TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/8 VGW-031/074/16386/2021

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Veröffentlicht am 08.02.2022
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Entscheidungsdatum

08.02.2022

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 lita
StVO 1960 §4 Abs5
VStG 1991 §45 Abs1 Z1
  1. StVO 1960 § 4 heute
  2. StVO 1960 § 4 gültig ab 01.06.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2019
  3. StVO 1960 § 4 gültig von 01.09.2012 bis 31.05.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012
  4. StVO 1960 § 4 gültig von 01.07.2005 bis 31.08.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2005
  5. StVO 1960 § 4 gültig von 19.01.2002 bis 30.06.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2002
  6. StVO 1960 § 4 gültig von 01.07.1996 bis 18.01.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 201/1996
  7. StVO 1960 § 4 gültig von 01.05.1986 bis 30.06.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 105/1986
  1. StVO 1960 § 4 heute
  2. StVO 1960 § 4 gültig ab 01.06.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2019
  3. StVO 1960 § 4 gültig von 01.09.2012 bis 31.05.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012
  4. StVO 1960 § 4 gültig von 01.07.2005 bis 31.08.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2005
  5. StVO 1960 § 4 gültig von 19.01.2002 bis 30.06.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2002
  6. StVO 1960 § 4 gültig von 01.07.1996 bis 18.01.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 201/1996
  7. StVO 1960 § 4 gültig von 01.05.1986 bis 30.06.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 105/1986

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Mandl über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Floridsdorf, vom 28.10.2021, Zl. VStV/…/2021, wegen Übertretung des 1) § 4 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) und 2) § 4 Abs. 1 lit. a StVO,

zu Recht e r k a n n t:

I.       Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III.    Gegen dieses Erkenntnis ist hinsichtlich Spruchpunkt 1) im angefochtenen Straferkenntnis gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG unzulässig. Im Übrigen ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Gegen den Beschwerdeführer (BF) erging das Straferkenntnis mit nachstehendem Spruch:

Datum/Zeit: 4.6.2021, 14:45 Uhr

Ort: 1210 Wien, Kefergrundgasse ggü ONr. 2

Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen W-1 (A)

Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden

1.) und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl Sie und die beteiligte Person einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen haben.

2.) und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.   § 4 Abs. 5 StVO

2.   § 4 Abs. 1 lit. a StVO

Wegen dieser Übertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

1.   Geldstrafe von € 200, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen 20 Stunden gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO

2.   Geldstrafe von € 150, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag 9 Stunden gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 35 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich
€ 100 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 385

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben und die Tatanlastung bestritten.

Mit hg. Schreiben vom 25.11.2021 wurde um Erstellung eines technischen Gutachtens bei der Landesfahrzeugprüfstelle ersucht.

Mit Schreiben der Landesfahrzeugprüfstelle vom 27.1.2022 wurde mitgeteilt, dass vergeblich versucht worden sei, die Geschädigte telefonisch zu erreichen; ein schriftliches Kontaktersuchen sei erfolglos geblieben. Ein Gutachten im Sinne des Auftrages könne somit nicht erstellt werden. Angeschlossen war das Schreiben der Landesfahrzeugprüfstelle an die Geschädigte mit Datum 3.1.2022.

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Der BF war am 4.6.2021 um 14:45 Uhr Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-1 (A) in der Kefergrundgasse gegenüber ONr 2. Der BF wollte dort einparken, um auf seinen Bruder, der in die Postfiliale gegangen war, zu warten. Er ist in die Parklücke schräg eingefahren, als sein Bruder aus der Postfiliale wieder herauskam und ins Fahrzeug einstieg. Eine Zeugin hat die vermeintlich geschädigte Lenkerin mit einem Zettel an der Windschutzscheibe verständigt. Das Fahrzeug der Geschädigten weist ein älteres Baujahr auf. Am 5.6.2021 wurde bei der LPD Wien eine Anzeige von der vermeintlich geschädigten Lenkerin gemacht, nachdem sie einen Zettel an der Windschutzscheibe des PKW vorgefunden hatte. Zur Stellprobe der Landesfahrzeugprüfstelle ist die Geschädigte nicht erschienen, obwohl sie schriftlich um Kontaktaufnahme ersucht worden war.

Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt gründet auf dem Akteninhalt, der unbestritten geblieben ist. Die Durchführung der Stellprobe und die Erstattung des technischen Gutachtens scheiterten daran, dass das Fahrzeug von der vermeintlich Geschädigten nicht vorgeführt wurde.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht und bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die in Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Aufgrund des durchgeführten Verfahrens waren die von der Behörde gegen den BF erhobenen Tatvorwürfe nicht als erwiesen anzusehen.

Im Verwaltungsstrafverfahren hat die Behörde einem Beschuldigten die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nachzuweisen. Wesentliche Tatbestandsmerkmale der vom Rechtsmittelwerber angeblich verletzten Verwaltungsvorschriften ist die ursächliche Beteiligung an einem Verkehrsunfall, bei dem zumindest Sachschaden eingetreten ist (VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 5.6.1991, 91/18/0058).

Erfolgt nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ein Identitätsnachweis nicht, so besteht Verständigungspflicht nach Abs. 5, welche auch die Mitwirkungspflicht nach lit. c nach sich zieht (VwGH 23.2.1976, 285/74). Für einen Schuldspruch wegen Übertretung des Abs. 5 genügt die bloße Möglichkeit einer Verursachung eines Schadens an dem beteiligten Fahrzeug nicht, sondern von der belangten Behörde wäre der Nachweis für einen derartigen Sachschaden zu liefern (VwGH 25.2.1983, 82/02/0236).

Um diesen Nachweis zu erbringen, hätte es einer technischen Begutachtung der involvierten Fahrzeuge bedurft, zumal es sich bei dem angeblich beschädigten Fahrzeug um kein Neufahrzeug gehandelt hat. Allein durch den Umstand, dass es nach den Angaben einer Zeugin zu einer Kontaktierung der Fahrzeuge gekommen sei und am zur Tatzeit abgestellten Fahrzeug Beschädigungen ersichtlich gewesen seien, vermag nicht hinreichend dargetan werden, dass der BF als Lenker einen Schaden am anderen Fahrzeug tatsächlich verursacht hat.

Seitens der Behörde wurde im behördlichen Verfahren keine technische Begutachtung der Fahrzeuge angeordnet, sondern wurden die gegenständlichen Tatvorwürfe allein aufgrund der Anzeige erhoben. Die im Beschwerdeverfahren (zur Klärung der erhobenen Tatvorwürfe) angeordnete Stellprobe und die Erstattung des technischen Gutachtens scheiterten daran, dass das Fahrzeug von der Geschädigten bei der Landesfahrzeugprüfstelle nicht vorgeführt wurde.

Weitere objektivierbare Beweismittel dafür, dass es tatsächlich zu einer kausalen Beschädigung an dem am Tatort abgestellten Fahrzeug infolge eines vom BF durchgeführten Parkmanövers gekommen ist, liegen keine vor.

Vor dem Hintergrund dieser Beweislage konnten die Tatvorwürfe nicht als erwiesen angesehen werden.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Das Verfahren war daher gemäß dieser Gesetzesbestimmung einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet auf der zitierten Gesetzesstelle.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verhalten am Unfallsort; ursächlicher Zusammenhang; Kausalzusammenhang; Verständigungspflicht; technische Begutachtung; Sachschaden; Identitätsnachweis; Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.031.074.16386.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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