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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs6 Z2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Bundesministers für Finanzen gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 21. Oktober 2019, LVwG-1-433/2018, betreffend Übertretungen nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn; vormals mitbeteiligte Partei: Dr. F H, vertreten durch Mag. Rainer Hochstöger, MBA, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (LVwG) wurde über den Mitbeteiligten u.a. wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes mit zehn Glücksspielgeräten eine Geldstrafe (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Das LVwG erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision des Bundesministers für Finanzen vom 2. Dezember 2019, die sich im Wesentlichen gegen die Verhängung einer Gesamtstrafe und die „Außerachtlassung der Mindeststrafsätze des § 52 Abs. 2 GSpG“ durch das LVwG wendet.
3 Der Rechtsvertreter des Mitbeteiligten teilte mit Schreiben vom 16. Jänner 2020 dem LVwG mit, dass der Mitbeteiligte am 21. November 2019 verstorben sei. Beigelegt war dieser Mitteilung eine diesbezügliches, mit „Certificate of Cremation“ überschriebenes undatiertes Schreiben eines rumänischen Krematoriums. Aus diesem ergibt sich, dass der am 21. November 2019 verstorbene Mitbeteiligte dort am 25. November 2019 eingeäschert wurde.
4 Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn am 8. April 2021 mit, dass seitens der belangten Behörde kein Interesse an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die vorliegende Revision bestehe. Weiters teilte die belangte Behörde mit, dass zu den betreffenden Geldstrafen bzw. Kosten kein Zahlungseingang verzeichnet worden sei.
5 Der Bundesminister für Finanzen teilte am 12. April 2021 mit, dass bei Ableben der mitbeteiligten Partei kein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die vorliegende Revision bestehe, zumal die aufgezeigte Rechtsfrage auch Gegenstand anderer Amtsrevisionen sei.
6 Gemäß § 14 Abs. 2 VStG erlischt mit dem Tod des Bestraften die Volltreckbarkeit der Geldstrafe und gemäß § 64 Abs. 5 VStG bzw. § 52 Abs. 6 VwGVG auch die Vollstreckbarkeit der Kosten des Strafverfahrens. Die Geldstrafe sowie die Verfahrenskosten können daher nicht bei der Verlassenschaft oder den eingeantworteten Erben eingebracht werden. Ist im Zeitpunkt des Todes des Revisionswerbers eine verhängte Geldstrafe samt Kosten noch nicht bezahlt, so ist eine gegen ein verurteilendes Erkenntnis [Anmerkung: vor dem Tod des Bestraften] erhobene Revision im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden anzusehen (vgl. VwGH 9.3.2017, Ra 2016/17/0145; 22.5.2019; Ra 2018/04/0074, 0075, jeweils mwN).
7 Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann. Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben. Diese Rechtsprechung hat auch für eine Amtsrevision Gültigkeit (vgl. VwGH 19.2.2020, Ro 2019/14/0010, mwN).
8 Im Zeitpunkt der Erhebung der Revision des Bundesministers für Finanzen war der Mitbeteiligte bereits verstorben. Eine Vollstreckung der über ihn verhängten Strafen bzw. der Verfahrenskosten war somit nicht mehr zulässig. Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. Juli 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020170001.J00Im RIS seit
02.09.2021Zuletzt aktualisiert am
02.09.2021