TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/3 G314 2240415-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2021
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Entscheidungsdatum

03.09.2021

Norm

ASGG §79
B-VG Art133 Abs4
GebAG §3 Abs1
GebAG §6 Abs1
GebAG §9 Abs1

Spruch


G314 2240415-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX in XXXX, vertreten durch Mag. Petra KUPFNER und andere (Kammer für Arbeiter und Angestellte für XXXX, Außenstelle XXXX), gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts XXXX vom XXXX, wegen Kostenersatz nach § 79 ASGG (Grundverfahren: XXXX des Landesgerichts XXXX) zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Transportkosten vom XXXX.2021 abgewiesen (statt zurückgewiesen) wird.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) erhob gegen den Bescheid vom XXXX .2020, mit dem die Pensionsversicherungsanstalt seinen Antrag auf Gewährung einer Invaliditätspension abgelehnt hatte, am XXXX.2020 Klage beim Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht. Gleichzeitig beantragte er, allfällige Untersuchungen in seiner Wohnung durchzuführen oder ihm die Kosten für seinen Transport mit der Rettung oder einem anderen Krankentransportfahrzeug zu ersetzen, weil er seit einem Schädelbruch mit Hirnblutung kein Fahrzeug mehr lenken dürfe und ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel – auch in Begleitung – nicht zumutbar sei.

Im Verfahren XXXX des Landesgerichts XXXX wurde der BF daraufhin im Auftrag des Gerichts am XXXX.2020 vom Sachverständigen XXXX in XXXX, am XXXX.2020 vom Sachverständigen XXXX in XXXX und am XXXX.2020 vom Sachverständigen XXXX in XXXX untersucht.

Am XXXX.2020 beantragte der BF den Ersatz der Reisekosten für die Befundaufnahmen am XXXX.2020 und am XXXX.2020. Diese wurden am XXXX.2020 – ausgehend von der Anreise von seinem Wohnort (XXXX) zu den Untersuchungsorten mit öffentlichen Verkehrsmitteln - mit EUR 106,80 (EUR 45,60 für den Termin am XXXX.2020 und EUR 61,20 für den Termin am XXXX.2020) bestimmt und aus Amtsgeldern an ihn überwiesen. Am XXXX.2020 beantragte der BF den Ersatz der Reisekosten für die Befundaufnahme am XXXX.2020. Diese wurden am XXXX.2020 – ausgehend von der Anreise von seinem Wohnort zum Untersuchungsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln – mit EUR 45,60 bestimmt und aus Amtsgeldern an ihn überwiesen.

Mit Eingabe vom 20.01.2021 beantragte der BF, ihm die Kosten der Transporte zu den Untersuchungsterminen mit dem Österreichischen Roten Kreuz (abzüglich der bereits überwiesenen Beträge) zu ersetzen, weil ihm wegen seines Gesundheitszustandes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zugemutet werden könne. Dies habe sein Hausarzt im Transportantrag entsprechend begründet. Gleichzeitig legte er zwei Rechnungen für die Krankentransporte vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die durch den Kostenbeamten vertretene Präsidentin des Landesgerichts XXXX diesen Antrag zurück, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 4 GebAG nicht erfüllt seien. Aus den im Verfahren XXXX des Landesgerichts XXXX eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich, dass dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei, sodass ihm nur die Reisekosten ausgehend von der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zustünden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des BF, mit der er beantragt, seinem Antrag stattzugeben und ihm weitere EUR 591,60 (Kosten der Transporte mit dem Österreichischen Roten Kreuz von EUR 744 abzüglich bereits erhaltener EUR 152,40) an Reisekosten zu ersetzen. Dies wird zusammengefasst damit begründet, dass ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei. Sein Hausarzt habe die Anreise zu den Untersuchungsterminen mit Rettungstransporten befürwortet.

Die Präsidentin des Landesgerichts XXXX legte die Beschwerde samt den relevanten Aktenbestandteilen dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.

Mit Eingabe vom 11.08.2021 legte der BF dem BVwG auftragsgemäß einen Nachweis für die Zahlung der begehrten Transportkosten vor. Der weiteren Aufforderung, die Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln wegen körperlicher Gebrechen nachzuweisen, kam er insoweit nach, als er einen Transportantrag seines Hausarztes vom XXXX.2020 (der inhaltlich den Anträgen für die gegenständlichen Transporte, die er nicht mehr habe, entspreche) vorlegte. Er brachte ergänzend vor, dass er keinen aktuellen Behindertenpass habe. Seit einem Schädel-Hirntrauma mit Hirnblutungen im XXXX 2019 leide er an einer Geruchs- und Geschmacksstörung, starkem Schwindel, Wortfindungsstörungen und Vergesslichkeit. Er habe das Gehen und Sprechen wieder erlernen müssen und immer wieder epileptische Anfälle erlitten. Er dürfe kein Fahrzeug lenken, sei nicht reisefähig und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei ihm (auch in Begleitung) nicht zumutbar.

Feststellungen:

Der BF wurde zu den Untersuchungen durch die im Verfahren XXXX des Landesgerichts XXXX bestellten Sachverständigen am XXXX.2020 und am XXXX.2020 in XXXX sowie am XXXX.2020 in XXXX jeweils von seinem Wohnort in XXXX aus mit Krankentransporten des Österreichischen Roten Kreuzes transportiert. Dafür entstanden ihm Kosten von insgesamt EUR 744.

Dem BF kann trotz seiner körperlichen Gebrechen die Benützung von Massenbeförderungsmitteln zugemutet werden.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Landesgerichts XXXX und des Gerichtsakts des BVwG.

Aus den vom BF vorgelegten Rechnungen geht hervor, dass er zu den Untersuchungen jeweils mit Krankentransporten des Roten Kreuzes anreiste. Dies ergibt sich auch aus dem Gutachten XXXX vom XXXX.2020 („Der Kläger wurde mittels Rettungstransport zur Untersuchung gebracht. Der Rettungstransport wurde durch den Hausarzt indiziert und befürwortet.“). Laut dem Gutachten XXXX vom XXXX.2020 soll der BF mit dem Zug zur Untersuchung gekommen sein. Dabei handelt es sich offenbar um einen Irrtum, auf den der BF auch in der Beschwerde hinweist.

Die Kosten der Krankentransporte gehen aus den vom BF vorgelegten Rechnungen und dem Überweisungsbeleg vom 26.02.2021 hervor. Er bestätigt in der Beschwerde (im Einklang mit dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten), dass er für die Begutachtungen bereits EUR 152,40 an Reisekosten erhalten hat.

Der BF hat nach eigenen Angaben keinen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel“. Auch andere Beweisergebnisse, aus denen sich ergeben würde, dass ihm zur Zeit der Untersuchungen die Benützung von Massenbeförderungsmitteln nicht zumutbar war, liegen nicht vor.

Die von ihm in der Beschwerde angegebenen Gebrechen (Geruchs- und Geschmacksstörung, Schwindel, Wortfindungsstörungen und Vergesslichkeit nach Schädel-Hirntrauma mit Hirnblutungen) führen nicht ohne weiteres zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, ebensowenig die Erkrankungen, die sich aus den in den im Verfahren XXXX des Landesgerichts XXXX eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten ergeben (koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck, Übergewicht, Nikotinabusus, chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit Schmerzen und altersentsprechenden Abnützungen, Schulterengpasssyndrom, Knorpelaufbrauch der Hüftgelenke und der Kniescheiben, Senk-Spreizfuß mit steifer Großzehe links, Verdacht auf klinisch geringgradiges Psychosyndrom bei Zustand nach Schädel-Hirntrauma mit Subarachnoidalblutung und Subduralhämatom, symptomatische Epilepsie, Verstimmungszustand). Aus dem zusammenfassenden Gutachten vom XXXX.2020 und aus dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom XXXX.2020 ergibt sich vielmehr ausdrücklich, dass dem BF aus medizinischer Sicht die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln grundsätzlich zumutbar ist. Dies entspricht auch dem von den Sachverständigen festgestellten Leistungskalkül des Klägers. Der Einschätzung des Hausarztes des BF im Transportantrag vom XXXX.2020, wonach die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei, kann angesichts dieser von medizinischen Sachverständigen nach Untersuchung des BF getroffenen Festlegung nicht gefolgt werden. Andere Nachweise für die behauptete Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln liegen nicht vor.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 79 Abs 1 ASGG hat ein Versicherter in Sozialrechtssachen in sinngemäßer Anwendung der für Zeugen geltenden Bestimmungen des GebAG Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Kosten und Entschädigung für Zeitversäumnis sowie auf den Entgang an Krankengeld und an Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, wenn er zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, ohne vorher vom Gericht ausdrücklich die Mitteilung erhalten zu haben, dass sein Erscheinen nach dem Verfahrensstand nicht erforderlich ist (Z 1), trotz der Mitteilung nach der Z 1 zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, aber sein Erscheinen doch erforderlich war (Z 2) oder auf Anordnung des Gerichts anderenorts erschienen ist (Z 3).

Gemäß § 3 Abs 1 GebAG umfasst die Zeugengebühr den Ersatz der notwendigen Reise- und Aufenthaltskosten (Z 1) und die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit durch die Befolgung der Zeugenpflicht ein Vermögensnachteil entsteht (Z 2).

Gemäß § 6 Abs 1 GebAG umfasst der Ersatz der notwendigen Reisekosten die Kosten der Beförderung mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich grundsätzlich auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung und der Wohnung oder Arbeitsstätte, wo die Reise angetreten oder beendet wurde.

Gemäß § 9 Abs 1 GebAG sind Zeugen die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das kein Massenbeförderungsmittel ist, nur zu ersetzen, wenn ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung steht oder nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden kann und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar ist (Z 1), wenn die Gebühr bei Benützung des anderen Beförderungsmittels nicht höher ist als bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels (Z 2), wenn die Rechtssache die sofortige Vernehmung des Zeugen erfordert, dieser aber bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels zur Vernehmung nicht mehr rechtzeitig kommen könnte (Z 3), oder wenn wegen eines körperlichen Gebrechens die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zumutbar ist (Z 4). Benützt der Zeuge ein anderes Beförderungsmittel als ein Massenbeförderungsmittel, ohne dass die Voraussetzungen dafür vorliegen, gebührt ihm gemäß § 9 Abs 3 GebAG der Ersatz der Kosten, die er für die Benützung eines Massenbeförderungsmittels hätte aufwenden müssen.

Ausgehend von diesen gesetzlichen Grundlagen ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Der als Kläger in einer Sozialrechtssache nach § 79 ASGG anspruchsberechtigte BF hat sich im Auftrag des Gerichts bei mehreren medizinischen Sachverständigen zur Untersuchung eingefunden, sodass er Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Reisekosten nach dem GebAG hat. Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob ihm die Kosten für die Beförderung mit Krankentransporten zu ersetzen sind, die über die bereits erstatteten Kosten der Beförderung mit Massenbeförderungsmitteln hinausgehen. Voraussetzung dafür ist, dass einer der in § 9 Abs 1 GebAG taxativ aufgezählten Fälle vorliegt. Fallbezogen kommt dafür § 9 Abs 1 Z 4 GebAG (Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln wegen körperlicher Gebrechen) in Betracht.

Der BF leidet zwar an verschiedenen körperlichen Gebrechen, seine gesundheitlichen Probleme machen die Beförderung zu den Sachverständigenterminen mit öffentlichen Verkehrsmitteln aber nicht unzumutbar, sodass der Tatbestand das § 9 Abs 1 Z 4 GebAG nicht erfüllt ist. Da kein anderer Fall des § 9 Abs 1 GebAG vorliegt, sind ihm die begehrten Krankentransportkosten nicht zu ersetzen. Dem BF stehen vielmehr gemäß § 9 Abs 3 GebAG nur die Kosten zu, die er für die Benützung eines Massenbeförderungsmittels hätte aufwenden müssen und die er bereits erhalten hat.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen. Da der Kostenersatzantrag des BF vom XXXX.2020 im angefochtenen Bescheid inhaltlich behandelt wurde, war er richtigerweise abzuweisen und nicht zurückzuweisen. Der Spruch des angefochtenen Bescheids ist mit dieser Maßgabe zu bestätigen.

Die Durchführung einer – von keiner Seite beantragten – mündlichen Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 4 VwGVG, weil von der mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten ist.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil das Schwergewicht der Beschwerde im Tatsachenbereich lag und Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.

Schlagworte

Arbeits- und Sozialgericht Gesundheitszustand Kostenersatz öffentliche Verkehrsmittel Transportkosten Untersuchung Voraussetzungen Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G314.2240415.1.00

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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