TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/2 95/08/0344

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Veröffentlicht am 02.07.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §101;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Juni 1995, Zl. MA 15-II-P 4/95, betreffend Zurückweisung eines Antrages nach § 101 ASVG (mitbeteiligte Partei:

Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien II, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog seit dem 28. September 1977 eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit und bezieht seit dem 25. Februar 1980 eine Alterspension von der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt. Mit der Rechtskraft von Entscheidungen über die Bemessung dieser dem Beschwerdeführer zu erbringenden Leistungen hatte sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 93/08/0212, auseinanderzusetzen. Die Beschwerde gegen die Abweisung des Einspruches gegen die Zurückweisung eines auf § 101 ASVG gestützten, die Berücksichtigung weiterer Versicherungszeiten betreffenden Antrages des Beschwerdeführers wurde darin abgewiesen.

Mit Schreiben vom 25. JULI 1994 stellte der Beschwerdeführer bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt den "Antrag gemäß § 101 ASVG auf Nachberechnung von S 26.748,-- wegen zu nieder verrechneter Berechnungsgrundlage". Begründend führte er aus, er habe im November und Dezember 1975 Lohnzahlungen in dieser Höhe erhalten, die in der Bemessungsgrundlage seiner Meinung nach noch keine Berücksichtigung gefunden hätten.

"Amtsbestätigungen" bzw. eine "Mitteilung" über diese Einkünfte habe er in den Akten seines früheren, inzwischen verstorbenen Beistandes gefunden, die ihm "1944" (gemeint: 1994) zugestellt worden seien. Die Lohnzahlungen seien in einem Schreiben des Arbeitsamtes Wien vom 15. Februar 1983 angeführt worden. Das Arbeitsamt habe für diese Einkünfte die Rückzahlung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gefordert und erhalten. Der in der Pensionsberechnung unberücksichtigt gebliebene Betrag sei schon im September 1977 "bekannt" bzw. "aktenkundig" gewesen (Aktenblatt 855).

Zugleich mit diesem überreichte der Beschwerdeführer ein zweites Schreiben, in dem er die Auffassung vertrat, ein nicht näher bezeichneter Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes verweise wie ein näher bezeichneter Beschluß des Verfassungsgerichtshofes "auf Verfahrensfehlläufe, unrichtige Amtsbeweisvorlagen, Rechtswegirreführungen" und andere Fehler, durch die die Ansprüche des Beschwerdeführers geschmälert worden seien. Der Beschwerdeführer sei der "Meinung, daß die jetzige Sachlage meiner Pensionsansprüche von Amts wegen geprüft werden sollte und eine Bereinigung mit Vergütung aller Aufwände, Spesen und Kosten erfolgen sollte". Aus Gerichtsakten und Akten seines früheren Beistandes könne der Beschwerdeführer nun nachweisen, daß man ihn "im Verfahren verleumderisch als Knastbruder belastet und darüber hinaus Aktenentfremdungen vorgenommen" habe. Wegen der ihm zugefügten Schäden (Verursachung des Todes seiner Gattin mit Psychoterror, Pensionsminderung, Vermögensverluste, Fälschungen, Sachschaden von mehr als 198 Millionen Schilling) werde "ein Menschenrechtsantrag eingeleitet". Der Beschwerdeführer habe auch eine Strafanzeige eingebracht, die noch nicht erledigt worden sei (Aktenblatt 854).

Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt antwortete mit Schreiben vom 4. August 1994, "die Arbeitsverdienste" seien bei der Pensionsgewährung berücksichtigt worden und es habe sich nichts geändert. Sollte der Beschwerdeführer auf einer bescheidmäßigen Erledigung bestehen, so werde um eine kurze Mitteilung gebeten. Diesem Schreiben wurden Kopien früherer Aktenteile beigelegt, denen im wesentlichen zu entnehmen war, daß die allgemeine Beitragsgrundlage für 1975 stets mit S 132.388,-- und S 12.255,-- Sonderzahlungen zugrunde gelegt worden sei, der Beschwerdeführer die von ihm angenommene Nichtberücksichtigung seines Einkommens in den Monaten November und Dezember 1975 (damals mit S 28.251,20 beziffert) schon 1983 beanstandet und eine Überprüfung damals keine Änderung ergeben habe (Aktenblatt 856; beigeschlossen Kopien der Aktenblätter 38, 41, 488, 492 und 493 sowie ein weiterer Ausdruck).

Der Beschwerdeführer erwiderte mit Schreiben vom

29. AUGUST 1994, er sei im Besitz einer Lohnbescheinigung für den Zeitraum vom 1. Jänner 1975 bis zum 14. Oktober 1975, worin ein Bruttoverdienst von S 137.583,-- bestätigt worden sei. (Aus dem Akt geht hervor, daß diese Bescheinigung vom 27. Oktober 1975 stammt und vom Beschwerdeführer schon 1983 einmal vorgelegt wurde, Aktenblatt 528; die Bescheinigung desselben Dienstgebers, die das ganze Jahr 1975 umfaßt und Bruttobezüge von S 164.331,-- ausweist, stammt vom 8. September 1976 und kam mit einem Begleitschreiben vom selben Tag als Blatt 31 zum Akt.) Mit den Zahlungen für November und Dezember 1975 (nun wieder mit S 28.251,20 beziffert) und Sonderzahlungen müsse die Berechnungsgrundlage für 1975

S 179.414,28 und nicht S 132.388,-- zuzüglich S 12.255,-- betragen. Der Beschwerdeführer weise das ihm zugestellte Schreiben und insgesamt das Verfahren seit September 1977 "als mit schweren Mängeln anhaftend als suspekt zurück". Er sei "der Meinung, daß das gesamte Verfahren einer Korrektur bei Schadensvergütung zugeführt werden müßte, da der Vorwurf der Manipulation vorliegt" (Aktenblatt 859).

Mit Schreiben vom 20. September 1994 forderte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Beschwerdeführer auf, die von ihm erwähnte Lohnbescheinigung vorzulegen. Danach würde die Wiener Gebietskrankenkasse um eine nochmalige Überprüfung der Beitragsgrundlagen für 1975 ersucht werden. Der Beschwerdeführer könne sich aber auch direkt an die Wiener Gebietskrankenkasse wenden, weil nur diese feststellen könne, mit welchem Gehalt der Beschwerdeführer angemeldet gewesen sei (Aktenblatt 860).

Der Beschwerdeführer antwortete mit einem Schreiben vom

27. SEPTEMBER 1994, worin er namentlich genannte Mitarbeiter der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt und der Wiener Gebietskrankenkasse krimineller Machenschaften beschuldigte und Urkunden vorlegte, darunter auch einen Vermerk vom November 1976 über die für November und Dezember 1975 an den Beschwerdeführer geleisteten Zahlungen seines Dienstgebers (in Summe S 26.748,-- wie im Antrag vom 25. Juli 1994; dieser Betrag ist zugleich die Differenz zwischen den Bruttobezügen von S 137.583,-- und S 164.331,-- laut Dienstgeberbescheinigungen vom 27. Oktober 1975 und 8. September 1976) sowie die Bescheinigung vom 27. Oktober 1975 in Kopie. Er stellte - soweit hier wiederzugeben - den Antrag, sein Pensionsverfahren "wegen Vorwurfes des Betruges, Verleumdung u.a. einzustellen bzw. das Verfahren wieder aufzunehmen, wobei die Versicherungsanstalt der Angestellten alle in Besitz aufliegenden Unterlagen offenzulegen hat. Das Verlangen der Wiederaufnahme wird mit 14-tägiger Frist beantragt" (Aktenblatt 865).

