TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/19 95/16/0150

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Veröffentlicht am 19.10.1995
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §35 Abs2;
FinStrG §58 Abs1 lita;
FinStrG §59 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat V als Finanzstrafbehörde II. Instanz) vom 3. März 1995, Zl. 787/1-2/T-1993, betreffend Hinterziehung von Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beim Hauptzollamt Linz war seit dem Jahr 1988 ein Finanzstrafverfahren gegen J (Bad Reichenhall/BRD) wegen Verdachts der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben betreffend unterfakturierte PKW-Importe nach Österreich anhängig. In diesem Zusammenhang war mit dem Zollamt Walserberg-Autobahn vereinbart worden, daß das Hauptzollamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz verständigt wird, wenn der Genannte einen entsprechenden PKW-Import durchführt.

Am 7. April 1989 verständigte das Zollamt Walserberg das Hauptzollamt Linz davon, daß R, ein für J tätiger Kraftfahrer, soeben einen PKW Mercedes 190 D, Baujahr 1986, für den Beschwerdeführer als Warenempfänger nach Österreich gebracht habe, wobei in der zur Verzollung vorgelegten Rechnung ein Kaufpreis von DM 12.000,-- (Grenzwert) angegeben gewesen sei.

Der Beschwerdeführer gab dazu (am 24. April 1990 als Verdächtiger niederschriftlich vernommen) ua. an, die zur Gänze erstellte Kaufvertragsurkunde bei Vertragsabschluß unterfertigt zu haben. Das Fahrzeug habe zur Zeit des Kaufes einen Kilometerstand von ca. 125.000 aufgewiesen, sei nicht unfallbeschädigt gewesen, sondern habe lediglich eine kleine Delle auf der linken Wand sowie am rechten Radkasten gehabt; die rechte Tür habe geklemmt und die Windschutzscheibe einen Steinschlagschaden aufgewiesen. Der PKW habe nach der Eurotaxliste "derzeit bei normaler Kilometerleistung noch einen Wert von ca. S 200.000,--".

Der Beschwerdeführer behauptete, mit J einen Kaufpreis von S 113.000,-- (inklusive Verzollung und Überstellung nach Österreich) vereinbart zu haben. Den Betrag habe er im Wege eines Kredites seines Arbeitgebers in Höhe von S 50.000,-- und durch Überziehung seines Girokontos um S 60.000,-- aufgebracht; S 3.000,-- habe er angespart gehabt.

Im Zuge einer am 24. April 1990 beim Beschwerdeführer durchgeführten Hausdurchsuchung wurde betreffend sein Girokonto ein Beleg über eine am 6. April 1989 erfolgte Abhebung von S 155.000,-- gefunden.

Über die Verwendung dieses Betrages verwickelte sich der Beschwerdeführer in der Folge in Widersprüche, indem er zunächst behauptete, er habe gar nicht gewußt, wieviel der PKW kosten werde, und beteuerte, den Kaufpreis erst bei Übernahme des Fahrzeuges am 7. April 1989 mit R ausgehandelt zu haben. Diese Aussage widerrief der Beschwerdeführer nach Vorhalt ihrer Unglaubwürdigkeit schließlich wieder.

Ein von der Finanzstrafbehörde erster Instanz eingeholtes Sachverständigengutachten ergab unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer geschilderten Zustandes des Fahrzeuges bezogen auf den Zeitpunkt der Einfuhr nach Österreich einen Zollwert/Wiederbeschaffungswert (= Ankaufswert für Letztabnehmer in der BRD ohne Mehrwertsteuer) von öS 105.000,-- (ohne Mehrwertsteuer).

In seiner gegen die Einleitung des Finanzstrafverfahrens erhobenen Berufung (die erfolglos blieb) bezifferte der Beschwerdeführer den Aufwand für die Reparatur des Fahrzeuges, die er sofort nach dem Import durchführen lassen wollte, mit S 40.000,-- und behauptete, deshalb S 155.000,-- von seinem Konto behoben zu haben. Er habe dann aber die entsprechende Differenzsumme nicht für die Fahrzeugreparatur, sondern für die Renovierung seines Wohnzimmers, die sich verteuert habe, sowie für andere private Zwecke verwendet. Das Fahrzeug habe er nur notdürftig ausbessern lassen.

Der für J als Kraftfahrer tätige R gab (am 29. August 1989 niederschriftlich als Verdächtiger befragt) zu Protokoll, er habe in den meisten Fällen den Auftrag gehabt, anläßlich der Übergabe der Fahrzeuge an die Käufer in Österreich die ihm vorher von J bekanntgegebenen Kaufpreise in bar zu kassieren. Dabei sei ihm aufgefallen, daß die in den Kaufverträgen ausgewiesenen Preise wesentlich unter den Beträgen gelegen seien, die er bei den Käufern kassieren habe müssen. Die ausgewiesenen Kaufpreise hätten "erheblich weniger als 2/3 des gesamten Kaufpreises betragen".

Mit Erkenntnis vom 4. September 1992 fällte der Spruchsenat beim Hauptzollamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer folgenden Spruch:

"P ist schuldig, er hat im April 1989 in Bad Reichenhall vorsätzlich unter Verletzung der in den §§ 52 Zollgesetz und 119 BAO normierten abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht zu den von einem Angestellten der Spedition G GesmbH, W, begangenen Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben gemäß § 35 Abs. 2 FinStrG dadurch beigetragen, daß er den beim Kauf des PKW Mercedes 190 D,

Fg-Nr. WDB 2011221A321334, Baujahr 1986, von J, unter Angabe eines unrichtigen Kaufpreises erstellten Kaufvertrag - statt des tatsächlichen gemäß § 184 BAO geschätzten Zollwertes von S 105.000,-- wurden lediglich DM 12.000,-- angegeben - unterfertigte, wobei J diesen unterfakturierten Kaufvertrag der verfügungsberechtigten Spedition zur Verzollung des PKW beim Zollamt Walserberg-Autobahn, WE-Nr. 650/014794/50/89 vom 7. 4. 1989 vorgelegt hat, wodurch eine Verkürzung von Eingangsabgaben in der Höhe von S 6.028,-- bewirkt wurde. P hat hiedurch das Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben in der Tatbegehungsform der Beitragstäterschaft nach den §§ 35 Abs. 2 iVm 11 FinStrG begangen und er wird hiefür nach § 35 Abs. 4 FinStrG zu einer Geldstrafe von S 6.000,-- (in Worten: Schilling sechstausend) verurteilt. Gemäß § 20 FinStrG wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe mit 6 (sechs) Tagen festgesetzt. Gemäß § 185 FinStrG hat der Beschuldigte die Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 600,-- und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. Gemäß § 19 Abs. 5 und Abs. 6 FinStrG wird von der Auferlegung eines Wertersatzanteiles abgesehen."

In der Begründung wies der Spruchsenat daraufhin, daß ungeachtet des Umstandes, daß der tatsächliche Kaufpreis für den PKW etwa S 150.000,-- betragen haben dürfte, im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers von dem vom Sachverständigen geschätzten Betrag von S 105.000,-- ausgegangen worden sei. Die örtliche Zuständigkeit des Hauptzollamtes Linz begründete der Spruchsenat damit, daß im Bereich dieses Hauptzollamtes das Finanzvergehen des J entdeckt worden sei.

Dagegen berief der Beschwerdeführer, wobei er die Unterlassung der von ihm beantragten Einvernahme des Verkäufers J rügte, die Richtigkeit der Schätzung bestritt und sich weitwendig mit der Aussage des R auseinandersetzte. In einer weiteren Eingabe im Berufungsverfahren vom 26. Februar 1995 rügte der Beschwerdeführer die örtliche Unzuständigkeit des Hauptzollamtes Linz mit dem Argument, dieses könne nicht für einen Importvorgang, der über das Zollamt Walserberg-Autobahn erfolgt sei, zuständig sein.

Die belangte Behörde gab der Berufung nur teilweise, und zwar im Strafausmaß Folge, indem die Geldstrafe auf S 3.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage und der Kostenersatzbetrag auf S 300,-- reduziert wurden; im übrigen wurde das erstinstanzliche Erkenntnis bestätigt.

