TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/16 95/18/1100

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.1997
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §71;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. April 1995, Zl. 300.669/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. April 1995 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Erstbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG "zurück".

Der Beschwerdeführer habe bei der Erstbehörde einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt; diese habe den Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

Gegen den Erstbescheid habe der Beschwerdeführer im wesentlichen eingewendet, daß er keine Verständigung von der Hinterlegung eines Schriftstückes beim zuständigen Postamt in seinem Hausbrieffach vorgefunden hätte. Deshalb hätte er auch dem Verbesserungsauftrag der Erstbehörde nicht fristgerecht nachkommen können.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG würden Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung ermächtigen. Die Behörde habe vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen werde. Werde das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gelte das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Dem Beschwerdeführer sei von der Erstbehörde ein Verbesserungsauftrag vom 24. Jänner 1994 durch Hinterlegung am 28. Jänner 1994 beim zuständigen Postamt und somit rechtswirksam zugestellt worden. Diesem Verbesserungsauftrag habe der Beschwerdeführer nur teilweise Folge geleistet, indem er eine Lohnbestätigung (ausgestellt am 14. Februar 1994) und eine Geburtsurkunde in Kopie (ausgestellt am 16. Februar 1994 vom Standesamtsverband Salzburg) beigebracht habe. Der Beschwerdeführer sei somit dem Auftrag, die Formgebrechen zu beheben, nicht (vollständig) nachgekommen. Durch die teilweise Vorlage der geforderten Unterlagen sei auch seine Behauptung, niemals von einem Verbesserungsauftrag Kenntnis erlangt zu haben, widerlegt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorweg ist anzumerken, daß die belangte Behörde erkennbar die Intention hatte, die Berufung des Beschwerdeführers nach § 66 Abs. 4 AVG "abzuweisen" - und nicht, wie geschehen, "zurückzuweisen".

Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt nämlich keinen Zweifel daran, daß die belangte Behörde vorliegend im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG "in der Sache selbst" (wobei "Sache" die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung war), und zwar in einem die Entscheidung der Erstbehörde bestätigenden Sinn entschieden hat. Dementsprechend hätte der Spruch des angefochtenen Bescheides auf Abweisung der Berufung zu lauten gehabt. Bei der spruchgemäßen Zurückweisung der Berufung handelt es sich somit um ein bloßes Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis, daß tatsächlich eine meritorische Erledigung in Form einer Abweisung des Rechtsmittels vorliegt.

2. Gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer dem Verbesserungsauftrag (vgl. Punkt I.1.) nur teilweise nachgekommen sei und diesem damit nicht entsprochen habe, bestehen aufgrund der unbestritten gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen keine Bedenken.

3. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, er habe in seinem Hausbrieffach keine Verständigung von der postalischen Hinterlegung des Verbesserungsauftrages vorgefunden; hätte er eine solche vorgefunden, dann hätte er den hinterlegten Verbesserungsauftrag abgeholt. Aus dem mängelfreien Rückschein ergeben sich aber keine Hinweise auf einen eventuellen Zustellmangel; ein solcher wurde vom Beschwereführer im übrigen auch nicht in substantiierter Weise behauptet. Dem dem Verwaltungsakt einliegenden Rückschein läßt sich entnehmen, daß der Verbesserungsauftrag dem Beschwerdeführer im Wege der Hinterlegung - somit auch unter Hinterlassung einer Verständigung - zugestellt wurde. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß er diese Verständigung nicht vorgefunden habe, kann keine Rechtswidrigkeit der nach § 17 des Zustellgesetzes vorgenommenen Zustellung des Verbesserungsauftrages aufzeigen, ist doch nach § 17 Abs. 4 des Zustellgesetzes eine solche Zustellung auch dann gültig, wenn die Verständigung von der Hinterlegung (vgl. § 17 Abs. 2 leg. cit.) beschädigt oder entfernt wurde (vgl. dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996, S. 1261, zu § 17 Abs. 4 angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

4. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, daß die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügen, im Fall einer relativ geringfügigen Versäumung der

- materiellrechtlichen - Frist zur Antragstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung des durch § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes geschaffenen Regelungssystems dem zweiten Satz der zuletzt genannten Vorschrift zu unterstellen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/18/0366), auf die Versäumnis einer - verfahrensrechtlichen - Frist nach § 13 Abs. 3 AVG nicht zum Tragen kommt. Insoweit steht dem Beschwerdeführer - anders als bei Versäumung einer materiellrechtlichen Frist - das außerordentliche Rechtsmittel eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG offen.

5. Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Frist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995181100.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten