TE Vwgh Erkenntnis 2022/10/18 Ra 2021/02/0253

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Veröffentlicht am 18.10.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §10 Abs1
AVG §10 Abs2
AVG §13 Abs3
AVG §37
AVG §8
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §7
  1. AVG § 10 heute
  2. AVG § 10 gültig ab 01.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2018
  3. AVG § 10 gültig von 01.01.2012 bis 31.07.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 10 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  5. AVG § 10 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 10 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  7. AVG § 10 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. AVG § 10 heute
  2. AVG § 10 gültig ab 01.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2018
  3. AVG § 10 gültig von 01.01.2012 bis 31.07.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 10 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  5. AVG § 10 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 10 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  7. AVG § 10 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des T in S, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 5. Oktober 2021, LVwG-S-1264/001-2021, betreffend Übertretung des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 1. Februar 2021 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe als verantwortlicher Beauftragter der T GmbH eine Übertretung des KFG zu verantworten.

2        Mit E-Mail vom 18. Februar 2021 wurde ein Einspruch gegen die Strafverfügung an die Landespolizeidirektion übermittelt.

3        In der Folge leitete die belangte Behörde das ordentliche Verfahren ein. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 21. April 2021 wurde über den Revisionswerber wegen Übertretung des KFG eine Geld- sowie Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der verfahrensgegenständliche Einspruch vom 18. Februar 2021 sei nach seinem äußeren Erscheinungsbild ausdrücklich namens der T GmbH eingebracht worden. Der Einspruch sei auf Briefpapier der genannten Gesellschaft verfasst sowie mit der Zeile „Wie soeben [...] besprochen möchten wir gegen oa. Strafverfügung Einspruch erheben.“ eingeleitet und mit der Wendung „Mit freundlichen Grüßen T [...] GmbH“ geschlossen worden. Es werde weder auf einen Vertretungsauftrag hingewiesen, noch erklärt, im Namen des Revisionswerbers tätig zu werden. Der Einspruch sei von einer nicht auf den Revisionswerber lautenden E-Mail-Adresse abgesendet worden und durchgehend in der „Wir-Form“ gehalten. In der E-Mail sowie in der angeschlossenen, auf Briefpapier der T GmbH erstellten Eingabe seien ausschließlich die Kontaktdaten der T GmbH angegeben. Ein zulässiger und rechtzeitiger Einspruch des Revisionswerbers gegen die Strafverfügung liege dementsprechend nicht vor, weshalb dieses bereits in Rechtskraft erwachsen sei. Die belangte Behörde habe daher mangels Zuständigkeit zur Sachentscheidung ihr Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7        Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8        Die Revision erweist sich mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe den gegen die Strafverfügung erhobenen Einspruch zu Unrecht als nicht dem Revisionswerber zurechenbar qualifiziert, als zulässig und berechtigt.

9        Die Behörde ist dann, wenn nicht eindeutig klar ist, wem ein Rechtsmittel zuzurechnen ist, verpflichtet, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist. Nur wenn die Behörde auf Grund des objektiven Erklärungswertes der Eingabe keinen Zweifel daran hat, dass diese einer nicht Parteistellung genießenden Person zuzurechnen ist, darf sie mit einer sofortigen Zurückweisung dieser Eingabe vorgehen (vgl. VwGH 2.5.2018, Ra 2017/02/0254, mwN).

10       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesen erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Dem Geist des AVG ist ein übertriebener Formalismus fremd, weswegen auch bei der Auslegung von Parteianbringen im Sinn des § 13 AVG kein streng formalistischer Maßstab anzulegen ist. Wenn sich der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens als unklar erweist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 in Verbindung mit § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern. Es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel muss davon ausgegangen werden, dass eine Partei nicht einen von vornherein sinnlosen Antrag stellt (vgl. zum Ganzen VwGH 18.2.2019, Ra 2018/02/0082, mwN).

11       Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Einspruch gegen die Strafverfügung sei ausdrücklich von der T GmbH erhoben worden, weil sich aus dem verwendeten Briefpapier der Gesellschaft, der Verwendung der „Wir-Form“ und der Zeichnung durch die T GmbH ergebe, dass die Beschwerde von der T GmbH im eigenen Namen erhoben worden sei, steht mit der genannten Rechtsprechung nicht im Einklang.

12       Entgegen den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis werden nämlich sowohl der Revisionswerber als auch die T GmbH in der Unterschriftzeile des Einspruchs genannt. Der Einspruch ist vom Revisionswerber unterschrieben. Zudem richtet sich der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 1. Februar 2021, die nur gegenüber dem Revisionswerber als Geschäftsführer der T GmbH erlassen wurde. Dass das Briefpapier der Gesellschaft verwendet wurde, lässt vor diesem Hintergrund nicht ohne Zweifel den Schluss zu, dass der Einspruch nicht durch den Revisionswerber als Geschäftsführer der T GmbH erhoben worden sei.

13       Es ist daher für den Verwaltungsgerichthof nicht nachvollziehbar, weshalb das Verwaltungsgericht davon ausging, der Einspruch sei jedenfalls ausschließlich der T GmbH zuzurechnen. Selbst wenn Zweifel an der Zurechenbarkeit des Einspruchs (auch) an den Revisionswerber berechtigt gewesen wären, wäre das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen, sich Klarheit darüber, ob mit dem fraglichen Einspruch (auch) eine Anfechtung der an den Revisionswerber ergangenen Strafverfügung beabsichtigt gewesen wäre, zu verschaffen.

14       Indem das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Einspruch zweifellos nur im Namen der T GmbH erhoben worden sei und es daher unterlassen hat, die Parteiabsicht zu erforschen, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

15       Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

16       Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Oktober 2022

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021020253.L00

Im RIS seit

15.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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