TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/15 LVwG-2021/15/3097-2

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Entscheidungsdatum

15.12.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol

Norm

VStG §44a Z1
NatSchG Tir 2005 §14 Abs3 lita Z5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Frau AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 12.10.2021, Zl ***, betreffend Übertretung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

„1. Datum/Zeit:            23.08.2021

Ort:                         Z, Gst. **1 KG Z

Sie haben, wie am 23.08.2021 festgestellt wurde, auf Gst. **1 KG Z nordwestlich des abgetragenen Hofgebäudes ohne naturschutzrechtliche Bewilligung eine Lesesteinmauer, die laut naturkundefachlicher Sachverständiger grundsätzlich potentielle Lebensräume für geschützte Arten wie Reptilien und Amphibien wie etwa Blindschleiche, Mauereidechse, Schlingnatter, Glattnatter und Kreuzotter sowie auch Spinnen, Insekten, Schnecken, etc und sohin nach Anlage 6 TNSchVO 2006 geschützten Tierarten und deren Ruhestätten und Behausungen darstellt, entfernt, obwohl jegliches Zerstören von Ruhestätten (gemäß §4 TNSchVO 2006) oder Behausungen (gemäß § 5 TNSchVO 2006) von geschützten Tierarten verboten ist.

Ausnahmetatbestand lag keiner vor.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 45 Abs. 1 lit. f i.V.m. § 24 Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBI. Nr. 26/2005 idF. 80/2020“

Aus diesem Grund wurde über die Beschwerdeführerin auf Grundlage von § 45 Abs 1 lit f Tiroler Naturschutzgesetz 2005 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 750,00, Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden, verhängt. Außerdem wurde sie zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens von der belangten Behörde verpflichtet.

Dagegen richtet sich fristgerecht erhobene Rechtsmittel in welchem zusammenfassend ausgeführt wird, dass auf ihren Wunsch hin bereits im März 2019 die Mauer von der zuständigen Abteilung der Bezirkshauptmannschaft Lienz vor Ort begutachtet wurde und sie Ende März 2019 das Schreiben derselben Stelle erhalten habe, dass sich zu diesem Zeitpunkt keinerlei schützenswerte Pflanzen- oder Tierarten in der Lesesteinmauer befunden hätten. Im Zuge von Bauarbeiten habe diese Mauer entfernt werden müssen. Eine Entfernung sei auch aufgrund von Gefahr in Verzug notwendig gewesen, da das Mauerwerk einzustürzen drohte und somit auch Menschenleben gefährdet gewesen seien. Jedoch sei nie geplant gewesen, die Mauer dauerhaft zu entfernen, sondern nur vorübergehend. Von der Behördenvertreterin sei daraufhin mitgeteilt worden, dass für den Fall, dass die Mauer nach den Bauarbeiten wiederhergestellt wird, kein Ansuchen erforderlich sei. Dies, nämlich die Wiedererrichtung der Lesesteinmauer, sei auch beabsichtigt gewesen, wozu auf entsprechende Einreichplanungen verwiesen wird. Neben weiteren Argumenten wird sodann abschließend ausgeführt, dass die Lesesteinmauer sobald wie möglich wiedererrichtet werden soll.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführerin wird mit dem vorliegenden Straferkenntnis zur Last gelegt, dass sie ohne eine naturschutzrechtliche Bewilligung eine Lesesteinmauer, die „grundsätzlich potenzielle Lebensräume“ für näher definierte geschützte Tierarten dargestellt habe, entfernt habe, obwohl jegliches Zerstören von Ruhestätten oder Behausungen von geschützten Tierarten verboten sei. Dass aber tatsächlich Lebensräume zerstört wurden, wird ihr nicht zur Last gelegt, beschränkt sich der Tatvorwurf doch lediglich darauf, dass es sich um einen „grundsätzlich potentiellen“ Lebensraum gehandelt habe.

Festgestellt wird weiters, dass die belangte Behörde durch E-Mail Nachricht der zuständigen Referatsleiterin der Beschwerdeführerin bzw dem in ihrem Auftrag handelnden Baumeister nach entsprechender Anfrage via E-Mail vom 02.04.2019 bestätigt hat, dass nur bei dauerhafter Entfernung der Lesesteinmauer um Ausnahmebewilligung anzusuchen ist und für den Fall, dass die Mauer nach den Bauarbeiten wiederhergestellt wird, kein Ansuchen erforderlich sei. Festgestellt wird weiters, dass die Wiedererrichtung der besagten Lesesteinmauer beabsichtigt ist und dazu derzeit ein naturschutzrechtliches Genehmigungsverfahren bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz anhängig ist.

