TE Vwgh Erkenntnis 2022/11/28 Ra 2022/09/0051

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Veröffentlicht am 28.11.2022
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Index

50/01 Gewerbeordnung
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

EpidemieG 1950 §20
EpidemieG 1950 §20 Abs1
EpidemieG 1950 §20 Abs4
EpidemieG 1950 §32
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z1
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z2
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z3
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z4
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z6
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z7
GewO 1994 §111 Abs1 Z1
  1. GewO 1994 § 111 heute
  2. GewO 1994 § 111 gültig ab 18.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  3. GewO 1994 § 111 gültig von 01.08.2013 bis 17.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 125/2013
  4. GewO 1994 § 111 gültig von 29.05.2013 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2013
  5. GewO 1994 § 111 gültig von 27.02.2008 bis 28.05.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  6. GewO 1994 § 111 gültig von 01.08.2002 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  7. GewO 1994 § 111 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  8. GewO 1994 § 111 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen Dr. Koprivnikar und Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A GmbH in B, vertreten durch Dr. Walter Hausberger, Dr. Katharina Moritz, Dr. Alfred Schmidt und Mag. Stefan M. Rass, Rechtsanwälte in 6300 Wörgl, Poststraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 14. März 2022, LVwG-408-4/2021-R10, betreffend Vergütung für Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Bestätigung des behördlichen Bescheids den auf die mit Amtsblatt für das Land Vorarlberg (ABl.) vom 14. März 2020, Nr. 13/2020, kundgemachte Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im gesamten Bezirk gestützten Antrag der revisionswerbenden Partei auf Vergütung von Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 Z 5 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 27. März 2020 ab. Die Revision erklärte es für unzulässig.

2        Das Verwaltungsgericht stellte dazu zusammengefasst fest, dass die im Firmenbuch eingetragene revisionswerbende Partei ein Unternehmen mit dem Geschäftszweig Reisebürogewerbe, Gast- und Schankgewerbe sowie Taxi- oder Mietwagengewerbe betreibe und eine Holding-Funktion ausübe. Im maßgeblichen Zeitraum habe sie über keine Konzession nach § 111 Abs. 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) [Gewerbeberechtigung für die Beherbergung von Gästen] verfügt.

3        Die revisionswerbende Partei habe mit der Betreiberin eines näher bezeichneten Hotels (in der Folge kurz: Hotel) mit insgesamt 106 Gästezimmern einen Vermittlungs- bzw. Kontingentsvertrag abgeschlossen. Dieser beinhalte ein bestimmtes Kontingent an Hotelzimmern, über das die revisionswerbende Partei habe verfügen und Touristen in diese Zimmer habe einbuchen können. Der Gast habe sodann einen Gutschein/Voucher erhalten, mit dem er berechtigt gewesen sei, ein Zimmer in diesem Hotel zu nutzen. Bei den Hotelzimmern, die der revisionswerbenden Partei aufgrund des Vertrags zur Verfügung gestanden seien, handle es sich um ein vereinbartes fixes Kontingent. Würden aus diesem nicht alle Zimmer gebucht, sei das Hotel nicht berechtigt, diese von sich aus zu belegen.

4        Der Gast, der im Hotel einchecke, werde von dem über das Hotel angestellte Personal bedient. Das Hotel stelle die Bettwäsche, die Handtücher, das Buffet für Speisen usw. zur Verfügung. Die Leistungen, die das Hotel den Gästen zur Verfügung zu stellen habe, wie etwa Zusatzleistungen in Form von Wein- oder Schnapsverkostungen, Führungen durch hauseigene Museen usw., seien mit der revisionswerbenden Partei vereinbart. Die faktischen Leistungen an den Hotelkunden, der sich über die revisionswerbende Partei in das Hotel eingebucht habe, erbringe das Hotel mit dem dort angestellten Personal. Die revisionswerbende Partei habe lediglich die Personen an das Hotel gemäß dem Zimmerkontingent vermittelt.

5        Die Hotelbetreiberin habe für sämtliche der 106 Zimmer eine Entschädigung nach dem Epidemiegesetz 1950 beantragt.

6        Die mit § 2 Abs. 1 der eingangs genannten Verordnung angeordnete Schließung der Beherbergungsbetriebe sei mit 16. März 2020, 12:00 Uhr, in Kraft und mit Ablauf des 27. März 2020 außer Kraft getreten. Eine Betriebsschließung oder Betriebsbeschränkung gemäß § 20 EpiG sei im Hinblick auf den Betrieb der revisionswerbenden Partei nicht erfolgt. Vielmehr sei von der Betriebsschließung das Hotel, das über eine Hotelkonzession verfüge, betroffen gewesen.

