TE Lvwg Erkenntnis 2021/5/21 LVwG 46.1-3491/2015

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Veröffentlicht am 21.05.2021
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Entscheidungsdatum

21.05.2021

Index

83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AWG 2002 §2 Abs1
AWG 2002 §2 Abs3a
AWG 2002 §6 Abs6
AWG 2002 §37 Abs1
AWG 2002 §37 Abs3
AWG 2002 §37 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Gödl über die Beschwerde der A B-GmbH & Co KG und des Wasserverbandes „Region G-G“, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei C-D, Sgasse, E, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 02.11.2015, GZ: ABT13-38.10-73/2008-85,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, als der Spruch des angefochtenen Feststellungsbescheides in Zusammenschau der Begründung dieses Erkenntnisses wie folgt abgeändert wird:

„Gemäß § 6 Abs 6 AWG 2002 wird festgestellt, dass die Änderungen am Kessel 11, A B-GmbH und Co KG, Standort Bstraße, G, sowie an der Reststoffverbrennungsanlage, Wasserverband „Region G-G“, Bstraße, G, insbesondere durch die (Mit-)Verbrennung des in der Kläranlage Wasserverband „Region G-G“ anfallenden Klärschlammes keiner Genehmigungs- bzw. Anzeigepflicht nach § 37 Abs 1, 3 und 4 AWG 2002 unterliegen.“

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Beschwerdevorbringen, Vorverfahren, mündliche Verhandlung, Sachverhalt:

Mit dem bekämpften Bescheid hat der Landeshauptmann von Steiermark, nach der Durchführung eines durchaus umfangreichen Ermittlungsverfahrens, gemäß § 6 Abs 6 AWG 2002 festgestellt, dass Änderungen am Kessel 11 der A B-GmbH & Co KG, am Standort G, Bstraße, und der Reststoffverbrennungsanlage im Eigentum des Wasserverbandes „Region G-G“ am selben Standort, der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 1 Abs 3 und Abs 4 AWG 2002 unterliegen würden. Im gegenständlichen Bescheid wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass sich der Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der im Spruch genannten Beschwerdeführer entnehmen lasse, dass im Kessel 11 der A B-GmbH & Co KG neben Biogas und Ästen, auch Klärschlamm mitverbrannt werde, welcher aus der Verbandskläranlage des Wasserverbandes „Region G-G“ stamme und auch in der Reststoffverbrennungsanlage des Wasserverbandes „Region G-G“ würde neben Rinde, Rejektstoffen und Ästen ebenfalls Klärschlamm mitverbrannt werden, um Dampf für die Energieversorgung des Papier- und Zellulosewerks der Firma A B-GmbH & Co KG am selben Standort zu gewinnen. Dieser Klärschlamm stamme zwar zum überwiegenden Teil aus der Papiererzeugung und könne für diesen Anteil (ca. 97%) die Nebenprodukteigenschaft im Sinne des § 2 Abs 3a AWG 2002 angenommen werden, dies treffe aber auf jenen Anteil des Klärschlammes, der aus der kommunalen Abwasserreinigung entsteht, nicht zu. Dieser Klärschlamm bleibe im objektiven Sinne Abfall, zumal er nicht aus einem Produktionsprozess der Papiererzeugung entstanden sei. Da es aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Bagatellgrenze für die Qualifikation eines Stoffes als Abfall gäbe, sei davon auszugehen, dass der gesamte in den beiden beschriebenen Anlagen mitverbrannte Klärschlamm Abfall im Sinne des § 2 Abs 1 AWG 2002 sei und würden die Änderungen dieser Anlagen daher der Genehmigungspflicht im Sinne des § 37 Abs 1, 3 und 4 AWG 2002 unterliegen.

Gegen diesen Bescheid erhoben beide betroffenen Parteien durch ihren Rechtsvertreter Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und führten darin im Wesentlichen aus, dass die im Spruch genannten Klärschlämme nicht Abfall im Sinne des § 2 Abs 1 AWG 2002 seien, da sie im Rahmen eines integrierten, von Beginn der Anlagenkonzeption so geplanten Produktionsprozesses der Papier- und Zellstofferzeugung anfielen und zur Energierückgewinnung für die Papiererzeugung verwendet werden würden, wobei alle Anlagenteile von der Firma A B-GmbH & Co KG am Produktionsstandort betrieben werden würden und die Anlagenteile lediglich aus organisatorischen und rechtlichen Gründen im Eigentum von zwei unterschiedlichen Rechtspersonen stünden, die auch Konsensinhaber der wasserrechtlichen Genehmigung der Abwasserbehandlungsanlage bzw. der gewerberechtlichen Bewilligung für den Kessel 11 und der Reststoffverbrennungsanlage seien. Überdies wurde angemerkt, dass die gegenständlichen Klärschlämme zu 97% bis 98% aus der Reinigung der betrieblichen Abwässer der A B-GmbH & Co KG stammen würden und der Anteil des kommunalen Klärschlammes lediglich 2% bis 3% betrage und sei daher der anfallende Klärschlamm faktisch zu 100% aus der Papier- und Zellstoffproduktion. Weiters weise der gegenständliche Klärschlamm einen besonders hohen Faseranteil von 72% auf und eigne sich daher sinnvollerweise besonders für die energetische Verwertung. Durch die Verbrennung des Klärschlammes komme es zu einer Dampferzeugung und dieser Dampf kann wiederum in der Papier- und Zellstoffproduktion eingesetzt werden, was einen Produktionskreislauf mit möglichst rückstandslosem Einsatz der Rohstoffe im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips ermögliche.

Unter Verweis auf die Judikatur des EuGH (zu Rs. C-114/01 vom 11.09.2003, Avesta Polarit Chrome OY, und zu Rs. C-113/12 vom 03.10.2013, Brady) wird darauf hingewiesen, dass Produktionsrückstände und andere Stoffe aus dem Abfallbegriff herausfielen, wenn sie entweder (bei innerbetrieblichen Abfall) in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens eingesetzt werden könnten oder im Betrieb irgendeines Wirtschaftsteilnehmers eingesetzt werden könnten, wenn diese Weiterverwendung sichergestellt sei und diese Weiterverwendung des Stoffes einen wirtschaftlichen Vorteil bringe. Der VwGH sei in seiner Entscheidung vom 23.01.2014, Zl. 2011/07/0179, dieser Judikatur gefolgt und habe festgestellt, dass die Verwendung von Produktionsrückständen aus dem eigenen Betrieb zur energetischen Nutzung eine „sichere Weiterverwendung“ darstelle, sodass der Abfallbegriff für diese Produktionsrückstände nicht erfüllt sei. Der kommunale Anteil des Klärschlammes, der sich rein rechnerisch auf 2% belaufe, ändere die Stoffeigenschaft in keiner Weise und ist auch nicht geeignet, öffentliche Interessen der Abfallwirtschaft im Sinne des § 1 Abs 3 AWG 2002 zu verletzen, da eine zulässige Weiterverwendung aller anfallenden Reststoffe gewährleistet sei.

Es wurde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass festgestellt wird, dass die Verbrennung von Klärschlamm im Kessel 11 der A B-GmbH & Co KG sowie in der Reststoffverbrennungsanlage des Wasserverbandes „Region G-G“ sowie Änderungen an diesen Anlagen nicht den Bestimmungen des AWG 2002 unterliegen. In eventu wurde begehrt, den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zu beheben und der erstinstanzlichen Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Das erkennende Landesverwaltungsgericht hat nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, unter Beiziehung eines abfalltechnischen Amtssachverständigen der Beschwerde zunächst stattgegeben und in seinem Erkenntnis vom 19.12.2016, LVwG 46.1-3491/2015-19, festgestellt, dass Änderungen am Kessel 11 der A B-GmbH & Co KG, Standort Bstraße, G, und der Reststoffverbrennungsanlage, Eigentümer Wasserverband „Region G-G“, Bstraße, G, der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 1, Abs 3 und Abs 4 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG 2002) BGBl I 102/2002 idgF nicht unterliegen.

