TE Lvwg Erkenntnis 2021/2/1 VGW-106/027/5966/2019, VGW-106/V/027/5977/2019, VGW-106/V/027/5984/2019,

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Veröffentlicht am 01.02.2021
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Entscheidungsdatum

01.02.2021

Index

82/04 Apotheken Arzneimittel
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ApG 1907 §9
ApG 1907 §10 Abs1 Z2
ApG 1907 §10 Abs2
ApG 1907 §48 Abs2
ApG 1907 §51 Abs3
VwGVG §28 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Königshofer über die Beschwerden 1.) der Apotheke A. KG, 2.) der B.-Apotheke OG, 3.) Z.apotheke, Inhaberin und Konzessionärin Frau Mag. pharm. C. D., beide vertreten durch Rechtsanwältin, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 21.01.2019, Zl. MA 40-GR-...1/2015, in einer Angelegenheit des Apothekengesetzes zu Recht erkannt:

Der Beschwerde der Apotheke A. KG gegen Spruchpunkt I.) des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben, der Bescheid in diesem Spruchpunkt behoben und das Ansuchen der Frau Mag. pharm. J. K. vom 31.07.2015 um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden Apotheke abgewiesen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Königshofer in den Beschwerdeverfahren der Frau Dr. E. F. und der Frau Mag. pharm. G. H., beide vertreten durch Rechtsanwalt, folgenden

BESCHLUSS

gefasst:

Der Beschwerde der Frau Dr. E. F. gegen Spruchpunkt II.) des angefochtenen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 21.01.2019. Zl. MA 40-GR-...2/2016, wird Folge gegeben, der Bescheid in diesem Spruchpunkt behoben und das Verfahren betreffend das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 06.07.2016 um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im ... Wiener Gemeindebezirk mit dem angestrebten Standort zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Der Beschwerde der Frau Mag. pharm. G. H., gegen Spruchpunkt III.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 21.01.2019, Zl. MA 40-GR-...3/2016, wird Folge gegeben, der Bescheid in diesem Spruchpunkt behoben und das Verfahren betreffend das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 07.07.2016 um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im ... Wiener Gemeindebezirk mit dem angestrebten Standort zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Gegen diese Entscheidungen ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 21.01.2019 wurde unter Punkt I.) Frau Mag. pharm. J. K., geboren am ... 1966 in Wien, die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in Wien, Ecke L.-gasse/M.-gasse im Bereich der M.-gasse ...4, unter Festsetzung des näher bezeichneten Standortes, erteilt.

Mit Spruchpunkt II.) des angefochtenen Bescheides wurde das Ansuchen von Frau Dr. E. F. um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im ... Wiener Gemeindebezirk mit dem angestrebten Standort abgewiesen.

Ebenso wurde das Ansuchen der Frau Mag. pharm. G. H. um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im ... Wiener Gemeindebezirk mit dem angestrebten Standort unter Spruchpunkt III.) des angefochtenen Bescheides abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden:

Die Apotheke A. KG, bringt in der Beschwerde im Wesentlichen vor, die Errechnung von Umrechnungsfaktoren von zusätzlich zu versorgenden Personen in Einwohnergleichwerte an Hand von „allgemein gültigen Faktoren“ sei nicht nachvollziehbar. Eine rein rechnerische Überprüfung, auf welche Art und Weise die Studienergebnisse auf das Ansuchen von Frau Mag. pharm. J. K. angewandt und die zusätzlich zu versorgenden Personen in Einwohnergleichwerte umgerechnet worden seien, sei aber notwendig, um das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer nachvollziehen zu können.

Zudem wird vorgebracht, die Entfernung von 500 m sei nicht eingehalten worden. Dem Gutachten seien keine nachvollziehbaren Entfernungsberechnungen beigelegt, die die Behauptung, die nächstgelegene Apotheke sei mehr als 500 m entfernt, stützen. Nachdem hinsichtlich der 500 m keine nachvollziehbare Berechnungsgrundlage beigelegt sei, liege auch keine taugliche Entscheidungsgrundlage vor und sei der Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Die B.-Apotheke OG bringt in der Beschwerde im Wesentlichen vor, das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 06.06.2018 sei zum Ergebnis gekommen, dass die Bedarfsvoraussetzungen für die neu beantragte Apotheke gegeben seien, weil sich ua. das der B.-Apotheke OG verbleibende Versorgungspotential nicht auf weniger als 5.500 Personen verringern würde. Die belangte Behörde gehe aber zu Unrecht davon aus, dass die Voraussetzungen für die von der Konzessionswerberin beantragte Apothekenkonzession gegeben seien. Rechtwidrig sei der angefochtene Bescheid nämlich insbesondere deshalb, weil die von der belangten Behörde vorgenommene Standorteinschränkung nicht ausreichend sei. Diese ermögliche nämlich eine Verlegung der Betriebsstätten in den Bereich N.-straße-O.-straße-P.-gasse, was zu einer massiven Verschiebung des verbleibenden Versorgungspolygons der B.-Apotheke OG und damit zu einer Reduzierung des ihr verbleibenden Versorgungspotentials auf weniger als 5.500 Personen führen würde.

Auch seitens der Z.apotheke, Inhaber Frau Mag. pharm. C. D., wird vorgebracht, die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass die Voraussetzungen für die von der Konzessionswerberin beantragte Apothekenkonzession gegeben seien. Die Behörde habe es – entgegen ihrem Vorbringen – unterlassen, das ihrer Apotheke verbleibende Versorgungspotential zu ermitteln, zumal sie ausdrücklich sowohl in ihrem Einspruch, als auch in ihrer Stellungnahme vom 03.10.2018 darauf verwiesen habe, dass sich das Versorgungspotential ihrer Apotheke um die ständigen Einwohner im Gebiet westlich der ...bahn (begrenzt durch die Q.-gasse – deren Verlängerung nach Nordosten bis zur R.-gasse – S.-straße) verringern und somit weniger als 5.500 Personen betragen würde, was sich auch aus dem ihre Apotheke betreffenden Konzessionsbescheid vom 24.06.1999, GZ MA 15-...6/98, ergebe. Mit diesem Vorbringen habe sich die belangte Behörde nicht ausreichend auseinandergesetzt. Das Vorbringen, die behauptete gänzliche Abtrennung der Versorgungsgebiete und damit der von ihr behauptete KundInnenverlust könne nicht eintreten, widerspreche diametral den tatsächlichen Verhältnissen, zumal ihre Apotheke von vielen ständigen Einwohnern gerade aus dem genannten Bereich des ... Wiener Gemeindebezirks frequentiert werde.

Frau Dr. E. F. führt in der Beschwerde zur Berechnung der Einwohnergleichwerte/Studie TU Wien, im Wesentlichen aus, dass an der geplanten Apotheke kein Bedarf bestehe. Das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 06.06.2018 sei unplausibel. Bei rechtsrichtiger Beurteilung des Sachverhaltes wäre das Konzessionsansuchen der Mag. pharm K. abzuweisen und dem Konzessionsansuchen der Beschwerdeführerin stattzugeben gewesen. Die Beschwerdeführerin Mag. pharm. H. erstattete hinsichtlich ihres Konzessionsansuchens ein gleichlautendes Beschwerdevorbringen.

3. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakten zu den Zln. MA 40-GR-...1/2015, MA 40-GR-...2/2016 und MA 40-GR-...3/2016 ergibt sich folgender Verfahrensablauf:

Frau Mag. pharm. J. K. stellte mit Schreiben vom 31.07.2015, eingelangt am 01.08.2015, das Ansuchen um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im ... Wiener Gemeindebezirk, mit der in Aussicht genommenen künftigen Betriebsstätte in Wien, Ecke L.-gasse / M.-gasse, M.-gasse ...4 (Aktenblatt 3 des erstinstanzlichen Aktes). Das Konzessionsansuchen wurde gemäß § 48Paragraph 48, ApG am … im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ verlautbart und das Ende der Einspruchsfrist mit … errechnet (Aktenblatt 26 des erstinstanzlichen Aktes Zl. MA 40-GR-...1/2015).

