TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/20 W196 1437734-3

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Veröffentlicht am 20.09.2021
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Entscheidungsdatum

20.09.2021

Norm

BFA-VG §53 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


1) W196 1437733-3/4E

2) W196 1437734-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , und 2) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2021, 1) ZI. 820053401-1449057 und 2) ZI. 821514503-1569796, zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

1.1. Mit Bescheiden vom 22.08.2013 wies das Bundesasylamt den Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab und erkannte ihnen den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf die Russische Föderation nicht zu. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurden sie aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

1.2. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.12.2016 wurden die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 22.08.2013 gem. §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurden die Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit von Rückkehrentscheidungen an das (nunmehrige) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

1.3. Mit Bescheiden vom 26.07.2017 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den beschwerdeführenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, es erließ eine Rückkehrentscheidung gegen sie, stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist und räumte ihnen eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ein. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.03.2021 gemäß §§ 55, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 50, 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Mit Mandatsbescheiden vom 21.04.2021 zu 1) ZI. 820053401-1449057 und 2) ZI. 821514503-1569796 wurde den beschwerdeführenden Parteien gem. § 53 Abs. 1 BFA-VG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Erstattung von Dolmetschkosten in der Höhe von 1) 66,90 EUR und 2) 68,90 EUR vorgeschrieben. Begründend wurde ausgeführt, dass gegen sie aufenthaltsbeendende Maßnahmen erlassen bzw. sonstige Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG gesetzt worden seien und dass sie am 04.05.2017 in der Zeit von 1) 10:25 bis 10.45 Uhr bzw. 2) von 12:15 bis 12:40 Uhr vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, zu den Verfahren 1) IFA: 820053401/170497042 und 2) IFA: 821514503/170497107 mithilfe eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen worden seien. Am 09.05.2017 sei eine Kostennote bezüglich der dadurch entstandenen Kosten eingelangt und mit Gebührenbestimmungsbescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2017 wären in weiterer Folge die Kosten festgestellt worden.

2.2. Aufgrund von fristgerecht eingebrachten Vorstellungen vom 03.05.2021 wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.

2.3. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2021 wurden die beschwerdeführenden Parteien zur Stellungnahme aufgefordert. Eine Stellungnahme hierzu langte nicht ein.

2.4. Den beschwerdeführenden Parteien wurden daraufhin neuerlich in den angefochtenen Bescheiden vom 08.07.2021, 1) ZI. 820053401-1449057 und 2) ZI. 821514503-1569796, die genannten Dolmetschkosten gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG vorgeschrieben. Im Übrigen wurden sie jeweils darauf hingewiesen, dass im Falle der Beschwerdeerhebung eine Gebühr von 30,- EUR zu entrichten sei.

2.5. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht am 05.08.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich bei den Einvernahmen am 04.05.2017 um Amtshandlungen gehandelt habe, die im Rahmen des Asylverfahrens stattgefunden hätten, weshalb im Konkreten § 70 AsylG 2005 als lex specialis anwendbar sei. Des Weiteren wäre es als unverhältnismäßig anzusehen, nach einer derart langen Zeitstrecke noch die genannten Dolmetschkosten in Rechnung zu stellen; eine diesbezügliche Forderung sei als verjährt anzusehen. Gemäß § 53 Abs. 4 BFA-VG wäre sinngemäß § 79 AVG anzuwenden gewesen, da eine Vorschreibung von Gebühren in der angeführten Höhe eine unverhältnismäßige Härte für die beschwerdeführenden Parteien bedeuten würde und aus dem in Art 13 Abs. 4 der RückführungsRL 2008/115/EG vom 16.12.2008 enthaltenen Verweis auf Art 15 Abs 3 bis 6 der AsylverfahrensRL 2005/85/EG ergebe sich die Unzulässigkeit der Vorschreibung von Dolmetscherkosten im Aufenthaltsbeendigungsverfahren. Eine Vorschreibung wäre auch im Hinblick auf Art 6 EMRK, wo Übersetzungshilfe als Bestandteil des „Fair Trial“-Prinzips gelte, problematisch. Im Übrigen würden die von der Behörde angeführten Eingabegebühren in der Höhe von jeweils 30,- EUR für die beschwerdeführenden Parteien, die über kein regelmäßiges Einkommen verfügen würden, eine unverhältnismäßige Härte bedeuten; es werde daher der Antrag auf Nachsicht der Abschreibung wegen Unbilligkeit gemäß § 236 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, gestellt und in eventu angeregt, die Abgabenbehörde möge gemäß § 206 Abs. 1 lit. b BAO von der Festsetzung der Abgabe Abstand nehmen bzw. die Abgabenschuldigkeit von Amts wegen gemäß § 235 Abs. 1 BAO durch Abschreibung löschen.

