TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/15 LVwG-2022/18/1181-8

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Veröffentlicht am 15.12.2022
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Entscheidungsdatum

15.12.2022

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

COVID-19-MaßnahmenG 2020 §5
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §8 Abs5a Z2
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 06te §14 Abs1 Z2
VStG §5
VStG §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Hörtnagl über die Beschwerde des AA, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.04.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17.11.2022,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG):

„Sie haben am 02.01.2022 um 14:37 Uhr in **** Y am CC-Platz an einer Versammlung gemäß Versammlungsgesetz 1953 (Standkundgebung „BB“) teilgenommen und dabei keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormten Standard getragen, obwohl bei derartigen Zusammenkünften auch im Freien eine Maske zu tragen ist und eine Ausnahme von der Maskenpflicht nicht vorgelegen hat.“

bei der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z 2 VStG):

„§ 14 Abs 1 Z 2 der 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 537/2021 idF BGBl II Nr 602/2021

und bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG):

„§ 8 Abs 5a Z 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 255/2021

zu lauten hat.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 30,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgeworfen:

„1.  Datum/Zeit:     02.01.2022, 14:37 Uhr

     Ort:             **** Y, CC-Platz Unbekannt, CC-Platz Y/

                       Fußgängerzone

Sie haben als Teilnehmer einer Veranstaltung am CC-Platz, in **** Y, beim Betreten eines Ortes zum Zweck der Teilnahme an einer Veranstaltung gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 6. Covid-19- SchuMaV, nämlich der Standkundgebung "BB", in **** Y, keine Maske im Sinne des § 2 Abs. 1 leg.cit. getragen, obwohl beim Betreten von Orten zum Zweck der Teilnahme an Veranstaltungen gemäß Abs. 1 Z 2, sofern nicht alle Personen einen 2G-Nachweis vorweisen, gemäß der 6. Covid-19-SchuMaV, (5. Novelle der 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung), BGBl. II Nr. 537/2021, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 6/2022 in derZeit vom 12.12.2021 bis 20.01.2022, eine Maske zu tragen ist, sofern nicht alle Personen eine 2-G Nachweis vorweisen.

Es konnten nicht alle Personen einen 2G-Nachweis vorweisen.

Auch lag kein Ausnahmetabestand vor.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.     § 8 Abs. 5a Z. 2 Covid-19-MG i.V.m. § 14 Abs. 1 Ziffer 2 6. COVID-19-SchuMaV, BGBl. II Nr. 537/2021 (5. Novelle), zuletzt geändert durch BGBl II Nr. 6/2022

Daher wurde über ihn gemäß § 8 Abs 5a COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG –
BGBl I Nr 12/2020, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 183/2021, eine Geldstrafe in Höhe von Euro 150,00 (2 Tage, 2 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, sowie Verfahrenskosten in Höhe von Euro 15,00 vorgeschrieben.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 25.04.2022 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben, welches im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet wurde, dass die Beamten weder nach einem 2G-Nachweis noch nach den Personalien des Beschwerdeführers gefragt hätten und daher der Antrag gestellt werde, den angefochtenen Strafbescheid ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, im Zuge derer der Beschwerdeführer als Partei und auch die beiden anzeigenden Polizeibeamten als Zeugen einvernommen wurden. Weiters wurde Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt sowie in den Verwaltungsstrafregisterauszug vom 18.10.2022.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 02.01.2022 um 14:37 Uhr in **** Y am CC-Platz an einer Versammlung (Standkundgebung „BB“) gemeinsam mit anderen Personen teilgenommen und dabei keine FFP2-Maske getragen. Er hat zum damaligen Zeitpunkt über keinen 2G-Nachweis gemäß § 2 Abs 2 Z 2 der 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung verfügt.

Während der Versammlung wurde mittels Durchsage auf die Maskenpflicht hingewiesen. Dem Beschwerdeführer war bekannt, dass bei einer derartigen Veranstaltung Maskenpflicht herrscht.

Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt unbescholten, verfügt über eine monatliche Pension in Höhe von Euro 767,62 und hat darüber hinaus keine Einkünfte sowie keinerlei nennenswertes Vermögen. Sorgepflichten hat er keine.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem den LVwG Tirol vorliegenden Akten sowie den Beweisergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung und wurde dieser vom Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme bestätigt. Der Beschwerdeführer hat dabei selbst eingeräumt, ohne Maske an der Versammlung teilgenommen zu haben, obwohl ihm die dabei geltende Verpflichtung zum Tragen einer Maske bekannt war. Auch die Einvernahme der beiden anzeigenden Polizeibeamten ergab nichts Anderes. Der Beschwerdeführer war einem Polizeibeamten im Zusammenhang mit einer Demonstration am 05.12.2021 - dh knapp ein Monat vorher – noch in Erinnerung und konnte daher eine nochmalige Feststellung der Personalien unterbleiben. Zumal der Beschwerdeführer selbst zugibt, an der beschwerdegegenständlichen Demonstration ohne Maske teilgenommen zu haben, bestehen keinerlei Zweifel an der richtigen Zuordnung der Anzeige.

Dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt unbescholten war, ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug vom 18.10.2022. Dieser weist zwar eine einschlägige rechtskräftige Vorbestrafung auf, die Einholung des dazugehörigen Straferkenntnisses bzw der dazugehörigen Strafverfügung ergibt jedoch, dass es sich dabei um die zuvor erwähnte Teilnahme an einer Versammlung am 05.12.2021 handelt. Zum beschwerdegegenständlichen Tatzeitpunkt war jedoch das diesbezügliche Straferkenntnis vom 15.02.2022 nicht erlassen und kann dementsprechend auch nicht berücksichtigt werden. Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie Sorgepflichten des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung.

IV.      Rechtslage:

Die zum Tatzeitpunkt relevanten Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 255/2021, lauten (auszugsweise) wie folgt:

„§ 5

Zusammenkünfte

(1) Beim Auftreten von COVID-19 können vorbehaltlich des Abs. 2 Zusammenkünfte von Personen aus verschiedenen Haushalten geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

[…]

(4) In einer Anordnung gemäß Abs. 1 können Zusammenkünfte

    1.   an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen gebunden werden oder

    2.   in Bezug auf die Personenzahl beschränkt werden oder

    3.   einer Anzeige- oder Bewilligungspflicht unterworfen werden oder

    4.   auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen eingeschränkt werden.

Maßnahmen gemäß Z 3 und 4 dürfen jedenfalls nicht für Zusammenkünfte im privaten Wohnbereich angeordnet werden. Erforderlichenfalls sind die Maßnahmen gemäß Z 1 bis 4 nebeneinander zu ergreifen. Reichen die in Z 1 bis 4 genannten Maßnahmen nicht aus, können Zusammenkünfte untersagt werden.

[…]

§ 8

Strafbestimmungen

[…]

(5a) Wer

    1.   eine Zusammenkunft organisiert und dabei eine Untersagung oder Bewilligungspflicht gemäß § 5 missachtet oder an einer untersagten oder nicht bewilligten Zusammenkunft teilnimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen;

    2.   eine Zusammenkunft entgegen den sonstigen gemäß § 5 Abs. 4 festgelegten Beschränkungen organisiert oder daran teilnimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen;

    3.   gewerbsmäßig Zusammenkünfte organisiert und dabei eine Untersagung oder eine Bewilligungspflicht gemäß § 5 missachtet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen, zu bestrafen;

    4.   gewerbsmäßig Zusammenkünfte organisiert und dabei sonstige gemäß § 5 Abs. 4 festgelegte Beschränkungen missachtet oder nicht dafür Sorge trägt, dass gemäß § 5 Abs. 4 festgelegte Beschränkungen eingehalten werden, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

[…]“

Die zum Tatzeitpunkt relevanten Bestimmungen des 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 537/2021 idF BGBl II Nr 602/2021, lauten (auszugsweise) wie folgt:

„Auf Grund der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 4a Abs. 1, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. I Nr. 12/2020, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 183/2021, sowie des § 5c des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 183/2021, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats verordnet:

§ 2

Allgemeinde Bestimmungen

(1) Als Maske im Sinne dieser Verordnung gilt eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard.

(2) Als Nachweis über eine geringe epidemiologische Gefahr im Sinne dieser Verordnung gilt ein:

[…]

    2.   „2G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 oder ein

     a)  Genesungsnachweis über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 oder eine ärztliche Bestätigung über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2, die molekularbiologisch bestätigt wurde, oder

     b)  Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde;

[…]

§ 14

Zusammenkünfte

(1) Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften ist für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, nur für folgende Zusammenkünfte zulässig:

[…]

    2.   Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953;

[…]

Bei Zusammenkünften gemäß Z 1 bis 7 ist in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen. Bei Zusammenkünften gemäß Z 2 gilt dies auch im Freien.

[…]“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 14 Abs 1 der 6. COVID-19-SchuMaV ist das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, nur für bestimmte Zusammenkünfte, so zB nach Z 2 leg cit für Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953, zulässig. Bei Zusammenkünften gemäß § 14 Abs 1 Z 2 leg cit ist zudem im Freien eine Maske gemäß § 2 Abs 1 leg cit zu tragen, unabhängig davon, ob die betreffende Person zum damaligen Zeitpunkt über einen 2G-Nachweis verfügt hat oder nicht. Die beiden letzten Sätze des § 14 Abs 1 der 6. Covid-19-SchuMaV richten sich nämlich ihrem Wortlaut entsprechend an alle Teilnehmer einer Zusammenkunft – ohne Einschränkung auf 2G. Der Verordnungsgeber wollte dort, wo keine Verpflichtung zum Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr besteht – wie eben einer Demonstration – eine Maskenpflicht. Dies bestätigen auch die Ausführungen in der Rechtlichen Begründung zur 5. Covid-19-SchuMaV, mit welcher Ausgangsbeschränkungen für Personen ohne 2G-Nachweis erstmalig verfügt wurden.

Wie unstrittig festgestellt wurde, hat sich der Beschwerdeführer zur vorgeworfenen Zeit am vorgeworfenen Ort ohne Maske aufgehalten und dort an einer Versammlung, konkret einer Demonstration, teilgenommen.

Soweit sich der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde auf das „Verhüllungsverbot“ in § 9 Abs. 1 Z 1 Versammlungsgesetz 1953 beruft, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass die hier maßgeblichen Regelungen betreffend die Maskenpflicht die speziellere Norm sind und andererseits nicht davon ausgegangen werden kann, dass derjenige, der in Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen eine Maske trägt, dies tut, um seine Wiedererkennung in Zusammenhang mit der Versammlung zu verhindern.

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers wonach es sich bei der Maskenpflicht um einen „Unsinn“ handeln würde und weitere Demonstranten ebenfalls keine Maske getragen hätten ist irrelevant, sodass die Übertretung in objektiver Hinsicht feststeht.

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers gelingt es diesem nicht, mangelndes Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung glaubhaft zu machen. Ganz im Gegenteil, er gibt sogar zu, von der herrschenden Maskenpflicht gewusst zu haben. Dementsprechend steht die Übertretung in subjektiver Hinsicht fest, wobei sogar von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden muss. Der Beschwerdeführer hat es nämlich wider besseren Wissens billigend in Kauf gekommen, bei einer Demonstration gegen die Maskenpflicht zu verstoßen.

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Über den Beschwerdeführer wurde bei einem gemäß § 8 Abs 5a Z 2 COVID-19-Maßnahmengesetz zur Verfügung stehenden Strafrahmen in der Höhe von Euro 500,00 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 150,00 und damit im Ausmaß von 30 % des vorgesehenen Strafrahmens verhängt. Die Behörde hat dabei richtigerweise die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers mildernd gewertet. Der Beschwerdeführer verfügt seinen Angaben zufolge über eher unterdurchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse.

Vor dem Hintergrund der Erforderlichkeit der Einhaltung der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie vorgesehenen Maßnahmen auch im Hinblick auf die Gesundheit der Gesamtbevölkerung kommt einem Verstoß gegen diese Regelungen jedoch ein hoher Unrechtsgehalt zu. Das Hinwegsetzen einzelner Personen über die zur Bekämpfung der Pandemie gesetzten Maßnahmen verletzt den Schutzzweck der Norm erheblich. Verschärfend kommt das beträchtliche Ausmaß des Verschuldens hinzu, sodass die verhängte Strafe auch bei schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen jedenfalls als schuld- und tatangemessen anzusehen ist und auch aus spezial- und generalpräventiven Gründen notwendig ist.

Zum Tatvorwurf selbst ist noch Folgendes auszuführen:

§ 44a Z 1 VStG normiert, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat.

Das LVwG Tirol ist zu einer - im Gegensatz zur unzulässigen Auswechslung der Tat rechtmäßigen – „Modifizierung der Tatumschreibung“ berechtigt; dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass jenes konkrete, dem Beschuldigten durch den Strafbescheid der Behörde zur Last gelegte Verhalten in konkretisierter Form bereits Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens war (VwGH 27.02.1995, 90/10/0092 und 31.01.2000, 97/10/0139).

Im gegenständlichen Fall war es notwendig, die Tatumschreibung an den Wortlaut des § 14 Abs 1 Z 2 der 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung anzupassen. Diese Bestimmung wurde seitens der belangten Behörde – abgesehen von der Fassung – bereits korrekt vorgehalten. Der Tatvorwurf selbst, nämlich das Nichttragen einer Maske bei einer Versammlung trotz Maskenpflicht, bleibt unverändert, sodass diese Modifizierung im Sinne der zitierten Rechtsprechung jedenfalls zulässig war.

Weiters waren die maßgeblichen Bestimmungen durch jene Bundesgesetzblätter zu konkretisieren, durch welche sie ihre zur Tatzeit gültige Fassung erhalten haben (vgl VwGH 27.06.2022, Ra 2021/03/00328).

Im Übrigen war somit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer ist gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG zur Leistung eines Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren zu verpflichten.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren relevanten Rechtsfragen lassen sich unmittelbar aufgrund der zitierten Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes und der 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung lösen. Weiters wird auf die zitierte Judikatur verwiesen. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 BV-G liegen folglich nicht vor, weshalb auszusprechen war, dass die ordentliche Revision unzulässig ist. Für den Beschwerdeführer ist die Revision gemäß § 25 Abs 4 VwGG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Hörtnagl

(Richterin)

Schlagworte

Versammlung
Maskenpflicht
FFP2-Maske
COVID-19

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.18.1181.8

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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