Nachdem innerhalb offener Einspruchsfrist bei der Behörde eine Reihe von Einsprüchen – darunter auch die im vorliegenden Verfahren auftretenden Beschwerdeführerinnen – einlangten, ersuchte die belangte Behörde die Österreichische Apothekerkammer mit Schreiben vom 23.05.2016 um Erstattung eines Gutachtens gem. § 10Paragraph 10, Abs. 7Absatz 7, Apothekengesetz hinsichtlich des Konzessionsersuchens der Frau Mag. K. (Aktenblatt 86 und 87 des erstinstanzlichen Aktes Zl. MA 40-GR-...1/2015).

Mit Schreiben vom 14.06.2016 übermittelte die Magistratsabteilung 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung) der zuständigen Magistratsabteilung 40 die Ergebnisse der Entfernungsmessungen zwischen dem beantragten Standort der künftigen Betriebsstätte und den Betriebsstätten der Einspruchswerber (Aktenblatt 91 und 92 des erstinstanzlichen Aktes Zl. MA 40-GR-...1/2015).

Mit Schreiben vom 01.08.2016 urgierte die belangte Behörde bei der Österreichischen Apothekerkammer die Erstellung eines Gutachtens betreffend das Konzessionsansuchen der Frau Mag. pharm. K. und ersuchte im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Sokoll-Seebacher um eine ergänzende Äußerung dahingehend, ob die Anzahl der durch die Nachbarapotheken zu versorgenden Personen von 5.500 Personen im Einzelfall auch unterschritten werden könnte. Weiters ersuchte die Behörde um Stellungnahme, ob, für den Fall, dass ein Bedarf an der beantragten Apotheke bestehe, auch ein Bedarf an der von Dr. F. bzw. Mag. pharm. H. beantragten Apotheke bestehe (Aktenblatt 96 und 97 des erstinstanzlichen Aktes Zl. MA 40-GR-...1/2015).

Mit Email vom 12.12.2017 teilte die Apothekerkammer der belangten Behörde mit, aus ihrer Sicht handle es sich bei den Verfahren der Mag. pharm. K., der Dr. F. und der Mag. pharm. H. um konkurrierende Verfahren. Es wurde daher um Mitteilung ersucht, welchem Verfahren Priorität zukomme. Dieses Ersuchen wurde von der belangten Behörde mit Email vom 21.12.2017 dahingehend beantwortet, dass das Ansuchen der Mag. pharm. K. am 01.08.2015 eingelangt sei, das Ansuchen der Dr. F. am 06.07.2016 und das Ansuchen der Mag. pharm H. am 07.07.2016. Da im Verfahren betreffend Mag. pharm. K. die genannte Betriebsstätte ausreichend präzisiert sei, ein Naheverhältnis zur Betriebsstätte glaubhaft gemacht worden und, da auch die sonstigen Konzessionsvoraussetzungen vorliegen würden, sei von einer Priorität des Ansuchens der Mag. pharm. K. auszugehen (Aktenblatt 98 des erstinstanzlichen Aktes Zl. MA 40-GR-...1/2015).

Daraufhin übermittelte die Apothekerkammer der belangten Behörde das Gutachten vom 06.06.2018 in dem die Errichtung der von Mag. pharm. K. beantragten Apotheke mit der Betriebsstätte M.-gasse ...4 befürwortet wird (Aktenblatt 110 bis 152 des erstinstanzlichen Aktes Zl. MA 40-GR-...1/2015).

Dieses Gutachten wurde den Einspruchswerbern sowie den Antragstellerinnen Dr. F. bzw. Mag. pharm. H. zur Stellungnahme übermittelt. Nach Einlagen der Stellungnahmen erging der nunmehr bekämpfte Bescheid vom 21.01.2019, mit dem unter Spruchpunkt I. Frau Mag. pharm. K., die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in Wien, Ecke L.-gasse/M.-gasse im Bereich der M.-gasse ...4 unter Festsetzung des näher bezeichneten Standortes erteilt wurde.

Das Konzessionsansuchen der Dr. F. mit der in Aussicht genommenen Betriebsstätte Wien, N.-straße ...5, wurde am 06.07.2016 gestellt. Das Verfahren wurde von der Behörde unter der Zl. MA 40-GR-...2/2016 geführt. Die Kundmachung dieses Ansuchen gem. § 48Paragraph 48, Abs. 1Absatz eins, ApG erfolgte in der Wiener Zeitung am …. Dagegen erfolgten fristgerechte Einsprüche der B.-Apotheke, der T.apotheke und der U.-Apotheke, der Z.apotheke und der Apotheke A..

In diesem Verfahren wurde auch ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer eingeholt, welches im Hinblick auf das Konzessionsansuchen der Mag. pharm. K. zu dem Schluss kam, ein Bedarf an der von Dr. F. beantragten Apotheke sei nicht gegeben, da dadurch der neu errichteten Apotheke der Mag. pharm. K. ein Versorgungspotential von weniger als 5.500 ständig zu versorgende Personen verbliebe. Auf Grund dieses Gutachtens hat die Behörde mit dem bekämpften Bescheid das Konzessionsansuchen der Dr. F. abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Das Konzessionsansuchen der Mag. pharm. H. mit der in Aussicht genommenen Betriebsstätte Wien, V.-straße ...7, wurde am 7.7.2016 gestellt und wurde von der Behörde unter der der Zl. MA 40-GR-...3/2016 geführt. Dieses Konzessionsansuchen wurde in der Wiener Zeitung am … kundgemacht. Dagegen sind fristgerechte Einsprüche der T.-Apotheke, der Apotheke A., der“W.-Apotheke“, der „X.-Apotheke“, und der Apotheke „Y.“ erhoben worden. In diesem Verfahren wurde das Gutachten vom 06.06.2018 erstattet, in welchem die Apothekerkammer zum Schluss kam, dass ein Bedarf an der von Mag. pharm. H. beantragten Apotheke nicht gegeben sei, da dadurch der neu errichteten Apotheke der Mag. pharm. K. ein Versorgungspotential von weniger als 5.500 ständig zu versorgende Personen verbliebe. Auf Grund dieses Gutachtens hat die Behörde mit dem bekämpften Bescheid das Konzessionsansuchen der Mag. pharm. H. abgewiesen (Spruchpunkt III.)

4. In dieser Angelegenheit fand am 04.03.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

Seitens der B.-Apotheke und der Z.apotheke wurde vorgebracht, dass sich ihre Beschwerden nur gegen Punkt 1 des angefochtenen Bescheides richten, in dem Frau Mag. K. die Bewilligung erteilt wurde. Seitens der Z.apotheke wird ergänzend vorgebracht, dass das Versorgungspotenzial dieser Apotheke zu Unrecht nicht geprüft wurde, obwohl in deren Konzessionsbescheid aus 1999 ständige Einwohner im Gebiet westlich der ...bahn durch das damalige Apothekerkammergutachten dem Versorgungspotenzial der Z.apotheke zugerechnet wurden. Dieses Gutachten sei noch vor der Aufhebung der Bestimmung des § 10Paragraph 10, Abs. 2Absatz 2, Apothekengesetz erfolgt, welche vorsah, dass auch neue Apotheken über ein Versorgungspotenzial von mehr als 5500 Einwohnern verfügen müssen. Sowohl die B.-Apotheke als auch die Z.apotheke wendeten sich weiters gegen den vorgesehenen Standort der neu bewilligten Apotheke. Hinsichtlich des Versorgungspotenzials der B.apotheke wird vorgebracht, wie auf dem Plan, der dem Gutachten der Apothekerkammer zugrunde gelegt wurde (S. 132 des erstinstanzlichen Aktes), greife der vorgesehene Standort weit in das Versorgungsgebiet der B.apotheke.

Die Vertreterin der Apothekerkammer stellte dazu fest, an der räumlichen Ausdehnung der Versorgungsgebiete bzw. die Art und Weise wie diese berechnet werden, habe sich nichts geändert. Diese erfolgten nach wie vor nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit nach den Gesichtspunkten des Apothekengesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Hinsichtlich der zusätzlich zu versorgenden Personen werde die Studie der TU Wien herangezogen, auf deren Basis die Einwohnergleichwerte errechnet werden. Der Einwohnergleichwert für Zweitwohnbesitzer und Beschäftigte im Versorgungsgebiet werden auf Basis der Zahlen berechnet, die von der Statistik Austria zur Verfügung gestellt werden. Diese Zahlen werden mit dem Regressionskoeffizienten multipliziert. Dieser wurde von der TU Wien im Rahmen einer Studienerstellung ermittelt.

Seitens der B.-Apotheke und der Z.apotheke wurde vorgebracht, sollte die Konzessionswerberin Mag. pharm. K. damit einverstanden sein, dass ihr Standort in der Weise eingeschränkt wird, dass die Standortgrenze entlang der Bahnlinie verlaufe, so würden keine weiteren Einwände gegen die Erteilung der Konzession an Frau Mag. K. bestehen. Der Vertreter der Konzessionswerberin Mag. K. sagte zu, er werde dazu binnen 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahme abgeben.

Seitens der Beschwerdeführerinnen Dr. F. und Mag. pharm. H. wurde in der Verhandlung festgestellt, ihre Beschwerden richteten sich gegen alle Spruchpunkte des Bescheides mit dem Frau Mag. pharm. K. die Konzession zum Betrieb einer Apotheke erteilt worden ist, sowie die Ansuchen der Bewerber Dr. F. und Mag. pharm. H. abgewiesen worden sind.

In der am 20.10.2020 fortgesetzten Verhandlung wurde festgestellt, dass die Vergleichsgespräche zwischen der Konzessionswerberin und der B. Apotheke und der Z.apotheke ohne Ergebnis geblieben sind. Seitens der Konzessionswerberin Mag. pharm K. wurde dazu festgestellt, die vorgeschlagene Einschränkung des Standortes hätte zur Folge, dass der Standort nur mehr aus zwei Gebäuden bestehen würde.

Der Vertreter der B. Apotheke verwies auf eine im Verfahren vorgelegte Dokumentation zur Standortanalyse, welche allen anwesenden Parteienvertretern zur Kenntnis gebracht wurde. Er brachte dazu vor, das in dieser Dokumentation verwendete GIS-System sei dasselbe, das die Apothekerkammer bei der Erstellung ihres Gutachtens verwendet habe, es würden auch dieselben Daten eingespeist. Bei der Berechnung sei der Standort so übernommen worden, wie er im Bescheid angeführt ist. Nach diesen Berechnungen verliere die B. Apotheke 2775 Einwohner und falle damit unter die Grenze von 5.500 Einwohner.

Der Vertreter der Konzessionswerberin stellte dazu fest, die Dokumentation sei schon abstrakt nicht geeignet, das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten der Apothekerkammer zu erschüttern. Ein Ergänzungsgutachten sei daher nicht erforderlich.

In dieser Verhandlung wurde die Beweisaufnahme geschlossen. Alle Parteienvertreter verzichteten ausdrücklich auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses und erklärten sich damit einverstanden, dass die Entscheidung schriftlich ergeht.

5. Es wurde erwogen:

a)   In rechtlicher Hinsicht

Das Apothekengesetz (ApG), idFin der Fassung BGBl. I Nr. 37/2018Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 37 aus 2018,, lautet auszugsweise:

㤠9.

Konzession.

Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke […] ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.

Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.

Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung

§ 10.Paragraph 10, (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn

         1.       in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

         2.       ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

         […]

         2.       die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

         3.       die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

[…]

(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2Absatz 2, Z 3Ziffer 3, sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4Absatz 4, weniger als 5500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.