Die belangte Behörde wies ausdrücklich darauf hin, die Angaben des R seien nur insoweit verwertet worden, als dieser angegeben habe, die von ihm bei den österreichischen Käufern kassierten Beträge seien um ca. ein Drittel höher gewesen als die zur Verzollung erklärten. Nach Ansicht der belangten Behörde sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, das Schätzungsgutachten zu entkräften.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar -in seinem Recht darauf verletzt, nicht bestraft zu werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 58 Abs. 1 lit. a FinStrG sind zur Durchführung des Finanzstrafverfahrens als Finanzstrafbehörden erster Instanz für Finanzvergehen, die bei oder im Zusammenhang mit der Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Waren begangen werden und für Finanzvergehen, durch welche sonst Abgaben- oder Monopolvorschriften, deren Handhabung der Zollverwaltung oder ihren Organen obliegt, verletzt werden, die Hauptzollämter Wien, Linz, Salzburg, Graz, Klagenfurt, Innsbruck und Feldkirch zuständig, wenn diese Finanzvergehen in ihrem Bereich begangen oder entdeckt worden sind.

Nach § 59 Abs. 2 Satz 1 leg. cit. begründet die Zuständigkeit einer Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Durchführung des Finanzstrafverfahrens gegen einen Täter auch ihre Zuständigkeit gegenüber anderen an der Tat Beteiligten sowie gegenüber jenen Personen, welche sich einer Hehlerei mit Beziehung auf das Finanzvergehen schuldig gemacht haben.

Insoweit die Beschwerde die örtliche Unzuständigkeit des Hauptzollamtes Linz (und damit auch der belangten Behörde) geltend macht, ist darauf zu verweisen, daß der Beschwerdeführer dabei vollkommen übersieht, daß dem Hauptzollamt Linz schon im Jahr 1988 das Verhalten des J bekannt wurde. Damit war aber die genannte Finanzstrafbehörde erster Instanz betreffend das dort in der Folge gegen J eingeleitete Verfahren örtlich zuständig, wodurch wiederum gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 FinStrG die örtliche Zuständigkeit auch gegenüber dem Beschwerdeführer als Beitragstäter begründet wurde. Der "Entdeckung" des den Beschwerdeführer betreffenden Importes durch einen Organwalter des Zollamtes Walserberg-Autobahn kommt in diesem Zusammenhang daher nicht jene Bedeutung zu, die ihr von der Beschwerde beigelegt wird. Dem Beschwerdeargument des Vorliegens örtlicher Unzuständigkeit muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Zu den übrigen Beschwerdeausführungen, die (zusammengefaßt) darauf hinauslaufen, das Schätzungsgutachten sei unrichtig und es hätte eine Einvernahme des J stattfinden müssen, ist folgendes zu sagen:

Der Beschwerdeführer strebt unter Berücksichtigung einer von ihm angegebenen Mehrkilometerleistung des Fahrzeuges von

68.848 einen Wertabzug von S 32.576,-- und für Fahrzeug- bzw. Unfallschäden Abzüge in Höhe von S 40.000,-- und S 10.000,-- an. Geht man davon aus, daß der Beschwerdeführer selbst den Fahrzeugwert bei normaler Kilometerleistung ausdrücklich mit S 200.000,-- angegeben hat, und zieht man jene Summe davon ab, die er jetzt berücksichtigt haben will, nämlich insgesamt S 82.576,--, so gelangt man zu einem reduzierten Fahrzeugwert von S 117.424,--. Allein daraus folgt aber, daß der Beschwerdeführer durch die von der belangten Behörde vorgenommene Zugrundelegung eines Schätzwertes von ohnehin nur S 105.000,-- in seinen Rechten keinesfalls verletzt wurde. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des § 5 Abs. 2 erster Satz UStG 1972 nicht ein Zollwert, sondern das vom Beschwerdeführer dem Lieferer für die eingeführte Ware geschuldete Entgelt als Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer maßgeblich gewesen wäre.

Indem der Beschwerdeführer auch jetzt in der Beschwerdeschrift ausdrücklich behauptet, einen Kaufpreis bezahlt zu haben, der dem Wert des Fahrzeuges entspricht, wäre nach eigener Berechnung des Beschwerdeführers von einem Entgelt in der Höhe von mindestens S 117.424,-- auszugehen und stellte die vom Beschwerdeführer nie bestrittene Unterfertigung der Kaufvertragsurkunde, in der ein Preis von nur DM 12.000 angegeben war, die Verwirklichung des ihm zur Last gelegten Tatbestandes einer Beitragstäterschaft zur Hinterziehung von Eingangsabgaben dar. Aus diesem Grunde bedurfte es auch keiner weiteren Ermittlungen, insbesondere auch nicht der Vernehmung des J.

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin in jeder Richtung als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995160150.X00

Im RIS seit

15.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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