Entscheidungsdatum
20.08.2021Norm
AsylG 2005 §70Spruch
W242 2240120-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit Mongolei, vertreten durch Caritas für Menschen in Not, 4600 Wels, Carl-Blum-Straße 3, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl-Regionaldirektion Oberösterreich vom XXXX 2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin reiste am 16.12.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom XXXX 2009 wies das (damalige) Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) ab und wies die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mongolei aus (Spruchpunkt III.).
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erkannte das BVwG am XXXX 2015, GZ: W XXXX und wies die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet ab. Gleichzeitig wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Die Beschwerdeführerin wurde vom dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Mongolisch am XXXX 2016 niederschriftlich einvernommen.
Die dadurch entstandenen Kosten stellte die Dolmetscherin im Rahmen einer Gebührennote, welche am XXXX 2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte, in Rechnung.
Mit Bescheid vom XXXX 2016 wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Des Weiteren wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Mongolei zulässig ist. Gleichzeitig wurde der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.
Mit Beschluss des BVwG vom XXXX 2016, GZ: W XXXX XXXX wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Am XXXX 2020 bestimmte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die von der Dolmetscherin geltend gemachten Kosten im Zuge eines Gebührenbestimmungsbescheides mit EUR 155,30. Der Bescheid wurde am XXXX 2020 beim Postamt hinterlegt und erwuchs am XXXX 2020 in Rechtskraft.
Mit Erkenntnis vom XXXX 2020, GZ: W XXXX XXXX gab das BVwG der Beschwerde statt und stellte fest, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG idgF iVm § 9 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig sei. Der Beschwerdeführerin wurde gemäß §§ 58 Abs. 2, 54 Abs. 1 Z 2 und 55 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ erteilt.
Am XXXX 2020 erließ des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen die Beschwerdeführerin einen Bescheid, mit dem ihr Dolmetscherleistungen von EUR 155,30 vorgeschrieben wurden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführer am XXXX 2020 fristgerecht Vorstellung und brachte im Wesentlichen vor, gemäß § 70 AsylG seien die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen von den Gebühren befreit. Weiteres seien für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten. Im Übrigen habe es zum damaligen Zeitpunkt keine Maßnahmen bzw. Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG 2005 gegeben. Die Beschwerdeführerin verfüge nunmehr über eine Aufenthaltsberechtigung.
Mit Schreiben vom XXXX .2020 forderte das Bundesamt die Beschwerdeführerin zur Stellungnahme auf. Die Zustellung des Schreibens erfolgte durch Hinterlegung am XXXX .2020.
Am XXXX 2021 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen die Beschwerdeführerin einen Bescheid hinsichtlich Vorschreibung von EUR 155,30 (entstandene Dolmetscherkosten). Der Bescheid wurde am XXXX 2021 mittels Hinterlegung zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am XXXX 2021 fristgerecht Beschwerde und beantragte unter anderem, das BVwG möge 1) den bezeichneten Bescheid ersatzlos beheben; in eventu 2) den bezeichneten Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Erlassung eines Bescheides an das Bundesamt zurückverweisen.
Begründend brachte sie zusammengefasst vor, es habe sich bei gegenständlicher Einvernahme am XXXX 2016 um eine Amtshandlung gehandelt, die im Rahmen und aufgrund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zu erfolgen hatte. Die Amtshandlung sei auf Basis des AsylG 2005 erfolgt, wonach in weiterer Folge auch die Ausnahmebestimmung des AsylG 2005 als lex specialis greife (mit Verweis auf § 70 AsylG 2005). Weiteres sei zu keinem Zeitpunkt gegen die Beschwerdeführerin eine rechtskräftig erlassene Rückkehrentscheidung aufrecht gewesen und demnach habe kein Anlass für eine Verfahrenshandlung gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG bestanden. Eine Rückkehrentscheidung sei in jenem Verfahren für dauerhaft unzulässig erklärt und ihr eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 55 Abs. 2 AsylG zugesprochen worden. Die Einvernahme sei somit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gewährung eines humanitären Bleiberechts, das in § 55 AsylG geregelt sei, gestanden.
Mit Schreiben vom XXXX 2021 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über das gegenständliche Verfahren und legte die Beschwerde samt Akt dem BVwG vor. Außerdem beantragte das Bundesamt, das BVwG möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem dargelegten Verfahrensgang und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt. Der Dolmetscherin sind aufgrund ihrer Dolmetschertätigkeit im Zuge der Einvernahme am XXXX 2016 Kosten in Höhe von EUR 155,30 entstanden.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt gründet auf dem unbedenklichen bzw. unzweifelhaften Akteninhalt. Die entstandenen Dolmetscherkosten von EUR 155,30 ergeben sich aus dem erlassenen Gebührenbestimmungsescheid.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Demnach liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
Spruchteil A)
Bezüglich des Verfahrensganges ist zunächst Folgendes vorauszuschicken:
Wie bereits dargelegt, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes abgewiesen und die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgewiesen. Dagegen erhob sie Beschwerde. Das BVwG wies die Beschwerde betreffend die Abweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz ab und verwies außerdem das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Folglich fand die gegenständliche Einvernahme der Beschwerdeführerin am XXXX 2016 statt.
Der Verwaltungsgerichthof sprach diesbezüglich in seiner Entscheidung vom 25.09.2018, Ra 2018/21/0069, aus, dass es sich bei dem (nach Zurückverweisung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005) fortgesetzten Verfahren über die Rückkehrentscheidungen um ein Verfahren handelt, das mit dem Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz eine Einheit bildet. Diese Verfahrenseinheit wird nicht dadurch durchbrochen, dass die Verfahren einerseits – zuletzt – vom VwG und andererseits vom BFA zu führen waren.
Des Weiteren ist festzuhalten, dass der Fremde nach einer Zurückverweisung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG weiterhin Asylwerber ist (keine ersatzlose Behebung der ergangenen Ausweisung gemäß § 10 AsylG sondern Fortführung des Asylverfahrens zur Prüfung einer Rückkehrentscheidung), der Antrag auf internationalen Schutz allerdings bereits rechtskräftig entschieden. Der Fremde kann daher einen neuen Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz stellen. Die Entscheidung im neuen Asylverfahren kann gemäß § 39 Abs. 2 AVG (Verbindung mehrerer Verwaltungssachen zu einer Entscheidung) mit der noch zu treffenden Rückkehrentscheidung aus dem ersten Asylverfahren verbunden werden (Böckmann-Winkler in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 75 AsylG 2005 Rz 7).
Gemäß §§ 53b iVm 53a AVG hat ein nichtamtlicher Dolmetscher Anspruch auf bestimmte Gebühren nach dem GebAG. Diese Gebühren sind Barauslagen (§ 76 Abs 1 2. Satz AVG). Die Gebühren sind im Anwendungsbereich des AVG gegenüber dem nichtamtlichen Dolmetscher mit Bescheid zu bestimmen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind Dolmetscherkosten als Barauslagen einer Behörde erst dann erwachsen, wenn sie gegenüber dem nichtamtlichen Dolmetscher mit Bescheid bestimmt sowie ausgezahlt wurden (VwGH 24.6.2003, 2001/01/0260; zur ähnlichen Rechtslage bei nichtamtlichen Sachverständigen etwa VwGH 15.11.2001, 2000/07/0282).
Gemäß § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG hat der Fremde Dolmetschkosten, die dem Bund im Rahmen von Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG entstehen, zu ersetzen. Dementsprechend regelt § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG als Sonderbestimmung zum V. Teil des AVG die Kostenfrage hinsichtlich der Dolmetscherkosten in den angeführten Verfahren.
Die Vorgängerbestimmung des § 53 BFA-VG stellt § 113 FPG aF dar (siehe VwGH 15.12.2011, 2011/18/02649) und können sowohl die zu dieser Bestimmungen ergangene Judikatur als auch die entwickelten Grundsätze zur Auslegung der aktuellen Bestimmung angewendet werden. Die Regelung des § 113 FPG aF schuf der Gesetzgeber in Reaktion auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Verschuldensfrage iSd § 76 Abs. 2 AVG. § 53 BFA-VG stellt die Nachfolgeregelung dar, die im Zuge der Einrichtung des BFA durch das FNG notwendig geworden ist. Dementsprechend ist § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG soweit als lex specialis zu § 76 AVG zu begreifen, als er eine Tragung der Dolmetscherkosten als Barauslagen iSd § 76 Abs. 1 2. Satz AVG durch den Fremden jedenfalls und unabhängig von einem verfahrenseinleitenden Antrag iSd § 76 Abs. 1 1. Satz AVG oder einem Verschulden iSd § 76 Abs. 2 AVG statuiert.
Wie bereits ausgeführt sind gemäß der der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Dolmetscherkosten als Barauslagen iSd § 76 AVG erst dann einer Behörde erwachsen, wenn diese dem Dolmetscher gegenüber mit Bescheid bestimmt, sowie ausgezahlt wurden (vgl. zB VwGH 24.6.2003, 2001/01/0260; zur ähnlichen Rechtslage bei nichtamtlichen Sachverständigen etwa VwGH 15.11.2001, 2000/07/0282). Bereits vor Fassung des § 53a Abs. 2 AVG idF BGBl. I 2013/33 (hiermit wurde ua. in § 53a Abs. 2 Satz 1 AVG die Wendung "mit Bescheid" ausdrücklich aufgenommen) ging die höchstgerichtliche Judikatur davon aus, dass die Dolmetscherkosten per Bescheid festzustellen sind, welcher ausschließlich das Verhältnis zwischen der Behörde und den Sachverständigen betrifft, was die Behörde jedoch grundsätzlich nicht daran hindert, die Gebühr (schon vor ihrer bescheidmäßigen Bestimmung) faktisch auszubezahlen (siehe Hengstschläger /Leeb, AVG § 53a AVG, Rz 15 f, sowie Rz 19; vgl. auch VwGH 19.10.2001, 98/02/0129). Die bloße Unterfertigung der Honorarnote durch das zuständige Organ (iSe Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit) ist noch keine bescheidmäßige Festsetzung der Barauslagen im Sinne des 53a AVG; dies setzt jedenfalls die rechtswirksame Verkündung oder Zustellung voraus (Erk. d. VwGH vom 19.10.2001, 98/02/01/29).
Die oa. Überlegungen müssen auch für Dolmetscherkosten iSd § 53 BFA-VG gelten, zumal die Grundsätze der §§ 74 und 75 AVG auch hier anwendbar sind und § 53 BFA-VG lediglich regelt, welche Kosten zu erstatten sind (vgl. auch Szymansky in Schrefler-König/Szymansky, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 53 BFA-VG, Anm. 1).
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in der Entscheidung vom 18.03.2021, Ro 2020/21/0009, aus, dass § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG nur jene Dolmetscherkosten erfasst, die „im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG“ entstehen, worunter zwar Verfahrenshandlungen des BFA bei der Vollziehung der im 8. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG enthaltenen Bestimmungen über die Schubhaft fallen, nicht aber auch solche im Rahmen des Verfahrens über eine Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die darauf gegründete Anhaltung.
Ob eine Partei oder eine zu vernehmende Person ausreichend sprachkundig ist, hängt von den Anforderungen des konkreten Einzelfalls ab. Es ist daher nicht erforderlich, dass die betreffende Person einwandfrei Deutsch spricht (VwGH 11.5.1990, 89/18/0163; 2.9.1992, 92/02/0162). Die Annahme hinreichender Sprachkenntnisse einer zu vernehmenden Person ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn Gewissheit besteht, dass sie alle Fragen verstehen und daher zweckentsprechend beantworten kann, die für die rechtliche Beurteilung der Sache von Bedeutung sind (VwGH 19.2.2003, 99/08/0146; 19.3.2003, 98/08/0028). Daher reicht etwa die formelhafte in der Niederschrift enthaltene Wendung „Ich habe alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen“ oder „Ein Dolmetsch war nicht erforderlich“ allein dafür nicht. Die Behörde muss sich unabhängig davon selbst Gewissheit verschaffen, ob dies auch zutrifft oder es „erforderlich“ ist (bzw. gewesen wäre), einen Dolmetscher beizuziehen (VwGH 20.12.2012, 2012/23/0007). Dementsprechend berechtigt der Umstand, dass sich eine Partei im normalen Leben hinreichend verständigen kann, noch nicht zu dem Schluss, sie sei auch in der Lage, ihr gegenüber mündlich gebrauchte (verfahrens)rechtliche Ausdrücke (z.B. „Auskunftsbegehren“ nach § 26 AuslBG) zu verstehen und die Auswirkungen ihrer Handlungen und Unterlassungen auf ihre künftige prozessrechtliche Situation zu begreifen (VwGH 22.10.2003, 2000/09/0115; VwSlg 19.363 A/2016; vgl. auch Kolonovits, Sprachenrecht 419; ferner Rz 4; Hengstschläger/Leeb, AVG § 39a Rz 7).