(6) Die Entfernung gemäß Abs. 2Absatz 2, Z 2Ziffer 2, darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.

(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs. 2Absatz 2, Z 3Ziffer 3, ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist.

(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß § 29Paragraph 29, Abs. 3Absatz 3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.

[…]“

Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. mit Erkenntnis vom 30.6.2015, Zl. Ra 2015/03/0022, festhielt, ist die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichts gemäß § 27Paragraph 27, VwGVG begrenzt. Parteibeschwerden im Sinne des Art. 132Artikel 132, Abs. 1Absatz eins, Z 1Ziffer eins, B-VG sind nur insoweit zu prüfen, als sie die Frage einer möglichen Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten betreffen (siehe u. a. VwGH 22.1.2015, Ra 2014/06/0055; 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; 27.8.2014, Ro 2014/05/0062). Das Verwaltungsgericht kann den auf Grund einer Parteibeschwerde angefochtenen Bescheid nicht aus öffentlichen Interessen aufheben oder abändern und auch grundsätzlich keine bloß objektiven Rechtswidrigkeiten aufgreifen (vgl.vergleiche VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077).

Die Bestimmungen des § 48Paragraph 48, Abs. 2Absatz 2 und § 51Paragraph 51, Abs. 3Absatz 3, ApG vermitteln den Inhabern benachbarter Apotheken bei Erfüllung der hier normierten Voraussetzungen ein rechtliches Interesse an der Nichterteilung einer Apothekenkonzession, wenn es im Sinn von § 10Paragraph 10, Abs. 2Absatz 2, ApG am Bedarf an der neuen öffentlichen Apotheke mangelt, und gewähren somit in diesem Umfang Parteistellung (vgl.vergleiche VwGH 24.2.2011, 2010/10/0167). Die betreffenden Inhaber können daher – sowohl im Einspruch, als auch in der Beschwerde – nur vorbringen, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 Meter, oder, die Zahl, der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus, weiterhin zu versorgenden Personen, werde sich infolge der Neuerrichtung verringern und weniger als 5.500 betragen (vgl.vergleiche VwGH 21.4.2008, 2006/10/0254).

In anderen Fragen kommt den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken kein Mitspracherecht zu (vgl.vergleiche VwGH 28.6.2004, 2001/10/0256). Auf ein Vorbringen, das eine andere als die eigene Apotheke betrifft, ist nicht einzugehen (vgl.vergleiche VwGH 29.11.2011, 2005/10/0218). Ein Anspruch auf die objektive Rechtmäßigkeit der behördlichen Bedarfsprüfung besteht somit nicht (vgl.vergleiche VwGH 21.10.2009, 2009/10/0166).

Überdies ist eine Verletzung von Verfahrensvorschiften nur dann relevant, wenn sich diese auf materielle Rechte bezieht (vgl.vergleiche VwGH 21.3.2013, 2013/10/0004).

Zwischen zwei oder mehreren Konzessionswerbern, die die persönlichen und - für sich gesehen - die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke erfüllen, deren Ansuchen einander jedoch im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, besteht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Verfahrensgemeinschaft. Dabei ist die zeitliche Priorität des Einlangens der Konzessionsanträge das einzige Kriterium für die Entscheidung der Frage, welchem Bewerber die Konzession zu erteilen ist (dazu VwGH 30. August 1994, Zl. 90/10/0129).

b)   Zu den Beschwerden der Apotheke A., der B.-Apotheke OG und der Z.apotheke gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 21.01.2019, Zln. MA 40-GR-...1/2015:

Die Behörde hat mit Email vom 21.12.2017 gegenüber der Apothekerkammer festgestellt, dass die im Ansuchen der Mag. pharm. K. genannte Betriebsstätte ausreichend präzisiert und ein Naheverhältnis zur Betriebsstätte glaubhaft gemacht wurde.