III.     Beweiswürdigung:

Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich bereits aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus der Beschwerde und der Mitteilung der Beschwerdeführerin vom 10.12.2021, welcher ein Schreiben der belangten Behörde vom 26.11.2021, Zl *** (Parteiengehör betreffend beabsichtigte Genehmigung der Abtragung und Neuerrichtung einer Lesesteinmauer) beigelegt war.

IV.      Rechtslage:

Tiroler Naturschutzgesetz

§ 45

Strafbestimmungen

(1) Wer

a) ein nach den §§ 6, 7 Abs. 1 und 2, 8, 9 Abs. 1 und 2, 14 Abs. 4, 27 Abs. 3 und 28 Abs. 3 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt;

b) ein Vorhaben, für das in Verordnungen nach den §§ 10 Abs. 1 oder 11 Abs. 1 eine Bewilligungspflicht festgelegt ist, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt,

c) ein Vorhaben, für das in Verordnungen nach § 21 Abs. 1 ein Verbot festgelegt oder für das nach § 22 Abs. 2 zweiter Satz die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vorgesehen ist, ohne Ausnahmebewilligung ausführt;

d) einem Verbot nach den §§ 5, 11 Abs. 2 oder 22 Abs. 2 erster Satz zuwiderhandelt;

e) entgegen dem § 23 Abs. 7, § 24 Abs. 7 oder § 25 Abs. 7 Pflanzen, Tiere oder Vögel ohne Bewilligung in der freien Natur wiederansiedelt bzw. aussetzt;

f) ein nach den §§ 23 Abs. 2 und 3 lit. a, 24 Abs. 2 und 3 lit. a oder 25 Abs. 1 verbotenes Vorhaben ohne Ausnahmebewilligung ausführt;

g) ein Vorhaben, für das in Verordnungen nach den §§ 13 Abs. 1 oder 27 Abs. 4 ein Verbot festgesetzt ist, ohne Ausnahmebewilligung ausführt;

h) einem Verbot nach den §§ 24 Abs. 8 erster Satz, 25 Abs. 6, 26 oder 28 Abs. 1 oder 2 oder einem in einer Verordnung nach § 24 Abs. 8 zweiter Satz festgesetzten Verbot zuwiderhandelt;

i) Personen erwerbsmäßig in Naturhöhlen führt, ohne dazu nach § 28a Abs. 1 oder 9 befugt zu sein;

j) den ihm nach den §§ 30 Abs. 3 oder 31 Abs. 3 lit. a obliegenden Verpflichtungen zuwiderhandelt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 30.000,– Euro zu bestrafen.

§ 24

Geschützte Tierarten

(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung

a) die im Anhang IV lit. a der Habitat-Richtlinie genannten Tierarten und

b) andere Arten von wild lebenden, nicht jagdbaren Tieren, die in ihrem Bestand allgemein oder in bestimmten Gebieten gefährdet sind, deren Erhaltung aber zur Wahrung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 geboten ist, ausgenommen Vögel (§ 25), zu geschützten Arten zu erklären.

(2) Hinsichtlich der im Anhang IV lit. a der Habitat-Richtlinie genannten Tierarten sind in allen ihren Lebensstadien verboten:

a) alle absichtlichen Formen des Fangens oder des Tötens von aus der Natur entnommenen Exemplaren;

b) jedes absichtliche Stören, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;

c) jedes absichtliche Zerstören oder Entnehmen von Eiern aus der Natur;

d) jedes Beschädigen oder Vernichten der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten und

e) Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren, soweit es sich nicht um Exemplare handelt, die vor dem 1. Jänner 1995 rechtmäßig entnommen worden sind.

(3) Die Landesregierung kann durch Verordnung für Tierarten nach Abs. 1 lit. b, soweit dies zur Sicherung des Bestandes bestimmter Tierarten erforderlich ist, insbesondere zur Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes der wild lebenden Tierarten nach Anhang V lit. a der Habitat-Richtlinie,

a) verbieten,

1. Tiere zu beunruhigen, zu verfolgen, zu fangen, zu halten, im lebenden oder toten Zustand zu verwahren, zu befördern, feilzubieten, zu veräußern, zu erwerben oder zu töten;

2.Entwicklungsformen von Tieren (wie etwa Eier, Larven und Puppen) geschützter Arten aus ihrer natürlichen Umgebung zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, zu verwahren, zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben;

3. Teile von Tieren zu verwahren, zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben;

4. Behausungen von Tieren zu entfernen oder zu zerstören;

5. den Lebensraum (z. B. den Einstandsort) von Tieren und ihrer Entwicklungsformen so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand in diesem Lebensraum unmöglich wird.

Die Verbote nach den Z 1 bis 4 können auf eine bestimmte Anzahl von Tieren und ihrer Entwicklungsformen, auf bestimmte Entwicklungsformen und auf bestimmte Zeiträume und Gebiete, die Verbote nach Z 5 auf bestimmte Zeiträume und Gebiete beschränkt werden;

b) Regelungen über das Züchten von Tierarten in Gefangenschaft unter streng kontrollierten Bedingungen erlassen, um die Entnahme von Exemplaren aus der Natur zu verringern.

(4) Die Landesregierung hat die Auswirkungen von Verordnungen nach Abs. 1 zu überwachen und zu beurteilen.

(5) Sofern es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt und die Populationen der betroffenen Tierart in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können Ausnahmen von den Verboten nach den Abs. 2 und 3 lit. a bewilligt oder hinsichtlich der im Abs. 1 lit. b genannten Tierarten auch durch Verordnung der Landesregierung festgelegt werden

a) zum Schutz der übrigen wild lebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume,

b) zur Verhütung erheblicher Schäden, insbesondere an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischwässern, Gewässern und sonstigem Eigentum,

c) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt,

d) zu Zwecken der Forschung und des Unterrichtes, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht,

e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und im beschränkten Ausmaß das Entnehmen oder Halten einer begrenzten, von der Behörde spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tierarten zu erlauben.

(6) Wer behauptet, Tiere geschützter Arten, die er besitzt, befördert, anbietet oder verarbeitet, durch Zucht in Tirol gewonnen oder aus einem anderen Bundesland oder aus dem Ausland eingeführt zu haben, hat dies der Behörde auf Verlangen nachzuweisen.

(7) Das Aussetzen von Tieren, die nicht den jagd- oder fischereirechtlichen Vorschriften unterliegen und nicht heimischer Art sind, bedarf einer naturschutzrechtlichen Bewilligung. Eine solche Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn weder eine weitgehende Veränderung der vorhandenen Pflanzen- und Tierwelt noch sonst eine Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 zu erwarten ist.

(8) Sofern das Entnehmen, Fangen oder Töten von Tieren in allen ihren Lebensstadien zulässig ist, ist der Gebrauch von allen nicht selektiven Geräten, durch die das örtliche Verschwinden von Populationen dieser Tierarten hervorgerufen werden könnte oder diese schwer gestört werden könnten, insbesondere die Verwendung der im Anhang VI lit. a der Habitat-Richtlinie genannten Fang- und Tötungsgeräte sowie jede Form des Fangens oder Tötens mittels der im Anhang VI lit. b dieser Richtlinie genannten Transportmittel verboten. Die Landesregierung kann, unbeschadet dieser Verbote, durch Verordnung weitere Bestimmungen über das Fangen und Sammeln von wild lebenden Tieren geschützter Arten einschließlich ihrer Entwicklungsformen erlassen, um eine sachgemäße Ausübung dieser Tätigkeiten sicherzustellen, wobei auch bestimmte Fangarten sowie die Verwendung bestimmter Fangmittel verboten werden können.“

 

Tiroler Naturschutzverordnung

㤠4

Geschützte Tierarten

nach Anhang IV lit. a der Habitat-Richtlinie

(1) Die im Anhang IV lit. a der Habitat-Richtlinie genannten Tierarten werden zu geschützten Tierarten erklärt.

(2) Hinsichtlich der in Tirol vorkommenden geschützten Tierarten der Anlage 5 sind nach § 24 Abs. 2 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 in allen ihren Lebensstadien verboten:

a) alle absichtlichen Formen des Fangens oder des Tötens von aus der Natur entnommenen Exemplaren,

b) jedes absichtliche Stören, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten,

c) jedes absichtliche Zerstören oder Entnehmen von Eiern aus der Natur,

d) jedes Beschädigen oder Vernichten der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten und

e) Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren, soweit es sich nicht um Exemplare handelt, die vor dem 1. Jänner 1995 rechtmäßig entnommen worden sind.

