RS Vfgh 2023/3/15 E2880/2022

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 15.03.2023
beobachten
merken

Index

37/02 Kreditwesen

Norm

B-VG Art83 Abs2
EMKR Art6, Art13
BankwesenG §1, §5, §28a, §30, §70
Betriebliches Mitarbeiter- und SelbständigenvorsorgeG
VwGG §33
VwGVG §28
VfGG §7 Abs1
  1. B-VG Art. 83 heute
  2. B-VG Art. 83 gültig ab 01.02.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 83 gültig von 01.01.2014 bis 31.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 83 gültig von 29.02.1968 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 73/1968
  5. B-VG Art. 83 gültig von 19.12.1945 bis 28.02.1968 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  6. B-VG Art. 83 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 33 heute
  2. VwGG § 33 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 33 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 33 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 33 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 33 gültig von 05.01.1985 bis 30.06.2008
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung von Beschwerden einer betrieblichen Vorsorgekasse mangels Rechtsschutzinteresses; kein hinreichend effektiver Rechtsschutz durch die Zurückweisung der Beschwerden gegen die Abberufung der Geschäftsleiter durch die Finanzmarktaufsicht angesichts der Rechtswirkungen der Abberufung in zukünftigen Aufsichtsverfahren sowie der (existenzbedrohenden) wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen im Falle eines Konzessionsentzugs

Rechtssatz

Gemäß stRsp des VwGH fehlt, einem Kreditinstitut, das einem Auftrag der FMA gemäß §70 Abs4 BWG, einen Geschäftsleiter abzuberufen, nachkommt, im weiteren Verfahren gegen die von der Aufsichtsbehörde verfügte Maßnahme die Beschwer und damit die Rechtsmittellegitimation. In einem solchen Fall sei Gegenstandslosigkeit anzunehmen, weil der beaufsichtigte Rechtsträger nach Erfüllung des durch den Bescheid der FMA erteilten Auftrages nicht mehr fortdauernd in seinen Rechten verletzt sein könne. Einer Entscheidung des VwGH käme nur noch abstrakt-theoretische Bedeutung zu.

Demgegenüber befindet sich der beaufsichtigte Rechtsträger mit der Erlassung eines Abberufungsbescheides gemäß §70 Abs4b BWG, der regelmäßig unter Setzung einer sehr kurzen Frist für die Abberufung der Geschäftsleiter und unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Beschwerde erlassen wird, in einer Situation, in der die Abberufung der Geschäftsleiter eine unabdingbare rechtliche (und faktische) Konsequenz ist. Kommt der beaufsichtigte Rechtsträger dem Abberufungsauftrag nämlich nicht nach und bekämpft er den diesbezüglichen und (in aller Regel) bereits vollstreckbaren Bescheid beim BVwG, droht als ultima ratio der bescheidmäßige Entzug der Konzession durch die FMA.

Auf Grund der (existenzbedrohenden) wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen eines (wenn auch nur vorübergehenden) Konzessionsentzuges für den beaufsichtigten Rechtsträger und dessen Kunden ist eine solche Vorgangsweise zwar theoretisch denkbar, aus rechtsstaatlicher Sicht faktisch aber nicht hinreichend effizient.

Die Abberufungsbescheide entfalten darüber hinaus - trotz der zwischenzeitig erfolgten Abberufung bzw des Rücktrittes der Geschäftsleiter - insofern (weiterhin) Rechtswirkungen, als der damit zum Ausdruck kommende Vorwurf der Unzuverlässigkeit in Bezug auf die Geschäftsleiter von der FMA in zukünftigen aufsichtsrechtlichen Verfahren, insbesondere betreffend die (Wieder-)Bestellung zu Geschäftsleitern, zu berücksichtigen ist. Aus diesem Grund kann nicht davon gesprochen werden, dass der Entscheidung des BVwG über die Beschwerden gegen die Abberufungsbescheide lediglich theoretisch-abstrakte Bedeutung zukommt.

Auch das Beschwerdeverfahren gegen einen allfälligen Maßnahmenbescheid der FMA eröffnet keinen hinreichenden Rechtsschutz für den betroffenen Rechtsträger. In diesem Verfahren wird nämlich nicht über den Vorwurf der Unzuverlässigkeit gegen die (ehemaligen) Geschäftsleiter des beaufsichtigten Rechtsträgers, sondern nur über die Frage abgesprochen, ob die von der FMA gegenüber dem beaufsichtigten Rechtsträger angeordneten Maßnahmen - auf der Grundlage des verbindlichen Abberufungsbescheides - rechtmäßig waren.

Ein den rechtsstaatlichen Grundsätzen genügender, faktisch effizienter Rechtsschutz für den beaufsichtigten Rechtsträger kann daher nur im Beschwerdeverfahren gegen den Abberufungsbescheid bzw die Abberufungsentscheidung sichergestellt werden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bankwesen, Bankenaufsicht, Rechtsschutz, Beschwer, Rechtsstaatsprinzip, Bundesverwaltungsgericht, Legitimation, Finanzverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2023:E2880.2022

Zuletzt aktualisiert am

29.03.2023
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten