TE Lvwg Erkenntnis 2022/11/25 LVwG-2022/27/2903-1

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Veröffentlicht am 25.11.2022
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Entscheidungsdatum

25.11.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §33 Abs3
  1. AVG § 33 heute
  2. AVG § 33 gültig ab 01.03.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. AVG § 33 gültig von 01.01.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  4. AVG § 33 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  5. AVG § 33 gültig von 01.02.1991 bis 29.02.2004

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 05.10.2022, Zl ***, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch der Beschwerdeführerin vom 12.09.2022 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 29.08.2022, Zl ***, gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, dass es unstrittig sei, dass der in der Sache zu Zl *** eingebrachte Einspruch bei der belangten Behörde eingelangt sei, da anderenfalls die belangte Behörde den gegenständlich bekämpften Bescheid nicht hätte erlassen können. Die belangte Behörde begründe ihren Spruch damit, dass der Einspruch bei ihr erst am 19.09.2022 „nach Ablauf der Einspruchsfrist“, welche am 15.09.2022 geendet habe, eingelangt sei. Diese Anschauung basiere auf einem Kalkulationsfehler bzw der mangelnden Berücksichtigung der gesetzlichen Grundlagen nach § 33 Abs 3 AVG. Die Übergabe des Einspruchs an die Österreichische Post AG sei nachweislich am 12.09.2022 erfolgt.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und den Akt des Landesverwaltungsgerichtes.

II.      Sachverhalt:

Nachfolgender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:

Dem gegenständlichen Verfahren liegt eine Anzeige der Bildungsdirektion Tirol gemäß § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz zugrunde.

Die belangte Behörde hat in der Folge die Strafverfügung vom 29.08.2022, Zl ***, erlassen und darin der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, dass sie es als Erziehungsberechtigte der Schüler BB und CC unterlassen habe, dafür Sorge zu tragen, dass die Schulpflichtigen die vorgesehenen Prüfungen ablegen. Die beiden Schüler seien im Fall von häuslichem Unterricht zur Ablegung der in § 11 Abs 2 Schulpflichtgesetz vorgesehenen Prüfungen verpflichtet und ohne begründete Entschuldigung nicht zur Externistenprüfung angetreten, weshalb zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils Euro 110,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage und 12 Stunden) verhängt wurden.

Diese Strafverfügung, die von der Bezirkshauptmannschaft Z erlassen wurde, wurde der Beschwerdeführerin am 01.09.2022 zugestellt, wobei die Beschwerdeführerin die Strafverfügung persönlich übernommen hat.

In der Rechtsmittelbelehrung des Einspruchs ist festgehalten, dass der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlichen bei der Bezirkshauptmannschaft Z einzubringen ist.

Mit Schreiben vom 12.09.2022 erhob die Beschwerdeführerin Einspruch gegen die Strafverfügung, wobei sie diesen Einspruch am 12.09.2022 zur Post gab. Der Einspruch ist jedoch wie folgt adressiert: „An die Bildungsdirektion für Tirol, z.H. DD, Adresse 2, **** Y, per Einschreiben“. Der Einspruch der Beschwerdeführerin langte sodann am 15.09.2022 bei der Bildungsdirektion für Tirol ein. Mit Schreiben vom 16.09.2022 hat die Bildungsdirektion für Tirol diesen Einspruch gemäß § 6 Abs 1 AVG zuständigkeitshalber an die Bezirkshauptmannschaft Z übermittelt, wobei die Übermittlung am 16.09.2022 per E-Mail um 12.38 Uhr erfolgte. Bei der belangten Behörde wurde dieses Schreiben am 19.09.2022 in Empfang genommen.

In weiterer Folge wurde von der belangten Behörde der nunmehr bekämpfte Bescheid erlassen.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorgenannten Feststellungen konnten in unbedenklicher Weise aufgrund des behördlichen Akteninhalts getroffen werden.

