TE Vwgh Beschluss 2022/1/27 Ra 2021/01/0417

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Veröffentlicht am 27.01.2022
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E19103000
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
EURallg
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
32013L0032 IntSchutz-RL Art40 Abs2
32013L0032 IntSchutz-RL Art40 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des S M, vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. März 2021, Zl. W195 2126689-2/20E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in der Sache den Folgeantrag des Revisionswerbers vom 5. Februar 2018 auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch fest, gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise, erließ ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und sprach aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.

2        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Beschluss vom 27. September 2021, E 2552/2021-5, lehnte der VfGH die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 8. November 2021, E 2552/2021-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

3        Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. etwa VwGH 20.10.2021, Ra 2021/20/0239, mwN).

8        Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. etwa VwGH 23.9.2020, Ra 2020/01/0146, mwN). Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen „glaubhaften Kern“ aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. erneut VwGH 20.10.2021, Ra 2021/20/0239, mwN). Eine Begründung, mangels Glaubwürdigkeit des Vorbringens seien im Sinn des Art. 40 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) keine „neuen Elemente oder Erkenntnisse“ zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden, ermöglicht auch nach der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Zurückweisung des Folgeantrages wegen entschiedener Sache (vgl. VwGH 29.11.2021, Ra 2020/19/0412, Rn. 24, mit Verweis auf die jüngere Rechtsprechung zu Folgeanträgen in EuGH 9.9.2021, C-18/20, und VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006).

9        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 21.7.2021, Ra 2021/01/0223-0224, mwN).

10       In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2022

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021010417.L00

Im RIS seit

14.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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