TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/15 LVwG-AV-1056/006-2016

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Veröffentlicht am 15.03.2022
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Entscheidungsdatum

15.03.2022

Norm

WRG 1959 §121 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde der A und des B, beide vertreten durch C, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 09. August 2016, ***, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:

I.   Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der Antrag der A und des B vom 22. Februar 2016 auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes betreffend die mit Bescheid vom 01. Juli 2008, ***, bewilligte Erdwärmegewinnungsanlage, zurückgewiesen wird.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 12 Abs. 2, 31c, 102 Abs. 1, 121 Abs. 1, 138 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F.)

§§ 24 Abs. 1 und 2, 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F.)

§§ 25a Abs. 1, 63 Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F.)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F.)

Entscheidungsgründe

1.   Verfahren der Verwaltungsbehörde bis zum angefochtenen Bescheid

Mit Bescheid vom 01. Juli 2008, ***, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Mödling der D und dem E die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Erdwärmepumpenanlage mit fünf Tiefsonden auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, wobei eine Reihe von Auflagen erteilt wurde. Die Behörde stütze diese Entscheidung auf § 31c Abs. 5 WRG 1959.

Nach Ausführung der Anlage wandten sich A und B, die nunmehrigen Beschwerdeführer, unter anderem an die Wasserrechtsbehörde und brachten vor, dass es im Zusammenhang mit der Errichtung der Wärmepumpenanlage auf dem Nachbargrundstück zu einer Vernässung ihres Grundstückes und zu Feuchtigkeitsschäden an ihren Baulichkeiten gekommen sei. Die Bezirkshauptmannschaft Mödling stellte in der Folge Ermittlungen durch Einholung von Amtssachverständigengutachten und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2013 an. Dabei kamen die Amtssachverständigen für Grundwasserhydrologie und Geologie zum Ergebnis, dass ein Zusammenhang zwischen der Errichtung und dem Bestand der Erdwärmesonden auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, und den von den nunmehrigen Beschwerdeführern geltend gemachten Feuchtigkeitsschäden auf deren Grundstück nicht hergestellt werden könne. Schon zuvor hatte die Behörde festgestellt, dass die Tiefsonden in Abweichung zum bewilligten Projekt nur bis in geringere Tiefe abgeteuft worden waren und statt der geplanten fünf insgesamt sechs Sonden errichtet worden sind.

Mit Anbringen vom 22. Februar 2016 begehrten A und B die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes in Bezug auf die mit Bescheid vom 01. Juli 2008, ***, bewilligte Erdwärmegewinnungsanlage. Geltend gemacht wird im Wesentlichen die teilweise Nichteinhaltung des in einer Auflage des in Rede stehenden Bewilligungsbescheides vorgeschriebenen Mindestabstandes von drei Metern zur Grundgrenze sowie die mangelhafte Abdichtung der Bohrungen. Entsprechend wird die Entfernung der in zu geringem Abstand von der Grundgrenze errichteten Bohrung(en) und deren ordnungsgemäße Abdichtung gefordert.

Mit Schreiben vom 29. April 2016 teilte die Behörde den Einschreitern mit, dass seit der Wasserrechtsgesetzesnovelle 2011 Erdwärmegewinnungsanlagen wie die mit Bescheid vom 01. Juli 2008 bewilligte „aus dem Anwendungsbereich des WRG 1959 herausgenommen“ worden wären und damit auf Grund der sogenannten Bewilligungsfreistellung keine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft mehr gegeben wäre.

Die Beschwerdeführer legten in der Folge ein geohydrologisches Privatsachverständigengutachten vor, replizierten auf die Ausführungen der Behörde analog zum nunmehrigen Beschwerdevorbringen (vgl. dazu unten) und stellten die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bescheidmäßige Feststellung der Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Mödling zur Fortführung des Verfahrens sowie des Erlöschens des „Wasserbenutzungsrechts“ sowie auf Entzug der Bewilligung nach § 27 Abs. 4 WRG 1959.

