TE Vwgh Beschluss 1976/4/9 0570/76

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Veröffentlicht am 09.04.1976
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Index

VwGG
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
AVG §68 Abs1
AVG §68 Abs4 lita
AVG §68 Abs5
B-VG Art132
VwGG §27 idF 1946/212
VwRallg

Beachte


Vorgeschichte:
0636/71 E 14.09.1971;
0658/77 E 21.06.1978;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Liska, Dr. Schubert und Dr. Hoffmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Jisa, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde des Dr. A E in I, gegen den Bundesminister für soziale Verwaltung, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Ruhegenußbemessung, wird zurückgewiesen.

Begründung

Wie aus dem Beschwerdevorbringen sowie aus den hg. Vorerkenntnissen vom 19. Dezember 1962, Zl. 2040/62, und vom 14. September 1971, Zl. 636/71, hervorgeht, wurde mit Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 23. Dezember 1948 festgestellt, daß der Beschwerdeführer am 13. März 1938 den Dienstposten eines Ministerialsekretärs im Personalstand des genannten Ministeriums innehatte und gleichzeitig entschieden, daß er gemäß § 8 Abs. 2 lit. c des Beamten-Überleitungsgesetzes (B-ÜG) in den dauernden Ruhestand versetzt wird, da er nicht gemäß § 7 dieses Gesetzes in den Dienststand übernommen wird. Die Neubemessung des Ruhegenusses wurde zuletzt mit Bescheid des Zentralbesoldungsamtes vom 16. November 1968 auf Grund des § 60 Pensionsgesetz (PG) 1965 vorgenommen und hiebei die 6. Gehaltsstufe der Dienstklasse VI zugrunde gelegt; das Begehren auf Berücksichtigung der 7. Gehaltsstufe der Dienstklasse VII aber abgelehnt, weil die mit 20. März 1940 erfolgte Beförderung zum Oberregierungsrat nach reichsdeutschen Bestimmungen erfolgte und die Republik Österreich nicht Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Deutschen Reiches sei. Die Beschwerden gegen den im Instanzenzug ergangenen, den Erstbescheid bestätigenden Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 19. Februar 1970, wurde mit den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1971, B 82/1970, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1971, Zl 636/71, abgewiesen. In einem an das Bundesministerium für soziale Verwaltung gerichteten Schriftsatz vom 4. Dezember 1972 stellt der Beschwerdeführer den Antrag, zu prüfen, festzustellen und zu entscheiden, daß

1) nach § 2 Abs. 1 des Pensionsüberleitungsgesetzes 1949 auf ihn nur die pensionsrechtlichen Bestimmungen des GÜG anzuwenden sind,

2) der § 60 des GÜG keine pensionsrechtliche Bestimmung ist und außerdem ausdrücklich festlegt, daß von der dienstrechtlichen Stellung am 13. März 1938 nur bei der Übernahme in den neuen Personalstand auszugehen ist und daher diese Bestimmung nicht als Begründung gegen die Anwendung der letzten dienstrechtlichen Stellung bei der Bemessung seines Ruhegenusses verwendet werden kann, und im übrigen diese Bestimmung des GÜG im § 59 des Pensionsgesetzes 1965 nicht unter den bisherigen pensionsrechtlichen Vorschriften angeführt ist, die weiter gelten,

3) gemäß § 2 Abs. 2 des Pensionsüberleitungsgesetzes 1949 als alter Dienstposten auch die bezugsrechtliche Stellung gilt, die der Beamte erlangt hätte, wenn im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung die Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1927 anzuwenden gewesen wäre,

4) nach dem Gehaltsgesetz 1927, der pensionsrechtlichen Bestimmung des § 47 des GÜG und nunmehr des § 5 Abs. 1 PG 1965 grundsätzlich der Bemessung des Ruhegenusses das Gehalt der zuletzt erreichten dienstrechtlichen Stellung zugrunde zu legen ist und die Anwendung dieser Bestimmung auf die nach § 8 Abs. 2 B-ÜG in den Ruhestand versetzten öffentlich-rechtlichen Bediensteten durch kein Gesetz ausgeschlossen wurde,

5) das B-ÜG, das Pensionsüberleitungsgesetz 1949, das Gehaltsüberleitungsgesetz und schließlich das Pensionsgesetz 1965 oder auch ein anderes Gesetz keine Bestimmung enthält, wonach eine zuletzt erreichte dienstrechtliche Stellung, die man während des deutschen Reichsdienstes erlangt hat, der Bemessung des Ruhegenusses nicht zugrunde zu legen ist,

6) er laut Dekret des Landeshauptmannes von Tirol und Vorarlberg vom 20. März 1940 zum Oberregierungsrat ernannt wurde, wobei sein Besoldungsdienstalter mit dem 1. Jänner 1936 festgelegt wurde,

7) diese Ernennung während des deutschen Reichsdienstes seine letzte dienstrechtliche Stellung ist, durch die er einen eindeutigen Rechtsanspruch auf ein bestimmtes Gehalt und den hiebei vorgesehenen Titel erlangt habe,

8) dieser Rechtsanspruch, „den sein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis erfahren hat“, nach 1945 durch kein Gesetz aufgehoben wurde,

9) daher eine besondere Übergangsbestimmung, wonach dieser erworbene Rechtsanspruch bei der Bemessung des Ruhegenusses im Sinne der Bestimmungen des § 5 Abs. 1 PG 1965 zu berücksichtigen ist, im § 60 dieses Gesetzes nicht erforderlich ist,

10) im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand auf Grund der gegebenen Rechtslage seine dienstrechtliche Stellung die eines Oberregierungsrates ist,

11) sohin sein Ruhegenuß auf Grund des § 5 Abs. 1 PG 1965 im Sinne des Gehaltsgesetzes 1956 vom Gehalt der dieser zuletzt erreichten dienstrechtlichen Stellung entsprechenden VII. Dienstklasse 7. Gehaltsstufe zu bemessen ist.

In einem weiteren Schriftsatz vom 29. Juli 1975 modifizierte er seinen Antrag, die Behörde wolle durch Bescheid feststellen, welche dienstrechtliche Stellung der Bemessung seines Ruhegenusses zugrunde zu legen ist. In der vorliegenden Säumnisbeschwerde wird dem Bundesminister für soziale Verwaltung Verletzung der Entscheidungspflicht angelastet, weil er den vorgenannten Antrag bisher nicht bescheidmäßig erledigt habe, und beantragt, der Verwaltungsgerichtshof wolle über diese Anträge selbst, allenfalls in einem verstärkten Senat, nach Durchführung einer Verhandlung, insbesondere erkennen, daß der Ruhegenuß des Beschwerdeführers auf Grund des § 5 Abs. 1 PG 1965 im Sinne des Gehaltsgesetzes 1956 nach dem Gehalt der seiner zuletzt erreichten dienstrechtlichen Stellung entsprechenden VII. Dienstklasse, 7. Gehaltsstufe zu bemessen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde nach Art. 132 B-VG ist nicht nur von der Säumnis der obersten Behörde abhängig, sondern auch von dem weiteren Umstand, daß die Fällung einer Sachentscheidung, auf die der Partei im Verwaltungsverfahren nach den Verwaltungsvorschriften ein Rechtsanspruch zugestanden ist, von der Säumnis betroffen ist (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Mai 1952, Slg. N. F. Nr. 2537/A. Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist mangels eines Rechtsanspruches auf Entscheidung nicht berechtigt.

Gegenstand eines Feststellungsbescheides kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein, nicht aber die Feststellung von Tatsachen, sofern ein Gesetz nicht ausdrücklich eine solche Feststellung vorsieht. Darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit eines Gesetzes oder gesetzlicher Bestimmungen und ihrer Auslegung noch über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Anspruchsvoraussetzungen im Spruch entscheiden; derartige Feststellungen sind nur im Begründungsteil einer Entscheidung vorzunehmen. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die im Schriftsatz von 1972 gestellten Anträge unter Punkt 1) bis 9), so ergibt sich schon aus den angeführten Gründen, daß die Behörde nicht berufen war, einen Feststellungsbescheid zu erlassen. Was die beiden letzten Anträge 10) und 11) betrifft, die im Schriftsatz vom 29. Juli 1975 und schließlich nochmals in der Säumnisbeschwerde modifiziert wurden, so wird damit die Feststellung begehrt, daß der Ruhegenuß auf Grund des § 5 Abs. 1 PG 1965 im Sinne des Gehaltsgesetzes 1956 vom Gehalt der dieser zuletzt erreichten dienstrechtlichen Stellung entsprechenden Dienstklasse VII Gehaltsstufe 7 zu berechnen sei.

Nun ist der Beschwerdeführer im Jahre 1948 gemäß § 8 Abs. 2 lit. c B-ÜG in den dauernden Ruhestand versetzt und sein Ruhegenuß in der Folge rechtskräftig bemessen worden.

Der mehrmals in den Schriftsätzen des Beschwerdeführers aufgestellten Behauptung, die Entscheidung über die Ruhegenußbemessung sei von einer unzuständigen Behörde erfolgt und es könne daher keine Rechtskraft vorliegen, ist entgegenzuhalten, daß, wie sich insbesondere aus § 68 Abs. 4 lit. a und Abs. 5 AVG 1950 ergibt, auch Bescheide einer unzuständigen Behörde in Rechtskraft erwachsen können und daher eine allfällige Unzuständigkeit der Behörde an der Rechtskraft des von ihr erlassenen Bescheides nichts zu ändern vermag. Außerdem ist in der Zuständigkeitsfrage selbst bereits eine rechtskräftige Entscheidung ergangen, da die Aktivbehörde nach der Darstellung des Beschwerdeführers selbst (Seite 6 seines Schriftsatzes vom 29. Juli 1975) ihre Zuständigkeit abgelehnt hat (Bescheid vom 24. Dezember 1968, Präs.Zl. 20015/1-2/1967) und der Beschwerdeführer sich mit dieser Entscheidung abgefunden hat. Der Beschwerdeführer begehrt mithin eine abermalige Bemessung des Ruhegenusses wegen Fehlerhaftigkeit der früheren Entscheidung. Gemäß der Bestimmung des § 68 Abs. 1 AVG 1950, die auch auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlichen Dienst-, Ruhe- und Versorgungsverhältnisses zum Bund anzuwenden ist, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG 1950 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren - darauf zielte das Ansuchen des Beschwerdeführers um Neubemessung seines Ruhegenusses ab - wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Zu der Ansicht des Beschwerdeführers, daß § 5 Abs. 1 PG 1965 für ihn eine Änderung der Rechtslage gebracht habe, ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich bereits in seinem Erkenntnis vom 14. September 1971, Zl. 636/71, ausgeführt hat, auf den Beschwerdeführer komme nicht diese allgemeine Bestimmung, sondern die Sonderregelung des Pensionsüberleitungsgesetzes zur Anwendung.

Die belangte Behörde trifft sohin nach den Verwaltungsvorschriften keine Verpflichtung zu einer Sachentscheidung über den erwähnten Antrag, dies vorwiegend wegen der oben dargestellten Rechtskraftwirkungen, die auch auf die aus anderen Gründen unzulässigen Feststellungsanträge in den Punkten 1) bis 9) Bezug haben. Somit fällt ihr auch keine Verletzung der Entscheidungspflicht zur Last und es fehlt demzufolge dem Beschwerdeführer die Beschwerdelegitimation, was gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 die Zurückweisung der Säumnisbeschwerde zur Folge hat.

Wien, am 9. April 1976

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von BescheidenRechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1976:1976000570.X00

Im RIS seit

10.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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