(3) Für die übrigen zu geschützten Tierarten erklärten Arten des Anhangs IV lit. a der Habitat-Richtlinie, die in Tirol nicht vorkommen, gilt insbesondere Abs. 2 lit. e.

§ 5

Schutz von anderen Arten wild lebender,

nicht jagdbarer Tiere

(1) Die in der Anlage 6 angeführten wild lebenden Tierarten, unbeschadet der Arten nach § 4, werden zu geschützten Tierarten erklärt.

(2) Hinsichtlich der geschützten Tierarten der Anlage 6 ist es verboten:

a) absichtlich Tiere zu beunruhigen, zu verfolgen, zu fangen, zu halten, im lebenden oder toten Zustand zu verwahren, zu befördern, feilzubieten, zu veräußern, zu erwerben oder zu töten,

b) absichtlich Entwicklungsformen von Tieren (wie etwa Eier, Larven und Puppen) geschützter Arten aus ihrer natürlichen Umgebung zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, zu verwahren, zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben,

c) Teile von Tieren zu verwahren, zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben,

d)Behausungen von Tieren zu entfernen oder zu zerstören,

e) den Lebensraum (z. B. den Einstandsort) von Tieren und ihrer Entwicklungsformen so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand in diesem Lebensraum unmöglich wird. Insbesondere ist es außerhalb von eingefriedeten verbauten Grundstücken verboten, Flurgehölze, Hecken, Gebüsch oder lebende Zäune zu roden und Röhricht, Hecken, Gebüsch oder die Bodendecke abzubrennen.

(3) a) Ausgenommen von den Verboten nach Abs. 2 ist das Fangen, Verwahren, Halten, Befördern, Erwerben oder Töten der nach Anlage 6 geschützten Tierarten mit Ausnahme des Matterhornbärenspinners (Holoarctia cervini [Fallou]) in dem für diesen Zweck unbedingt notwendigen Umfang zu Forschungs- und Lehrzwecken durch naturwissenschaftliche Kräfte von Forschungsanstalten bzw. sonstige Personen im Auftrag oder unter Anleitung solcher Anstalten, weiters durch Mitarbeiter von Planungsbüros (wie Ziviltechniker, Technische Büros) zur Ausführung von Aufträgen naturkundlichen Inhalts im Rahmen einer Forschungstätigkeit. Personen, welche im Auftrag oder unter Anleitung einer Forschungsanstalt tätig sind, haben eine entsprechende Bestätigung dieser Anstalt über die Beauftragung bzw. Anleitung mit sich zu führen.

b) Für pädagogische Zwecke, wie im Rahmen des naturkundlichen Unterrichts an Schulen, dürfen – unabhängig von den Verboten nach Abs. 2 – einzelne Exemplare der nach Anlage 6 geschützten Tierarten und deren Entwicklungsstadien – mit Ausnahme des Matterhornbärenspinners (Holoarctia cervini [Fallou]) – und der Entwicklungsstadien von nicht unter Anhang IV lit. a der Habitat-Richtlinie fallenden Amphibien in dem für diesen Zweck unbedingt notwendigen Umfang gefangen, befördert, verwahrt, gehalten oder getötet werden.

c) Ausgenommen von den Verboten nach Abs. 2 ist weiters die weidgerechte Bewirtschaftung im Sinn des Tiroler Fischereigesetzes 2002, LGBl. Nr. 54, in der jeweils geltenden Fassung, der Fischarten Barbus barbus (L.) (Barbe) und Hucho hucho (L.) (Huchen), um die Lebensgrundlagen für diese Wassertiere zu erhalten, erforderlichenfalls wiederherzustellen oder zu schaffen.“

VStG

§ 44a

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

V.       Erwägungen:

Der Strafvorwurf der belangten Behörde lautet dahingehen, dass die Beschwerdeführerin zu verantworten habe, dass eine Lesesteinmauer, die „grundsätzlich potenzielle Lebensräume“ näher geschützter Arten wie Reptilien und Amphibien darstelle, entfernt wurde.