Mit dem nun in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 09. August 2016, ***, wies die Bezirkshauptmannschaft Mödling den Antrag vom 22. Februar 2016 auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ab und begründete dies mit der fehlenden Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde mangels (weiterer) Bewilligungspflicht für die auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, errichteten Erdwärmetiefsonden. Da die Anlage nicht mehr bewilligungspflichtig sei, könne auch § 138 WRG 1959 nicht mehr zur Anwendung kommen, da es sich um keine eigenmächtig vorgenommene Neuerung handelte. Die WRG-Novelle 2011 hätte auch keine Übergangsbestimmungen vorgesehen, sodass sich aus der davor erteilten wasserrechtlichen Bewilligung für nun bewilligungsfreie Anlagen keine Verpflichtungen aus Auflagen und Bedingungen ergäbe.

2.   Beschwerde und Äußerung der Beschwerdegegnerin

Gegen den Bescheid vom 09. August 2016, ***, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde der A und des B, in der sie zusammengefasst Folgendes vorbringen:

-    Das Verfahren „laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 1.07.2008“ sei bis heute nicht abgeschlossen; gemäß § 143 WRG 1959 wäre dieses Verfahren nach den bisher geltenden Zuständigkeitsbestimmungen und nach der „bis dahin“ geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. In Hinblick auf die Nichteinhaltung von Auflagen sei das Verfahren „nach wie vor offen“.

-    Es sei durchaus möglich und auf Grund des vorgelegten Privatsachverständigengutachtens wahrscheinlich, dass im vorliegenden Fall ein Gebiet mit gespannten oder artesisch gespannten Grundwasservorkommen vorliege, sodass die „Zuständigkeit der Behörde nach § 31c Abs. 5 lit.b WRG 1959“ nach wie vor gegeben sei.

-    Das Wasserrecht sei in Folge Ablaufs der Bauvollendungsfrist des Bescheides vom 01. Juli 2008 erloschen, zumal die Fertigstellungsmeldung erst nach Ablauf der Frist erfolgt sei.

-    Die Parteistellung der Beschwerdeführer ergebe sich aus § 102 iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959, wobei auf das Grundeigentum hingewiesen wird.

Schließlich begehren die Einschreiter die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne einer Stattgabe der Anträge der Einschreiter vom 27. Mai 2016 (in eventu wird die Aufhebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde begehrt).

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erklärte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.

Die Beschwerdegegnerin D erstattete eine Äußerung, in der sie

-    geltend machte, dass § 143 WRG1959 sich nicht auf die WRG-Novelle 2011 beziehe und Abs. 3 die Wendung „nach den bis dahin geltenden Gesetzen“ nicht enthielte.

-    vorbringt, dass das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren auf Grund des Ansuchens der Einschreiterin und ihres mittlerweile verstorbenen Ehegatten durch den Bescheid vom 01. Juli 2008 abgeschlossen worden wäre und sämtliche Anträge, die nach Inkrafttreten der WRG-Novelle 2011 gestellt worden seien, nach der neuen Rechtslage entschieden werden müssten, sodass die „Bewilligungsfreistellung“ zum Tragen käme.

-    weiters vorbringt, dass die Sachargumente der Beschwerdeführer bereits längst einer Überprüfung unterzogen worden wären und die Tatsache allein, dass sich die Beschwerdeführer mit den Aussagen der Amtssachverständigen nicht abzufinden vermöchten, kein Grund zur neuerlichen Aufrollung eines abgeschlossenen Verfahrens sein könnte.

Schließlich wird die Abweisung der Beschwerde begehrt.

3.   Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und Verwaltungsgerichtshof

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (in der Folge: das Gericht) entschied über die Beschwerde zunächst mit Erkenntnis vom 08. November 2016, LVwG-AV-1056/001-2016, dahingehend, dass der Antrag vom 22. Februar 2016 sowie das über diesen Antrag hinausgehende Beschwerdebegehren zurückgewiesen wurden. Die Zurückweisung des Antrags auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes begründete das Gericht mit der mangelnden Parteistellung von Inhaber bestehender Rechten im Verfahren nach § 31c Abs. 5 WRG 1959. Diesbezüglich ließ das Gericht die ordentliche Revision zu.

Mit Erkenntnis vom 27. Juli 2017, ***, hob der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Revision der Beschwerdeführer das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich auf, da seiner Ansicht nach durch die Einführung des Anzeigeverfahrens für dem § 31c WRG 1959 unterliegende Anlagen auch die Parteistellung der Inhaber fremder Rechte begründet worden sei. Unter der Voraussetzung, dass die in Rede stehende Anlage bewilligungspflichtig sei, könnten auch die Beschwerdeführer als Inhaber eines wasserrechtlich geschützten fremden Rechtes einen Antrag nach § 138 WRG 1959 stellen. Es müsse daher geprüft werden, ob die Anlage der mitbeteiligten Partei bewilligungspflichtig sei oder nicht; verneinendenfalls könnten die Beschwerdeführer allerdings nicht mit einem Antrag nach § 138 WRG 1959 vorgehen.

Der nicht angefochtene Spruchpunkt B der Entscheidung vom 08. November 2016 ist nicht Gegenstand der Aufhebung, da sich diese erkennbar nur auf den Erkenntnisteil bezog.

Angesichts verfassungsrechtlicher Bedenken beantragte das Landesverwaltungs-gericht Niederösterreich die Überprüfung der einschlägigen Wortfolge im § 31c Abs. 5 WRG 1959 durch den Verfassungsgerichtshof; dieser teilte die Bedenken des Gerichts nicht (Erkenntnis vom 26. Juni 2018, ***).

Im fortgesetzten Verfahren schaffte das Gericht Unterlagen (einen „Zwischenbericht“ eines gerichtlichen Sachverständigen) aus dem Akt des Landesgerichtes *** im Zivilprozess zwischen den Beschwerdeführern und der D (in der Folge: die Beschwerdegegnerin) bei und holte eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans ein.

Weiters führte das Gericht am 27. Februar 2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der die Parteien bzw. deren Vertreter gehört wurden, der Amtssachverständige für Geohydrologie F ein Gutachten erstattete sowie die zugrundeliegenden Akten des Gerichts bzw. der belangten Behörde durch Verzicht auf die Verlesung ins Verfahren einbezogen wurden.

Mit Erkenntnis vom 1. März 2019, LVwG-AV-1056/003-2016, hob das Gericht den angefochtenen Bescheid mit der (hier auf das Wesentlichste zusammengefassten) Begründung auf, dass die belangte Behörde in Wahrheit eine Zurückweisung des Antrags der Beschwerdeführer vorgenommen hätte, was sie jedoch nicht tun hätte dürfen, da im vorliegenden Fall mit dem Auftreten gespannter Grundwässer gerechnet hätte werden müssen, was nach der vom Gericht getroffenen Auslegung der Wortfolge „in Gebieten mit gespanntem oder artesisch gespanntem Grundwasservorkommen“ in § 31 c Abs. 5 lit. b WRG 1959, zur Annahme einer Bewilligungspflicht des in Rede stehenden Vorhabens und damit in weiterer Folge zur Zulässigkeit des Antrags der Beschwerdeführer führte.

Aufgrund einer vom Gericht für zulässig erklärten Revision behob der Verwaltungs-gerichtshof (23.02.2022, ***) diese Entscheidung mit der Begründung, es reiche für die Annahme der Bewilligungspflicht einer Erdwärmegewinnungsanlage nach § 31c Abs. 5 lit. b WRG 1959 nicht aus, dass mit dem Auftreten gespannter Grundwässer nach fachlicher Voraussicht bezogen auf die konkrete Örtlichkeit zumindest gerechnet werden müsse; vielmehr bedürfte es dazu der „Feststellung des Vorliegens“ eines Gebietes, in dem in generalisierender Betrachtung „typischerweise mit einer gewissen räumlichen Ausdehnung gespanntes oder artesisch gespanntes Grundwasser vorliegt“.

4.   Kollaudierungsverfahren

Zwischenzeitlich (dh nach Ergehen des Erkenntnisses vom 1. März 2019) hat die belangte Behörde ein wasserrechtliches Überprüfungsverfahren durchgeführt und mit Bescheid vom 25.Juni 2020, ***, gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 festgestellt, „dass die Erdwärmepumpenanlage auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** im Wesentlichen entsprechend der Bewilligung, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 1.Juli.2008, ***, hergestellt worden ist“, und folgende Abweichungen nachträglich genehmigt:

„- Anstatt von 5 Tiefensonden mit Tiefen von jeweils etwa 100 m wurden 6 Boh-

rungen mit Tiefen von je ca. 85 m ausgeführt.

- Durch die zusätzliche Bohrung bzw. veränderte Bohrstandorte war ein Lage-

plan mit Einmessung der tatsächlichen Bohrpunkte erforderlich und dieser

Plan wurde mit den Koordinaten (Gauß-Krüger) vorgelegt.

- In Abänderung zur ursprünglichen Bewilligung wurde als Wärmepumpe tat-

sächlich eine Type Danfos DHP-R35 (Hersteller Thermalia Värme AB, Arvika

Schweden) mit einer Heizleistung von 34,3 kW installiert.“

Eine auch dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts NÖ vom 29. Jänner 2021, LVwG-AV-858/001-2020 (durch einen anderen Richter des Gerichts) abgewiesen.

5.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

5.1. Feststellungen und Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Verfahrensverlauf und Inhalt von Schriftstücken, wie sie unter den Punkten 1 bis 4 getroffen wurden, ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde bzw. des Gerichts. Dieses kann sie daher seiner Entscheidung zugrunde legen. Weiterer Feststellungen bedarf es, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird, nicht (mehr).

5.2. Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG

§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(…)

§ 31c. (1) Unbeschadet der Bestimmungen der §§ 9, 32, 34 und 38 bedarf die Gewinnung von Sand und Kies der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn sie mit besonderen Vorrichtungen erfolgt.

(2) Bei Vorhaben nach Abs. 1, die nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind oder die dem Mineralrohstoffgesetz unterliegen, entfällt die Bewilligungspflicht, wenn das Vorhaben außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete geplant ist.

(3) In den Fällen des Abs. 1 und 2 hat die jeweils zuständige Behörde insbesondere die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung (§ 30) notwendigen und nach dem Stand der Technik möglichen Vorkehrungen zu treffen, die nach Beendigung der Entnahme zu treffenden Maßnahmen aufzutragen sowie darauf zu achten, daß Gemeinden in der Versorgung ihrer Bewohner mit Trinkwasser nicht beeinträchtigt werden. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(4) Auf die in Abs. 1 bis 3 genannten Vorhaben finden die §§ 27 Abs. 4 und 29, soweit es sich um Vorhaben handelt, die der Gewerbeordnung oder dem Bergrecht unterliegen, diese Vorschriften sinngemäß Anwendung.

(5) Die Abs. 1 bis 4 finden sinngemäß Anwendung auf

a)   Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in wasserrechtlich besonders geschützten Gebieten (§§ 34, 35 und 55g Abs. 1 Z 1) und in geschlossenen Siedlungsgebieten ohne zentrale Trinkwasserversorgung;

b)   Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von Vertikalkollektoren (Tiefsonden), soweit sie nicht von lit. a erfasst sind, sofern sie eine Tiefe von 300 m überschreiten oder in Gebieten mit gespannten oder artesisch gespannten Grundwasservorkommen. Die Grenzen derartiger Gebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.

c)   Anlagen zur Wärmenutzung der Gewässer.

Auf Vorhaben gem. lit. a, b und c ist das Anzeigeverfahren gemäß § 114 anzuwenden. In Abweichung von § 114 Abs. 4 sind Bewilligungen mit 25 Jahren ab Einbringung der Anzeige befristet.

§ 102. (1) Parteien sind:

a)   der Antragsteller;

b)   diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

ferner

c)   im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;

d)   Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;

e)   diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;

f)   im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;

g)   diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;

h)   das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.

(…)

§ 121. (1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1).

(…)

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)   eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b)   Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,

c)   die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,

d)   für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

(3) Bei drohender Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt hat die Wasserrechtsbehörde zur Wahrung des öffentlichen Interesses in den Fällen des Abs. 1 die zur Beseitigung der Gefährdung notwendigen Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

(4) Wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt bei Ablagerungen auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von der Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten. § 31 Abs. 6 findet in allen Fällen dieses Absatzes sinngemäß Anwendung. § 16 Abs. 4 Forstgesetz 1975 bleibt unberührt.

(5) Maßnahmen, die Gegenstand einer behördlichen Anordnung oder eines behördlichen Auftrages gemäß Abs. 1 lit. b sind, bedürfen keiner wasserrechtlichen Bewilligung oder einer Bewilligung nach anderen Vorschriften. Soweit durch solche Maßnahmen Rechte Dritter berührt werden, findet § 72 Anwendung.

