TE Lvwg Erkenntnis 2021/9/20 LVwG-AV-1290/001-2021

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Veröffentlicht am 20.09.2021
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Entscheidungsdatum

20.09.2021

Norm

NÄG 1988 §1
NÄG 1988 §2 Abs1 Z9
NÄG 1988 §4
NÄG 1988 §8
ABGB §167 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Warum als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, in ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 13.07.2021, Zl. ***, (mitbeteiligte Partei: Frau C als gesetzliche Vertreterin von D), betreffend Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz (NÄG), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a VwGG eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Verwaltungsverfahren und entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

1.1. Frau C (im Folgenden: Antragstellerin) brachte am 9.7.2021 bei der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (im Folgenden: Belangte Behörde) einen „Antrag auf Änderung des Familiennamens für ein minderjähriges Kind“ ein. Der Antrag wurde als gesetzliche Vertreterin des Kindes gestellt.

Beantragt wurde, dass der Familienname der minderjährigen Tochter der Antragstellerin, D, geb. am ***, österreichische Staatsbürgerin, eingetragen beim Standesamt ***, Zahl ***, von „E“ in „F“ geändert werde. Im Antrag führte die Antragstellerin aus, dass das Kind den „von mir geführten Familiennamen erhalten“ solle. Außerdem verzichte sie auf ein Rechtsmittel.

Dem Antrag beigefügt wurden ein Staatsbürgerschaftsnachweis ihrer Tochter vom 1.3.2012, zwei Geburtsurkunden vom 27.1.2012 (eingetragener Familienname: F) und vom 2.3.2012 (eingetragener Familienname: E) sowie eine Mitteilung über die Anerkennung der Vaterschaft vom 23.1.2012.

1.2. Herr A, der nunmehrige Beschwerdeführer, ist unehelicher Vater der minderjährigen D. Er hat am 23.1.2012 die Vaterschaft anerkannt. Dies wurde am 23.1.2012 am Standesamt der Stadtgemeinde *** beurkundet.

1.3.1. Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 13.7.2021, ***, änderte die belangte Behörde unter Anwendung von § 1 und § 2 Abs. 1 Z 9 Namensänderungsgesetz (NÄG) den Familiennamen der minderjährigen D in „F“.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die minderjährige D am *** als Kind der Antragstellerin und des Beschwerdeführers in *** geboren worden sei. Nun habe das durch seine obsorgeberechtigte Mutter vertretene Kind die Änderung seines Familiennamens von „E“ in „F“ beantragt. Da das Kind den Familiennamen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 9 NÄG erhalten solle, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

1.3.2. Adressiert wurde der Bescheid an die Antragstellerin „als gesetzliche Vertreterin von D.“

1.4. Der Bescheid wurde durch Hinterlegung am 16.7.2021 zugestellt.

1.5. Auf dem Bescheid findet sich folgender Vermerk:

„Dieser Bescheid ist rechtskräftig seit 13.07.2021 und unterliegt keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug. Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt, am 14.07.2021.“

1.6. Mit Schriftsatz vom 27.7.2021, eingebracht bei der belangten Behörde mittels Telefax am 29.07.2021, 17:00 Uhr, erhob der Beschwerdeführer, rechtsanwaltlich vertreten, gegen den Bescheid Beschwerde und führte darin zusammengefasst aus, dass er durch Zufall Kenntnis vom Bescheid erlangt habe. Auf Grund der Namensänderung sei der Beschwerdeführer als Kindesvater in seinem Recht der bisherigen Familiennamenführung seiner minderjährigen Tochter verletzt und damit antragslegitimiert. Da der Bescheid aus „unerklärlichen Gründen“ bereits einen Tag nach Bescheiderlassung – trotz Rechtsbelehrung einer Beschwerde – einen Rechtskraftstempel aufweise, sei dies unzulässig und nichtig.

Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, dass sein Anhörungsrecht gröblich missachtet und außer Acht gelassen worden sei. Dem Bescheid sei keinerlei ausreichende Begründung für die Namenänderung zu entnehmen, obwohl dies vom Gesetz gefordert sei. Auch wenn seine Tochter bis zur rechtlichen Möglichkeit ihrer Anhörung noch fünf Monate zeitlich entfernt gewesen sei, sei diese gesetzlich vorgesehene Altersfrist nicht starr zu betrachten, sondern vielmehr von der Behörde situativ durch Abklärung der Geschäftsfähigkeit bzw. Reife des Kindes zwecks Befragung zu prüfen.

Für den Fall, dass der Beschwerde nicht stattgegeben werde, würde der Beschwerdeführer „innerhalb offener Frist ab Kenntnis [des] Bescheides“ einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Aufhebung des Bescheides stellen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Namenänderung der Kindesmutter auf Grund eines anhängigen Obsorgestreites missbräuchlich gewesen wäre.

1.7. Das Bezirksgericht *** sprach mit Beschluss vom 20.7.2021, Zl. ***, in dessen Spruchpunkt 1. aus, dass die Obsorge für die minderjährige G „in Hinkunft auch dem Kindesvater A [zustehe], sodass die Kindesmutter C und der Kindesvater A die Obsorge gemeinsam ausüben.“

1.8. Weitere Feststellungen:

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer und Kindesvater der minderjährigen D im gegenständlichen Verwaltungsverfahren nicht informiert oder in anderer Art und Weise beigezogen wurde. So wurden ihm weder der Antrag vom 9.7.2021 zur Stellungnahme übermittelt, noch wurde ihm sonst Gelegenheit gegeben, sich im Verfahren zu äußern. Außerdem wurde ihm der Bescheid vom 13.7.2021 nicht zugestellt.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer keine Zustimmung zur Änderung des Familiennamens seiner minderjährigen Tochter D erteilt hat. Es besteht dahingehend keine Vereinbarung oder sonstige Einigung der beiden Elternteile.

2.   Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, ***, dessen Inhalt auf Grund der darin aufliegenden unbedenklichen öffentlichen Urkunden ohne Zweifel der Entscheidung zugrunde gelegt werden konnte. Bei den gegenständlich wesentlichen Punkten handelt es sich zum einen um Rechtsfragen. Zum anderen ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer und Kindesvater in irgendeiner Weise im Verfahren beigezogen wurde, sodass sich das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde glaubhaft mit dem Akteninhalt deckt, zumal auch dem Antrag auf Namensänderung lediglich die Unterschrift der Antragstellerin entnommen werden kann. Außerdem hat das erkennende Gericht den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 01.09.2021, welchen aus der belangten Behörde und der Antragstellerin übermittelt wurden, aufgefordert mitzuteilen, ob er seine Zustimmung zur bescheidmäßig ausgesprochenen Namensänderung erteile. Mit Schriftsatz vom 16.9.2021 teilte der Beschwerdeführer nun mit, dass er „weder um Zustimmung gefragt, noch […] seine Zustimmung hiezu erteilt“ hätte, sodass sich die entsprechenden Feststellungen darauf gründen.

3.   Rechtslage:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise:

„Beschwerderecht und Beschwerdefrist
§ 7.

(1) […]

(2) Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

(3) Ist der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden, kann die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen.

[…]

Verhandlung
§ 24.

(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.

[…] bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben […] ist

2.

- 3. […]

(3) […]

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

[…]

Erkenntnisse
§ 28.

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]“

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes (NÄG) lauten auszugsweise:

„Antrag auf Namensänderung
§ 1.

(1) Eine Änderung des Namens (§ 38 Abs. 2 PStG 2013) ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft

1.

einen österreichischen Staatsbürger;

2.

- 3. […]

(2) Der Antragsteller muss – außer in den Fällen der Abs. 3 und 4 – entscheidungsfähig sein. Die Entscheidungsfähigkeit wird bei mündigen Minderjährigen vermutet.

(3) Den Antrag einer nicht entscheidungsfähigen minderjährigen Person hat die mit der Pflege und Erziehung betraute Person (der Erziehungsberechtigte) einzubringen.