7        Nach Darlegung seiner beweiswürdigenden Erwägungen und Darstellung maßgeblicher Gesetzesbestimmungen führte das Landesverwaltungsgericht rechtlich aus, dass die revisionswerbende Partei vorgebracht habe, dass sie gemäß § 112 Abs. 1 GewO 1994 als Beherbergungsbetrieb im Sinn des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 anzusehen sei. Vermittlungen zwischen Reisebüros und Hotels seien jedoch dem Reisebürogewerbe zuzuordnen, zumal diese Tätigkeiten typische Reisebürotätigkeiten darstellten. Bei der Frage, ob eine gewerbsmäßige Beherbergung von Gästen im Rahmen eines Gastgewerbes im Sinn des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 vorliege, komme es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf das Erscheinungsbild des Auftretens nach außen an Hand von Kriterien wie etwa der Reinigung der Räume oder der Bettwäsche etc. an (Hinweis auf VwGH 3.3.2020, Ro 2019/04/0019). Im vorliegenden Fall sei das für die direkte Betreuung der Gäste im Hotel zuständig gewesene Personal, das u.a. die Bettwäsche gewechselt, das Speisenbuffet hergerichtet und betreut habe, beim Hotel angestellt gewesen. Die Tätigkeit der revisionswerbenden Partei habe sich in der Vermittlung der Gäste durch Buchung in das Hotel, mit dem ein Kontingent- bzw. Vermittlungsauftrag bestehe, erschöpft. Durch diese Tätigkeit werde die revisionswerbende Partei jedoch nicht zu einem Beherbergungsbetrieb, für den eine eigene Gewerbeberechtigung nach § 94 Z 26 GewO 1994 vorliegen müsse.

8        Der von der revisionswerbenden Partei zur Argumentation herangezogene § 112 Abs. 1 GewO 1994 ziele auf die Aufteilung von gastgewerbetypischen Leistungen auf mehrere Unternehmen ab. Die revisionswerbende Partei vermittle lediglich Gäste in ein Hotel, mit dem sie in einem Vertragsverhältnis über eine bestimmte Anzahl von Zimmern stehe, über die sie verfügen könne. Gastgewerbetypsiche Leistungen, die mit der Betreuung der Gäste zu tun hätten, würden vom Personal erbracht, das dem Hotel zuzuordnen sei, wobei dieses selbst für das gesamte Zimmerkontingent eine Entschädigung nach dem Epidemiegesetz 1950 beantragt habe.

9        Die Vermittlungstätigkeit der revisionswerbenden Partei von Gästen an ein Hotel, mit dem ein entsprechender Vertrag bestehe, sei daher als für ein Reisebüro typische Tätigkeit im Sinn des § 126 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 einzustufen. Die revisionswerbende Partei sei daher nicht vom Geltungsbereich des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 erfasst und unterliege dadurch in weiterer Folge auch nicht der verordneten Betriebsschließung durch die Bezirkshauptmannschaft, die ausschließlich auf Betriebe im Sinn des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 abstelle. Da die Behinderung des Erwerbs und der dadurch entstandene Vermögensnachteil somit nicht durch eine der in § 32 Abs. 1 Z 1 bis 7 EpiG aufgezählten Maßnahmen entstanden sei, gebühre kein Ersatz für Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950.

10       Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht fallunspezifisch mit dem Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

11       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende außerordentliche Revision, deren Zulässigkeit die revisionswerbende Partei im Wesentlichen darin begründet sieht, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG dahingehend fehle, ob ein Anspruch auf Vergütung auch bei Betreiben eines gemäß § 20 EpiG beschränkten oder gesperrten Betriebs mittels Festmiet-, Kontingent- bzw. Garantieverträgen, also über gewisse Vertragskonstrukte, zustehe. § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG setze voraus, dass die juristische Person ein Unternehmen betreibe. Wie der Betrieb durchgeführt werde, bestimme das Epidemiegesetz 1950 jedoch nicht.

