1 lit a Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950 idF BGBl. I Nr. 6/2022 iVm § 5 Abs. 1 erster Satz und Abs. 3 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950 idF BGBl. I Nr. 100/2021

Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 40 Abs 1 lit a Epidemiegesetz 1950. Es wurde eine Geldstrafe von 200 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen und 20 Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Gegenständliches Strafverfahren geht auf eine Anzeige der Bezirkshauptmannschaft B („Infektionsteam“) zurück. Danach sei der Bezirkshauptmannschaft B durch den Antigentest vom 03.04.2022 bekannt geworden, dass der Beschuldigte mit SARS-CoV-2 infiziert sei. Am 03.04.2022 sei der Beschuldigte der Link zur Erfassung der personenbezogenen Daten sowie zur Erhebung der Kontaktpersonen übermittelt worden. Darin habe der Beschuldigte angegeben, keine Kontaktpersonen „im relevanten Zeitraum“ gehabt zu haben.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 07.06.2022 wurde dem Beschuldigten jene Tat vorgeworfen, wegen der das nunmehrig bekämpfte Straferkenntnis ergangen ist.

4.   Dieser Sachverhalt wird auf Grund der Aktenlage angenommen. Er ist insoweit unstrittig.

5.   Nach § 44a Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet ua die als erwiesen angenommene Tat (Z 1), die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2) sowie die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung (Z 3) zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a VStG (betreffend den Inhalt des Spruches eines Straferkenntnisses) ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH 10.12.2001, 2000/10/0024). Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (VwGH 27.03.2015, Ra 2015/02/0025).

Mit der Umschreibung der Tathandlung im Spruch wird den Anforderungen an das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG nicht entsprochen. Dem angefochtenen Straferkenntnis fehlt eine Konkretisierung dahingehend, was der „relevante Zeitraum“ sein soll, in dem der Beschuldigte zu seiner Frau sowie zu seinem Kind, welche an derselben Wohnadresse wie er wohnen würden, Kontakt gehabt hätte (und die er nicht als Kontaktpersonen angegeben hätte). Vor dem Hintergrund, dass dem Beschuldigten vorgeworfen wird, dass er dazu falsche Angaben gemacht haben soll, hätte die belangte Behörde dem Beschuldigten ein konkretes Datum bzw konkrete Daten vorwerfen müssen. Der Beschuldigte muss die Möglichkeit haben, Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, also zB, dass er in einem bestimmten Zeitraum keinen Kontakt mit bestimmten Personen hatte, was gegenständlich nur denkbar ist, wenn konkretisiert ist, was der „relevante Zeitraum“ sein soll.

Die belangte Behörde setzte innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist auch keine alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente enthaltene Verfolgungshandlung, zumal die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 07.06.2022 mit dem Straferkenntnis idente Mängel aufweist.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass sich auch aus der Anzeige und weiterem Akteninhalt nicht ergibt, zu welchem Zeitraum Daten abgefragt wurden bzw von welchem „relevanten Zeitraum“ die Meldungsleger ausgehen.

Aus diesem Grund war der Beschwerde Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Epidemiegesetz, Nichtangabe von Kontaktpersonen, Tatumschreibung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2023:LVwG.1.104.2023.R21

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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