Mit Schreiben vom 10. Oktober 1994 forderte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Beschwerdeführer auf, für eine nochmalige Prüfung der Beitragsgrundlagen für 1975 ergänzend zu der vorgelegten Dienstgeberbescheinigung für die Zeit bis zum 14. Oktober 1975 auch einen Gehaltsnachweis für die Zeit vom 15. Oktober 1975 bis zum 31. Dezember 1975 vorzulegen. Daß eine Bescheinigung für das ganze Jahr 1975 seit 1976 Aktenbestandteil ist (Aktenblatt 31), fand in diesem Zusammenhang nicht Erwähnung. Bemerkt wurde noch, daß das Pensionsverfahren abgeschlossen und eine "Wiederaufnahme nur nach Hervorkommen neuer Tatsachen (höhere Beitragsgrundlagen etc.) möglich" sei (Aktenblatt 866).

Der Beschwerdeführer erwiderte am 17. OKTOBER 1994, wegen "Betrug, Fälschung und Aktenverlust" in seinem Falle sei auf Neudurchführung (gemeint: des Verfahrens zur Bemessung) seiner Pension zu erkennen. Die Zeit vom 15. Oktober bis zum 31. Dezember 1975 sei nachgewiesen und bei einer Ausgleichsprüfung des Dienstgebers durch die Wiener Gebietskrankenkasse nachberechnet worden. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt habe das Vorbringen des Beschwerdeführers wider besserem Wissen bestritten, unredlich gehandelt und ihn als beschränkt Entmündigten (bis zu einem Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 1. Dezember 1983, Aktenblatt 537) schwer geschädigt. Bei der Neubemessung der Pension seien die "gesetzlichen bestmöglichen Grundsätze" zu befolgen, "die fehlenden Versicherungszeiten, Krankenstände u.a. zu ergänzen, die Bemessungsgrundlage der GSVG-Versicherungsbemessung zu ergänzen". Die "aufzuhebende Pensionszuzählung" habe der Beschwerdeführer nie anerkannt. Der Beschwerdeführer ersuche, "die Friststellung des Bescheides zu beachten" (für dessen Erlassung er eine "zehntägige Nachfrist" setzte), wobei er die "Wiederaufnahme aller Verfahren veranlassen müßte, wenn seitens der Versicherungsanstalt der fälschlich hergestellte, entschiedene Pensionsbescheid vom 6. Juli 1992 des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung Wien nicht außer Kraft gesetzt würde, und die Neubemessung nicht veranlaßt würde".

Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt erließ daraufhin folgenden Bescheid vom 25. November 1994:

"Ihr Antrag vom 17.10.1994 auf rückwirkende Richtigstellung gemäß § 101 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, Bundesgesetz vom 9.9.1955, BGBl. Nr. 189 (ASVG), in der geltenden Fassung, wird zurückgewiesen."

Begründend wurde ausgeführt, über die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Alterspension des Beschwerdeführers sei nicht - wie von § 101 ASVG vorausgesetzt - bescheidmäßig, sondern mit Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien vom 6. Juli 1982 rechtskräftig entschieden worden. § 101 ASVG sei daher nicht anwendbar.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Juni 1995 wies die belangte Behörde diesen Einspruch ab. Sie schloß sich der Rechtsmeinung der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt an und fügte hinzu, durch die Erhebung der Klage sei der (nicht näher bezeichnete) Bescheid des Versicherungsträgers außer Kraft getreten und jede Entscheidungsbefugnis des Versicherungsträgers weggefallen. Da über den Leistungsantrag des Beschwerdeführers mit schiedsgerichtlichem Urteil vom 6. Juli 1982 entschieden worden sei, gehe der Antrag auf rückwirkende Richtigstellung nach § 101 ASVG ins Leere. Eine derartige Entscheidung falle nicht in die Kompetenz des Sozialversicherungsträgers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Erstattung einer weiteren Gegenschrift durch die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - erwogen hat:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 25. Juli 1994 den förmlichen, auf § 101 ASVG gestützten Antrag, sein im November und Dezember 1975 erzieltes Einkommen von S 26.748,-- in die Pensionsbemessung einzubeziehen. Die Schreiben vom 29. August 1994, 27. September 1994 und 17. Oktober 1994 enthielten - abgesehen von allgemein gehaltenen Vorwürfen und Wünschen nach einer Neubemessung der Pension - weitere Ausführungen zu diesem Thema. Das Schreiben vom 17. Oktober 1994 brachte im Zusammenhang mit den "gesetzlichen bestmöglichen Grundsätzen", die zu befolgen sein würden, auch "fehlende Versicherungszeiten, Krankenstände u.a." sowie eine "Bemessungsgrundlage der GSVG-Versicherungsbemessung" ins Spiel, enthielt dazu aber kein weiteres Vorbringen und keine konkreten Anträge. Ein verständliches neues Anliegen war diesem Schreiben nur insoweit zu entnehmen, als der Beschwerdeführer für die Erledigung seines "Antrages auf Neubemessung" (erkennbar gemeint: vom 25. Juli 1994) nun eine "zehntägige Nachfrist" setzte. Zugleich kam in dem Schreiben auch seine Rechtsmeinung zum Ausdruck, die antragsgemäße Neubemessung seiner Pension wäre eine Außerkraftsetzung des "Pensionsbescheides vom 6. Juli 1982 des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung Wien".