Gegen dieses Erkenntnis wurde seitens des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft (nunmehr: Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus) Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision vorgebracht, dass im Gegenstandsfalle eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu lösen sei, zumal es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abfalleigenschaft von Klärschlämmen aus unterschiedlichen Abwasserteilströmen, welche gemeinsam verwertet werden, fehle. Weiters wurde dargelegt, dass das nach § 2 Abs 3 a AWG 2002 auf seine Nebenprodukteigenschaft hinzu beurteilende Material das „Ergebnis eines Herstellungsverfahrens, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstandes ist“, zu sein habe. Um überhaupt in die Prüfung der Z 1 bis 4 des § 2 Abs 3a AWG 2002 eintreten zu können, müsse das Material daher bei einem nicht hauptsächlich zu seiner Gewinnung bestimmten Herstellungsverfahren, als entstanden angesehen werden können. Im Gegenstandsfalle sei die Vorgangsweise, nämlich die Einleitung betrieblicher Abwässer in eine (Verbands)Kläranlage zur Reinigung der Abwässer vor deren Einbringung in den Vorfluter dem Umstand geschuldet und sei daher das Vorhandensein des gegenständlichen Klärschlammes nicht auf ein Herstellungsverfahren im Sinne des § 2 Abs 3a AWG 2002 zurückzuführen, sondern darauf, dass in Gewässer nur unbedenkliche Stoffe eingeleitet werden dürften. Weiters handle es sich bei Abwasser um keinen Produktionsrückstand, sondern einfach um Wasser, das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes Wasser darstelle. Da Abwasser kein Rückstand aus der Produktion sei, könne auch nicht gesagt werden, dass Abwasserinhaltsstoffe, welche lediglich aus dem Abwasser entfernt worden seien, als Produktionsrückstände im Sinne des § 2 Abs 3a AWG 2002 anzusehen seien und sei die Abwasseraufbereitung ein dem Produktionsbetrieb lediglich nachgeordneter Prozess. Auch der Umstand, dass der Klärschlamm in der Folge verbrannt werde und der hierdurch entstehende Dampf wiederum dem Papier- und Zellstoffproduktionsprozess zugeführt werde, bewirke keine Änderung dahingehend, dass als Klärschlammes im Rahmen der Papier- und Zellstoffproduktion angefallen angesehen werden könne.

Mit Erkenntnis vom 27.02.2019, Ro 2017/05/0003-5, wurde der Amtsrevision seitens des Verwaltungsgerichtshofes Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben.

Begründend hielt der VwGH im Wesentlichen fest, dass in § 2 Abs 3a AWG 2002 in Einklang mit Art. 5 der Abfallrahmen-RL, die Voraussetzungen dafür festgelegt seien, dass ein Stoff oder Gegenstand, der zwar das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens, jedoch nicht dessen Hauptziel ist, als Nebenprodukt und somit nicht als Abfall qualifiziert werden könne. Überdies wurde festgehalten, dass der fallgegenständliche Klärschlamm bei der gemeinsamen Reinigung von betrieblichen und kommunalen Abwässern in der Kläranlage des Wasserverbandes „Region G-G“, Abwasser und damit auch das betriebliche Abwasser, welches in die Kläranlage eingebracht werde, gemäß § 3 Abs 1 Z 1 AWG 2002 keinen Abfall darstelle. Weiters wird in diesem Zusammenhang jedoch angemerkt, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem die Inhaltstoffe aus dem Abwasser entfernt bzw. herausgefiltert würden und sich diese somit nicht mehr im Abwasser befinden würden, nicht mehr von Abwasserinhaltsstoffen im Sinne des § 3 Abs 1 Z 1 AWG 2002 gesprochen werden könne und komme die Ausnahmebestimmung für diese Stoffe daher nicht zum Tragen.

Wenn nämlich bei einer nach dem WRG 1959 gebotenen Reinigung von Abwässern Klärschlamm als Abwasserinhaltsstoff anfällt, so liege kein Produktionsrückstand aus einem Herstellungsprozess vor, da die Abwasserreinigung in einer Kläranlage (betriebliche oder kommunale Kläranlage) nicht als Teil des Herstellungsprozesses angesehen werden könne. Die Abwasserbeseitigung stelle vielmehr ein Behandlungsverfahren dar, welches geboten sei, um den Schutzzielen des WRG 1959 hinsichtlich der Ableitung von Abwässern, in Gewässer zu entsprechen. Die nachträgliche Nutzung des Klärschlammes in der Verbrennungsanlage für den Produktionsbetrieb der A B-GmbH & Co KG sage nichts darüber aus, ob der gegenständliche Klärschlamm davor im Rahmen eines Herstellungsverfahrens als Nebenprodukt angefallen ist. Insgesamt liege somit aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes eine maßgebliche Voraussetzung für das Vorliegen eines Nebenproduktes im Sinne des § 2 Abs 3a AWG 2002 nicht vor.

