TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/20 96/15/0027

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Veröffentlicht am 20.11.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §184 Abs1;
UStG 1972 §11 Abs1 Z1;
UStG 1972 §11;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;
UStG 1972 §12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der F OHG in D, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 14. Dezember 1995, Zl. 1221-6/95, betreffend Umsatzsteuer 1988 und 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende OHG brachte zum 30. September 1986 gemäß Art. III Strukturverbesserungsgesetz ihren (Teil)Betrieb in die R-GmbH - sie war deren alleinige Gesellschafterin - ein. In diesem Zusammenhang übernahm die R-GmbH das Personal der Beschwerdeführerin; die Abfertigungslasten gingen auf die R-GmbH über, die Beschwerdeführerin verpflichtete sich dieser gegenüber zur Vergütung von tatsächlich zu leistenden Abfertigungen.

Die R-GmbH verrechnete die von ihr in den Jahren 1988 und 1989 geleisteten Abfertigungszahlungen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer an die Beschwerdeführerin, die diesen Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer geltend machte. Bei Erlassung der Bescheide betreffend Umsatzsteuer 1988 und 1989 anerkannte das Finanzamt diese Beträge nicht als Vorsteuern. Zur Begründung führte es aus, anläßlich der Erstellung der Bilanzen zum 30. September 1988 und zum 30. Juni 1989 seien bei der Beschwerdeführerin sowie bei der R-GmbH Umbuchungen vorgenommen worden, aufgrund derer die R-GmbH geleistete Abfertigungszahlungen samt einem Umsatzsteuerzuschlag an die Beschwerdeführerin weiterverrechnet habe. Bei der Beschwerdeführerin könne der Vorsteuerabzug aus mehreren Gründen nicht anerkannt werden. Es sei keine Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1972 erstellt worden. Die Weiterbelastung von Geldzahlungen durch die R-GmbH an die Beschwerdeführerin mittels Jahresabschlußbuchungen sei zudem ein umsatzsteuerfreier Vorgang. Es bestehe auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den steuerpflichtigen Liefergeschäften der R-GmbH und der in Rede stehenden Weiterbelastung von Abfertigungszahlungen.

In der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide brachte die Beschwerdeführerin vor, die R-GmbH führe einen Textilerzeugungsbetrieb und sei daher Unternehmer im Sinne des UStG. Sie habe diesen Betrieb von der Beschwerdeführerin erworben und dabei deren Dienstnehmer übernommen. Den beiden Gesellschaften sei bewußt gewesen, daß die R-GmbH bei nichtzufriedenstellender Absatzentwicklung Dienstnehmer abbauen müsse, deren Abfertigungsansprüche sodann aber in den Betriebseinnahmen der R-GmbH keine Deckung fänden. Aus diesem Grunde habe sich die Beschwerdeführerin bereit erklärt, jährliche Kostenvergütungen in Höhe der Abfertigungszahlungen der R-GmbH in einer Übergangsphase zu leisten, damit die R-GmbH den Betrieb mit voller Belegschaft übernehmen und in der Folge die Personalstruktur der Marktentwicklung anpassen könne. Die R-GmbH habe somit in der Fortführung des Gesamtbetriebes mit voller Belegschaft und Übernahme der Abfertigungslasten eine Leistung gegenüber der Beschwerdeführerin erbracht, die der Umsatzsteuer zu unterziehen sei.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe Vorsteuern aufgrund eines Buchungsbeleges geltend gemacht. Aus diesem Buchungsbeleg sei weder der Rechnungsaussteller noch der Rechnungsempfänger ersichtlich; dieser Beleg könne daher nicht als Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1972 angesehen werden. Der Vorsteuerabzug könne somit schon deshalb nicht anerkannt werden, weil keine Rechnung vorliege.

Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie führte aus, es liege zwar bisher eine formelle Rechnung nicht vor, weil der Vorsteuerabzug aufgrund einer Buchungsanweisung geltend gemacht worden sei. Abgesehen vom Namen und der Anschrift des leistenden Unternehmers beinhalte diese Buchungsanweisung aber alle wesentlichen Informationen einer umsatzsteuergerechten Faktura. Die R-GmbH habe aufgrund dieser Buchungsanweisung die Umsatzsteuer berechnet und an das Finanzamt abgeführt. Zwischen den Vertragspartnern habe auch ohne namentliche Anführung des leistenden Unternehmers kein Zweifel über dessen Identität bestanden. Im übrigen könne der Mangel einer umsatzsteuergerechten Faktura jederzeit saniert werden.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Das Vorliegen einer Rechnung im Sinn des § 11 UStG sei materiell-rechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzuges. Eine derartige Rechnung liege nicht vor. Der Vorsteuerabzug stehe überdies auch deshalb nicht zu, weil es keine umsatzsteuerpflichtige Leistung der R-GmbH an die Beschwerdeführerin gebe. Bei der Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft erbringe diese insofern Leistungen, als sie Schulden übernehme und damit den Einbringenden von Verbindlichkeiten entlaste. Die in Rede stehende Übernahme von Abfertigungslasten stelle jedoch keine Leistungserbringung dar. Der von der Beschwerdeführerin geleistete Ersatz von Abfertigungszahlungen sei als Einlage in die R-GmbH anzusehen. Da die Übernahme der Abfertigungslasten gegen Ersatz der Kosten der Abfertigungszahlungen mit der Einbringung des Textilerzeugungsbetriebes, also einem Vorgang im Sinne des Art. III Strukturverbesserungsgesetz in Zusammenhang stehe, liege überdies ein nicht steuerbarer Vorgang im Sinne des Art. VI Strukturverbesserungsgesetz vor.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Gemäß § 11 Abs. 3 leg. cit. ist dabei jede Bezeichnung ausreichend, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Unternehmers ermöglicht.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 24. April 1996, 94/13/0133, 0134, ausgesprochen, in einer Rechnung im Sinne des § 11 USt 1972 müsse sowohl der richtige Name als auch die richtige Adresse angegeben sein; auch die Angabe "nur" einer falschen Adresse könne daher nicht als ein dem Vorsteuerabzug nicht hinderlicher Formalfehler angesehen werden. Angesichts des klaren Wortlautes des Gesetzes sieht sich der Verwaltungsgerichtshof durch die vorliegende Beschwerde nicht zu einem Abgehen von seiner Rechtsprechung veranlaßt. Auch wenn Name und Anschrift des leistenden Unternehmers dem Leistungsempfänger bekannt sind und der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführt, kann der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nicht geltend machen, bevor eine dem § 11 UStG 1972 entsprechende, sohin auch den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers aufweisende Rechnung vorliegt. Soweit die Beschwerdeführerin auf die hg. Rechtsprechung zur Schätzung von Vorsteuern verweist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1988, 84/13/0279, Slg. NF 6333/F), so ist ihr entgegenzuhalten, daß auch nach dieser Rechtsprechung eine Schätzung des Betrages der zu berücksichtigenden Vorsteuern voraussetzt, daß im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung die Ausstellung von Rechnungen im Sinn des § 11 UStG 1972 als erwiesen angenommen werden kann.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß eine Rechnung, die die Merkmale des § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 aufweist, nicht vorliegt. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, daß die belangte Behörde den Abzug der in Rede stehenden Vorsteuern nicht anerkannt hat.

Im übrigen sei auf folgendes hingewiesen:

Die Frage, ob die R-GmbH mit der Übernahme der Dienstnehmer

unter Anrechnung der Vordienstzeiten (iSd § 23 Abs. 3 Angestelltengesetz) gegen Ersatz bestimmter Abfertigungszahlungen durch die Beschwerdeführerin eine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung erbracht hat, braucht im gegebenen Zusammenhang nicht beantwortet zu werden, weil diese Übernahme jedenfalls in den Vorgang nach Art. III Strukturverbesserungsgesetz eingebettet ist, sodaß sie selbst dann, wenn darin eine Leistung iSd UStG erblickt würde, gemäß Art. VI § 13 Abs. 1 Strukturverbesserungsgesetz nicht steuerbar wäre.

Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in Anbetracht des Fehlens einer Rechnung nicht in ihren Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996150027.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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