TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/13 LVwG-S-1601/001-2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2021
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Entscheidungsdatum

13.08.2021

Norm

EpidemieG 1950 §15
EpidemieG 1950 §40
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §1
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 2020 §18 Abs2
ÄrzteG 1998 §55

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 22. Juni 2021, ***, betreffend Bestrafung wegen Übertretung nach § 40 Abs. 2 iVm § 15 Epidemiegesetz 1950 iwVm § 13 Abs.1 und § 13 Abs.4 Z. 1 4. COVID-19-SchuMaV, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens den Betrag von € 40,-- zu leisten.

3.   Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B VG) ist nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (verhängte Geldstrafe: € 200,--; Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Behörde: € 20,--; Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich: € 40,--) beträgt
€ 260,-- und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnis einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt:

1.1.

Mit dem nunmehr vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bekämpften Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten dem nunmehrigen Beschwerdeführer angelastet, dass er am 22. Februar 2021 um 16:06 Uhr in ***, ***, am ***, im Bereich der Zufahrtsstraße zur *** als Teilnehmer einer Veranstaltung gemäß § 13 Abs.3 Ziffer 2 der 4. COVID-19-SchuMaV (Versammlung nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953), nämlich der Kundgebung „*** - ***!“ mit ca. 200 Teilnehmern, beim Betreten des Ortes der Veranstaltung zum Zweck der Teilnahme an dieser Veranstaltung, keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard getragen habe, obwohl gemäß der 4. COVID-19 Schutzmaßnahmenverordnung - 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl. II Nr. 58/2021 i.d.F. BGBl. II Nr. 76/2021 (1. Novelle zur 4. COVID-19-SchuMaV) in der Zeit vom
8. Februar 2021 bis 27. Februar 2021, beim Betreten von Orten zum Zweck der Teilnahme an Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4 bis 7, 9 und 10 ein Abstand von mindestens zwei Metern gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, einzuhalten gewesen sei und zusätzlich bei Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4 bis 7 und 9 eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen gewesen wäre. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden) verhängt und die Kosten des Verfahrens mit € 20,-- festgesetzt. Das Straferkenntnis gründete sich auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, sowie auf die Anzeige der Polizeiinspektion ***, GZ-P: *** vom 5. März 2021. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe sich der Beschwerdeführer auf ein ärztliches Maskenbefreiungsattest, welches er aber im Zuge der Kontrolle den einschreitenden Beamten nicht vorgezeigt hätte, berufen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei dann ein Attest von C vorgelegt worden, welches einen Standardtext enthalte. Es gehe weder eine genaue Erkrankung aus dem Attest hervor, noch ob sich dieses Attest auf eine ärztliche Untersuchung stütze. Mit Beschluss des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für die Steiermark vom 15. Februar 2021 sei gegen C die einstweilige Maßnahme der Untersagung der ärztlichen Berufsausübung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens verhängt worden. C sei seit dem 22. Februar 2021 nicht befugt, den ärztlichen Beruf auszuüben. Bei Attesten, die davor ausgestellt wurden, bestünden somit aufgrund eigener öffentlicher Aussagen von Frau C erhebliche Zweifel, ob dieser im Sinne des § 55 Ärztegesetz 1998 erstellt wurden, zumal das gegenständliche Attest kurz vor Ausspruch des Berufsverbotes ausgestellt worden sei und sich der Ausstellungsort rund 200 km von der Wohnadresse des Beschwerdeführers entfernt befindet. Gemäß § 55 Ärztegesetz 1998 dürfe ein Arzt ärztliche Zeugnisse nur nach gewissenhafter ärztlicher Untersuchung und nach genauer Erhebung der im Zeugnis zu bestätigenden Tatsachen nach seinem besten Wissen und Gewissen ausstellen. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, dass es am 5. Februar 2021 zu einer persönlichen Untersuchung durch Frau C in deren Ordinationssitz gekommen ist. Das vorgelegte Attest wurde somit nicht iSd
§ 55 Ärztegesetzes erstellt und mit Nichtigkeit behaftet. Der Beschwerdeführer habe daher - im Sinne des § 16 4. COVID-19-Schutzmaßnahmen-verordnung - weder dem einschreitenden Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, noch im Ermittlungsverfahren glaubhaft machen können, dass er vom Tragen einer Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard ausgenommen sei. Da der Beschwerdeführer trotz Aufforderung seine persönlichen Verhältnisse nicht bekannt gegeben habe, sei von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1.400,00 und einer Sorgepflicht für 1 Person und keinem nennenswerten Vermögen ausgegangen worden.

1.2.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde mit folgendem Wortlaut:

An die BH St. Pölten!

Ich erhebe namens meines Mandanten Beschwerde gegen den bezeichneten und beiliegenden Bescheid.

1) Begründung: ebenfalls beiliegendes Attest.

2) Feststellung hinsichtlich der Personen zu denen der geforderte Abstand nicht eingehalten wurde fehlen im

Bescheid gänzlich. Dies Verwaltungsübertretung kann somit tatsächlich nicht nachvollzogen werden.

Beantragt wird die Einstellung des Strafverfahrens.

Mit freundlichen Grüßen/Best regards

RA B“

1.3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 12. Juli 2021 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit dem Ersuchen um Entscheidung vor.

1.4. Zur Beweisaufnahme:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nahm Beweis auf durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, Zl. *** sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. August 2021, in deren Verlauf der Beschwerdeführer keine Angaben zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen machte. Er kenne Frau C schon länger. Sie sei jetzt sozusagen meine Hausärztin, da er bis jetzt keinen Hausarzt gehabt habe. Er sei zu ihr nach *** hingefahren. Dort hätten sie die Sachen besprochen und sei er untersucht und befragt worden. Dann habe sie das Attest ausgestellt. Er habe seit seiner Kindheit Allergien und Asthma. Die dazugehörigen Atteste seien bei der Stellung vor 40 Jahren einbehalten worden. Bei der Untersuchung durch Frau C habe er keine Facharztatteste bei sich gehabt. Die einzigen diesbezüglichen Atteste (Allergien, Asthma) seien damals beim Bundesheer verblieben. Er sei damals am selben Tag zur Untersuchung hin- und zurückgefahren; die Untersuchung selber habe ca. eine halbe bis dreiviertel Stunde gedauert. Laut seinem Terminbuch sei er am 5. Februar 2021 in *** gewesen. Am 22. Februar habe er das Attest bei sich gehabt. Das Attest habe er den Polizisten nicht vorgewiesen.

1.5. Feststellungen:

1.5.1. Zum „Maskenbefreiungsattest“ C:

Mit Beschluss des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für die Steiermark vom 15. Februar 2021 ist gegen C die einstweilige Maßnahme der Untersagung der ärztlichen Berufsausübung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens verhängt worden. C ist seit dem 22. Februar 2021 nicht befugt, den ärztlichen Beruf (Allgemeinmedizin) auszuüben.

Bereits im September 2020 war C auf Grund von umstrittenen Äußerungen zum Coronavirus und den dazugehörigen Maßnahmen von der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft entlassen worden.

In der Folge betrieb C eine Wahlarzt-Ordination als Allgemeinmedizinerin.

Laut seinen eigenen Angaben habe der Beschwerdeführer das folgende Attest nach einer persönlichen Besprechung, Beratung und Untersuchung (Dauer insgesamt 30 bis 45 Minuten) durch Frau C am 5. Februar 2021 folgendes Attest erhalten:

ATTEST

***, am 5.2.2021

Das Tragen einer das Gesicht teils oder ganz bedeckten Vorrichtung, egal
welchen Materials, würde die physische und psychische Verfassung von A,
geb. am ***, schädigen.

Da ich als behandelnde Ärztin ausschließlich dem Patientenwohl verpflichtet bin,
ist Hrn. A das Tragen einer oben genannten Vorrichtung nicht möglich und
nicht zumutbar, da andernfalls seine Gesundheit gefährdet wäre.

C“

Atteste eines Lungenfacharztes bzw. eines Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten wurden vom Beschwerdeführer bei dieser Untersuchung nicht vorgelegt. Eine Lungenfunktionsprobe fand nicht statt.

Die Entfernung zwischen dem Wohnort des Beschwerdeführers in ***, ***, und dem Standort der Ordination in *** ***, beträgt 241 Kilometer (google maps Distanzanzeiger).

1.5.2.

Der Beschwerdeführer hat am 22. Februar 2021 um 16:06 Uhr in ***, ***, am ***, im Bereich der Zufahrtsstraße zur *** als Teilnehmer einer Veranstaltung gemäß § 13 Abs.3 Ziffer 2 der 4. COVID-19-SchuMaV (Versammlung nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953), nämlich der Kundgebung „*** - ***!“ mit ca. 200 Teilnehmern, beim Betreten des Ortes der Veranstaltung zum Zweck der Teilnahme an dieser Veranstaltung, keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard getragen. Im Zuge der polizeilichen Kontrolle berief sich der Beschwerdeführer auf ein ärztliches Maskenbefreiungsattest, welches er im Zuge der Amtshandlung nicht vorlegte. Erst im folgenden Ermittlungsverfahren wurde dieses „Attest“ vorgelegt.

Da die Beschwerdeführer trotz Aufforderung seine persönlichen Verhältnisse nicht bekannt gegeben hat, ist die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1.400,-- bei Sorgepflicht für 1 Person und keinem nennenswerten Vermögen ausgegangen. Auch im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden keine Ausführungen zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen getroffen.

1.6. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf den diesbezüglich unbedenklichen und auch unbestritten gebliebenen Aktenunterlagen. Im Übrigen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit dieses den Feststellungen (s.o. Punkt 1.5.) nicht entgegentritt.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz idF BGBl. I Nr. 119/2020 (VwGVG):

§ 50. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 idF BGBl. I Nr. 72/2021 (VwGG):

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

2.3. Verwaltungsstrafgesetz 1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018 (VStG):

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

2.4. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 getroffen werden (4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung – 4. COVID-19-SchuMaV) BGBl. II Nr. 58/2021 i.d.F. BGBl. II Nr. 76/2021:

§ 13. (1) Veranstaltungen sind untersagt. …

(3) Abs. 1 gilt nicht für

1. unaufschiebbare berufliche Zusammenkünfte, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeiten erforderlich sind und nicht in digitaler Form abgehalten werden können,

2. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953,

3. Sportveranstaltungen im Spitzensport gemäß § 14,

4. unaufschiebbare Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien, sofern

eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,

5. unaufschiebbare Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen

juristischer Personen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,

6. unaufschiebbare Zusammenkünfte gemäß dem Arbeitsverfassungsgesetz,

BGBl. Nr. 22/1974, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,

7. Begräbnisse mit höchstens 50 Personen,

8. Proben und künstlerische Darbietungen ohne Publikum, die zu beruflichen

Zwecken erfolgen,

9. Zusammenkünfte zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und

Fortbildungszwecken, zur Erfüllung von erforderlichen Integrationsmaßnahmen nach dem Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017, und zu Fahraus- und -weiterbildungen, allgemeinen Fahrprüfungen sowie beruflichen Abschlussprüfungen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,

10. Zusammenkünfte von nicht mehr als vier Personen, wobei diese nur aus zwei

verschiedenen Haushalten stammen dürfen, zuzüglich deren minderjähriger Kinder oder Minderjähriger, denen gegenüber eine Aufsichtspflicht besteht, insgesamt höchstens jedoch sechs Minderjähriger und

11. Zusammenkünfte im privaten Wohnbereich, mit Ausnahme von Zusammenkünften an Orten, die nicht der Stillung eines unmittelbaren

Wohnbedürfnisses dienen, wie insbesondere in Garagen, Gärten, Schuppen

oder Scheunen.

(4) Beim Betreten von Orten zum Zweck der Teilnahme an Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4 bis 7, 9 und 10 ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Zusätzlich ist

1. bei Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4 bis 7 und 9 sowie

2. bei Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 10 in geschlossenen Räumen

eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil

oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.

§ 16. (5) Die Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard gilt nicht für Personen, denen dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann. In diesem Fall darf auch eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, darf auch eine nicht eng anliegende, aber den Mund- und Nasenbereich vollständig abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Eine vollständige Abdeckung liegt vor, wenn die nicht eng anliegende Schutzvorrichtung bis zu den Ohren und deutlich unter das Kinn reicht. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, gilt die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht.

§ 18. (1) Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 2 und 16 ist auf Verlangen gegenüber

1. Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes,

2. Behörden und Verwaltungsgerichten bei Parteienverkehr und Amtshandlungen sowie

3. Inhabern einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes sowie Betreibern eines

Verkehrsmittels zur Wahrnehmung ihrer Pflicht gemäß § 8 Abs. 4 COVID-19-MG,

glaubhaft zu machen.

(2) Der Ausnahmegrund, wonach aus gesundheitlichen Gründen das Tragen einer Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil, oder einer Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard oder den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung oder den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht zugemutet werden kann, sowie das Vorliegen einer Schwangerschaft ist durch eine von einem in Österreich zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Arzt ausgestellte Bestätigung nachzuweisen.

2.5. Epidemiegesetz 1950 (EpiG) BGBl. Nr. 186/1950 i.d.F BGBl. I Nr. 23/2021:

15. (1) Sofern und solange dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer

meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt

erforderlich ist, sind Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer

Menschenmengen mit sich bringen,

1. einer Bewilligungspflicht zu unterwerfen,

2. an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen zu binden oder

3. auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen einzuschränken.

Erforderlichenfalls sind die Maßnahmen gemäß Z 1 bis 3 nebeneinander zu

ergreifen. Reichen die in Z 1 bis 3 genannten Maßnahmen nicht aus, sind

Veranstaltungen zu untersagen.

(2) Voraussetzungen oder Auflagen gemäß Abs. 1 können je nach

epidemiologischen Erfordernissen insbesondere sein:

1. Vorgaben zu Abstandsregeln,

2. Verpflichtungen zum Tragen einer mechanischen Mund-Nasen-

Schutzvorrichtung,

3. Beschränkung der Teilnehmerzahl,

4. Anforderungen an das Vorhandensein und die Nutzung von

Sanitäreinrichtungen sowie Desinfektionsmitteln,

5. Zur Verhinderung der Weiterverbreitung von COVID-19: Nachweis über eine

lediglich geringe epidemiologische Gefahr des Teilnehmers. Ein Nachweis ist

bei einem negativen Testergebnis auf SARS-CoV-2, bei einer ärztlichen

Bestätigung über eine erfolgte und aktuell abgelaufene Infektion oder bei

einem positiven Antikörpertest auszustellen. Ein negatives Testergebnis auf

SARS-CoV-2 kann auch im Rahmen einer vom Veranstalter veranlassten

Testung erlangt werden; § 5a Abs. 8 Satz 5 bis 7 gilt sinngemäß.

6. ein Präventionskonzept zur Minimierung des Infektions- sowie des

Ausbreitungsrisikos. Ein Präventionskonzept ist eine programmhafte

Darstellung von Regelungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer

näher bezeichneten meldepflichtigen Erkrankung im Sinne dieses

Bundesgesetzes. ….

§ 40. Wer einen Veranstaltungsort gemäß § 15 entgegen den festgelegten

Voraussetzungen oder Auflagen betritt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist

mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe

von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

2.6. Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) BGBl. I Nr. 12/2020 idF BGBl. I Nr. 138/2020:

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln, zur Regelung von Zusammenkünften sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

(2) Als Betreten im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch das Verweilen.

(3) Bestimmte Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs.

(4) Öffentliche Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten oder befahren werden können.

2.7. Ärztegesetz 1998 idF BGBl. I Nr. 86/2020:

Ärztliche Zeugnisse

§ 55. Ein Arzt darf ärztliche Zeugnisse nur nach gewissenhafter ärztlicher Untersuchung und nach genauer Erhebung der im Zeugnis zu bestätigenden Tatsachen nach seinem besten Wissen und Gewissen ausstellen.

3. Rechtliche Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

Der Beschwerdeführer hat im Ergebnis weder in seinen Stellungnahmen im Verfahren vor der belangten Behörde noch in der nunmehrigen Beschwerde gegen das Straferkenntnis die ihm angelasteten Sachverhalte bestritten.

Der Verweis auf ein vermeintliches Attest zur Maskenbefreiung geht dabei auch ins Leere, als dieses weder dem einschreitenden Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorgewiesen, noch die Existenz eines solchen ärztlichen Attestes im Ermittlungsverfahren glaubhaft gemacht wurde. Auch wurde im Zuge der gegenständlichen Beschwerde dieses Attest zwar zitiert, aber nicht vorgelegt.

3.1.2.

Hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen ist auszuführen, dass zum Zeitpunkt 22. Februar 2021 das Epidemiegesetz 1950 (EpiG) BGBl. Nr. 186/1950 idF BGBl. I Nr. 23/2021 und das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG) idF BGBl. I Nr. 12/2020 idF BGBl. I Nr. 138/2020 in Kraft standen und die hier relevanten Bestimmungen nach wie vor in Kraft stehen und vom Verfassungsgerichthof nicht behoben wurden. Gleiches gilt für § 13 der COVID-19-SchuMaV BGBl. II Nr. 58/2021 idF BGBl. II Nr. 76/2021 (bezogen auf den Zeitpunkt 22. Februar 2021). Diese Verordnung trat am 8. Februar 2021 in Kraft und mit Ablauf des 27. Februar 2021 außer Kraft und sind die hier relevanten Bestimmungen jedenfalls vom Verfassungsgerichtshof nicht behoben worden. Der bloße Umstand, dass der Verfassungsgerichtshof andere Normen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Pandemie teilweise aufgehoben hat, bedeutet nicht automatisch eine Rechtswidrigkeit oder Behebung aller im Zuge der Bekämpfung der Pandemie erlassenen Rechtsvorschriften.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass auch im Rahmen der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Rechtsrüge weder eine Gesetzwidrigkeit von Verordnungen noch eine Verfassungswidrigkeit der hier anzuwendenden Gesetze erkannt werden kann.

3.1.3.

Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass er über ein „Maskenbefreiungsattest“ verfügt, so ist zunächst auszuführen, dass die von ihm konsultierte Ärztin seit 15. Februar 2021 die ärztliche Tätigkeit nicht mehr ausüben darf – u.a. deswegen, weil die von ihr vertretenen Auffassungen zu COVID-19 dem Stand der wissenschaftlichen Lehre und Forschung nicht entsprechen. (vgl. ***, ***).

Das „Maskenbefreiungsattest“ C stammt vom 5. Februar 2021; es wurde also noch vor dem Verbot der Berufsausübung erstellt.

Gemäß § 18 Abs. 2 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung bedarf die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung von der FFP2 Masken/MNS-Tragepflicht einer ärztlichen Bescheinigung. Für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung von der Tragepflicht von Masken ist somit eine ernsthafte und fachlich fundierte Begründung im Hinblick auf die konkreten gesundheitlichen Beschwerden des Betroffen, insbesondere auch im Hinblick auf den Zweck der Befreiung, geboten. Dies ergibt sich aus § 55 Ärztegesetz 1998, wonach ärztliche Zeugnisse eine „gewissenhafte ärztliche Untersuchung“ sowie eine „genaue Erhebung der im Zeugnis zu bestätigenden Tatsachen" normiert ist. Diese Regelung gilt auch für ärztliche Gutachten, Bestätigungen oder Bescheinigungen (vgl. Aigner/Kierein/Kopetzki, Ärztegesetz 3. Aufl, § 55 FN 2).

Ein ärztliches Gutachten ist eine wissenschaftlich fundierte Schlussfolgerung, die ein Arzt über den Gesundheitszustand oder funktionelle Einschränkungen einer Person oder andere medizinische Umstände erstellt. Die vom Gesetz geforderte gewissenhafte ärztliche Untersuchung soll Gefälligkeitsgutachten verhindern. Ein solches liegt zweifellos bei fehlender medizinischer Indikation oder der ungeprüften Entsprechung des vom Patienten geäußerten Wunschs vor. Allerdings bedarf es einer nachvollziehbaren Darstellung im ärztlichen Attest, auf welcher Grundlage die Diagnose erstellt wurde und wie sich die gesundheitlichen Beschwerden im konkreten Fall auswirken – etwa in welchem Ausmaß konkret das Tragen einer Maske unzumutbar ist.

Um die Schlüssigkeit des Gutachtens nachvollziehen zu können, muss der Verfasser darin klar anführen, auf welche Tatsachen er seine Stellungnahme gründet und wie er diese ermittelt hat. Schon grundsätzlich ist die formularmäßige Erstellung eines Gutachtens nur sehr eingeschränkt zulässig (vgl. Kröll, Rechtsfragen bei der Erstellung medizinischer Gutachten in Resch/Wallner (Hrsg), Handbuch Medizinrecht 3 Aufl., 1619).

Der Maßstab des VfGH bei der Bestätigung einer Arbeitsunfähigkeit in Folge einer Krankheit aus Gefälligkeit ist auch bei Gefälligkeitsattesten zu medizinischen Gründen für die Ausnahme von der „Maskenpflicht“ anzuwenden (vgl. VfGH B 888/2013).

Im vorliegenden Fall ist nun laut der Aussage des Beschwerdeführers zwar eine Untersuchung erfolgt, allerdings lagen für die behaupteten Beeinträchtigungen (Asthma, Allergien) keine fachärztlichen Gutachten oder Befunde vor. Schon aus diesem Grund konnte die untersuchende Ärztin für Allgemeinmedizin keine wissenschaftlich fundierte Schlussfolgerung ziehen, da die Beurteilung der angeführten Beeinträchtigungen durch Fachärzte zu erfolgen hatte.

Neben der somit fehlenden gewissenhaften ärztlichen Untersuchung existiert im vorgelegten „Maskenbefreiungsattest“ keine nachvollziehbare Darstellung, auf welcher Grundlage die Diagnose erstellt wurde und wie sich die gesundheitlichen Beschwerden im konkreten Fall auswirken. Ausführungen, in welchem Ausmaß konkret das Tragen einer Maske unzumutbar ist, fehlen ebenso.

Bestehen jedoch Zweifel an der Richtigkeit seiner Beurteilung und an seiner Auskunft, weil z.B. eine Untersuchung nicht lege artis durchgeführt oder diese überhaupt unterlassen wurde oder weil diese nicht in seinen Fachbereich fällt, so darf auf die Beurteilung und die Auskunft dieses Arztes nicht vertraut werden (vgl. u.a. etwa sinngemäß zur Einholung von - auf vollständigen Sachverhaltsgrundlagen basierenden - Auskünften kompetenter Stellen oder sonstiger sachkundiger Personen und der Folgen, wenn Zweifel an der Richtigkeit der eingeholten Auskünfte bestehen müssen u.a. VwGH 87/02/0018 und VwGH 2011/09/0188, sowie weiterführende Ausführungen bei Wolfgang Wessely, in Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG2 § 5 VStG, Rz. 26 bis 28, S. 156f).

Diesen Überlegungen folgt, dass das „Maskenbefreiungsattest“ nicht den Erfordernissen des § 55 Ärztegesetz 1998 entspricht und somit nicht geeignet war, als Bescheinigung iSd § 18 Abs. 2 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung zu gelten.

Der Beschwerdeführer hat somit die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen, der objektive Tatbestand ist erfüllt.

3.1.4.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite (Verschulden) hat die Beschwerdeführerin im Sinne des § 5 VStG keine Umstände geltend gemacht, die zu einer Exkulpierung führen würden.

Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung gehört, da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den sogenannten Ungehorsamsdelikten, bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Der Beschwerdeführer muss daher zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung dartun und glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden traf (vgl. u.a. VwGH 2006/09/0086 und VwGH 2012/03/0139).

Wie bereits zuvor seitens des erkennenden Gerichts dargelegt worden ist, hätte der Beschwerdeführer aufgrund der Umstände der Attesterstellung bei gebotener gehöriger Aufmerksamkeit und der ihm zumutbaren Sorgfalt erkennen können und müssen, dass er sich im gegenständlichen Verfahren für seine behauptete Befreiung zur Tragung einer Schutzvorrichtung im Mund- und Nasenbereich auf dieses Attest nicht stützen hätte dürfen, und mussten ihm bei gebotener gehöriger Aufmerksamkeit und der ihm zumutbaren Sorgfalt aufgrund der zahlreichen Medienberichten auch die verfahrensgegenständlichen Rechtsvorschriften bekannt sein, sodass er bei einer ihm durchaus zumutbaren und gebotenen Aufmerksamkeit und Sorgfalt ihre dafür erforderliche Verpflichtung zur Tragung einer Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard am verfahrensgegenständlichen Tatort zum verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt (er)kennen hätte müssen.

Dies auch deshalb, da dem Beschwerdeführer aus der zahlreichen Medienpräsenz der von ihm konsultierten Ärztin in Zusammenhang mit COVID-19 bewusst sein musste, dass die von ihm vertretenen Auffassungen im krassen Widerspruch zur gängigen medizinischen Lehre und Wissenschaft stehen. Auch das Konsultieren einer 240 km entfernt ordinierenden Ärztin spricht dafür, dass der Beschwerdeführer genau wusste, wohin er sich wenden musste, um eine Maskenbefreiung zu erlangen – noch dazu, ohne dass fachärztliche Gutachten abverlangt wurden. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es im Umkreis von *** neben einem Ärztezentrum noch 6 weitere Ärzte für Allgemeinmedizin ihre Leistungen anbieten.

Aufgrund dieser Ausführungen steht für das erkennende Gericht daher fest, dass der Beschwerdeführer bei der gebotenen Aufmerksamkeit und Sorgfalt Kenntnis über die fehlende Aussagekraft des von ihm im gegenständlichen Verfahren vorgelegten „Maskenbefreiungsattestes“ im verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt am verfahrensgegenständlichen Tatort haben hätte müssen, sodass er aufgrund dieses Attestes im verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt am verfahrensgegenständlichen Tatort verpflichtet war, eine den rechtlichen Vorschriften entsprechende Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.

Dem Beschwerdeführer ist die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung somit auch in subjektiver Hinsicht anzulasten und hat er dadurch die im Spruch angeführten Bestimmungen verletzt.

3.1.5

Ausgangspunkt der Strafzumessung ist daher der durch die Taten verwirklichte, aus Handlungs- und Erfolgsunwert bestehende Tatunwert.