Das aufgrund der Aufhebung des ursprünglichen Erkenntnisses durch den VwGH wiederum zuständige Verwaltungsgericht, hat in weiterer Folge ein Ersuchen um Vorabentscheidung beim EuGH eingebracht. Konkret wurde der EuGH um eine Entscheidung ersucht, ob der Ansicht des VwGH zu folgen ist, wonach Klärschlamm, der bei der gemeinsamen Reinigung von betrieblichem und kommunalem Abwasser entstehe, „Abfall“ im Sinne des Unionsrechts sei, ob dieser also der ARRL unterliege, den Abfallbegriff erfülle, ein Nebenprodukt darstelle oder unter das Abfallende falle. Dem vorlegenden Gericht zufolge wäre nämlich eine maßgebliche Voraussetzung für das Vorliegen eines Nebenprodukts nicht erfüllt, wenn die Abwasserreinigung nicht Teil eines Herstellungsprozesses wäre. Das Ersuchen um Vorabentscheidung betrifft somit die Auslegung des unionsrechtlichen Abfallbegriffs.

Der EuGH hat in weiterer Folge mit Urteil vom 14.10.2020, EuGH 14.10.2020, C-629/19, entschieden und über das Vorabentscheidungsersuchen des Landesverwaltungsgerichtes abgesprochen.

Zusammengefasst stellt sich die Entscheidung des EuGH wie folgt dar:

Zunächst hatte der EuGH zu prüfen, ob der verfahrensgegenständliche Klärschlamm in den Anwendungsbereich der ARRL fällt. Nach Art. 2 Abs 2 lit a ARRL sind Abwässer mit Ausnahme flüssiger Abfälle aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen, vorausgesetzt jedoch, dass sie von „anderen [Unionsrechtsvorschriften]“ abgedeckt sind.

Hierzu führte der EuGH unter Hinweis auf seine Rechtsprechung aus, dass der Unionsgesetzgeber Abwässer ausdrücklich als „Abfälle“ im Sinne der ARRL einstufen wollte, dieser aber vorsah, dass Abwässer unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Anwendungsbereich der RL herausfallen und einer anderen Regelung unterliegen können.

Derartige Regelungen müssen jedoch nicht nur bestimmte Stoffe betreffen, sondern auch genaue Bestimmungen über deren Bewirtschaftung als „Abfall“ im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der ARRL enthalten, um im Sinne von Art 2 Abs 2 lit a der ARRL als „andere [Unionsrechtsvorschriften]“ angesehen werden zu können. Andernfalls, so der EuGH ergänzend, wäre die Bewirtschaftung dieser Abfälle weder im Rahmen der ARRL oder einer anderen RL noch im Rahmen nationaler Rechtsvorschriften geregelt, was sowohl gegen den Wortlaut von Art. 2 Abs 2 dieser RL verstieße, als auch dem Ziel selbst des Abfallrechts der Union widerspräche. Daraus folgt, dass die fraglichen Unionsregelungen, um als „andere [Unionsrechtsvorschriften]“ im Sinne von Art. 2 Abs 2 der ARRL angesehen werden zu können, genaue Bestimmungen über die Bewirtschaftung der Abfälle enthalten und ein Schutzniveau gewährleisten müssen, das demjenigen zumindest gleichwertig ist, das sich aus der ARRL ergibt.

Im konkreten Fall gewährleisten weder die Kommunale AbwasserRL 91/271 noch die Europäische KlärschlammRL 86/278/EWG, das solcherart geforderte Schutzniveau in Bezug auf Klärschlamm. Daher war zu diesem ersten Punkt festzustellen, dass der verfahrensgegenständliche Klärschlamm nicht vom Anwendungsbereich der ARRL ausgeschlossen ist.

In weiterer Folge hatte der EuGH zu prüfen, ob der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Klärschlamm „Abfall“ im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der ARRL ist. Hierzu führt der EuGH unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zunächst allgemein aus, dass unter „Abfall“ jeder Stoff oder Gegenstand definiert wird, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will (sogenannter subjektiver Abfallbegriff) oder entledigen muss (sogenannter objektiver Abfallbegriff). Nachdem die Umweltpolitik der Union auf ein hohes Schutzniveau abziele und die ARRL insbesondere auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung beruhe, sei der der Abfallbegriff des Art. 3 Nr. 1 ARRL grundsätzlich nicht eng auszulegen.

Aus Sicht des EuGH ist dabei der Grad der Wahrscheinlichkeit der Wiederverwendung eines Gegenstands, eines Stoffes oder eines Erzeugnisses ohne vorherige Verarbeitung ein maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob es sich um Abfall im Sinne der ARRL handelt. Ist die Wiederverwendung des Gegenstands, des Stoffes oder des Erzeugnisses nicht nur möglich, sondern darüber hinaus für den Besitzer wirtschaftlich vorteilhaft, so ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Wiederverwendung hoch. In diesem Fall können der betreffende Gegenstand oder Stoff bzw. das betreffende Erzeugnis, nicht mehr als Last betrachtet werden, deren sich der Besitzer „zu entledigen“ sucht, sondern haben als echtes Erzeugnis zu gelten. Dies im Wesentlichen deshalb, weil es keineswegs gerechtfertigt erschiene, auch Gegenstände, Stoffe oder Erzeugnisse, die ihr Besitzer unabhängig von irgendeiner Verwertung unter vorteilhaften Bedingungen nutzen oder vermarkten möchte, den Anforderungen der ARRL zu unterstellen, die gewährleisten sollen, dass Vorgänge der Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgen, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet und potenziell umweltschädliche Verfahren oder Methoden verwendet werden.

Im Wesentlichen sei es daher Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall und bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles Entledigungsabsicht – und damit die (subjektive) Abfalleigenschaft des Klärschlammes – anzunehmen sei. Es sei jedoch die Aufgabe des EuGH, dem vorlegenden Gericht alle für die Entscheidung über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit sachdienlichen Hinweise zu geben.

Das Argument, wonach der gesamte Klärschlamm im Wesentlichen in einem geschlossenen Stoffkreis anfalle und zur Energierückgewinnung für die Papierherstellung diene, daher die Weiterverarbeitung ständig und mit Gewissheit gesichert sei, und somit kein Abfall vorliege, sei deshalb grundsätzlich nicht zutreffend, weil sich im konkreten Fall Abwässer aus der Papier- und Zellstoffherstellung nicht vom häuslichen oder kommunalen Abwasser, an dem unstrittig eine Entledigungsabsicht bestehe, trennen ließen. Dem Grunde nach sei daher von der Abfalleigenschaft auszugehen.

Allerdings müsse, nachdem das vorlegende Gericht von der fehlenden Abfalleigenschaft des Klärschlamms bereits vor dessen Verbrennung ausgeht, das Abfallende gemäß Art. 6 ARRL geprüft werden. Demnach sei bei Verwertung von Abfällen ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gewährleisten. Im Konkreten berge die Verwertung von Klärschlamm gewisse Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit, insbesondere solche, die mit einem etwaigen Gehalt an gefährlichen Stoffen verbunden sind. Sollte im vorliegenden Fall die Verbrennung des Klärschlamms in einem Verfahren der „Verwertung“ im Sinne von Art. 3 Nr. 15 der ARRL, der Verfahren im Zusammenhang mit Abfall betrifft, bestehen, wäre der Klärschlamm zum Zeitpunkt seiner Verbrennung noch als „Abfall“ einzustufen. Eine Änderung der Eigenschaft in der vom vorlegenden Gericht erwähnten Form – also das Fehlen der Abfalleigenschaft vor der Verbrennung – würde daher voraussetzen, dass die zur Verwertung durchgeführte Behandlung es ermöglicht, Klärschlamm zu gewinnen, der dem nach der ARRL gebotenen hohen Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gerecht wird, also insbesondere frei von jeglichen gefährlichen Stoffen ist. Zu diesem Zweck sei sicherzustellen, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Klärschlamm unschädlich ist.

Diesbezüglich habe das vorlegende Gericht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Eintritt des Abfallendes gemäß Art. 6 Abs 1 der ARRL bereits vor der Verbrennung des Klärschlamms erfüllt sind. Insbesondere ist – gegebenenfalls auf der Grundlage einer wissenschaftlichen und technischen Analyse – zu prüfen, ob der Klärschlamm die gesetzlichen Grenzwerte für Schadstoffe einhält und ob seine Verbrennung insgesamt zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führt. Im Rahmen dieser Beurteilung seien zudem insbesondere die Umstände von Bedeutung, dass die bei der Verbrennung des Klärschlamms erzeugte Wärme im Rahmen eines Verfahrens zur Herstellung von Papier und Zellstoff weiterverwendet wird und dass ein solches Verfahren einen erheblichen Vorteil für die Umwelt bietet, da verwertete Materialien zur Erhaltung der natürlichen Rohstoffquellen und zur Schaffung einer Recyclingwirtschaft verwendet werden. Sollte das vorlegende Gericht auf der Grundlage dieser Prüfung feststellen, dass die Voraussetzungen von Art. 6 Abs 1 der ARRL vor der Verbrennung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klärschlamms erfüllt sind, wäre davon auszugehen, dass der Klärschlamm nicht als Abfall anzusehen ist.

Nach alledem ist auf die Fragen des vorlegenden Gerichts zu antworten, dass Art. 2 Abs 2 Buchst. a, Art. 3 Nr. 1 und Art. 6 Abs 1 der ARRL dahin auszulegen sind, dass Klärschlamm, der bei der gemeinsamen Behandlung von betrieblichem und häuslichem oder kommunalem Abwasser in einer Kläranlage anfällt und in einer Reststoffverbrennungsanlage zur Energierückgewinnung durch Dampferzeugung verbrannt wird, nicht als Abfall einzustufen ist, wenn die Voraussetzungen von Art. 6 Abs 1 der ARRL bereits vor seiner Verbrennung erfüllt sind. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist.

Aufgrund der obigen Ausführungen des EuGH hat das Landesverwaltungsgericht in weiterer Folge zur Klärung der vom EuGH aufgeworfenen Frage, ob der zur Energierückgewinnung durch Verbrennung eingesetzte Klärschlamm die Voraussetzungen des Art. 6 Abs 1 der ARRL erfüllt, einen abfalltechnischen Amtssachverständigen um Erstellung eines Gutachtens ersucht. Nach entsprechenden Nachreichungen seitens der Beschwerdeführer wurde das geforderte Fachgutachten vom abfalltechnischen Amtssachverständigen am 23.04.2021 an das Landesverwaltungsgericht übermittelt.

Darin kommt der beigezogene Sachverständige auf Basis der vorgelegten Prüfberichte und Messprotokolle der von der Beschwerdeführerin beauftragten Technischen Büros zu folgendem Ergebnis:

„Mit Schreiben vom 10.03.2021, GZ.: LVwG 46.1-3491/2015-32 wurde um Begutachtung des von Hon.-Prof. (FH) DI Dr. F G erstellten Gutachtens vom 01.03.2021, GZ.: ****, bezüglich des Vorliegens der Abfalleigenschaft für den Klärschlamm der ARA des Wasserverbandes „Region G - G“, ersucht.

BEFUND

Dieses Gutachten vom 01.03.2021, GZ.: **** ist die Basis für die abfalltechnische Beurteilung und wird aufgrund des großen Umfanges an dieser Stelle nicht vollinhaltlich wiedergegeben.

Rechtliche Grundlagen:

In Artikel 6 Abs. 1 der Abfallrahmenrichtlinie werden die Voraussetzungen für ein Ende der Abfalleigenschaft wie folgt definiert:

Bestimmte festgelegte Abfälle sind nicht mehr als Abfälle im Sinne von Artikel 3 Nummer 1 anzusehen, wenn sie ein Verwertungsverfahren, wozu auch ein Recyclingverfahren zu rechnen ist, durchlaufen haben und spezifische Kriterien erfüllen, die gemäß den folgenden Bedingungen festzulegen sind:

a)       Der Stoff oder Gegenstand wird gemeinhin für bestimmte Zwecke verwendet;

b)       es besteht ein Markt für diesen Stoff oder Gegenstand oder eine Nachfrage danach

c)       der Stoff oder Gegenstand erfüllt die technischen Anforderungen für die bestimmten Zwecke und genügt den bestehenden Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse und

d)       die Verwendung des Stoffs oder Gegenstands führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolge

§5(1) AWG 2002 definiert die Vorgaben zum Abfallende wie folgt:

Soweit eine Verordnung gemäß Abs.2 oder eine Verordnung gemäß Art.6 Abs.2 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle nicht anderes bestimmt, gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden. Im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne von § 2 Abs.5 Z 6 ist das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht.

In §5(2) AWG 20020 ist angeführt, dass der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ermächtigt wird, in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Abfallwirtschaft, unter Wahrung der öffentlichen Interessen (§1 Abs.3) und unter Bedachtnahme auf die Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplans mit Verordnung abweichend zu Abs.1 festzulegen, unter welchen Voraussetzungen, zu welchem Zeitpunkt und für welchen Verwendungszweck bei bestimmten Abfällen die Abfalleigenschaft endet. Eine derartige Verordnung ist nur zu erlassen, wenn

1.       die Sache üblicherweise für diesen bestimmten Verwendungszweck eingesetzt wird,

2.       ein Markt dafür existiert,

3.       Qualitätskriterien, welche die abfallspezifischen Schadstoffe berücksichtigen, insbesondere in Form von technischen oder rechtlichen Normen oder anerkannten Qualitätsrichtlinien, vorliegen und

4.       keine höhere Umweltbelastung und kein höheres Umweltrisiko von dieser Sache ausgeht als bei einem vergleichbaren Primärrohstoff oder einem vergleichbaren Produkt aus Primärrohstoff.

Im gegenständliche Fall werden für die fachliche Beurteilung eines allfälligen Endes der Abfalleigenschaft die Kompostverordnung und die Abfallverbrennungsverordnung herangezogen. Beide Verordnungen sind als Abfallendeverordnungen einzustufen.

Bei der Beurteilung hinsichtlich der Abfallverbrennungsverordnung wird auf die Anpassungsverpflichtung an den Stand der Technik (BvT Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen (LCP) bzw. BvT Schlussfolgerungen Abfallverbrennung WI) der gegenständlichen Anlagen (insbesondere des Kessels 11) unter Hinweis auf die derzeitige Rechtlage nicht näher eingegangen.

Im Gutachten F G vom 01.03.2021 wird auf die im Anschluss angeführten Fragestellungen auszugsweise wie folgt eingegangen:

Fragestellung 1: Ist der gegenständliche Klärschlamm unter Zugrundelegung des nach der Richtlinie 2008/98 gebotenen hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und Umwelt als unschädlich einzustufen?

In Kapitel 4.2.1 konnte in einem Vergleich der Schadstoffgehalte des gegenständlich zu beurteilenden Klärschlamms mit den Grenzwerten für Ausgangsmaterialien für Qualitätsklärschlammkompost sowie den Qualitätsanforderungen an Endprodukte der Kompostierung für die auf Basis der KompostVO das Abfallende erklärt werden kann, festgestellt werden, dass die Messwerte für die Gesamtgehalte des zu beurteilenden Klärschlamms jeweils eine Größenordnung unter den Grenzwerten für Ausgangsmaterialien sowie auch wesentlich unter jenen für die Endprodukte der Kompostierung entsprechend der KompostVO liegen. Auch unter der Annahme, dass der gesamte mit dem Parameter Glühverlust (Bandbreite 22,1 – 28,4 M.-%) erfasste organische Anteil des Klärschlamms bei der Kompostierung abgebaut wird, liegen mit Ausnahme des Parameters Cadmium alle Schwermetallwerte eine Größenordnung unter den Grenzwerten der Qualitätsklasse A und um den Faktor zwei bis sieben unter den Grenzwerten der Qualitätsklasse A+. Auch der Parameter Cadmium unterschreitet den für die Deklaration des Abfallendes einzuhaltenden Grenzwert der Qualitätsklasse A. Es ist somit auszuschließen, dass es durch den biologischen Abbau des Klärschlamms im Rahmen der Kompostierung (auch ohne den verdünnenden Effekt von Strukturmaterial zu berücksichtigen) zu einer Überschreitung der für eine AbfallendeDeklaration geltenden Schwermetallgrenzwerte entsprechend der KompostVO kommt. Da Komposte der Qualitätsklasse A+ im Hobbygartenbau jährlich im Ausmaß von 10 l/m² sowie auch in der Landwirtschaft ohne besondere Anforderungen eingesetzt werden können (vgl. Anlage 4, KompostVO) und bei den für die genannten Anwendungsbereiche infolge der Bestimmung der jeweils angebauten Pflanzen für den menschlichen Verzehr definierten Grenzwerten von einem besonders hohen Schutzniveau für die Schutzgüter Mensch und Umwelt ausgegangen werden kann, ist der zu beurteilenden Klärschlamm als unschädlich einzustufen.