Nach der von der Magistratsabteilung 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung) durchgeführten Entfernungsmessungen beträgt der Abstand zwischen dieser in Aussicht genommenen künftigen Betriebsstätte und der Betriebsstätte der Apotheke A. nur 490 Meter. Keiner der Verfahrensbeteiligten, auch nicht die Konzessionswerberin Mag. pharm. K., hat die Richtigkeit der Ergebnisse der Entfernungsmessungen zwischen dem beantragten Standort der künftigen Betriebsstätte und den Betriebsstätten der Einspruchswerber (Schreiben vom 14.06.2016) in Zweifel gezogen, obwohl in der Beschwerde der Apotheke A. ausdrücklich geltend gemacht wurde, dass der Abstand von 500 Meter unterschritten werde. Auch die belangte Behörde hat diese Messergebnisse dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt (Seite 4 des angefochtenen Bescheides).

Im Gutachten der Apothekerkammer vom 06.06.2018 wurde die Errichtung der von Mag. pharm. K. beantragten Apotheke mit der Betriebsstätte M.-gasse ...4 befürwortet, wobei unter Punkt V 4., auf Seite 17 des Gutachtens (Aktenblatt 126 des erstinstanzlichen Aktes), in Widerspruch zur Aktenlage davon ausgegangen wird, dass die Mindestentfernung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte zur Betriebsstätte der Apotheke A. mehr als 500 Meter beträgt.

Da gegen die Richtigkeit der von der Magistratsabteilung 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung) durchgeführten Entfernungsmessungen keine Einwendungen vorgebracht wurden, wird als erwiesen angesehen, dass sich die im Konzessionsansuchen der Mag. pharm. K. in Aussicht genommene Betriebsstätte zur Apotheke A. in einer Entfernung von weniger als 500 Meter befindet. Da das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse, welche es dringend gebieten würden, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung die Entfernung von 500 Meter ausnahmsweise zu unterschreiten (§ 10Paragraph 10, Abs. 6Absatz 6, ApG), nicht geltend gemacht wurden, wird als erwiesen angenommen, dass ein Bedarf an der beantragten Apotheke mit der in Aussicht genommenen Betriebsstätte nicht besteht.

Es war daher der Beschwerde der Apotheke A. Folge zu geben und Spruchpunkt I.) des angefochtenen Bescheides, mit dem der Konzessionswerberin Mag. pharm K. die Konzession erteilt wurde, zu beheben und deren Konzessionsantrag vom 31.07.2015 mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen abzuweisen.

c)   Zu den Beschwerden der Dr. F. und der Mag. pharm. H.

Wie vorstehend festgestellt, sind die Voraussetzungen zur Erteilung einer Konzession an Frau Mag. pharm. K. nicht vorgelegen. Durch die Abweisung des Antrages der Mag. pharm. K. besteht hinsichtlich der Konzessionsansuchen der Dr. F. und der Mag. pharm. H. mit den jeweils in Aussicht genommenen Betriebsstätten eine völlig neue Verfahrenskonstellation, welche eine Neudurchführung der behördlichen Bedarfsprüfungsverfahren zur Zl. MA 40-GR-...2/2016 und MA 40-GR-...3/2016, erforderlich macht. Es wurden daher die Spruchpunkte 2) und 3) des Bescheides, mit dem die jeweiligen Konzessionsansuchen abgewiesen wurden, behoben.

Die erforderliche Neudurchführung der Bedarfsprüfungsverfahren geht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien weit über bloß ergänzende Ermittlungen zur ergänzenden Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hinaus, da in diesen Verfahren auch erstmals die jeweiligen Einspruchswerber einzubeziehen sind und liegen damit die Voraussetzungen des § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG vor, die Angelegenheit zur Neudurchführung der Bedarfsprüfungsverfahren und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Apotheke; benachbarter Apotheke; Konzession; Apothekenkonzession; Bedarf; Bedarfsvoraussetzungen; Versorgungspotential; Zurückverweisung

Anmerkung

VwGH v. 9.1.2023, Ra 2021/10/0078; Aufhebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.106.027.5966.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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