Aus dem im behördlichen Akt erliegenden Rückschein ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 29.08.2022, Zl ***, persönlich am 01.09.2022 zugestellt wurde. Aus dem im behördlichen Akt einliegenden Einspruch ergibt sich, dass dieser am 12.09.2022 zur Post gegeben wurde und ausdrücklich an die Bildungsdirektion für Tirol, Adresse 2, **** Y adressiert wurde. Aus der Strafverfügung ergibt sich, dass in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen wurde, dass der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft Z einzubringen ist.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen des VStG, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

„Zuständigkeit

§ 26.

(1) Enthalten die Verwaltungsvorschriften über die sachliche Zuständigkeit keine Bestimmungen, so sind in Verwaltungsstrafsachen die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig.

[…]

§ 49.

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

[…]“

Die wesentlichen Bestimmungen des AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

㤠33.

[…]

(3) Die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) werden in die Frist nicht eingerechnet.

[…]“

V.       Erwägungen:

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die Strafverfügung der belangten Behörde vom 29.08.2022, Zl ***, der Beschwerdeführerin persönlich am 01.09.2022 zugestellt wurde.

Gemäß § 49 VStG kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erhoben werden und ist dieser Einspruch bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung der Strafverfügung ergibt sich aus § 26 VStG. Aufgrund der Tatsache, dass die Strafverfügung der Beschwerdeführerin am 01.09.2022 zugestellt wurde, endete die Rechtsmittelfrist am 15.09.2022.

Aus der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 29.08.2022, Zl ***, ergibt sich, dass darauf hingewiesen wurde, dass der Einspruch bei der belangten Behörde einzubringen ist. Dies entspricht auch den Vorgaben des § 49 Abs 1 VStG.

Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass die Beschwerdeführerin ihren Einspruch jedoch nicht an die belangte Behörde adressiert hatte, sondern ausdrücklich an die Bildungsdirektion für Tirol, bei der es sich nicht um die Behörde handelt, die die Strafverfügung erlassen hatte.

Sofern die Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 33 Abs 3 AVG Bezug nimmt, die auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, ist darauf hinzuweisen, dass das in dieser Bestimmung angeführte „Postlaufprivileg“ wonach die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinn des § 2 Z 7 Zustellgesetz zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser nicht in die Frist eingerechnet werden, nur dann zur Anwendung gelangt, wenn eine Adressierung an die zuständige Behörde erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werden die Tage des Postlaufs nur dann nicht eingerechnet, wenn die fristwahrende Eingabe an die zuständige Behörde gerichtet ist. Wird die Eingabe bei der unzuständigen Behörde eingebracht, ist die Frist nur gewahrt, wenn die unzuständige Behörde einen Schriftsatz innerhalb der Frist zur Weiterleitung an die zuständige Stelle zur Post gibt (vgl VwGH 18.10.2000, 95/08/0330 und andere).

Die Beschwerdeführerin kann sich sohin nicht auf das Postlaufprivileg des § 33 Abs 4 AVG berufen, da sie ihren Einspruch ausdrücklich nicht an die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, sondern vielmehr an die Bildungsdirektion für Tirol gerichtet und dort eingebracht hat.

Da der Einspruch der Beschwerdeführerin am letzten Tag der Frist bei der Bildungsdirektion für Tirol einlangte und diese den Einspruch erst am folgenden Tag an die belangte Behörde weiterleitete, war die Frist zur Erhebung des Einspruches nicht mehr gewahrt. Wird nämlich ein Anbringen bei der unzuständigen Behörde eingebracht, erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters (vgl VwGH 14.11.1995, 95/11/0201), sodass die Frist nur gewahrt ist, wenn die unzuständige Behörde das Schriftstück am letzten Tag der Frist weiterleitet. Da dies im gegenständlichen Fall nicht erfolgte, sondern eine Weiterleitung erst am folgenden Tag vorgenommen wurde, erweist sich der Einspruch der Beschwerdeführerin als verspätet.

Die belangte Behörde hat sohin zu Recht den Einspruch als verspätet zurückgewiesen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da eine reine Rechtsfrage zu klären war und im Übrigen der diesbezügliche Antrag nur als Eventualantrag formuliert war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen wird auf die vorzitierte Rechtsprechung verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Rosenkranz

(Richter)

Schlagworte

Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.27.2903.1

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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