Entscheidungsdatum
03.12.2021Norm
AuslBG §12aSpruch
W178 2248217-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag a Nina Kesselgruber und den fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas Metesch über die Beschwerde des Herrn XXXX , vertreten durch RA Martin DOHNAL, gegen den Bescheid des AMS Wien Esteplatz vom 07.10.2021, Zl. ABB-Nr: 414899, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und dem Amt der Wiener Landesregierung, MA 35, als Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde gemäß § 20d Abs. 1 AuslBG iVm § 41 Abs 2 Z 1 NAG mitgeteilt, dass Herr XXXX , StA Republik Serbien, die Voraussetzungen für die Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG bei der Arbeitgeberin XXXX erfüllt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX (Beschwerdeführer-Bf) hat mit 31.05.2021 einen Antrag auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 12a AuslBG als Facharbeiter in einem Mangelberuf (Elektroinstallateur) gestellt.
2. Mit Bescheid vom 07.10.2021 wurde der Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die erforderliche Mindestpunkteanzahl gem. Anlage B des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht erreicht werde (50 Punkte statt 55).
3. Dagegen wurde seitens des Beschwerde erhoben, und zur Begründung angeführt, dass der Bf1 sehr wohl Sprachkenntnisse in Englisch habe, weil er in der HTL (Fachschule) Englischunterricht gehabt habe und diese das Niveau von A2 haben. Für die Englischkenntnisse seien daher weitere 5 Punkte anzuerkennen.
4. Die belangte Behörde hat die Beschwerde vorgelegt. Zu den Englischkenntnissen wird dahingehend Stellung genommen, dass bei der Berechnung der Punkte nach dem Kriterienkatalog die ins Treffen geführten Englischkenntnisse aufgrund der Schulbildung nicht berücksichtigt werden könnten, da es sich bei dem Schulzeugnis um kein international anerkanntes Sprachzertifikat - von einem lizenzierten Institut ausgestellt - handle.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, geboren am XXXX .2000, ist Staatsbürger der Republik Serbien. Er hat in Österreich an der Höheren technischen Bundeslehranstalt in Wien 10 die Fachschule für Elektronik und Technische Information mit Betriebspraxis (3,5jährig) mit 16.März 2021 abgeschlossen. Er hatte im Laufe der Ausbildung in der Schule insgesamt 8 Wochenstunden Englischunterricht. Das Fach „Englisch“ wurde im letzten Semester der Ausbildung mit „4“ beurteilt. Nach der Auskunft der Bildungsdirektion für Wien vom 07.10.2021 ist von einem Nivea „A2“ auszugehen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem ergänzenden Vorbringen der Parteien, insbesondere aus dem Abschlusszeugnis der Fachschule für Elektronik und technische Informatik vom 16.03.2021 und der E-Mail der Bildungsdirektion für Wien vom 07.10.2021. Es besteht kein Anlass, an der Echtheit der E-Mail zu zweifeln; die Absenderin, Frau SQMin XXXX , MA BEd., ist Mitglied der Schulaufsicht in der Bildungsdirektion Ost, vgl. https://www.bildung-wien.gv.at/ueber-uns/bildungsdirektion.html. Aufgrund der unbestritten in dieser Behörde bestehenden Expertise ist es gerechtfertigt, auch die sachliche Richtigkeit der Beurteilung der Englischkenntnisse durch die Bestätigung der Bildungsdirektion abzustellen.
Abgesehen von der Frage der Punktevergabe für die Englischkenntnisse ist der Sachverhalt unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1 Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 12a AuslBG werden Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie
1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,
2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,
3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
3.3.3. Zur Frage des Erreichens der Mindestpunktezahl:
Anlage B
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf
20
hier 20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr)
Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2
4
Sprachkenntnisse Deutsch
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)
Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
15
hier 15
Sprachkenntnisse Englisch
maximal anrechenbare Punkte: 10
Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
hier 5
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 15
bis 30 Jahre
bis 40 Jahre
15
10
hier: 15
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
90
erforderliche Mindestpunkteanzahl
55
Es muss die Mindestpunkteanzahl von 55 nach der Anlage B erreicht werden:
3.2 Zu den Voraussetzungen im Einzelnen:
3.2.1. In der hier anzuwendenden Fachkräfteverordnung 2021, BGBl. II N.595/2020, ist der angestrebte Beruf „Elektroinstallateur“ als Mangelberuf angeführt. Diese Voraussetzung ist somit erfüllt.
3.2 2 Einschlägige abgeschlossene Ausbildung
Eine weitere Voraussetzung für die Gewährung einer Rot-Weiß-Rot-Karte nach § 12a AuslBG ist eine einschlägige abgeschlossene Ausbildung im Mangelberuf. Das ist im vorliegenden Fall unstrittig.
3.2.4 Punktezahl nach der Anlage B
Wie oben in der Anlage eingefügt, erreicht der Bf 55 Punkte, sodass die Mindestanzahl erreicht ist: Bei der Punktevergabe war nur die für die Englischkenntnisse strittig: Dazu ist anzuführen, dass im Gesetz und in der Anlage B dazu keine Regelung enthalten ist. Nach der Literatur (vgl. Deutsch, Nowotny, Seitz, Ausländerbeschäftigungsrecht 3, Rz 18 und 46 zu §§ 12 bis 13) ist der Nachweis von Sprachkenntnissen durch international anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse zu erbringen, damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die die Sprachkenntnisse ausstellende Institution als seriös bewertet und sicher ist, dass Qualitätskriterien eingehalten werden und dass die Bewertung der Kenntnisse nachvollziehbar ist. Das ist bei einer öffentlichen Fachschule, die nach den vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber bestimmten Lehrplänen unterrichtet, der Fall, ohne dass weitere Erörterungen dazu notwendig wären.
Es ist im vorliegenden Fall auch nicht anzunehmen, dass die Englisch-Kenntnisse des Bf verloren gegangen sind, weil die Abschlussprüfung erst im März 2021 erfolgte. Das Heranziehen von Institutionen, die nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen arbeiten, ist in der Regel auch notwendig, um die Beurteilung des Niveaus der Kenntnisse nach einheitlichen Kriterien zu garantieren. Im gegenständlichen Fall hat diese Aufgabe die Bildungsdirektion für Wien übernommen.
Durch die E-Mail der Bildungsdirektion für Wien wird das Niveau auf A2 festgelegt. Es sind daher neben den unbestritten zu vergebenden Punkten für die Ausbildung (20), die Deutschkenntnisse (15), das Alter (15) auch 5 Punkte für die Englischkenntnisse zu vergeben, sodass die Mindestanzahl von 55 erreicht ist.
4. Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, maßgebliche Sachverhalt feststand, lediglich die Frage der Voraussetzung für die Anrechnung von Punkten bei Sprachkenntnissen strittig war.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fachkräfteverordnung Punktevergabe Rot-Weiß-Rot-Karte SprachkenntnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W178.2248217.1.00Im RIS seit
03.01.2022Zuletzt aktualisiert am
03.01.2022