TE Bvwg Beschluss 2021/7/27 W195 2240664-1

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Veröffentlicht am 27.07.2021
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Entscheidungsdatum

27.07.2021

Norm

AVG §53a Abs2
AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §38
GebAG §53 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z4
VwGVG §17

Spruch


W195 2240664-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 02.11.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Dolmetscherin XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit

€ 114,10 (exklusive USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

I.1. Am 09.09.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Verfahren, XXXX , statt, an welcher die Antragstellerin in der Funktion als Dolmetscherin teilnahm und ihren Gebührenanspruch am Ende der Verhandlung dem Grunde nach geltend machte.

I.2. Am 02.11.2020 reichte die Antragstellerin beim Bundesverwaltungsgericht den folgenden schriftlichen Antrag für Dolmetscher (mündliche Verhandlung) gemäß Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) betreffend die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.09.2020 im Verfahren, XXXX nach:

Gebührennote Nr. 27

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

1 begonnene Stunde(n) á € 22,70

22,70

Mühewaltung § 54 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 5 halbe Stunde(n) á € 12,40

62,00

für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00

20,00

Reisekosten § 27ff

 

11,60 km á € 0,42

4,87

Zwischensumme

134,07

0% USt-Umsatzsteuerbefreit

 

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

134,10

I.3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 20.04.2021, XXXX mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen vor, dass dem an das Bundesverwaltungsgericht übermittelte Antrag für Dolmetscher nicht zur Gänze Folge gegeben werden könne. Der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2020, XXXX , sei zu entnehmen, dass auf die Rückübersetzung der Niederschrift verzichtet worden sei, eine Vergütung iHv € 20,00 könne daher nicht zugesprochen werden.

I.4. In der Folge konnte die Zustellung des Schriftstückes an die österreichische Adresse der Antragstellerin nicht vorgenommen werden, da die Antragstellerin ins Ausland gezogen war.

I.5. Mit E-Mail vom 04.05.2021 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die Antragstellerin um Bekanntgabe der neue Wohnadresse um eine Zustellung vornehmen zu können, woraufhin sie mit E-Mail vom 04.05.2021 ihre ausländische Adresse mitteilte und ausführte, dass es ihr aufgrund der Corona-Pandemie nicht mehr möglich gewesen sei, nach Österreich zu reisen. Ihr derzeitiger Wohnsitz befinde sich in Großbritannien. Daraufhin wurde eine erneute Zustellung des Schriftstückes XXXX , am 07.05.2021, nach Großbritannien veranlasst.

I.6. In der Folge langte kein internationaler Rückschein ein. Vor diesem Hintergrund wurde die Antragstellerin am 06.07.2021 erneut per E-Mail kontaktiert und um Auskunft gebeten, ob ihr das Schriftstück zugestellt wurde, welche am 07.06.2021 bestätigte das Schriftstück in Großbritannien erhalten zu haben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin in der Verhandlung vom 09.09.2020, XXXX , in ihrer Funktion als Dolmetscherin tätig war und den Gebührenanspruch dem Grunde nach in der Verhandlung geltend machte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren, XXXX , der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2020, der eingereichten Honorarnote vom 02.11.2020, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 20.04.2021, der Korrespondenz zwischen der Antragstellerin und dem Bundesverwaltungsgericht vom 04.05.2021 und 06.07.2021 sowie dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Zu A)

Zur beantragten Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens 20 Euro.


Bei der Verzeichnung einer Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG ist zwischen einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz und einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz zu unterscheiden. Als ein Schriftstück im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz ist jenes Dokument zu qualifizieren, welches bereits vor der Einvernahme oder Verhandlung formuliert und verfasst wurde. Wird ein solches „Schriftstück“ während der Verhandlung oder Einvernahme übersetzt, so steht dem Dolmetscher gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG zusätzlich neben der Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG die Hälfte der Gebühr (€ 7,60 pro 1000 Zeichen) für die Übersetzung dieses „Schriftstücks“ zu.

Unter einem „angefertigten Schriftstück“ iSd § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG ist hingegen jenes Dokument zu verstehen, welches erstmals während einer Vernehmung oder Verhandlung angefertigt wurde. Die Gebühr für die Übersetzung dieses, im Rahmen der Verhandlung, „angefertigten Schriftstückes“ unterliegt gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG einer Deckelung von € 20,00.

Mit der schriftlichen Gebührennote vom 02.11.2020 betreffend die mündliche Verhandlung vom 09.09.2020, XXXX verzeichnete die Antragstellerin eine Mühewaltungsgebühr iHv € 20,00 für die Rückübersetzung des Verhandlungsprotokolls. Bei der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2020 XXXX handelt es sich um ein Schriftstück im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG, allerdings ist diesem zu entnehmen, dass auf die Rückübersetzung der Niederschrift verzichtet wurde. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll: „Ich bin damit einverstanden, dass sich meine Vertretung das Protokoll durchliest und verzichte auf eine Rückübersetzung.“ Darüber hinaus wurde in der Niederschrift explizit vermerkt, dass der Beschwerdeführer auf die Rückübersetzung der Niederschrift verzichtet hat (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2020, XXXX , Seite 20).

Aufgrund der obigen Ausführungen ist daher nicht von der Übersetzung eines „während der mündlichen Verhandlung angefertigten Schriftstückes“ auszugehen (§ 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG) und kann im gegenständlichen Fall die Gebühr von € 20,00 nicht zugesprochen werden.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:


Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

1 begonnene Stunde(n) á € 22,70

22,70

Mühewaltung § 54 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 5 halbe Stunde(n) á € 12,40

62,00

Reisekosten § 27f f

 

11,60 km á € 0,42

4,87

0%-Umsatzsteuerbefreit

 

Gesamtsumme

114,07

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

114,10

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 114,10 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.


Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Mühewaltung mündliche Verhandlung Schriftstück Teilstattgebung Übersetzungstätigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2240664.1.00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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