2.6. Die Beschwerdevorlage langte am 13.08.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde der Gerichtsabteilung W196 zugewiesen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen: (Sachverhalt)

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrensgang.

Ergänzend zu den obangeführten Ausführungen wird festgestellt, dass, nachdem mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.12.2016 die Beschwerden der beschwerdeführenden Parteien gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 22.08.2013 gem. §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen wurden und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 deren Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit von Rückkehrentscheidungen an die belangte Behörde zurückverwiesen wurden (vgl. Punkt 1.2. des Verfahrensganges), am 04.05.2017 eine niederschriftliche Einvernahme der beschwerdeführenden Parteien vor dem (nunmehrigen) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines Dolmetschers stattfand.

Dabei wurden die beschwerdeführenden Parteien zunächst von 1) 09:00 bis 10:25 Uhr bzw. 2) von 10:45 bis 12:15 Uhr, zu den Verfahren zu 1) IFA 820053401-1449057 bzw. 2) IFA 821514503-1569796, jeweils zwecks Klärung ihres Aufenthaltsstatus bzw. zur Erlassung von Rückkehrentscheidungen inhaltlich befragt. Im Anschluss darauf erfolgten von 1) 10:25 bis 10:45 Uhr bzw. von 2) 12:15 bis 12:45, zu den Verfahren zu 1) IFA 820053401-170497042 bzw. 2) IFA 821514503-170497107), Datenerhebungen, welche zur Erlangung von Heimreisezertifikaten dienen sollten.

Am 09.05.2017 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Kostennote samt Beiblatt bezüglich der dadurch entstandenen Kosten ein.

Mit Bescheiden vom 24.05.2017, 1) ZI. 820053401/170497042 und 2) ZI. 821514503/170497107, bestimmte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die dem Dolmetscher für seine Dolmetschertätigkeit am 04.05.2017 von 1) 10:25 - 10:45 Uhr und 2) von 12:15 - 12:40 Uhr zustehenden und mit Gebührennote fristgerecht geltend gemachten Gebühren nach dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG), BGBl. Nr. 136/1975, mit 1) 66,90 EUR bzw. 2) mit 68, 90 EUR.

Die Vorschreibung der Dolmetschkosten bezieht sich (lediglich) auf die Einvernahmen zur Datenerhebung zwecks Erlangung von Heimreisezertifikaten, nicht jedoch auf die Verfahren zur Prüfung von Rückkehrentscheidungen bzw. der Erlangung von Aufenthaltstiteln nach dem AsylG 2005.

Die Befragung bzw. Datenerhebung der beschwerdeführenden Parteien zum Zweck der Einholung von Heimreisezertifikaten im Anschluss an das beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängige Verfahren zur Prüfung der Erlassung von Rückkehrentscheidungen bzw. zur Erlangung von Aufenthaltstiteln nach dem AsylG 2005 war im Konkreten nicht notwendig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum in Punkt 1. des Verfahrensgangs geschilderten Vorverfahren ergeben sich aus einer Einsichtnahme in die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.12.2016, W215 1437733-1/31E und 1437734-1/26E sowie jene vom 31.03.2021, W112 1437733-2/15E und W112 1437734-2/17E, und das Zentrale Fremdenregister (IFA). Die Feststellungen zu den gegenständlichen Bescheiden und der fristgerechten Beschwerdeerhebung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Dass die beschwerdeführenden Parteien anlässlich der mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.12.2016 erfolgten Zurückverweisung ihrer Verfahren an die belangte Behörde zur Prüfung der Zulässigkeit von Rückkehrentscheidungen am 04.05.2017 niederschriftlich einvernommen wurden, ergibt sich unter anderem aus den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.07.2017, 1) IFA 820053401-1449057 und 2) IFA 821514503-1569796, in Zusammenschau mit den obangeführten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts und der übrigen Aktenlage. Dass die jeweiligen Einvernahmen der beschwerdeführenden Parteien in Anwesenheit eines Dolmetschers erfolgten, ergibt sich ebenso aus der Aktenlage sowie aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Beiblatt zur Gebührennote vom 09.05.2017.

Aus diesem Beiblatt zur Gebührennote lässt sich auch der genaue Ablauf der niederschriftlichen Einvernahmen der beschwerdeführenden Parteien rekonstruieren. Dass die beschwerdeführenden Parteien betreffend, nach ihrer Befragung zur Klärung ihres Aufenthaltsstatus bzw. zur Erlassung von Rückkehrentscheidungen, jeweils auch eine Einvernahme zur Datenerhebung zum Zweck der Erlangung von Heimreisezertifikaten erfolgte, ergibt sich insbesondere aus den auf dem Beiblatt zu den Verfahren zu 1) IFA 820053401-170497042 bzw. 2) IFA 821514503-170497107) angeführten Vermerken („HRZ“); das Bundesverwaltungsgericht hat in die Protokolle zu den diesbezüglichen Verfahren auch Einsicht genommen.

Die Feststellungen zu den Gebührennoten und zu den Gebührenbestimmungsbescheiden ergeben sich ferner aus der Aktenlage bzw. es sind diese Bestandteil des Verwaltungsaktes.

Dass sich die Vorschreibung der Dolmetschkosten (lediglich) auf die Einvernahmen zur Datenerhebung zwecks Erlangung von Heimreisezertifikaten, nicht jedoch auf die Verfahren zur Prüfung von Rückkehrentscheidungen bzw. der Erlangung von Aufenthaltstiteln nach dem AsylG 2005 bezieht, ergibt sich daraus, dass die jeweiligen Gebührenbestimmungsbescheide (nur) zu den Verfahren 1) IFA 820053401-170497042 und 2) IFA 821514503-170497107 erlassen wurden, nicht aber (auch) zu den Verfahren 1) IFA 820053401-1449057 und 2) IFA 821514503-1569796.

Dass die Befragung der beschwerdeführenden Parteien zur Datenerhebung zum Zweck der Einholung von Heimreisezertifikaten im Anschluss an die beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahren zur Prüfung der Erlassung von Rückkehrentscheidungen bzw. zur Erlangung von Aufenthaltstiteln nach dem AsylG 2005 im Konkreten nicht notwendig war, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Es ist der Behörde zwar nicht entgegenzutreten, wenn sie bereits nach Durchführung der niederschriftlichen Einvernahmen der beschwerdeführenden Parteien, zwecks Klärung ihres jeweiligen Aufenthaltsstatus bzw. zur Erlassung von Rückkehrentscheidungen (1) IFA 820053401-1449057 bzw. 2) IFA 821514503-1569796) zur Auffassung gelangte, dass gegen die beschwerdeführenden Parteien aufenthaltsbeendende Maßnahmen zulässig seien; was letztlich auch mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.03.2021 bestätigt wurde. Wenn die Behörde – vermutlich aus Effizienzgründen – nun aber gleich im Anschluss darauf auch niederschriftliche Einvernahmen zur Datenerhebung zum Zweck der Einholung von Heimreisezertifikaten (1) IFA 820053401-170497042 und 2) IFA 821514503-170497107) durchführte, so war dies im Konkreten nicht notwendig, zumal im damaligen Zeitpunkt noch gar keine rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen die beschwerdeführenden Parteien betreffend vorlagen. Im Übrigen wurde auch den Beschwerden gegen die eine Rückkehrentscheidung verfügenden Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.07.2017, die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt; weshalb auch nicht damit gerechnet werden konnte, dass es zu einer baldigen Durchführung bzw. Effektuierung der Ausreisentscheidungen kommen würde.

Dass die Datenerhebung zum Zwecke der Erlangung von Heimreisezertifikaten gegenständlich nicht erforderlich war, ergibt sich ferner dadurch, dass die von der belangten Behörde nach Bescheiderlassung eingeholten Heimreisezertifikate mit 18.01.2018, sohin noch während offenem Beschwerdeverfahren, abliefen (weshalb diese später erneut angefordert wurden), und dass die beschwerdeführenden Parteien – nach rechtskräftigem Abschluss ihrer Verfahren – am 17.08.2021 letztlich freiwillig ausgereist, und somit einer Abschiebung zuvorgekommen sind; was sich aus einem diesbezüglichen Vermerk im IFA sowie aus dem zentralen Melderegister entnehmen lässt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A.) Zur Stattgabe der Beschwerde und Behebung des Bescheides:

3.1.1. Rechtsgrundlagen:

Der mit „Abschiebung“ betitelte § 46 FPG des 7. Hauptstücks des FPG („Abschiebung und Duldung“) lautet auszugsweise:

„§ 46. […]

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

[…]“

Der mit „Kostenersatz“ betitelte § 53 BFA-VG lautet auszugsweise:

„§ 53. (1) Es sind folgende Kosten, die dem Bund entstehen, von dem Fremden – soweit dem nicht Art. 30 Dublin-Verordnung entgegensteht – zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen,

2. Dolmetschkosten im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

[…]

(4) § 79 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Kosten gemäß Abs. 1, die uneinbringlich sind, trägt der Bund.“

Der mit „Gebühren“ betitelte § 70 AsylG 2005 lautet:

„§ 70. Die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten. Die Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen gilt auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.“

§ 53 BFA-VG entspricht im Wesentlichen dem geltenden § 113 FPG. (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP 33).

§ 113 Abs 1 FPG 2005 normiert – inhaltlich ebenso wie davor § 103 Abs 1 FrG 1997 und vor diesem § 79 Abs 1 FrG 1993 – eine Pflicht des Fremden zum Ersatz der bei der Durchsetzung eines gegen ihn bestehenden und nicht befolgten Aufenthaltsverbotes entstandenen Kosten. Es kann kein Zweifel bestehen, dass nur „notwendige Kosten“ zu ersetzen sind. Bei Beurteilung der Frage, welche Maßnahmen zur Durchführung einer Abschiebung erforderlich sind, sodass sich die dabei angefallenen Kosten in diesem Sinn als „notwendig“ erweisen, kommt der Behörde aber ein weiter Spielraum zu (VwGH 20.11.2008, 2007/21/0488).

Eine ersatzlose Behebung eines Bescheid(spruchs) ist eine Entscheidung in der Sache selbst (VwGH 21.03.2018, Ro 2018/18/0001). Die ersatzlose Behebung des verwaltungsbehördlichen Bescheids hat zur Folge, dass die Verwaltungsbehörde über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf (VwGH 30.09.2020, Ra 2020/10/0026).

3.1.2. Anwendung auf den gegenständlichen Fall:

Wie bereits festgestellt wurden die beschwerdeführenden Parteien unter Beiziehung eines Dolmetschers am 04.05.2017 zunächst von 1) 09:00 bis 10:25 Uhr bzw. 2) von 10:45 bis 12:15 Uhr, zu den Verfahren zu 1) IFA 820053401-1449057 bzw. 2) IFA 821514503-1569796), jeweils zwecks Klärung ihres Aufenthaltsstatus bzw. zur Erlassung von Rückkehrentscheidungen inhaltlich befragt, und im Anschluss darauf erfolgten von 1) 10:25 bis 10:45 Uhr bzw. von 2) 12:15 bis 12:45, zu den Verfahren zu 1) IFA 820053401-170497042 bzw. 2) IFA 821514503-170497107), Datenerhebungen, welche der Erlangung von Heimreisezertifikaten dienen sollten.