§ 70 AsylG normiert, dass die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen von den Gebühren befreit sind. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten. Die Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen gilt auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Gebührenbefreiung für Verfahren nach dem AsylG 2005 bleibt weiterhin bestehen. Von der Gebührenbefreiung umfasst sind nach dem Gesetzestext („Verfahren nach diesem Bundesgesetz“) durch die Implementierung der Anträge auf Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen aus dem NAG in das AsylG 2005 auch Verfahren, in denen ein Antrag nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 gestellt wurde (Böckmann-Winkler in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 70 AsylG 2005 Anm. 1). Der Begriff "Verfahren nach diesem Bundesgesetz" im Sinne des § 70 AsylG 2005 ist jedenfalls weit zu verstehen (so richtig auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016], K1 zu § 70 AsylG 2005).
Für den vorliegenden Fall ist daher Folgendes auszuführen:
Zunächst ist festzuhalten, dass das die Rückkehrentscheidung betreffende Verfahren sowie das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz (wenngleich der Antrag rechtskräftig abgewiesen wurde) eine Einheit bildeten und sohin auch nur ein Verfahren vorlag.
Wie bereits im Verfahrensgang festgehalten, verwies das BVwG unter anderem das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Infolgedessen fand die Einvernahme der Beschwerdeführerin am XXXX 2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdeführerin (mit Verweis auf die oben zitierte Literatur) im Sinne des § 75 Abs. 20 AsylG Asylwerberin, auch wenn ihr Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde. Folglich wurde das Asylverfahren zur Prüfung einer Rückkehrentscheidung seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl fortgeführt.
Insofern stand die Einvernahme am XXXX 2016 zwar im Zusammenhang mit der Prüfung einer Rückkehrentscheidung, dies jedoch weiterhin im Rahmen des fortzuführenden Asylverfahrens.
Der Umstand, dass zunächst ein den Antrag auf internationalen Schutz abweisender Bescheid seitens der Behörde erging, sodann das BVwG in weiterer Folge den Bescheid bezüglich der Abweisungen bestätigte und das Verfahren zwecks Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwies, wird unter Berücksichtigung der oben zitierten Entscheidung des VwGH, Ra 2018/21/0069, insofern relativiert, als es sich bei dem fortgesetzten Verfahren über die Rückkehrentscheidung um ein Verfahren handelte, das mit dem Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz eine Einheit bildete.
Im Ergebnis handelte es sich bei der Einvernahme der Beschwerdeführerin am XXXX 2016 im Sinne des § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG somit nicht um eine Verfahrenshandlung des 7. und 8. Hauptstückes des FPG. Gegenständlich lag ein Asylverfahren vor, das im Hinblick auf die Prüfung einer Rückkehrentscheidung fortzuführen war. Die Rückkehrentscheidung, insb. die zu diesem Zweck vorgenommene Einvernahme, darf hierbei nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss – aufgrund der Verfahrenseinheit – vielmehr als Bestandteil des fortzusetzenden Asylverfahrens verstanden werden.
Demnach kann auch der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Behauptung, es habe sich gegenständlich um ein Verfahren nach dem AsylG gehandelt und daher komme die Regelung des § 70 AsylG zur Anwendung, gefolgt werden. So lässt sich dieses Vorbringen auch mit den oben angeführten Überlegungen, wonach der Fremde trotz Zurückverweisung Asylwerber bleibt und das Asylverfahren zur Prüfung der Rückkehrentscheidung fortzuführen ist, in Einklang bringen.
Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte im gegenständlichen Fall eine mündliche Verhandlung unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der Aktenlage zweifelsfrei feststeht, der vorliegende Sachverhalt von den Verfahrensparteien nicht bestritten wird, es auf den persönlichen Eindruck der Beschwerdeführerin hier nicht ankommt, eine Verhandlung keine weitere Erkenntnisse erwarten lässt und im gegenständlichen Verfahren lediglich eine Rechtsfrage zu klären war.
Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist.
Schlagworte
Anhängigkeit Asylverfahren Barauslagen Behebung der Entscheidung Dolmetschgebühren ersatzlose Behebung Gebührenbefreiung VerfahrensfortsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W242.2240120.1.00Im RIS seit
29.10.2021Zuletzt aktualisiert am
29.10.2021