TE Vfgh Beschluss 1994/6/13 B628/94

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Veröffentlicht am 13.06.1994
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §38
AVG §58 ff

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen ein Schreiben der Grundverkehrsbehörde betreffs die Aussetzung eines grundverkehrsbehördlichen Verfahrens mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde wendet sich gegen ein u.a. an den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers gerichtetes Schreiben des (Vorarlberger) Grundverkehrssenates vom 7. Februar 1994, das folgenden Wortlaut hat:

"Herrn

RA Dr. W L W

Herrn

Notar Dr. H H

Betrifft: C M, B - M K F, B;

Grunderwerb in B - Berufung, Devolution

Sehr geehrter Herr Notar,

sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

der Grundverkehrssenat hat nach der mündlichen Verhandlung am 27. Jänner 1994 das obgenannte Verfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Beschwerde von M K F und C M gegen den Bescheid des Grundverkehrssenates vom 5.10.1992, GVS-310-1002, welche der Verfassungsgerichtshof unter der Zl. B1674/92 bearbeitet, abzuwarten, weil es für den Grundverkehrssenat von wesentlicher Bedeutung ist, wie der Verfassungsgerichtshof jenes Verfahren beurteilt.

Wir erlauben uns Ihnen dies zur Kenntnis zu bringen. Gleichzeitig werden wir den Verfassungsgerichtshof benachrichtigen, damit dieser vom gegenständlichen Verfahren Kenntnis hat.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Grundverkehrssenat

im Auftrag

Dr. M"

Der Beschwerdeführer qualifiziert dieses Schreiben als Bescheid iS des Art144 B-VG. Er erachtet sich in näher bezeichneten, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erledigung.

Der Grundverkehrssenat bestreitet der Sache nach, daß das bekämpfte Schreiben ein Bescheid sei. Eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte liege nicht vor. Die Behörde beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

2. Die bekämpfte Erledigung ist nicht als Bescheid bezeichnet. Dennoch wäre es möglich, daß sie als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG zu qualifizieren ist.

In seiner bisherigen ständigen Judikatur kam der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis, daß dies dann angenommen werden muß, wenn die Erledigung gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat, ob sie nun in Form eines Bescheides nach den §§56 ff. AVG ergeht oder nicht. Aus der Erledigung muß - soll sie als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG gewertet werden - deutlich der objektiv erkennbare Wille hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Ob dies der Fall ist, kann sich auch daraus ergeben, ob die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen. Ob eine Erledigung als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG gewertet werden kann, ist vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage zu beurteilen (vgl. zB VfGH 13.12.1993 B563/93 und 13.12.1993 B629/93 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).

Ausgehend von dieser Rechtsprechung - von der abzurücken kein Anlaß besteht - ist die bekämpfte Erledigung nicht als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG einzustufen:

Die Erledigung ist nicht als Bescheid bezeichnet; ihr fehlen alle formellen Merkmale, wie sie von den §§58 ff. AVG gefordert werden; ihr ist kein normativer, sondern ein bloß informativer Inhalt entnehmbar.

Dieses Ergebnis wird bestätigt, wenn die geltende Rechtslage in die Betrachtung mit einbezogen wird. Die Aussetzung eines Verwaltungsverfahrens braucht nicht in Form eines verfahrensrechtlichen Bescheides zu ergehen (vgl. die zu §38 AVG ergangene Judikatur, zB VfGH 10.375/1985; mit dieser Entscheidung hat sich der Verfassungsgerichtshof der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen).

Mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung war die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Verwaltungsverfahren, Vorfrage, Aussetzung des Verfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B628.1994

Dokumentnummer

JFT_10059387_94B00628_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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