1.2. Der mit dem angefochtenen Bescheid ohne Änderung des Spruches bestätigte Bescheid vom 25. November 1994 wies einen "Antrag vom 17. Oktober 1994 auf rückwirkende Richtigstellung gemäß § 101" ASVG zurück. Diese Formulierung läßt zweifelsfrei erkennen, daß nicht die Setzung der "zehntägigen Nachfrist" im Schreiben vom 17. Oktober 1994, sondern der Antrag auf Richtigstellung selbst Gegenstand der Zurückweisung sein sollte. Dieser Antrag war allerdings nicht am "17. Oktober 1994", sondern schon am 25. Juli 1994 gestellt und im Schreiben vom 17. Oktober 1994 weder förmlich wiederholt noch wesentlich verändert worden. Unterzieht man den bestätigten Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt einer verständigen Würdigung, wie sie auch in bezug auf die Eingaben des Beschwerdeführers erforderlich ist, so muß dies daher zum Ergebnis führen, daß der schon am 25. Juli 1994 gestellte und zuletzt mit dem Schreiben vom 17. Oktober 1994 betriebene Antrag der Entscheidungsgegenstand der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt und damit auch der belangten Behörde war und die Bezugnahme auf die Eingabe vom 17. Oktober 1994 keinen davon abweichenden Entscheidungswillen zum Ausdruck brachte. Daß sich der Antrag auf § 101 ASVG stützte, ist entgegen den rechtsirrigen Ausführungen in der Beschwerde nicht zweifelhaft. Ein weder auf diese Bestimmung noch auf Wiederaufnahmsgründe gestützter Antrag auf Neubemessung der Pension wäre unabhängig von den im folgenden zu erörternden Fragen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.

2. Die Pensionsangelegenheit des Beschwerdeführers durchlief - soweit aus den vorgelegten Verwaltungsakten entnehmbar - im wesentlichen folgende Stadien:

2.1. Mit BESCHEID VOM 8. MAI 1980 anerkannte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch des damals beschränkt entmündigten Beschwerdeführers auf eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit ab 28. September 1977, deren Bemessung 313 Versicherungsmonate zugrunde gelegt wurden (Aktenblatt 153). Mit BESCHEID VOM

16. JÄNNER 1981 wurde die Pension gemäß Art. VI der 32. ASVG-Novelle ab 1. Jänner 1979 durch Berücksichtigung weiterer 35 Versicherungsmonate nach dem GSPVG neu festgestellt (Aktenblatt 182). Mit BESCHEID VOM 26. JUNI 1981 wurde diese Pension ab 25. Februar 1980 in eine Alterspension umgewandelt, wobei wie zuletzt von 348 Versicherungsmonaten ausgegangen wurde (Aktenblatt 280). Für das Jahr 1975 lag allen drei Bescheiden in bezug auf die Bemessungsgrundlage eine Beitragsgrundlage von S 132.388,-- und S 12.255,-- Sonderzahlungen zugrunde.

2.2. In seiner Klage gegen den Bescheid vom 8. Mai 1980 (19C 110/80 des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien) machte der Beschwerdeführer geltend, statt der "festgestellten 313" seien 448 Versicherungsmonate zu berücksichtigen und die Bemessungsgrundlage müsse statt S 10.019,-- richtig S 14.500,-- betragen. In einem Fortsetzungsantrag gab er die Beitragsgrundlage für 1975 mit S 142.388,-- und S 15.905,-- Sonderzahlungen an. In Klagen gegen den Bescheid vom 16. Jänner 1981 (19C 206/81) und den Bescheid vom 26. Juni 1981 (19C 203/81) machte er gleichlautend geltend, es seien 133 in die Bescheide nicht einbezogene Versicherungsmonate aus den Jahren 1927 bis 1968 und höhere Beitragsgrundlagen für die Jahre 1966, 1967 und 1973 bis 1976 (für 1975: S 142.388,-- und S 15.905,-- Sonderzahlungen) zu berücksichtigen. Der Urteilsantrag lautete bei der Klage zu 19C 110/80 (in der Fassung des Fortsetzungsantrages) auf "Berichtigung" der Versicherungsmonate und der Bemessungsgrundlage, in den Klagen zu 19C 203/81 und 206/81 darauf, die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt schuldig zu erkennen, die von ihr erlassenen Bescheide in der begehrten Weise abzuändern. Die drei Rechtssachen wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

In dem zu den Zlen. 19C 110/80 und 19C 203/81 ergangenen URTEIL VOM 6. JULI 1982 (das dem Spruch und den Entscheidungsgründen zufolge die Bescheide vom Mai 1980 und vom Jänner 1981 und somit die Klagen zu 19C 110/80 und 19C 206/81 betraf) wurde die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt für schuldig erkannt, "bei Bemessung der Höhe der mit Bescheid vom 5. Mai (gemeint: 8. Mai) 1980 und 16. Jänner 1981 zuerkannten Alterspension zusätzlich zu den bereits in diesen beiden Bescheiden festgestellten Versicherungsmonaten acht weitere Monate als Steigerungsbetrag zu berücksichtigen" und dem Beschwerdeführer die Kosten zu ersetzen. Der Urteilsspruch enthielt keinen abweisenden Teil. Die Anträge und Behauptungen des Beschwerdeführers zur Bemessungsgrundlage wurden in den Entscheidungsgründen nur insoweit wiedergegeben, als erwähnt wurde, er habe "eine höhere" Bemessungsgrundlage angestrebt. In den Feststellungen ging das Schiedsgericht von den Versicherungszeiten und Beitragsgrundlagen aus, die den bekämpften Bescheiden zugrunde gelegt worden waren, und nahm acht weitere Versicherungsmonate (für drei Semester Studium) als erwiesen an. Zur Bemessungsgrundlage führte es aus, der Kläger habe "nichts vorgebracht, aus denen sich ergäbe, daß diese Bemessungsgrundlage nicht den gesetzlichen Vorschriften gemäß errechnet worden wäre". Dieses Urteil blieb unangefochten. Daß sein Spruch in der Folge berichtigt wurde, ist den vorgelegten Klagsakten der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt ebensowenig entnehmbar wie eine Entscheidung über die Klage gegen den Bescheid vom 26. Juni 1981. 2.3. Mit BESCHEID VOM 5. NOVEMBER 1982 trug die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt dem Urteil in der Weise Rechnung, daß die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit unter Zugrundelegung von 321 statt 313 (ab 28. September 1977) und 356 statt 348 (vom 1. Jänner 1979 bis zum 24. Februar 1980) neu berechnet wurde (Aktenblatt 431). Mit BESCHEID VOM SELBEN TAG wurde unter gleichlautender Bezugnahme auf das Urteil auch die Alterspension ab 25. Februar 1980 neu berechnet, wobei 360 (für die drei Studiensemester hier nicht acht, sondern zwölf) Versicherungsmonate berücksichtigt wurden (Aktenblatt 432).

2.4. 1983 drängte der Beschwerdeführer - nur zum Teil unter Mitwirkung seines Beistandes - wiederholt auf eine Neubemessung seiner Pension unter Berücksichtigung der seiner Meinung nach noch nicht einbezogenen Einkünfte vom November und Dezember 1975. Diese auf § 101 ASVG gestützten Anbringen wurden in Behandlung genommen, aber keiner abschließenden Erledigung zugeführt (vgl. den förmlichen, aber ohne Beistand gestellten Antrag vom 22. März 1983 und dessen briefliche Beantwortung, Aktenblatt 488 und 493, sowie Aktenblatt 524, 527, 528, 530, 533, 535 und 536).

2.5. Mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 1. Dezember 1983, vom Pflegschaftsgericht kundgemacht am 27. März 1984, wurde die beschränkte Entmündigung des Beschwerdeführers aufgehoben.

Am 16. Juli 1984 stellte er den auf § 101 ASVG gestützten Antrag auf Berücksichtigung weiterer neun (in den Klagen zu 19C 110/80, 203/81 und 206/81 erfolglos geltend gemachter) Versicherungsmonate (Aktenblatt 547). Mit BESCHEID VOM

20. SEPTEMBER 1984 nahm die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt in teilweiser Berücksichtigung dieses Antrages eine rückwirkende Neubemessung der Pension vor, der unter Einbeziehung sieben weiterer Monate Versicherungszeiten von 328 (ab 28. September 1977), 363 (vom 1. Jänner 1979 bis zum 24. Februar 1980) und 367 (ab 25. Februar 1980) Monaten zugrunde gelegt wurden (Aktenblatt 583). Begründend wurde ausgeführt, die Richtigstellung gründe sich auf § 101 ASVG.

2.6. Von Oktober 1984 bis Oktober 1986 begehrte der Beschwerdeführer in zahlreichen Eingaben die Neubemessung seiner Pension. Diese Eingaben - in denen es auch um die Berücksichtigung des Einkommens im November und Dezember 1975 ging - blieben erfolglos.

2.6.1. Zwei (einer Eingabe vom Oktober 1984, Aktenblatt 585a, nachfolgende) Anträge im Februar (Aktenblatt 590) und März (Aktenblatt 596) 1985 wurden als Wiederaufnahmsanträge behandelt und abgewiesen

(Aktenblatt 609). Dagegen erhob der Beschwerdeführer Klage und Einspruch. Die Zurückweisung der Klage (18C 109/95 des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien) bestätigte das Oberlandesgericht Wien mit der Begründung, der Bescheid habe "keineswegs" über einen Antrag nach § 101 ASVG abgesprochen. Die Abweisung des Einspruches (Aktenblatt 615) hob der Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung auf, die abgewiesenen Anträge seien auch solche nach § 101 ASVG gewesen und die Behörde habe sich nicht auf einen Teilabspruch über den in der Eingabe vom März 1985 auch enthaltenen Wiederaufnahmsantrag beschränkt (Erkenntnis vom 15. September 1986, Zl. 85/08/0192). Der Ersatzbescheid, der unangefochten blieb, beschränkte sich darauf, den erstinstanzlichen Bescheid unter gleichzeitiger neuerlicher Abweisung des Einspruches dahingehend abzuändern, daß (nur) der in der Eingabe vom März 1985 enthaltene Antrag auf Wiederaufnahme "des mit Bescheid ... vom 20. September 1984 rechtskräftig abgeschlossenen Pensionsfeststellungsverfahrens" zurückgewiesen werde (Aktenblatt 654).

