TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/28 95/20/0053

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.1996
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §57 Abs2;
AVG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des F in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. Dezember 1994, Zl. Wa-253/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Waffengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unbestritten ist, daß dem Beschwerdeführer vom Magistrat der Stadt Krems/Donau mit dem ausdrücklich auf § 57 Abs. 1 AVG gestützten Mandatsbescheid vom 10. Mai 1994 iVm § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986 der Besitz von Waffen und Munition verboten wurde. Der Bescheid enthält eine Rechtsmittelbelehrung, wonach dagegen innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung eine Vorstellung eingebracht werden könne, der gemäß § 57 Abs. 2 AVG keine aufschiebende Wirkung zukomme.

Innerhalb dieser Frist brachte der Beschwerdeführer den ausdrücklich als "Berufung" bezeichneten Schriftsatz ein, der einen begründeten Berufungsantrag enthielt und die ersatzlose Behebung des Bescheides durch den Landeshauptmann von Niederösterreich "als Berufungsbehörde" begehrte.

Die belangte Behörde als die gemäß § 35 des Waffengesetzes zuständige Berufungsbehörde, der die "Berufung" nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zur Entscheidung vorgelegt worden war, wies den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 24. Mai 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 57 Abs. 2 leg. cit. als unzulässig zurück, weil gegen den Mandatsbescheid des Magistrates der Stadt Krems/Donau vom 10. Mai 1994 nur das an diesen zu richtende Rechtsmittel der Vorstellung möglich sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde begehrt. Die Beschwerde vertritt den Standpunkt, daß die belangte Behörde den Rechtsmittelschriftsatz vom 24. Mai 1994 zu Unrecht als eine Berufung qualifiziert habe. Der Beschwerdeführer habe in Wahrheit lediglich das gegen einen Mandatsbescheid einzig zulässige Rechtsmittel der Vorstellung erheben wollen und sich lediglich in der Wortwahl vergriffen. Daran ändere nichts, daß sein Schriftsatz einen Berufungsantrag und eine Begründung enthalten habe, was für eine Vorstellung nicht erforderlich sei. Die belangte Behörde habe übersehen, daß ein Rechtsmittel im Zweifel zugunsten der Partei zu deuten sei. Da der Beschwerdeführer jedenfalls die wirksame Bekämpfung des Bescheides des Magistrates angestrebt habe, hätte die belangte Behörde schon aus diesem Grund das Rechtsmittel nicht als Berufung behandeln dürfen. Für den Standpunkt des Beschwerdeführers spreche, daß er bei Erhebung einer Berufung jedenfalls auf die Bestimmung des § 35 Abs. 2 Waffengesetz (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 520/1994), wonach die Sicherheitsdirektion und nicht der Landeshauptmann Berufungsbehörde sei, Bedacht genommen hätte. Überdies sei auch die Erstbehörde zunächst von der Erhebung einer Vorstellung ausgegangen, weil sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet habe.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Richtig ist, daß es nicht zum Nachteil der Partei eines Verwaltungsverfahrens gereichen darf, wenn sie ein von ihr zulässig erhobenes Rechtsmittel lediglich falsch bezeichnet hat. Wurde aber das erhobene Rechtsmittel nicht falsch bezeichnet, sondern ein falsches Rechtsmittel erhoben, so ist dieses zurückzuweisen. Nach § 57 Abs. 2 AVG ist gegen einen Bescheid im Mandatsverfahren nach § 57 Abs. 1 leg. cit. das Rechtsmittel der Vorstellung vorgesehen. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel entgegen dieser Bestimmung eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er nicht eine Entscheidung der den Mandatsbescheid erlassenden Behörde, sondern eine solche der (unrichtig bezeichneten) Berufungsbehörde begehrt.

Damit ein Rechtsmittel als Vorstellung anzusehen ist, darf es nicht so abgefaßt sein, daß aus allen seinen Einzelheiten nichts anderes als das Begehren nach einer Berufungsentscheidung durch die im Instanzenzug als übergeordnet angesehene Behörde hervorgeht, insbesondere wenn Begründung und Rechtsmittelbelehrung des Bescheides keinen Zweifel aufkommen lassen, daß es sich um einen Mandatsbescheid im Sinn des § 57 AVG handelt. Daß sich die Berufung an eine nach den Bestimmungen des Waffengesetzes unzuständige Berufungsbehörde richtete, ändert nichts am Charakter des erhobenen Rechtsmittels als Berufung. Es genügt auch nicht, daß mit dem Rechtsmittel die Überprüfung und Beseitigung des Bescheides angestrebt wird. Das erhobene Rechtsmittel begehrte nicht die Überprüfung durch die den Mandatsbescheid erlassende Behörde, sondern vielmehr durch eine als zuständig erachtete Berufungsbehörde (vgl. dazu die in Hauer-Leukauf4, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 57 AVG angeführte hg. Judikatur). Der Umstand, daß die Behörde erster Instanz zunächst ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, vermochte die belangte Behörde bei der von ihr vorzunehmenden rechtlichen Beurteilung des vorgelegten Rechtsmittels nicht zu binden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Berufungsrecht Begriff des Rechtsmittels bzw der Berufung Wertung von Eingaben als Berufungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200053.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten