TE Vwgh Beschluss 2021/7/21 Ra 2021/02/0134

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Veröffentlicht am 21.07.2021
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5 Abs10
StVO 1960 §5 Abs5
StVO 1960 §5 Abs6
StVO 1960 §58 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 16. April 2021, LVwG-S-745/001-2021, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: S in M, vertreten durch Dr. Martin Feigl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Werdertorgasse 12/4), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht das Straferkenntnis der revisionswerbenden BH Lilienfeld vom 3. März 2021, mit dem der Mitbeteiligte wegen Lenkens eines Pkw in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand bestraft wurde, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

5        Nach den Feststellungen sei die Konzentration der nachgewiesenen Suchtgiftsubstanzen so gering gewesen, dass eine Beeinträchtigung durch Suchtgift dadurch nicht angenommen werden könne. Von den Gutachtern „möglicherweise“ auf Entzugserscheinungen zurückzuführende klinische Auffälligkeiten ließen weder den Schluss zu, dass zum Tatzeitpunkt überhaupt Entzugserscheinungen bestanden hätten, noch, dass diese für die klinischen „Auffälligkeiten“ verantwortlich gewesen seien (Hervorhebungen im Original).

6        Zulässig sei die Revision, weil das angefochtene Erkenntnis von VwGH 6.5.2020, Ra 2020/02/0007, abweiche, wo die klinische Untersuchung einen durch Suchtgift und Übermüdung beeinträchtigten Zustand und mangelnde Fahrfähigkeit ergeben habe.

7        Im Unterschied zu dem eben zitierten Erkenntnis konnte vorliegend nach den Feststellungen keine Beeinträchtigung durch Suchtgift angenommen werden und zudem gab es keinen weiteren Umstand neben einer allfälligen Beeinträchtigung durch Suchtgift, der eine Verkehrsuntüchtigkeit ergeben hätte.

8        Auch liegt die von der revisionswerbenden Partei behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor. Zwar hat der Polizeibeamte auf Seite zwei des Formulars „Fahrtüchtigkeit“ angekreuzt, der Mitbeteiligte sei schläfrig gewesen, das polizeiamtsärztliche Gutachten hat jedoch eine Beeinträchtigung durch Übermüdung nicht festgestellt.

9        Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen die Verhandlungspflicht vor, weil das Verwaltungsgericht zutreffend von einer Aufhebung des Straferkenntnisses auf Grund der Aktenlage (§ 44 Abs. 2 VwGVG) ausgegangen ist. Führt die revisionswerbende Partei in diesem Zusammenhang aus näher genannten Gründen aus, die Blutuntersuchung habe die klinische Untersuchung „nicht entkräften können“, ist sie darauf zu verweisen, dass die Frage, ob die Beeinträchtigung des Lenkers auf Alkohol oder Suchtgift zurückzuführen ist (spezifische Fahruntüchtigkeit gemäß § 5 Abs. 1 StVO) oder eine sonstige Fahruntüchtigkeit gemäß § 58 Abs. 1 StVO vorliegt (etwa wegen starker Übermüdung), anhand der Blutuntersuchung zu beantworten ist (VwGH 6.5.2020, Ra 2019/02/0104, mwN).

10       Das Verwaltungsgericht ist daher zutreffend von dem auf der Blutprobe des Mitbeteiligten basierenden toxikologischen Gutachtens ausgegangen, wonach eine Beeinträchtigung durch Suchtgift nicht feststellbar war; durch die klinische Untersuchung sind auch keine weiteren Umstände für eine Verkehrsuntüchtigkeit hervorgekommen.

11       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. Juli 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020134.L00

Im RIS seit

16.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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