(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.

VwGVG

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(…)

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

§ 63. (1) Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

(…)

B-VG

Art. 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

5.3. Rechtliche Beurteilung

5.3.1. Auch wenn das Gericht einen angefochtenen Bescheid nach § 27 VwGVG „auf Grund der Beschwerde“ zu überprüfen hat, ist die Prüfbefugnis des Gerichts nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (zB 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; 24.04.2018, Ra 2017/17/0895) nicht so stark eingeschränkt zu verstehen, dass sie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers selbst beschränkt wäre. Von einem Beschwerdeführer kann nämlich nicht erwartet werden, dass er in seiner Beschwerde sämtliche rechtliche Angriffspunkte aufzeigt (zumal, wenn dies auch zu seinen Lasten gehen könnte). Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Prüfumfang ausschließlich an das Vorbringen des Beschwerdeführers binden wollte. Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides (vgl. VwGH 26.03.2015, Ra 2014/07/0077), welcher durch die Anfechtungserklärung und die Beschränkung auf die Geltendmachung bestimmter Rechte weiter eingeschränkt sein kann. Das Gericht ist somit bei der Prüfung der vorliegenden Sache auf Grund der Beschwerde in seiner rechtlichen Beurteilung an das Beschwerdevorbringen nicht gebunden und muss seiner Entscheidung sämtliche aktenkundigen bzw. im Beschwerdeverfahren hervorgekommenen Sachverhaltselemente zugrunde legen (vgl. VwGH 09.09.2015, Ra 2015/03/0019).

5.3.2. Bei der weiteren Beurteilung der Beschwerde ist das Gericht an die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht gebunden. Freilich hat das Gericht zwischenzeitliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen.

5.3.3. Mittlerweile hat die belangte Behörde – ausgehend von der Bewilligungs-pflichtigkeit der in Rede stehenden Erdwärmegewinnung - gemäß § 121 Abs. 1 WRG festgestellt, dass die von der Beschwerdegegnerin hergestellte Anlage im Wesentlichen der Bewilligung vom 1.Juli.2008, ***, entspricht, bzw. die vorgenommenen Abweichungen genehmigt. Diese Entscheidung ist aufgrund des bestätigenden Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts NÖ in Rechtskraft erwachsen. In einem solchen Fall fehlt es in Bezug auf die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Abweichungen an einer eigenmächtigen Neuerung (vgl. VwGH 08.09.1977, 736/77) bzw. steht die Rechtskraft des positiven Kollaudierungsbescheides einem Antrag auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes entgegen (vgl. VwGH 12.10.1993, 91/07/0087).

Der Antrag der Beschwerdeführer erweist sich daher jedenfalls zum nunmehrigen und für die Beurteilung des Gerichts maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt als unzulässig und war schon aus diesem Grund zurückzuweisen. Ob die Anlage der Beschwerdegegnerin tatsächlich in einem Gebiet mit gespanntem oder artesisch gespanntem Grundwasservorkommen liegt, ist daher nicht (mehr) entscheidungswesentlich und brauchte daher auch nicht mehr festgestellt zu werden: bejahendenfalls stünde dem Antrag der Beschwerdeführer die positive Kollaudierung entgegen, verneinendenfalls die fehlende Bewilligungspflicht und damit ebenfalls eine Voraussetzung für das Vorliegen einer Neuerung. In beiden Fällen wäre das Ergebnis das Gleiche, nämlich die Zurückweisung des Antrags auf Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrags.

5.3.4. Der Durchführung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung bedurfte es schon aus dem Grunde des § 24 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall VwGVG nicht.

5.3.5. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht (mehr) zu lösen, vermag sich das Gericht doch in Bezug auf die entscheidungswesentliche Frage der Unzulässigkeit eines gewässerpolizeilichen Verfahrens nach positiver Kollaudierung auf die Judikatur des VwGH zu stützen (vgl. die angeführten Belege); die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis daher nicht zulässig.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Erdwärmegewinnungsanlage; Bewilligungspflicht; Kollaudierungsverfahren;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.1056.006.2016

Zuletzt aktualisiert am

30.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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