12       Auch zur Einordnung des Vertrags fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sei das Verwaltungsgericht doch unzutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Kontingent- bzw. Garantievertrag um einen Vermittlungsvertrag handle. Die revisionswerbende Partei vermittle die Zimmer laut Kontingent- bzw. Garantievertrag jedoch nicht für ihren Vertragspartner, sondern vertreibe sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Sie sei daher einzige Vertragspartnerin und Schuldnerin der Beherbergungsleistung gegenüber den Reisenden.

13       Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14       Die Revision ist entgegen dem, den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht bindenden, Ausspruch des Verwaltungsgerichts zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

15       Die maßgeblichen Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl. Nr. 186/1950, in der hier zu beachtenden Fassung BGBl. I Nr. 90/2021, lauten (auszugsweise):

„Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen.

§ 20. (1) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest oder Milzbrand kann die Schließung von Betriebsstätten, in denen bestimmte Gewerbe ausgeübt werden, deren Betrieb eine besondere Gefahr für die Ausbreitung dieser Krankheit mit sich bringt, für bestimmt zu bezeichnende Gebiete angeordnet werden, wenn und insoweit nach den im Betriebe bestehenden Verhältnissen die Aufrechterhaltung desselben eine dringende und schwere Gefährdung der Betriebsangestellten selbst sowie der Öffentlichkeit überhaupt durch die Weiterverbreitung der Krankheit begründen würde. (BGBl. Nr. 449/1925, Artikel III Abs. 2, und BGBl. Nr. 151/1947, Artikel II Z 5 lit. h.)

(2) Beim Auftreten einer der im ersten Absatz angeführten Krankheiten kann unter den sonstigen dort bezeichneten Bedingungen der Betrieb einzelner gewerbsmäßig betriebener Unternehmungen mit fester Betriebsstätte beschränkt oder die Schließung der Betriebsstätte verfügt sowie auch einzelnen Personen, die mit Kranken in Berührung kommen, das Betreten der Betriebsstätten untersagt werden.

(3) Die Schließung einer Betriebsstätte ist jedoch erst dann zu verfügen, wenn ganz außerordentliche Gefahren sie nötig erscheinen lassen.

(4) Inwieweit die in den Abs. 1 bis 3 bezeichneten Vorkehrungen auch beim Auftreten einer anderen anzeigepflichtigen Krankheit getroffen werden können, wird durch Verordnung bestimmt.

...

Vergütung für den Verdienstentgang.

§ 32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

1.   sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, oder

2.   ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß § 11 untersagt worden ist, oder

3.   ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 17 untersagt worden ist, oder

4.   sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder

5.   sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder

6.   sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß § 22 angeordnet worden ist, oder

7.   sie in einem Epidemiegebiet, über das Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind, aufhältig sind oder Beschränkungen hinsichtlich des Betretens unterworfen sind,

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

...“

16       Mit der auf § 20 Abs. 4 EpiG gestützten Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 („2019 neuartiges Coronavirus“) vom 28. Februar 2020, BGBl. II Nr. 74/2020, wurde die Möglichkeit des Setzens der in § 20 Abs. 1 bis 3 EpiG bezeichneten Vorkehrungen auch bei Auftreten einer Infektion mit SARS-CoV-2 („2019 neuartiges Coronavirus“) geschaffen.

17       Die im Amtsblatt für das Land Vorarlberg vom 14. März 2020, Nr. 13, kundgemachte und mit Verordnung vom 27. März 2020, ABl. 19/2020, mit Ablauf dieses Tages wieder aufgehobene Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch über die Schließung von Seilbahnbetrieben und Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im gesamten Bezirk hatte folgenden Inhalt:

„Gemäß § 20 Abs. 1 und 4 Epidemiegesetz 1950 sowie § 26 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 (‚2019 neuartiges Corona-virus‘), BGBl. II Nr. 74/2020, wird verordnet:

§ 1 (1) Der Betrieb von Seilbahnen (§ 2 Abs. 1 Seilbahngesetz 2003) ist gemäß § 26 Epidemiegesetz 1950 einzustellen.

(2) Das Betriebsverbot nach Abs. 1 gilt nicht für Einzelfahrten in Notfällen oder im Fall einer im öffentlichen Interesse erforderlichen Anordnung der Bezirksverwaltungsbehörde.

§ 2 (1) Beherbergungsbetriebe (§ 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) sind gemäß § 20 Abs. 1 und 4 und der Verordnung BGBl. II Nr. 74/2020 zu schließen.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann Ausnahmen vom Gebot nach Abs. 1 gewähren, soweit sich die Schließung einzelner Betriebe als unverhältnismäßige Maßnahme erweist.