[…]

Voraussetzungen der Bewilligung
§ 2.

(1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn

1.

- 8. […]

9.

der Antragsteller einen § 155 ABGB entsprechenden Familiennamen der Person erhalten will, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;

[…]

Anhörungen
§ 4.

(1) Vor der Bewilligung eines Antrags einer minderjährigen entscheidungsfähigen Person ist deren Erziehungsberechtigter anzuhören.

(2) Soweit tunlich hat die Behörde vor der Bewilligung Minderjährige ab dem vollendeten 10. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung ihres Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde, anzuhören.

[…]

Parteien
§ 8.

(1) Die Stellung einer Partei kommt in einem Verfahren auf Änderung des Familiennamens oder Vornamens jedenfalls zu

1.

dem Antragsteller;

[…]“

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) lauten auszugsweise:

„Name

§ 155.

(1) Das Kind erhält den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Es kann aber auch der Doppelname eines Elternteils (§ 93 Abs. 3) zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden.

(2) Führen die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, so kann zum Familiennamen des Kindes der Familienname eines Elternteils bestimmt werden. Wird hiefür ein aus mehreren voneinander getrennten oder durch einen Bindestrich verbundenen Teilen bestehender Name herangezogen, so können der gesamte Name oder dessen Teile verwendet werden. Es kann auch ein aus den Familiennamen beider Elternteile gebildeter Doppelname bestimmt werden; dabei dürfen aber höchstens zwei Teile dieser Namen verwendet werden. Ein Doppelname ist durch einen Bindestrich zwischen dessen einzelnen Teilen zu trennen.

[…]

§ 156.

(1) Den Familiennamen des Kindes bestimmt die mit der Pflege und Erziehung betraute Person. Mehrere damit betraute Personen haben das Einvernehmen herzustellen; es genügt aber die Erklärung einer von ihnen, sofern sie versichert, dass die andere damit einverstanden ist oder das Einvernehmen nicht mit zumutbarem Aufwand erreicht werden kann.

(2) Entscheidungsfähige Personen bestimmen ihren Familiennamen selbst. Die Entscheidungsfähigkeit wird bei mündigen Minderjährigen vermutet.

[…]

Obsorge

Inhalt der Obsorge
§ 158.

(1) Wer mit der Obsorge für ein minderjähriges Kind betraut ist, hat es zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es in diesen sowie allen anderen Angelegenheiten zu vertreten; Pflege und Erziehung sowie die Vermögensverwaltung umfassen auch die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen.

[…]

Gesetzliche Vertretung des Kindes
§ 167.

(1) Sind beide Eltern mit der Obsorge betraut, so ist jeder Elternteil für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.

(2) Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils, die die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens, den Eintritt in eine Kirche oder Religionsgesellschaft und den Austritt aus einer solchen, die Übergabe in fremde Pflege, den Erwerb einer Staatsangehörigkeit oder den Verzicht auf eine solche, die vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags und die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind betreffen, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen obsorgebetrauten Elternteils. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.

[…]

Informations-, Äußerungs- und Vertretungsrecht
§ 189.

(1) Ein nicht mit der Obsorge betrauter Elternteil

1.

ist durch die mit der Obsorge betraute Person von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere von beabsichtigten Maßnahmen nach § 167 Abs. 2 und 3, rechtzeitig zu verständigen und kann sich hiezu in angemessener Frist äußern,

2.

hat den mit der Obsorge betrauten Elternteil in Angelegenheiten des täglichen Lebens zu vertreten sowie das Kind zu pflegen und zu erziehen, soweit das die Umstände erfordern und sich das Kind rechtmäßig bei ihm aufhält.

Eine Äußerung nach Z 1 ist in jedem Fall zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.

[…]“

4.   Erwägungen:

4.1. Wesentlich im gegenständlichen Verfahren ist zunächst die Frage nach der Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers und Kindesvaters. Gem. Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Diese subjektiv-öffentlichen Parteienrechte, welche sich aus dem jeweils anwendbaren Materiengesetz ergeben, ermöglichen schließlich eine Parteistellung im Verwaltungsverfahren gem. § 8 AVG.

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht beigezogen. Dabei übersieht sie jedoch, dass die Aufzählung der Parteistellung gem. § 8 Abs. 1 NÄG in einem Namensänderungsverfahren keine abschließende ist (arg. „jedenfalls“). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt im Falle einer Namensänderung eines außerehelichen Kindes selbst einem nicht obsorgeberechtigten Elternteil in einem solchen Verfahren Parteistellung zu (vgl. VwGH 17.12.2013, 2013/01/0105; 20.3.2013, 2012/01/0054; 17.9.2002, 2002/01/0377; s. auch OGH 28.1.1999, 6 Ob 246/98i). Auch wenn dem Beschwerdeführer vor Erlass des Beschlusses des Bezirksgerichtes ***vom 20.7.2021 nicht die Obsorge für seine minderjährige Tochter zugekommen ist, so hätte er dennoch im gegenständlichen Verwaltungsverfahren Parteistellung gehabt und wäre dem Verfahren beizuziehen gewesen. Die auf dem angefochtenen Bescheid angebrachte Rechtskraftbestätigung vom 14.7.2021 geht daher, soweit sie sich auf den Beschwerdeführer bezieht, ins Leere.

4.2. Die Beschwerdelegitimation für eine Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht setzt einen wirksam erlassenen Bescheid, der in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreift, sowie das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers voraus (vgl. Köhler in Köhler/Brandtner/Schmelz, VwGVG Kommentar, Art. 132 B-VG, Rz 5).

Der Bescheid wurde der Antragstellerin durch Hinterlegung am 16.7.2021 zugestellt. Gemäß § 7 Abs. 3 VwGVG war es daher ab diesem Zeitpunkt für den Beschwerdeführer möglich und zulässig, eine Beschwerde zu erheben. Angesichts dessen, dass er im verwaltungsbehördlichen Verfahren trotz seiner auch zu diesem Zeitpunkt bestehenden Parteistellung nicht beigezogen wurde, war davon auszugehen, dass eine Verletzung in Rechten zumindest möglich ist. Die – rechtzeitig eingebrachte – Beschwerde erweist sich daher als zulässig.

4.3. Das Verwaltungsgericht hat grundsätzlich die im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage anzuwenden. Das bedeutet, dass allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhaltes und der Rechtslage nach Erlassung des bekämpften Bescheides zu berücksichtigen sind (VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0032; 29.1.2015, Ro 2014/07/0105).

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 20.7.2021 wurde dem Beschwerdeführer – neben der Antragstellerin und Kindesmutter – die Obsorge für die minderjährige D zuerkannt, sodass „die Kindesmutter C und der Kindesvater A die Obsorge gemeinsam ausüben.“

Nach der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH ist diese Änderung des Sachverhaltes zu berücksichtigen. Das bedeutet fallbezogen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr nur davon auszugehen ist, dass dem Beschwerdeführer lediglich ein Anhörungsrecht und somit dahingehend Parteistellung im Verfahren zukommt, vielmehr ist auf die Bestimmung des § 167 ABGB zu verweisen. Gemäß § 167 Abs. 2 ABGB bedürfen nämlich Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils, die unter anderem die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens des Kindes betreffen, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen obsorgebetrauten Elternteils. Soll der Vor- oder Familiennamen des Kindes nach dem NÄG geändert werden, muss der Antrag vom gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen bei der Bezirksverwaltungsbehörde eingebracht werden und bedarf der Zustimmung des anderen obsorgeberechtigten Elternteils (Fischer-Czermak in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 167 Rz 8 (Stand 1.10.2018, rdb.at).

Diese Zustimmung lag nun gegenständlich nicht vor, sodass der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

4.4. Gem. § 24 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 VwGVG konnte die mündliche Verhandlung – ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers – entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

5.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht uneinheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Ordnungsrecht; Namensrecht; Namensänderung; Familienname; Minderjährige; Obsorge; Beschwerdelegitimation;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1290.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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