Wie bereits die belangte Behörde hinreichend und nachvollziehbar dargelegt hat, dienen die Bestimmungen über die Tragepflicht einer Schutzvorrichtung im Mund- und Nasenbereich der Verhinderung der Verbreitung der SARS-CoV-2 Erkrankung sowie zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung, sodass die zu schützenden Rechtsgüter somit als äußerst bedeutend anzusehen sind, und stellt ein Verstoß gegen diese Vorschriften einen nicht unerheblichen Eingriff in die Intensität der geschützten Rechtsgüter dar.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungsgründe gelangt das erkennende Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die von der belangten Verwaltungsbehörde festgelegten Strafhöhen in keiner Weise als überhöht angesehen werden können. Die Missachtung von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung stellt nämlich keinen „geringen Sorgfaltsverstoß“ dar.

Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von € 1.400,-- keinem nennenswerten Vermögen und Sorgepflichten für 1 Person aus und hat der Beschwerdeführer diese Annahmen im gesamten Verfahren nicht widersprochen, sodass das erkennende Gericht keine Veranlassung sieht, diese Annahmen bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Verdeutlichung des Unrechtsgehaltes der Tat, der in einer Gefährdung der Verhinderung der Verbreitung der SARS-CoV-2 Erkrankung und somit der Gefährdung der Gesundheit anderer Menschen liegt, sowie unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe (ein Milderungs- und kein Erschwerungsgrund), der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe und des Verschuldens des Beschwerdeführers erscheint nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auch im Hinblick auf die zuvor getätigten Ausführungen die von der belangten Behörde konkret verhängte Geldstrafe in der Höhe von € 200,-- (bei einer vorgesehenen Höchststrafe von € 500,--) und der Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden auch geeignet, dem Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt seiner Tat vor Augen zu führen und ihn in Hinkunft von der Begehung gleichartiger, auf derselben schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen abzuhalten und gleichzeitig auch eine generalpräventive Wirkung zu erzeugen, weswegen die verhängte Strafe - im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert - tat- und schuldangemessen und ihre Verhängung erforderlich ist, um den Beschwerdeführer und Dritte von der Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen abzuhalten.

Das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 22. Juni 2021 war somit nicht zu beanstanden. Da der Beschwerde gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Kosten des Strafverfahrens:

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG, wonach der Beschwerdeführer im Falle einer Bestätigung des Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Verfahrenskosten in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch € 10,-- zu tragen hat.

Aufgrund dieser Entscheidung hat der Beschwerdeführer insgesamt folgende Beträge zu entrichten:

a) Verhängte Geldstrafe                                                            € 200,--

b) Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Verfahren                     € 20,--

c) Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren                                      € 40,--

Gesamtbetrag                                                                          € 260,--

Der Beschwerdeführer hat somit gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b VStG den Strafbetrag und die noch offenen Kostenbeiträge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von gesamt € 260,-- binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu bezahlen
(§ 59 Abs. 2 AVG).

3.3. Zu Spruchpunkt 3 – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 4 VwGVG ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, weil vorliegend lediglich eine Geldstrafe bis zu € 500,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im gegenständlichen Fall lediglich eine Geldstrafe von € 200,-- verhängt wurde (§ 25a Abs. 4 VwGG; vgl. u.a. auch VwGH Ra 2021/02/0085 und VwGH Ra 2021/02/0136).

Im Übrigen ist für die belangte Behörde die ordentliche Revision nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es vorliegend bloß zu klären galt, ob der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat, wobei die Beweiswürdigung auf jenen Grundsätzen aufbaut, wie sie in Lehre und Rechtsprechung anerkannt sind, und erfolgte auch die durchgeführte rechtliche Beurteilung aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Schlagworte

Gesundheitsrecht; COVID-19; Verwaltungsstrafe; Schutzvorrichtung; Mund- und Nasenbereich; Maskenbefreiung; ärztliches Attest;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.S.1601.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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