§ 3 (1) § 1 tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung dieser Verordnung, frühestens jedoch am 15. März 2020, 17.00 Uhr, in Kraft.

(2) § 2 tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung dieser Verordnung, frühestens jedoch am 16. März 2020, 12.00 Uhr, in Kraft.

(3) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 13. April 2020 außer Kraft.“

18       Die revisionswerbende Partei sieht zunächst eine Aktenwidrigkeit in der vom Landesverwaltungsgericht getroffenen Feststellung gelegen, dass sie die Personen an das Hotel gemäß dem vereinbarten Zimmerkontingent lediglich vermittelt hätte, weil diese „durch kein einziges Beweismittel gedeckt“ sei.

19       Diesen Ausführungen ist vorweg entgegenzuhalten, dass eine Aktenwidrigkeit lediglich dann anzunehmen ist, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde, nicht aber, wenn Feststellungen getroffen wurden, die aufgrund der Beweiswürdigung oder einer anderslautenden rechtlichen Beurteilung mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen. Die Beweiswürdigung jedoch ist ein Denkprozess, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs handelt oder darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Nur die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch nicht berechtigt einer Beweiswürdigung, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung entgegenzutreten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (siehe zum Ganzen VwGH 17.12.2013, 2012/09/0137, mwN).

20       Entgegen den Revisionsausführungen gab die als Zeugin einvernommene Geschäftsführerin des Hotels - deren Aussage im angefochtenen Erkenntnis im Rahmen der Beweiswürdigung auch dargestellt wurde - jedoch an, dass es sich bei den Rechten der revisionswerbenden Partei auf die Zimmerkontingente „an und für sich nur um eine Vermittlung handle.“ Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt daher schon deshalb nicht vor.

21       Sofern die revisionswerbende Partei mit ihren Ausführungen jedoch in diesem Zusammenhang die Beweiswürdigung bekämpfen möchte, ist sie darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als reine Rechtsinstanz zu deren Überprüfung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung oder die einzelfallbezogene Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme erforderlich ist, grob fehlerhaft und in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0030, u.a.). Dies wird hier aber nicht aufgezeigt.

22       Ob die - im Übrigen nicht bestrittene - Form der Zusammenarbeit zwischen der revisionswerbenden Partei und dem Hotel jedoch als „Vermittlung“ oder als „Kontingent- und Garantievertrag“ bezeichnet wird, ist aber auch deshalb nicht entscheidungswesentlich und kann daher dahingestellt bleiben, wird doch auch aus den folgenden rechtlichen Erwägungen in der Revision eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht aufgezeigt:

23       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt ein Ersatzanspruch nach § 32 EpiG voraus, dass eine der in § 32 Abs. 1 Z 1 bis 7 EpiG aufgezählten Maßnahmen zu einem Verdienstentgang geführt hat, oder anders gewendet scheidet ein Ersatzanspruch nach § 32 EpiG aus, wenn keine der in § 32 Abs. 1 Z 1 bis 7 EpiG aufgezählten Maßnahmen vorliegt, die zu einem Verdienstentgang geführt hat (vgl. VwGH 28.2.2022, Ra 2021/09/0229, mwN).

24       Auch eine Ausweitung der Vergütungsansprüche nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG über den Anwendungsbereich des § 20 EpiG auf mittelbar in ihrem Betrieb beeinträchtigte Unternehmen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits ausdrücklich verneint (vgl. jüngst VwGH 1.9.2022, Ra 2022/09/0081; Ra 2022/09/0082; Ra 2022/09/0084, je mwN).

25       Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem im Zusammenhang mit einer vergleichbaren, die Schließung von Beherbergungsbetrieben nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 gemäß § 20 Abs. 1 und 4 EpiG anordnenden Verordnung bereits ausgesprochen, dass solche Schließungsverordnungen nicht ausdehnend auszulegen sind (vgl. etwa VwGH 28.12.2021, Ra 2021/03/0297, betreffend Vermietung von Ferienwohnungen), und die erfolgreiche Geltendmachung eines Ersatzanspruchs nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG voraussetzt, dass es sich um Vermögensnachteile aus einem für den Anspruchsteller zulässigen Erwerb handelt (vgl. VwGH 27.1.2022, Ra 2021/03/0323, mit Hinweis auf VwGH 16.12.2021, Ra 2021/09/0214; siehe zum Ganzen auch VwGH 9.8.2022, Ra 2022/09/0068).

