TE Vwgh Beschluss 2023/2/24 Ra 2019/22/0107

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Veröffentlicht am 24.02.2023
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §45 Abs2
AVG §58 Abs2
AVG §60
B-VG Art133 Abs4
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 lita
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29 Abs1
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, in der Revisionssache des A M, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. Dezember 2018, VGW-151/082/12547/2017-15, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Dem Revisionswerber, einem kosovarischen Staatsangehörigen, wurde zunächst eine ab 23. Juni 2015 gültige Aufenthaltsbewilligung für Studierende gemäß § 64 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) erteilt, die in der Folge bis 24. Juni 2017 verlängert wurde.

Am 9. März 2017 stellte er einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger“ gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG zum Zweck der Zusammenführung mit seinem - in Wien lebenden, zuletzt mit R H (im Folgenden: Stiefmutter) verheirateten - Vater, einem österreichischen Staatsbürger (im Folgenden: Vater), der ihm bereits im Herkunftsstaat regelmäßig Unterhalt geleistet habe.

1.2. Der Landeshauptmann von Wien (im Folgenden: Behörde) wies den Antrag mit Bescheid vom 23. Juni 2017 ab. Der Revisionswerber sei kein „Angehöriger“ im Sinn des § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG, müsse doch der Nachziehende bereits vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat vom Zusammenführenden Unterhalt bezogen haben, was hier nicht der Fall sei.

1.3. Der Revisionswerber erhob gegen den Bescheid Beschwerde und brachte vor, er sei bereits im Herkunftsstaat vom Vater und von der Stiefmutter (finanziell) unterstützt worden. So seien ihm regelmäßig Geldbeträge, Kleidung etc. zugewendet worden, die der Vater bei seinen Besuchen in den Kosovo mitgebracht habe. Weiters seien laut den vorgelegten Kontoauszügen Zuwendungen erfolgt, indem der Revisionswerber mit einer ihm überlassenen Kontokarte wiederholt Geldbeträge vom Konto des Vaters abgehoben habe. Der Revisionswerber sei daher bereits vor seiner Ausreise in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis gestanden und folglich als „Angehöriger“ im Sinn des § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG zu erachten.

Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2018 führte der Revisionswerber ergänzend aus, der Vater und die (im Dezember 2017 verstorbene) Stiefmutter hätten ihm durchschnittlich € 300,-- zur Finanzierung seines Lebensunterhalts zugewendet. Dies sei derart geschehen, dass die Stiefmutter Hilfsaktionen im Kosovo organisiert und finanziert habe, wobei die Finanzierung über das Konto des Vaters erfolgt sei, von dem dann im Kosovo höhere Beträge abgehoben worden seien, wobei aus diesen Abhebungen auch dem Revisionswerber € 300,-- monatlich zur Verfügung gestanden seien.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Behörde vom 23. Juni 2017 - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab.

2.2. Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber habe vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat (im Juni 2015) lange Zeit bei seinen Großeltern gelebt. Da er keine Arbeit und kein eigenes Einkommen gehabt habe, sei er von den Großeltern bis zur Ausreise vollständig versorgt worden, ohne auf zusätzliche Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen zu sein. Zwar habe ihm die Stiefmutter bei Besuchen des Vaters im Kosovo ein- bis zweimal im Jahr Geld und Kleidung zukommen lassen, eine weitergehende Unterstützung im Sinn einer regelmäßigen Unterhaltsleistung sei aber nicht erfolgt. Gelegentlich habe er auch Geld von seinem älteren in Österreich lebenden Bruder erhalten. Auch seine Lebensgemeinschaft mit der selbsterhaltungsfähigen Lebensgefährtin und die Geburt eines gemeinsamen Kindes hätten keine Änderung in seiner Versorgung erforderlich gemacht.

Der Revisionswerber habe sich bei der Beantragung des Aufenthaltstitels für Studierende zur Sicherung seines Lebensunterhalts auf ein Sparguthaben des Großvaters von zirka € 11.250,-- berufen, das ihm dieser für das Studium überlassen habe, zumal dieser ihn weiter habe unterstützen wollen. Der Großvater habe eine österreichische Pension von € 500,-- bis € 700,-- im Monat und die Großmutter eine kosovarische Pension bezogen, sodass Mittel zur Verfügung gestanden seien, dem Revisionswerber einen ausreichenden Unterhalt zu leisten und ihn auch für das Studium finanziell auszustatten.

Der Revisionswerber lebe seit seiner Einreise in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit dem Vater. Die Kosten zur Deckung seines Lebensbedarfs in Wien habe (zunächst) die Stiefmutter bis zu ihrem Tod übernommen.

2.3. Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Vater laufende Zahlungen an den Revisionswerber zur Finanzierung dessen Lebensführung im Kosovo oder zumindest einen relevanten Beitrag hierzu, auf den er angewiesen gewesen wäre, geleistet habe. Der Revisionswerber habe vielmehr eine gesicherte Lebensgrundlage bei den Großeltern gehabt, in deren Haushalt er gelebt habe, wobei ein überdurchschnittliches Haushaltseinkommen (vor allem) aus der Pension des Großvaters zur Verfügung gestanden sei.

Der Vater und die Stiefmutter hätten in ihren Stellungnahmen in erster Linie eine Unterhaltsleistung an den Revisionswerber seit dessen Aufenthalt in Österreich angegeben und davor bloß auf fallweise Zuwendungen bei Besuchen des Vaters im Herkunftsstaat hingewiesen. Was die Überlassung einer Kontokarte an den Revisionswerber durch den Vater betreffe, so seien zwar Kontoauszüge mit diversen Ein- und Auszahlungen im Zeitraum von September 2013 bis Dezember 2014 vorgelegt worden. Der Revisionswerber habe aber nicht genauer angeben können, welche Beträge er von dem Konto zur Bestreitung welcher Aufwendungen des täglichen Lebens benötigt habe. Der Vater habe ebenso nicht darlegen können, welche Abhebungen der Revisionswerber getätigt habe bzw. welche monatliche Unterhaltsbelastung damit für den Vater verbunden gewesen sei.

Auch im Schriftsatz vom 19. Dezember 2018 sei keine nachvollziehbare Darstellung erfolgt, wie der Vater einer allfälligen Sorgepflicht gegenüber dem Revisionswerber nachgekommen sei, die mit dem Vorbringen und dem sonstigen Akteninhalt in Einklang zu bringen wäre. Soweit monatliche Zuwendungen von € 300,-- im Wege des Kontos des Vaters behauptet worden seien, bleibe unklar, welche Ausgaben der Revisionswerber damit bestritten haben solle, eine laufende Unterhaltsgewährung werde dadurch nicht belegt. Ebenso werde nicht erläutert, in welchem Zusammenhang die Verwendung des Kontos des Vaters zur Finanzierung von Hilfsaktionen der Stiefmutter einerseits und der Lebensführung des Revisionswerbers andererseits gestanden sei.

2.4. Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen, der Revisionswerber habe nicht bereits im Herkunftsstaat Unterhalt vom Vater bezogen und sei daher kein „Angehöriger“ im Sinn des § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG.

2.5. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 26. Februar 2019, E 476/2019-5, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der Folge erhob der Revisionswerber die hier gegenständliche Revision.

4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art.133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5. Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit der Revision aus, das Verwaltungsgericht sei in mehreren (im Folgenden näher erörterten) Punkten von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen. Er zeigt jedoch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

6.1. Der Revisionswerber macht geltend, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, von Amts wegen alle nötigen Beweise aufzunehmen und den Sachverhalt vollständig festzustellen. So habe es zur Unterhaltsgewährung durch die Großeltern und zu deren diesbezüglicher Fähigkeit keine Beweise aufgenommen und folglich auch keine vollständigen Feststellungen getroffen. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgegangen sei, dass der Revisionswerber von den Großeltern - nur weil er bei diesen kostenlos wohnen konnte und der Großvater eine österreichische Pension bezogen habe - vollständig versorgt worden sei und auf zusätzliche Unterhaltsmittel nicht angewiesen gewesen sei, habe es einen falschen Sachverhalt festgestellt. Auch habe es die entgegenstehenden Angaben des Revisionswerbers und seines Vaters, wonach dieser (seit jeher) Unterhalt geleistet habe, ohne Würdigung übergangen. Bei Unterbleiben der erörterten Mängel wäre nicht auszuschließen, dass der Spruch des Erkenntnisses anders gelautet hätte.

