TE Bvwg Beschluss 2021/7/16 W179 2237636-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.07.2021
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Entscheidungsdatum

16.07.2021

Norm

AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §58 Abs3
B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
RGG §6 Abs1
VVG §3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4 Z1

Spruch


W179 2237636-1/3E

W179 2237730-1/3E

W179 2237731-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über 1.) die Beschwerden der XXXX , geb am XXXX , wohnhaft in XXXX , vertreten durch Dr. Johannes ÖHLBÖCK LL.M., Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 26/5, gegen die Schreiben der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX (AS5) und XXXX (AS7) zur Teilnehmernummer XXXX , sowie 2.) die Einwendungen der genannten XXXX , vertreten ebenso durch RA Dr. Johannes ÖHLBÖCK LL.M., gegen den vollstreckbaren Rückstandsausweis vom XXXX , AZ XXXX zur Meldung Nr. XXXX (AS34), beschlossen:

A) Beschwerden

Die Beschwerden gegen die Schreiben vom XXXX und XXXX werden als unzulässig zurückgewiesen.

B) Einwendungen

Die Einwendungen zum vollstreckbaren Rückstandsausweis vom XXXX werden als unzulässig zurückgewiesen.

C) Revision

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem erstangefochtenen Schreiben vom XXXX informierte die belangte Behörde den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin – nach dessen erfolgtem Antrag auf Feststellung, dass keine Gebühren- und Entgelte nach dem Rundfunkgebührengesetz bestünden –, dass die Tatbestandsvoraussetzung „Betreiben von Rundfunkempfangs-einrichtungen“ vorliegen und der Beschwerdeführerin Rundfunkgebühren und damit verbundene Abgaben und Entgelte vorgeschrieben werden würden.

2. Mit dem zweitangefochtenen Schreiben vom XXXX schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Rundfunkgebühren für die Monate XXXX bis XXXX in Höhe von gesamt XXXX unter Beischluss eines Zahlscheins vor.

3. Mit per E-Mail am XXXX (per Post am XXXX ) bei der zuständigen Behörde eingelangter Eingabe erhob die Beschwerdeführerin gegen das erst- als auch das zweitangefochtene Schreiben der belangten Behörde jeweils das Rechtsmittel der Beschwerde, weil beide Schreiben die Mindestanforderungen an einen Bescheid erfüllen würden, und beantragte (wortwörtlich):

„Das Bundesverwaltungsgericht möge

1.       die beantragten Beweise aufnehmen und gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumen,

2.       gemäß Art 130 Abs 4 B-VG und § 28 Abs 2 VwGVG in der Sache selbst entscheiden und die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass keine Gebühren- und Entgeltpflicht nach dem RGG mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen besteht

in eventu

3.       die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.“

4. Im Nachgang weiterer Zahlungserinnerungen bzw Zahlungsvorschreibungen samt Stellungnahme der Beschwerdeführerin dazu ging der Beschwerdeführerin ein vollstreckbarer Rückstandsausweis (das drittangefochtene Schreiben) der belangten Behörde vom XXXX über die aushaftende Forderung in Höhe von € XXXX (Rundfunkgebühren samt den damit verbundenen Abgaben und Entgelte zuzüglich Säumniszuschlag) gemäß § 3 Abs 2 VVG zu.

5. Gegen diesen Rückstandsausweis erhob die Beschwerdeführerin Einwendungen, die bei der belangten Behörde am XXXX per E-Mail und am XXXX per Einschreiben einlangten, und beantragte „die Aufhebung des vollstreckbaren Rückstandsausweises gemäß § 3 Abs 2 VVG vom XXXX über die aushaftende Forderung zur Meldung XXXX über einen Betrag von XXXX “.

6. Die belangte Behörde legt den Akt des Verwaltungsverfahrens samt den Beschwerden und den Einwendungen vor, merkt an, dass kein Bescheid erlassen worden sei, im Übrigen erstattet sie weder eine Gegenschrift noch stellt sie einen Antrag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Das erstangefochtene einseitige Schreiben der belangten Behörde vom XXXX (AS 5) sieht in seiner Gesamtheit inklusive Kopfzeile und Fußzeile wie folgt aus: "

xxxx“

2. Das zweitangefochtene einseitige Schreiben der belangten Behörde vom XXXX (AS 7) sieht in seiner Gesamtheit inklusive Kopfzeile und Fußzeile wie folgt aus: "

xxxx

3. Mit XXXX erging die (letzte) Mahnung samt Gebührenvorschreibung für die Monate XXXX seitens der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin. Dieser Mahnung war ein vollstreckbarer Rückstandsausweis nach § 3 Abs 2 VVG (das drittangefochtene Schreiben; AS 34) der belangten Behörde vom XXXX über die aushaftende Forderung in Höhe von € XXXX (Rundfunkgebühren samt den damit verbundenen Abgaben und Entgelte zuzüglich Säumniszuschlag) beigeschlossen.

2. Beweiswürdigung:

1. Die erfolgten Feststellungen ergeben sich aus den unzweifelhaften und insoweit nicht bestreitbaren (angefochtenen) Schreiben der belangten Behörde (vgl Aktenseiten 5, 7 und 34 des Verwaltungsakts).

2. Soweit die Einwendungen gegen den vollstreckbaren Rückstandsausweises zwar bei der belangten Behörde eingebracht wurden, sich jedoch der gestellte Antrag auf Aufhebung des Rückstandsausweises weder namentlich an die belangte Behörde noch an das Bundesverwaltungsgericht richtet, und die belangte Behörde den Rückstandsausweis samt Einwendungen im Zuge der Aktenvorlage dem Gericht mitvorgelegt hat, hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Zweifel und auch im Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin dazu entschlossen, sich in die hiergerichtliche Zulässigkeitsprüfung dieser Einwendungen einzulassen und somit davon auszugehen, dass der Rückstandsausweis beim Bundesverwaltungsgericht als drittes Schreiben mitangefochten wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs 2 AVG werden die drei Beschwerdeverfahren aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. Die Beschwerden und die Einwendungen wurden rechtzeitig erhoben, sie sind jedoch nicht zulässig:

Zu A) Beschwerden:

3. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG über Beschwerden – gegen Bescheide – einer Verwaltungsbehörde. Eine Bescheidbeschwerde nach Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG setzt naturgemäß einen Bescheid als Anfechtungsobjekt voraus. Dies erschließt sich auch aus § 7 VwGVG und hier insbesondere aus dessen Abs 4 Z 1 leg cit, der den Beginn der Rechtsmittelfrist an das Zustellen eines Bescheides knüpft.

Ebenso sieht § 6 Abs 1 Rundfunkgebührengesetz (RGG) die Beschwerde gegen von der belangten Behörde erlassene Bescheide vor, wobei gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

4. Jedoch fehlt in beiden vorliegenden Fällen (Schreiben der belangten Behörde vom XXXX und vom XXXX ) jeweils das Anfechtungsobjekt, nämlich ein Bescheid der belangten Behörde, den die Rechtsmittelwerberin in Beschwer ziehen könnte.

So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausgesprochen (vgl VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060):

„Bescheide nach § 56 AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden. Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält.“ [Fettdruck durch BVwG]

4.1. Das erstangefochtene Schreiben vom XXXX (AS 5) enthält, wie dargestellt, weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung oder Amtssignatur, weshalb dieses Schreiben schon deshalb kein Bescheid ausweislich § 58 Abs 3 iVm § 18 Abs 4 AVG ist.

4.2. Gleiches gilt für das zweitangefochtene Schreiben vom XXXX (AS 7), welches wiederum, wie dargestellt, weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung oder Amtssignatur aufweist, weshalb auch dieses Schreiben schon aus diesem Grunde ausweislich § 58 Abs 3 iVm § 18 Abs 4 AVG kein Bescheid ist.

5. Die Beschwerden gegen die beiden genannten Schreiben sind somit mangels Anfechtungsobjekts in Form eines Bescheides jeweils nach Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 7 Abs 4 Z 1 VwGVG iVm § 17 VwGVG iVm § 58 Abs 3 iVm § 18 Abs 4 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Einwendungen zum Rückstandsausweis:

6. Mit Schreiben vom XXXX übermittelt die belangte Behörde – wie dargestellt – der beschwerdeführenden Partei einen vollstreckbaren Rückstandsausweis gemäß § 3 Abs 2 VVG über eine aushaftende Forderung.

Bei Rückstandsausweisen über Geldleistungsverpflichtungen handelt es sich – nicht – um Bescheide, sondern um Auszüge aus den Rechnungsbehelfen, mit denen von der Behörde eine Zahlungsverpflichtung bekannt gegeben wird. Erhebt der Verpflichtete gegen den Rückstandsausweis Einwendungen, ist durch Bescheid der Behörde zu entscheiden, von der der Rückstandsausweis stammt (vergleiche dazu Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht, Verlag Österreich, 5. Auflage, Seite 554f).

Die erhobenen Einwendungen zum vollstreckbaren Rückstandsausweis sind somit mangels Bescheides und Zuständigkeit des Gerichtes als unzulässig zurückzuweisen. Vielmehr liegt es an der belangten Behörde, hier einen bekämpfbaren Bescheid zu erlassen.

7. Bei diesem Ergebnis konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu C) Revision:

8. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auf die zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist hinzuweisen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anfechtungsgegenstand Bescheidqualität Einwendungen Gebührenhöhe Gebührenpflicht Informationsschreiben Nichtbescheid Rückstandsausweis Schreiben Unterfertigung Unterschrift Unzulässigkeit der Beschwerde Unzuständigkeit Unzuständigkeit BVwG Zahlungsaufforderung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W179.2237636.1.00

Im RIS seit

29.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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