26       Im vorliegenden Fall verfügt die revisionswerbende Partei unstrittig nicht über eine Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994. Die Beherbergungsleistungen wurden vom Hotel mit eigenem Personal erbracht. Das Hotel trug für den Beherbergungsbetrieb auch das wirtschaftliche Risiko, erhielt sie von der revisionswerbenden Partei doch nur dann eine Leistung, wenn ein Zimmer aus dem dieser vertraglich gesicherten Kontingent von der revisionswerbenden Partei mit einem Gast belegt wurde. Dementsprechend erbrachte die revisionswerbende Partei weder die Beherbergungsleistungen selbst, noch zeigt sie auf, welche mit der Beherbergung in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen sie selbst erbracht hätte.

27       Damit steht aber fest, dass der in Rede stehende Beherbergungsbetrieb gerade nicht durch die revisionswerbende Partei betrieben wurde, wäre dafür doch jedenfalls auch erforderlich, dass sie auch für dessen laufende Kosten (wie Strom- und Beheizungskosten, Personal- und Materialaufwand) unabhängig von einer Zimmerbelegung aufgekommen wäre, wird doch typischerweise vom Betreiber eines Unternehmens das damit verbundene wirtschaftliche Risiko getragen.

28       Es ist zur Lösung der hier zu beurteilenden Rechtsfrage deshalb auch nicht ausschlaggebend, ob der revisionswerbenden Partei ein „Einweisungsrecht“ zukam oder sie eine „Vermittlung“ durchführte. Gleichfalls ist die Ausgestaltung der Verträge mit den Reisenden unmaßgeblich, also ob die revisionswerbende Partei die Verträge mit den Gästen im eigenen Namen abschloss und sich diesen gegenüber zivilrechtlich zur Leistungserbringung verpflichtete. Auch diese Umstände führen nämlich nicht dazu, dass die revisionswerbende Partei als Betreiberin des Beherbergungsbetriebs anzusehen gewesen wäre.

29       Durch die in Rede stehende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 14. März 2020, auf die die revisionswerbende Partei zuletzt ihren Anspruch noch stützte, wurde die Schließung von Beherbergungsbetrieben angeordnet. Einen solchen betrieb die revisionswerbende Partei nach dem Ausgeführten nicht, auch wenn sie infolge eines „Kontingent- bzw. Garantievertrags“ ein „Einweisungsrecht“ in Bezug auf bestimmte Zimmer des von der Schließungsverordnung unmittelbar betroffenen Hotels hatte.

30       Damit stellt sich die Situation der revisionswerbenden Partei jedoch nicht anders dar als die anderer Reisebüros, deren - von der Beherbergungsleistung zu unterscheidenden - Leistungen infolge Schließung der Beherbergungsbetriebe nicht mehr nachgefragt wurden oder die infolge Schließung der Beherbergungsbetriebe faktisch nicht mehr angeboten werden konnten.

31       Die Ansprüche der revisionswerbenden Partei sind somit nicht anders zu beurteilen, als die in jenen Fällen, in welchen es bloß de facto zu einem Wegfall des Geschäftsbetriebs eines Unternehmens durch andere Bereiche betreffende Maßnahmen kam (vgl. etwa VwGH 9.8.2021, Ra 2021/09/0179, Zeltvermieter; VwGH 29.11.2021, Ro 2021/03/0011, Messestandbauer und Ausstellungsberater; VwGH 24.1.2022, Ra 2021/03/0136, Zivilflughafenbetreiber; VwGH 9.2.2021, Ro 2021/03/0019, Stadionbetreiber und Veranstalter von Sportveranstaltungen; VwGH 1.9.2022, Ra 2022/09/0082, Gastronomiebetriebe an Seilbahnstationen). Wie in diesen Fällen ist der Geschäftsbetrieb der revisionswerbenden Partei von der Schließung der Beherbergungsbetriebe bloß mittelbar betroffen. Ein eigener unmittelbarer Ersatzanspruch der revisionswerbenden Partei nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG wurde vom Verwaltungsgericht daher zu Recht verneint.

32       Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

33       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

34       Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte im Hinblick auf die bereits vor dem Landesverwaltungsgericht durchgeführte Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 28. November 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090051.L00

Im RIS seit

23.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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