TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/10 W201 2240276-1

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Veröffentlicht am 10.09.2021
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Entscheidungsdatum

10.09.2021

Norm

B-GlBG §18a
B-GlBG §19a
B-GlBG §19b
B-GlBG §4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W201 2240276-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstr. 22-24/4/9, gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, vom 04.01.2021, GZ XXXX , zu Recht erkannt:

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) richtete am 11.02.2009 an die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (nunmehr BVAEB) (im Folgenden belangte Behörde) folgenden Antrag:

„..auszusprechen, dass der Bund dem Beschwerdeführer für die persönliche Beeinträchtigung, die er bei der Gewährung der Arbeitsbedingungen und der Festsetzung des Entgeltes durch die auf Grund seiner sexuellen Orientierung diskriminierenden Vorenthaltung von Ruhebezügen erlitten habe, eine Entschädigung idHv EUR 50.000,--samt 4% Zinsen seit 11.02.2009 zu bezahlen hat.“

2. Mit dem im gegenständlichen Fall bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass das Bundesgleichbehandlungsgesetz (B-GlBG) zwar bei bestimmten Sachverhalten das Eintreten der Rechtsfolge einer Entschädigung für erlittene persönliche Beeinträchtigung vorsehe, jedoch keine Regelungen, die eine Entschädigung wegen Festsetzung eines zu geringen Ruhebezuges des Beamten/der Beamtin beinhalten.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, er sei als damals im Aktivstand befindlicher Polizeibeamter am 10.09.1974 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien ausschließlich auf Grund des versuchten Deliktes nach § 129 Abs. 1 Strafgesetz, StGBl. Nr. 25/1945 (StG), der Vorgängerbestimmung des inhaltlich identen späteren § 209 Strafgesetzbuch, BGBl. 60/1974 (StGB), zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Diese Verurteilung sei vom Oberlandesgericht Wien am 19.11.1974 bestätigt worden.

Auf Grund dieser strafgerichtlichen Verurteilung habe die erstinstanzliche Disziplinarbehörde am 10.06.1975 die Disziplinarstrafe der Versetzung in den dauernden Ruhestand mit gemindertem Ruhegenuss verhängt, wobei der Abzug von dem ihm normalerweise gebührenden Ruhegenuss mit 25 Prozent festgesetzt worden sei. Diese Strafe sei mit Bescheid der Disziplinaroberkommission vom 23.04.1976 bestätigt worden.

In der Folge habe der EGMR erkannt, dass der mit § 129 Abs. 1 StG idente § 209 StGB Art. 8 und 14 EMRK verletze und der Verfassungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 21.06.2002 § 209 StGB als grundrechtswidrig aufgehoben.

Dennoch leide der BF nach wie vor an den aufrecht erhaltenen Folgen des im Instanzenzug ergangenen Disziplinarerkenntnisses. Ohne das antihomosexuelle Sonderstrafgesetz des § 129 StG (idF des StrÄG 1971) hätte der BF nicht angeklagt und verurteilt sowie auch nicht disziplinär bestraft und in den dauernden Ruhestand versetzt werden können. Geltend gemacht würden Ansprüche, im Zusammenhang mit der laufenden Pensions(geld)leistung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF wurde am 10.09.1974 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien für schuldig befunden, er habe am 25.02.1974, als Person männlichen Geschlechts, die das 18. Lebensjahr vollendet habe, mit Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben indem er den am XXXX geborenen B und den am XXXX geborenen C, zur Vornahme einer Handonanie aufgefordert habe. Der BF wurde wegen versuchter gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Jugendlichen strafrechtlich verurteilt. Dieses Urteil ist, nachdem das OLG Wien einer Berufung nicht Folge gab, in Rechtskraft erwachsen.

Da sich der BF zum damaligen Zeitpunkt als aktiver Polizeibeamter im Bundesdienst befand, wurde gegen den BF ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der BF wurde für schuldig befunden, seine Standespflichten dadurch verletzt zu haben, dass er am 25.02.1974 gegen Abend, außer Dienst, im Wiener Prater den 15-jährigen C sowie den 14-jährigen B zur Vornahme einer sogenannten Handonanie an ihm aufgefordert habe, weshalb er wegen Verbrechens der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den §§ 8, 129 I. STG verurteilt wurde. Er habe dadurch ein Dienstvergehen (§87 DP) begangen und es werde daher über ihn die Disziplinarstrafe der Versetzung in den dauernden Ruhestand mit gemindertem Ruhegenuss verhängt und der Abzug von dem normalen Ruhegenuss mit 25% festgesetzt (§93 Abs 1 lit d iVm §97 Abs 1 DP). Der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung des BF wurde durch die Disziplinaroberkommission keine Folge gegeben, die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Mit Erkenntnis vom 28.02.2019, Ra 2016/12/0072-11 sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Minderung der Ruhebezüge des BF um 25% ab dem 03.12.2003 zur Gänze zu entfallen habe.

Mit Bescheid vom 24.03.2021 stellte die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau unter Spruchpunkt 2.) fest, dass der 25 %-ige Abschlag von Ruhegenuss und der Ruhegenusszulage mit Wirkung ab 07/2002 entfällt und setzte den Ruhebezug neu fest.

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt ergibt sich aus den vorliegenden Auszügen des Personalaktes des BF, dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem Gerichtsurteil sowie dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da diese nicht anderes bestimmen, liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zum Spruchpunkt I:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG), BGBl. Nr. 100/1993 idgF lauten wie folgt:

"Gleichbehandlungsgebote im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis

§ 4. Auf Grund des Geschlechtes - insbesondere unter Bedachtnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat - darf im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gemäß § 1 Abs. 1 niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1.       Bei bei der Festsetzung des Entgelts,

2.       der Begründung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses,

3.       Bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen,

4.       Bei Maßnahmen der ressortinternen Aus- und Weiterbildung,

5.       beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen),

6.       bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und

7.       bei der Beendigung des Dienst- und Arbeitsverhältnisses.

[...]

Beruflicher Aufstieg von Beamtinnen und Beamten

§ 18a. (1) Ist eine Beamtin oder ein Beamter wegen einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 4 Z 5 oder § 13 Abs. 1 Z 5 nicht mit einer Verwendung (Funktion) betraut worden, so ist der Bund zum Ersatz des Vermögensschadens und einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet.

(2) Der Ersatzanspruch beträgt, wenn die Beamtin oder der Beamte

1. bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre, die Bezugsdifferenz für mindestens drei Monate, oder

2. im Verfahren für den beruflichen Aufstieg diskriminiert worden ist, aber die zu besetzende Planstelle wegen der besseren Eignung der oder des beruflich aufgestiegenen Bediensteten auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätte, die Bezugsdifferenz bis zu drei Monate

zwischen dem Monatsbezug, den die Beamtin oder der Beamte bei erfolgter Betrauung mit der Verwendung (Funktion) erhalten hätte, und dem tatsächlichen Monatsbezug.

[...]

Mehrfachdiskriminierung

§ 19a. Liegt eine Mehrfachdiskriminierung aus in § 4 oder § 13 Abs. 1 genannten Gründen vor, so ist darauf bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung Bedacht zu nehmen.

Erlittene persönliche Beeinträchtigung

§ 19b. Die Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung ist so zu bemessen, dass dadurch die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird und die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist sowie solche Diskriminierungen verhindert."

Mit seinem im Rahmen der vorliegenden Beschwerde neuerlich modifizierten Antrag auf Entschädigung für erlittene persönliche Beeinträchtigung aufgrund seiner sexuellen Orientierung sowie nunmehr auch aufgrund seines Geschlechts durch die diskriminierende Vorenthaltung von Ruhebezügen macht der BF Ansprüche geltend, die in den Vollzugsbereich der Pensionsbehörde fallen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgehalten hat, geht das BDG 1979 nach seiner Systematik vom komplementären Begriffspaar "Beamter des Dienststandes" und "Beamter des Ruhestandes" aus und umschreibt damit einen jeweils unterschiedlichen Status innerhalb eines aufrechten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, das grundsätzlich auf Lebenszeit angelegt ist. Ein Beamter ist entweder Beamter des Dienststandes oder Beamter des Ruhestandes, er kann nicht beides gleichzeitig sein. Das Ausscheiden aus dem Dienststand bei Aufrechterhaltung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses bedeutet daher die Begründung der Eigenschaft als Beamter des Ruhestandes. Das BDG 1979 grenzt nämlich unter Verwendung anderer Begriffe den Fall der Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses klar von der Ruhestandsversetzung ab (vgl. hierzu etwa VwGH 8.11.1995, VwSlg. 14.355 A/1995). Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis (einschließlich des Ruhestandsverhältnisses) und Rechtsverhältnisse im Rahmen des Sozialversicherungswesens zählen zu grundlegend verschiedenen Rechtsgebieten (vgl. VwGH 17.8.2000, 98/12/0489).

Daraus folgt, dass der Ruhebezug nach innerstaatlichem Recht als Fortzahlung eines Entgelts im Rahmen eines nach Übertritt des Beamten in den Ruhestand weiterbestehenden Dienstverhältnisses anzusehen ist. Der Umstand, dass im hier vorliegenden Fall die Ruhestandsversetzung als Folge eines Disziplinarerkenntnisses eintrat, ändert am Fortbestand des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Ruhestandsverhältnis nichts (vgl. VwGH 28.02.2019, Ra 2016/12/0072).

Wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid richtig ausführte, sind durch sie ausschließlich die Umstände des Ruhestandes zu prüfen. Grundlage dieser Prüfung ist das oben zitierte Gleichbehandlungsgesetz.

Aus den Regelungen des 3. Hauptstückes (Gemeinsame Bestimmungen für das 1. Und 2. Hauptstück), 1. Abschnitt (Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes, Begründung eines Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses) geht in Zusammenschau mit den Bestimmungen des 1. Und 2. Hauptstückes ganz eindeutig hervor, dass im Rahmen des B-GlBG ausschließlich aktive Dienstverhältnisse eine Regelung erfahren sollten jedoch keine Ruhestandsverhältnisse. Dies ist insbesondere aus § 18a Abs. 2 ersichtlich, wonach der Ersatzanspruch eines Beamten mit der Bezugsdifferenz von mindestens drei Monaten zwischen dem Monatsbezug, den der Beamte bei erfolgter Betrauung mit der Verwendung (Funktion) erhalten hätte, und dem tatsächlichen Monatsbezug beträgt. Die Begrenzung mit der Ruhestandsversetzung ergibt sich daraus, dass das B-GlBG nur auf eine Differenz zum tatsächlichen Monatsbezug iSd § 3 Abs. 2 GehG 1956 abstellt und nicht auch auf Pensionsansprüche (vgl. BVwG W221 2220963-1, 11.01.2021).

Da bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.03.2021, basierend auf dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, festgestellt wurde, dass der 25%-ige Abschlag auf den Ruhebezug des BF mit 01.07.2002 zu entfallen hat, liegt eine Diskriminierung aufgrund der Vorenthaltung von Ruhebezügen auch nicht mehr vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

§ 24 VwGVG bestimmt Folgendes:

(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2.         die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar beantragt das Bundesverwaltungsgericht hält eine solche jedoch nicht für erforderlich:

Die Schriftsätze der Parteien des gegenständlichen Verfahrens und die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Akten lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der Sachverhalt ist im vorliegenden Fall unstrittig, strittig ist ausschließlich dessen rechtliche Beurteilung.

Auch im Lichte des Art 6 EMRK und/oder Art 47 GRC erscheint eine mündliche Verhandlung nicht geboten:

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. die Entscheidung vom 5. September 2002, Fall SPEIL v. Austria, Appl. 42057/98) kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zwar dann ausnahmsweise als mit der EMRK vereinbar angesehen werden, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. hierzu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 2009, 2008/07/0015). Solche besonderen Umstände nimmt der EGMR an, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnte ("where the facts are not disputed and a tribunal is only called upon to decide on questions of law of no particular complexity, an oral hearing may not be required under Article 6 § 1").

Außergewöhnliche Umstände wurden vom EGMR beispielsweise bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche dann angenommen, wenn solche Umstände vorliegen, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29).

Zum Spruchpunkt II:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu der es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Schlagworte

Beamter Diskriminierung Disziplinarstrafe Gleichbehandlung Pension Revision zulässig Ruhestand sexuelle Orientierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W201.2240276.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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