2.6.2. Sein demnach unerledigtes Begehren auf Richtigstellung gemäß § 101 ASVG hatte der Beschwerdeführer inzwischen zum Gegenstand weiterer Eingaben gemacht (Aktenblatt 620, 621, 636, 639, 649a und b). Eine neuerliche Eingabe dieser Art im Oktober 1986 (Aktenblatt 656) nahm die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt zum Anlaß, mit Bescheid vom 21. November 1986 auszusprechen, der nicht näher individualisierte "Antrag auf rückwirkende Richtigstellung gemäß § 101 ASVG ... der mit Bescheid vom 20. September 1984 zuerkannten Leistung" werde abgewiesen, weil der Anstalt weder ein wesentlicher Irrtum noch ein offenkundiges Versehen unterlaufen sei (Aktenblatt 660).

2.6.3. Dieser Bescheid enthielt eine "Belehrung über das Klagerecht". Innerhalb offener Frist erhob der Beschwerdeführer zwei Klagen, die sich auf unterschiedliche Inhalte seiner im Verwaltungsverfahren erfolglosen Eingaben bezogen. Nach Einlangen beider Klagen wurde die früher erhobene unter Hinweis auf das Urteil vom 6. Juli 1982 wegen entschiedener Rechtssache zurückgewiesen (18bCgs 286/86 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien). Die spätere Zurückweisung der zweiten Klage

(12Cgs 1020/87 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien) bestätigte das Oberlandesgericht Wien mit der Begründung, der Bescheid sei schon durch die erste Klage zur Gänze außer Kraft getreten. Eine erste Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu 18bCgs 286/86 zog der Beschwerdeführer zurück (6Cgs 44/88 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien). Die Zurückweisung einer zweiten Klage mit diesem Ziel (6Cgs 35/89 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien) bestätigte der Oberste Gerichtshof in Erledigung eines Revisionsrekurses mit der Begründung, die Klage zu 18bCgs 286/86 sei nach der seither entwickelten Rechtsprechung schon deshalb zurückzuweisen gewesen, weil gegen die Abweisung eines auf § 101 ASVG gestützten Antrages keine Klage zulässig sei.

2.7. Eine Eingabe des Beschwerdeführers vom Mai 1987 (Aktenblatt 680; siehe auch Aktenblatt 681, 682 und 686) zielte auf die Berücksichtigung zusätzlicher Versicherungszeiten ab und war insoweit zum Teil erfolgreich, als die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt mit BESCHEID VOM 26. APRIL 1988 eine rückwirkende Neubemessung der Pension vornahm, der unter Einbeziehung fünf weiterer (vom Beschwerdeführer in den Klagen zu 19C 110/80, 203/81 und 206/81 erfolglos geltend gemachter) Monate Versicherungszeiten von 333 (ab 28. September 1977), 368 (vom 1. Jänner 1979 bis zum 24. Februar 1980) und 372 (ab 25. Februar 1980) Monaten zugrunde gelegt wurden (Aktenblatt 735). Begründend wurde ausgeführt, die Richtigstellung gründe sich auf § 101 ASVG.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine Klage, die er im Jänner 1989 zurückzog (2Cgs 83/88 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien).

2.8. Anbringen der Jahre 1989 und 1990 (Aktenblatt 781, 784, 785a, 788 u.a.) zielten erneut auf die Berücksichtigung zusätzlicher Versicherungszeiten ab und waren insoweit zum Teil erfolgreich, als die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt mit BESCHEID VOM 16. AUGUST 1990 eine rückwirkende Neubemessung der Pension vornahm, der unter Einbeziehung 14 weiterer (vom Beschwerdeführer zum Teil in den Klagen zu 19C 110/80, 203/81 und 206/81 erfolglos geltend gemachter) Monate Versicherungszeiten von 347 (ab 28. September 1977), 382 (vom 1. Jänner 1979 bis zum 24. Februar 1980) und 386 (ab 25. Februar 1980) Monaten zugrunde gelegt wurden (Aktenblatt 811). Begründend wurde ausgeführt, die Richtigstellung gründe sich auf § 101 ASVG.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer einen als "Rekurs" bezeichneten Einspruch an den Landeshauptmann (Aktenblatt 818), der wegen Vorliegens einer Leistungssache zurückgewiesen wurde (Aktenblatt 821).

2.9. Ein 1990 begonnener Versuch, die mit dem Urteil vom 6. Juli 1982 abgeschlossenen Gerichtsverfahren wiederaufzunehmen, schlug fehl (zweimalige in zweiter Instanz bestätigte Abweisung von Verfahrenshilfeanträgen zu 25Ncs 1/90 sowie Zurücknahme offenbar derselben Klage zu 25Cgs 510/92 je des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien).

2.10. Ein auf Eingaben im September und Oktober 1992 (im Klagsakt zu 25Cgs 510/92), folgender, erkennbar wieder auf § 101 ASVG gestützter und auf die Berücksichtigung weiterer Versicherungszeiten abzielender Antrag vom Dezember 1992 (Aktenblatt 827) blieb erfolglos. Er wurde in erster Instanz mit der Begründung zurückgewiesen, daß darüber schon im Urteil vom 6. Juli 1982 entschieden worden sei (Aktenblatt 829). Dem Einspruch (Aktenblatt 830; Beilagen Aktenband 8) wurde mit einem Hinweis auf die Rechtskraft nicht des Urteils vom 6. Juli 1982, sondern des Bescheides vom 16. August 1990 nicht Folge gegeben (Aktenblatt 837). Die Beschwerde dagegen wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem einleitend erwähnten Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 93/08/0212, ab.

3. Bei Berücksichtigung dieser Vorgeschichte ist der belangten Behörde folgendes zu erwidern:

Richtig ist, daß die Bescheide von 1980 und 1981 durch die dagegen erhobenen Klagen außer Kraft getreten sind. Auf Grund des Urteils vom 6. Juli 1982 erließ die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt jedoch die Bescheide vom 5. November 1982. Hinsichtlich dieser Bescheide (und die in Folge ergangenen, auf § 101 ASVG gestützten Bescheide) waren Anträge nach § 101 ASVG jedenfalls zulässig, insoweit diese Bescheide ohne Bindung an das genannte Urteil erlassen wurden.

Für die beschwerdegegenständliche Frage der Berücksichtigung

weiterer Einkommensteile von 1975 in der Pensionsbemessung

fehlt dem Urteil vom 6. Juli 1982 jedoch die Eignung, die ihm

von der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt und von der

belangten Behörde beigemessene Wirkung zu entfalten. Denn

dieses Urteil beschränkte sich - unzulässigerweise (vgl. dazu

die Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Wien vom

29. Juni 1965, SV-Slg.17.154, vom 16. April 1968,

SV-Slg.19.061, vom 14. Oktober 1968, SV-Slg.19.071=SSV 8/106,

vom 13. November 1968, SV-Slg.19.070=SSV 8/121, und vom

23. März 1972, SV-Slg.22.346) - darauf, die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt schuldig zu erkennen, bei der Pensionsbemessung die von Anfang an zugrunde gelegten und acht weitere Versicherungsmonate zu berücksichtigen. Die Pension des Beschwerdeführers wurde davon abgesehen nie anders als mit Bescheid bemessen, sodaß eine Antragstellung nach § 101 ASVG, die dem urteilsmäßig ergangenen "Auftrag" an den Versicherungsträger nicht widersprach, schon in bezug auf die Bescheide vom 5. November 1982 problemlos möglich war.

4. Durch die verfehlte Annahme, der Anwendung des § 101 ASVG in bezug auf die zuletzt mit Bescheid vom 16. August 1990 neu bemessenen Leistungen stünden die Klagen der Jahre 1980 und 1981 und das Urteil vom 6. Juli 1982 entgegen, hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Begehren auf Ersatz nicht näher definierter Barauslagen von S 270,-- findet darin nicht Deckung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995080344.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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