Dieser Vorhalt erweist sich im vorliegenden Fall als zu unkonkret, als dass daraus aufbauend ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt werden könnte. So schützt das Gesetz nicht bereits den „grundsätzlich potenziellen Lebensraum“ für geschützte Arten, sondern normiert § 24 Abs 3 lit a Z 5 TNSchG 2005 das Verbot, den Lebensraum von Tieren und ihrer Entwicklungsformen so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand in diesem Lebensraum unmöglich wird.

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist nach der Judikatur (vgl VwGH 03.10.1985, 85/02/0053) dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44 a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt. (Hinweis auf E VS vom 13. Juni 1984, 82/03/0265)

Durch den schlichten Vorhalt, dass „grundsätzlich potenzielle Lebensräume“ zerstört worden seien wird nicht konkret genug vorgeworfen, dass tatsächlich ein entsprechender Lebensraum entgegen den Vorgaben des Gesetzes behandelt wurde. Die Verwendung der Formulierung „grundsätzlich potenziell“ legt nämlich noch nicht dar, dass es sich tatsächlich um einen entsprechenden Lebensraum gehandelt hat. Für eine Strafbarkeit nach dieser Bestimmung ist somit Voraussetzung, dass der Tatvorwurf unbedingt zum Ausdruck bringt, dass ein solcher Lebensraum zerstört wurde. In diesem Zusammenhang wird auch auf den klaren Wortlaut des § 24 Abs 3 lit a Z 5 TNSchG 2005 hingewiesen, wonach der weitere Bestand der geschützten Art in diesem Lebensraum unmöglich wird. Auch diese Formulierung im Gesetz legt nahe, dass Regelungsinhalt der Bestimmung nicht der Schutz eines abstrakten, sohin „potentiell möglichen“ Lebensraums ist, sondern eines konkret festgestellten. Zum im März 2019 vorgenommenen Lokalaugenschein wird allerdings noch darauf hingewiesen, dass nur der Umstand, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt keine derartigen Arten festgestellt wurden, noch nicht bedeutet, dass es sich von vorn herein nicht um einen entsprechenden Standort handelt. Die Einstufung eines bestimmten Orts als Lebensraum geschützter Arten ist von einem Sachverständigen vorzunehmen, der auf Grund fachlicher Überlegungen auch unabhängig von einer konkreten Sichtung einer geschützten Art zu einem bestimmten Zeitpunkt eine entsprechende Feststellung zu treffen hat.

Ein derart unmissverständlicher Tatvorhalt wurde allerdings im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde nicht vorgenommen, weshalb dem Landesverwaltungsgericht eine Klarstellung des Tatvorwurfs nicht möglich ist, würde doch ansonsten ein Austausch der Tat erfolgen.

Schon alleine diese mangelnde Konkretisierung des Tatvorhaltes führt daher dazu, dass die Tat, die der Beschwerdeführerin zur Last gelegt wurde, nicht ausreichend iSd § 44a Z 1 VStG konkretisiert wurde.

Weiters wird darauf hingewiesen, dass die zuständige Behördenvertreterin dem im Auftrag der Beschwerdeführerin handelnden Baumeister ausdrücklich bestätigt hat, dass nur eine dauerhafte Entfernung der besagten Lesesteinmauer naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig sei, nicht jedoch die lediglich vorübergehende. Zumal zum Zeitpunkt der Anfrage bereits bekannt war, dass die Wiedererrichtung der Lesesteinmauer am Grundstück der Beschwerdeführerin beabsichtigt war, konnte die Beschwerdeführerin daher darauf vertrauen, dass die lediglich vorübergehend beabsichtigte Entfernung der Lesesteinmauer naturschutzrechtliche nicht strafbar ist. Durch diese klare, auf Grundlage einer konkreten Anfrage erteilten, Rechtsauskunft hätte der Beschwerdeführerin selbst bei einer objektiv festgestellten Übertretung diese subjektiv nicht zur Last gelegt werden können. Der Beschwerdeführerin ist vor diesem konkreten Hintergrund damit jedenfalls auch ein Verschulden nicht zur Last zu legen. Damit liegt insgesamt eine Übertretung weder in objektiver, noch in subjektiver Hinsicht vor.

Vor diesem Hintergrund konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Spruchkonkretisierung,
Tatvorwurf,
Rechtsauskunft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.15.3097.2

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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