6.2. Mit diesem Vorbringen wird aus den im Folgenden dargelegten Erwägungen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen:

6.2.1. Soweit der Revisionswerber rügt, das Verwaltungsgericht habe unter Verletzung des Amtswegigkeitsgrundsatzes (vgl. dazu § 39 Abs. 2 erster Satz AVG iVm § 17 VwGVG) die Aufnahme aller nötigen Beweise (zur Frage einer Unterhaltsgewährung durch den Vater bereits im Herkunftsstaat) und damit auch eine vollständige Sachverhaltsfeststellung unterlassen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber eine weitere Beweisaufnahme (etwa durch zeugenschaftliche Vernehmung auch der Großeltern) nicht beantragt hat und dass es dem in der Beschwerdeverhandlung anwesenden Vertreter des Revisionswerbers offen gestanden wäre, in Ausübung seines Fragerechts bei Vernehmung insbesondere des Revisionswerbers nunmehr vermisste zusätzliche Angaben zu erwirken.

Die Frage, ob auf Basis eines konkret gegebenen Stands der Ermittlungen ein ausreichend erhobener Sachverhalt vorliegt oder ob von Amts wegen noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich sind, stellt aber regelmäßig - sofern nicht von einem krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Fehler auszugehen ist - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung dar (vgl. VwGH 22.6.2022, Ra 2021/08/0021, Rn. 8).

Vorliegend zeigt der Revisionswerber nicht auf, inwiefern das Unterbleiben einer weitergehenden amtswegigen Beweisaufnahme nach Lage des Falls einen krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden und daher fallbezogen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfenden Fehler darstellen sollte. Derartiges ist auch nicht zu sehen, konnte doch aus den zur Verfügung stehenden Beweisergebnissen ein Sachverhalt in nicht unschlüssiger Weise festgestellt werden.

6.2.2. Soweit der Revisionswerber releviert, das Verwaltungsgericht habe - indem es davon ausgegangen sei, dass er von den Großeltern (nur weil er bei diesen kostenlos wohnen konnte und der Großvater eine österreichische Pension bezogen habe) vollständig versorgt worden und auf zusätzliche Unterhaltsmittel nicht angewiesen gewesen sei - einen falschen Sachverhalt festgestellt und auch die gegenteiligen Angaben des Revisionswerbers und seines Vaters übergangen, bekämpft er die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.

Die Beweiswürdigung ist einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz freilich nur insoweit zugänglich, als es um die Ermittlung der Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren sowie um die Kontrolle der Schlüssigkeit - nicht aber der konkreten Richtigkeit - der angestellten Erwägungen im Sinn ihrer Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut geht. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die diesbezügliche Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 12.7.2019, Ra 2016/08/0086, Pkt. 3.2.).

Vorliegend hält die Beweiswürdigung einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nach den aufgezeigten Kriterien stand. Das Verwaltungsgericht ermittelte die Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren (unter anderem im Rahmen einer mündlichen Verhandlung), es traf die Feststellungen auf Basis der abgelegten Beweisaussagen und der sonstigen Beweisergebnisse und nahm dabei eine nachvollziehbare Beweiswürdigung vor. Der Revisionswerber vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern diese Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre.

So trifft es - entgegen der Auffassung des Revisionswerbers - insbesondere nicht zu, dass das Verwaltungsgericht nur deshalb von einer umfassenden Unterhaltsgewährung durch die Großeltern im Herkunftsstaat ausgegangen sei, weil der Revisionswerber bei ihnen kostenlos habe wohnen können und der Großvater eine österreichische Pension bezogen habe. Wie das Verwaltungsgericht unbekämpft feststellte, hat der Großvater dem Revisionswerber bei dessen Ausreise nach Österreich im Jahr 2015 (auch) ein Sparguthaben von zirka € 11.250,-- überlassen, weil er ihn während seines Studiums weiter unterstützen wollte. Schon im Hinblick darauf konnte das Verwaltungsgericht - jedenfalls nicht unvertretbar - davon ausgehen, dass eine umfassende Unterhaltsgewährung durch die Großeltern auch schon vor der Ausreise erfolgt sei. Dies umso mehr, als der Revisionswerber im Herkunftsstaat unstrittig arbeits- und einkommenslos war und gemeinsam mit den Großeltern in deren Haushalt zusammenlebte, was eine enge beiderseitige Verbundenheit nahelegt, die (unter anderem) eine umfassende Unterhaltsleistung durch die Großeltern nicht unplausibel erscheinen lässt. Aufgrund der Höhe des dem Revisionswerber bei seiner Ausreise nach Österreich überlassenen Geldbetrags mussten für das Verwaltungsgericht auch keine begründeten Zweifel bestehen, dass die Großeltern über ein hinreichendes Einkommen bzw. allenfalls zusätzlich über Rücklagen verfügten, um dem Revisionswerber umfassend Unterhalt leisten zu können.

Entgegen der Argumentation des Revisionswerbers trifft es auch nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die gegenteiligen Angaben des Revisionswerbers und seines Vaters ohne jede Würdigung übergangen habe. Das Verwaltungsgericht hat sich vielmehr auch damit auseinandergesetzt und ist aus nicht unvertretbaren Erwägungen zum Ergebnis gelangt, dass von laufenden Zahlungen des Vaters an den Revisionswerber im Herkunftsstaat nicht ausgegangen werden könne. Es setzte sich insbesondere auch mit den Angaben auseinander, wonach der Revisionswerber mit einer ihm überlassenen Kontokarte regelmäßig Geldbeträge vom Konto des Vaters abgehoben haben solle, und legte nicht unvertretbar dar, aus welchen Gründen (vor allem Fehlen nachvollziehbarer Angaben über Umfang und Verwendung der Beträge) den betreffenden Darstellungen im Wesentlichen nicht gefolgt werden könne.

In dem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, dass einer Unterhaltsgewährung durch den Vater (im Wege dessen Kontos) auch das eigene Vorbringen des Revisionswerbers entgegensteht. Demnach habe der Revisionswerber zwar durchschnittlich € 300,-- monatlich zur Finanzierung seines Lebensbedarfs im Herkunftsstaat erhalten, dies sei aber derart geschehen, dass die Stiefmutter Hilfsaktionen im Kosovo finanziert habe, die Finanzierung über das Konto des Vaters erfolgt sei, von dem Konto dann Geldbeträge im Kosovo abgehoben worden seien und aus den Abhebungen auch dem Revisionswerber € 300,-- monatlich zugestanden seien. Damit räumte der Revisionswerber freilich (im Ergebnis) ein, dass es sich bei den Zuwendungen nicht um Unterhaltszahlungen des Vaters - wenngleich sie über dessen Konto abgewickelt wurden -, sondern tatsächlich um Zuwendungen der Stiefmutter (im Rahmen der von dieser finanzierten Hilfsaktionen im Kosovo) gehandelt habe.

Aus den dargestellten Erwägungen bestehen daher (auch) gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts keine erheblichen Bedenken. Vom Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung - infolge Vornahme der Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise - kann jedenfalls keine Rede sein.

7.1. Der Revisionswerber macht weiters geltend, das Verwaltungsgericht habe nicht rechtskonform begründet, wie es trotz fehlender Anhaltspunkte zu den Feststellungen gelangt sei, dass die Großeltern für seinen Unterhalt im Herkunftsstaat aufgekommen seien, und warum es die gegenteiligen Beweisergebnisse (vor allem die Angaben des Revisionswerbers und seines Vaters) nicht entsprechend gewürdigt habe. Bei ordnungsgemäßer Begründung wäre nicht auszuschließen, dass der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses anders gelautet hätte.

7.2. Damit wird ein Begründungsmangel aus folgenden Erwägungen nicht dargetan: Zwar hat gemäß § 60 AVG iVm § 17 VwGVG das Verwaltungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung (unter anderem) die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen und erfordert dies die eindeutige Angabe jener Gründe, die es im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, einen bestimmten Sachverhalt festzustellen (vgl. VwGH 31.7.2018, Ro 2015/08/0033, Pkt. 6.2.). Dabei stellt die Begründungspflicht jedoch keinen Selbstzweck dar, sondern führt ein Begründungsmangel nur dann zur Aufhebung der Entscheidung, wenn dadurch entweder die Rechtsverfolgung durch die Parteien oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. VwGH 6.9.2005, 2005/03/0137, Pkt. 2.; 28.3.2017, Ro 2016/08/0023, Rn. 18).

Vorliegend ist nicht zu sehen, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesen Anforderungen nicht entspricht. Das angefochtene Erkenntnis ist jedenfalls so weit begründet, dass daraus hinreichend hervorgeht, aufgrund welcher maßgeblichen Erwägungen das Verwaltungsgericht zu den getroffenen Feststellungen gelangt ist. Eine Rechtsverfolgung durch die Parteien und eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ist auf dieser Grundlage möglich.

7.3. Soweit der Revisionswerber auch in dem Zusammenhang die inhaltliche Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen (zur umfassenden Unterhaltsgewährung durch die Großeltern im Herkunftsstaat) in Zweifel zieht, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, wonach die Feststellungen einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof standhalten. Dem vermag der Revisionswerber nichts Stichhältiges entgegenzusetzen.

8.1. Der Revisionswerber releviert weiters, das Verwaltungsgericht habe die Beschwerde abgewiesen, weil sein Vater den Unterhalt unregelmäßig und in unterschiedlicher Höhe geleistet habe. Nach der Judikatur müsse aber der Unterhalt nicht durch kontinuierliche (Bank)Überweisungen bezogen werden.

8.2. Insoweit genügt es, darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht keineswegs von der Notwendigkeit kontinuierlicher (Bank)Überweisungen zum Nachweis einer Unterhaltsgewährung gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG ausgegangen ist (vgl. auch VwGH 24.6.2010, 2008/21/0051 und 0052). Vielmehr sah es fallbezogen auf Grundlage der aufgenommenen und nicht unvertretbar gewürdigten Beweise eine Unterhaltsgewährung durch den Vater im Herkunftsstaat als nicht erwiesen an, wogegen - wie schon erörtert wurde - keine Bedenken bestehen.

9.1. Der Revisionswerber moniert überdies, das Verwaltungsgericht habe das Überraschungsverbot und das Parteiengehör verletzt, indem es Tatsachenannahmen (wonach ihm im Herkunftsstaat nicht vom Vater, sondern von Dritten Unterhalt geleistet worden sei) in die rechtliche Würdigung einbezogen habe, ohne ihm diese Annahmen vorweg zur Kenntnis zu bringen und ihm eine Äußerung zu ermöglichen. Bei Unterbleiben des Mangels wäre nicht auszuschließen, dass der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses anders gelautet hätte.

9.2. Eine Verletzung des Überraschungsverbots und des Parteiengehörs ist indes deshalb nicht zu sehen, weil im Verfahren von Beginn an die Frage im Fokus stand, ob bzw. inwieweit dem Revisionswerber vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt geleistet wurde. Im Hinblick darauf war dem Revisionswerber hinlänglich bekannt, dass die betreffende Frage von entscheidender Bedeutung war. Er konnte daher auch nicht überrascht sein, wenn das Verwaltungsgericht - aus nicht unschlüssigen Erwägungen - von einer Unterhaltsgewährung durch die Großeltern ausging, letztlich eine Unterhaltsgewährung durch den Vater verneinte und folglich die Erteilung des Aufenthaltstitels versagte.

10.1. Der Revisionswerber macht ferner geltend, das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen eines gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG erforderlichen wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen ihm und seinem Vater verneint. Es habe dabei jedoch unterlassen, die nach der Rechtsprechung gebotenen Feststellungen zum Existenzminimum im Herkunftsstaat zu treffen.

10.2. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass für die Beurteilung der wirtschaftlichen Abhängigkeit eines Antragstellers von Zahlungen des Zusammenführenden Feststellungen zum Existenzminimum im Herkunftsstaat erforderlich sein können (vgl. VwGH 17.11.2015, Ro 2015/22/0005, Pkt. 4.4.). Der Verwaltungsgerichthof hat aber ebenso schon klargestellt, dass es derartiger Feststellungen nicht bedarf, wenn - wie hier - Unterhaltszahlungen im Herkunftsstaat nicht feststellbar waren, weil es dann auf die Höhe des Existenzminimums und die Selbsterhaltungsfähigkeit nicht ankommt (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/22/0119, Rn. 13).

11. Insgesamt werden daher in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2023

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2019220107.L00

Im RIS seit

28.03.2023

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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