Sofern die beschwerdeführenden Parteien im Beschwerdeschriftsatz monierten, dass die Vorschreibung für dadurch dem Bund entstandener Dolmetschkosten nicht hätte ergehen dürfen, da es sich bei den Einvernahmen am 04.05.2017 um Amtshandlungen gehandelt hätte, die im Rahmen des Asylverfahrens nach dem AsylG 2005 stattgefunden hätten, weshalb § 70 AsylG 2005 als lex specialis anwendbar sei, so verkennen sie, dass dies nur im Hinblick auf ihre niederschriftlichen Einvernahmen zu den Verfahren zu ( 1) IFA 820053401-1449057 und 2) IFA 821514503-1569796) zutreffend ist.

§ 70 AsylG 2005 bestimmt (unter anderem), dass für Amtshandlungen auf Grund oder für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten seien.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.12.2016 wurden die Bescheide des Bundesasylamtes vom 22.08.2013 gem. §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen, und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 deren Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit von Rückkehrentscheidungen an die belangte Behörde zurückverwiesen. Die belangte Behörde war sohin aufgrund der Übergangsbestimmung des § 75 AsylG 2005 dazu gehalten, erneut zu prüfen, ob die beschwerdeführenden Parteien betreffend die Erlassung von Rückkehrentscheidungen für zulässig zu erklären ist bzw. ob Tatbestände für die Erlangung von Aufenthaltstiteln nach dem AsylG 2005 vorliegen.

Bei den am 04.05.2017 anberaumten Einvernahme zu den Verfahren zu ( 1) IFA 820053401-1449057 und 2) IFA 821514503-1569796) handelte es sich somit um Amtshandlungen im Sinne des § 70 AsylG, weshalb die beschwerdeführenden Parteien diesbezüglich keine Barauslagen zu entrichten hatten; was im Übrigen aber auch von der belangten Behörde richtig erkannt wurde, zumal sich die Vorschreibung der Dolmetschkosten (lediglich) auf die im Anschluss daran durchgeführten Einvernahmen zur Datenerhebungen zwecks Erlangung von Heimreisezertifikaten beziehen.

Hinsichtlich der Einvernahmen zur Datenerhebungen zwecks Erlangung von Heimreisezertifikaten ist demgegenüber festzuhalten, dass diese aber bereits in Verbindung mit den in späterer Folge ausgesprochenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu verstehen sind, weshalb es sich dabei zweifelsohne um Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (und nicht um solche auf Grund oder für Zwecke des AsylG 2005) handelt. Demnach wären die dadurch dem Bund entstandenen (Dolmetsch)kosten grundsätzlich auch im Sinne des § 53 Abs. 1 BFA-VG Z 2 BFA-VG von den beschwerdeführenden Parteien zu ersetzen.

Wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargelegt, waren die Einvernahmen zur Datenerhebung zwecks Erlangung von Heimreisezertifikaten im Anschluss an die beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahren zur Prüfung der Erlassung von Rückkehrentscheidungen bzw. zur Erlangung von Aufenthaltstiteln nach dem AsylG 2005 jedoch nicht notwendig.

Es ist daher nicht zu erkennen, dass dem Bund im Fall der beschwerdeführenden Parteien Dolmetschkosten im Rahmen von (nach der Judikatur geforderten) notwendigen Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG entstanden sind.

Die angefochtenen Bescheide hätten damit nicht ergehen dürfen und sind somit ersatzlos zu beheben.

3.1.3. Zum Beschwerdevorbringen, wonach die von der Behörde angeführten Eingabegebühren in Höhe von jeweils 30,- EUR für die beschwerdeführenden Parteien, die über kein regelmäßiges Einkommen verfügen würden, eine unverhältnismäßige Härte bedeuten würde und daher der Antrag auf Nachsicht der Abschreibung wegen Unbilligkeit gemäß § 236 BAO gestellt werde, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht die zuständige Abgabenbehörde ist. Die beschwerdeführenden Parteien haben ferner keinen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt.

3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der Aktenlage zweifelsfrei feststeht, es auf den persönlichen Eindruck der beschwerdeführenden Parteien hier nicht ankommt, eine Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse erwarten lässt und im gegenständlichen Verfahren lediglich eine nicht komplexe Rechtsfrage zu klären war. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von den Verfahrensparteien auch nicht beantragt.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, und es ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Dolmetschgebühren Familienverfahren mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W196.1437734.3.00

Im RIS seit

07.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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