Es lässt sich somit festhalten, dass der gegenständliche Klärschlamm unter Zugrundelegung des nach der Richtlinie 2008/98 gebotenen hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und Umwelt als unschädlich einzustufen ist

Fragestellung 2: Führt die Verbrennung des gegenständlichen Klärschlamms insgesamt zu schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen?

Die Verbrennungsanlagen, in welchen der gegenständliche Klärschlamm im Sinne einer optimalen Ressourcenverwendung energetisch genutzt wird, unterliegen einer laufenden Überwachung durch Dritte. Auf Basis der daraus resultierenden Emissionsmessungen lässt sich - wie in Kapitel 4.2.3 gezeigt - feststellen, dass die Bescheid-mäßig zum Schutz von Mensch und Umwelt verordneten Grenzwerte bei weitem unterschritten werden. Darüber hinaus kann festgehalten werden, dass die thermische Behandlung des Klärschlamms entsprechend dem Behandlungsgrundsatz des Bundesabfallwirtschaftsplans auch sicherstellt, dass ggf. in diesem Fall aufgrund des geringen Anteils kommunalen Abwassers jedoch jedenfalls nur in geringem Umfang zu erwartende organische Kontaminationen durch endokrine Substanzen, pathogene Keime, Arzneimittelrückstände und Mikroplastik effektiv zerstört werden. Weiters ist festzustellen, dass es durch den hohen Kalkgehalt des Klärschlamms zu einer weitgehenden Bindung des Schwefels der verwendeten (auch anderen) Brennstoffe kommt und auf diese Art alternativ benötigte primäre Ressourcen substituiert werden können. Es lässt sich somit festhalten, dass die Verbrennung des gegenständlichen Klärschlamms insgesamt zu keinen schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen führt und darüber hinaus durch die effektive Zerstörung ggf. vorhandener organischer Schadstoffe besser als jede andere Form der Verwertung ein hohes Schutzniveau für die Schutzgüter Mensch und Umwelt sicherstellt. Darüber hinaus kommt es zur Ressourcenschonung alternativ als Additiv im Rahmen der Verbrennung für die Bindung saurer Gase erforderlicher Rohstoffe.

Fragestellung 3: Sind die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 bereits vor der Verbrennung erfüllt?

Wie der EUGH in seinem Urteil in der Rechtssache C-629/19 vom 14.10.2020 in der Randziffer 58 feststellt, ist

… der Umstand, dass dem Abwasser aus der Papier- und Zellstoffherstellung in der Kläranlage nur ein geringer Teil kommunalen Abwassers beigemengt wird, für die Beurteilung der Frage, ob der bei der gemeinsamen Behandlung dieser Abwässer anfallende Klärschlamm „Abfall“ ist, nicht relevant …

Vor diesem Hintergrund ist der Klärschlamm entsprechend seiner Eigenschaften unabhängig von den jeweiligen Ausgangsstoffen der Abwasserreinigung einer Beurteilung zu unterwerfen.

Nachfolgend sollen die in Artikel 6 Abs. 1 der ARRL definierten Kriterien für das Enden der Abfalleigenschaft einzeln für den gegenständlichen Fall, d.h. die energetische Nutzung des vorliegenden Klärschlamms, beurteilt werden.

?    Wird derartiger (industrieller) Klärschlamm gemeinhin verwertet?

Etablierte Verwertungspfade für Klärschlämme sind neben der Kompostierung und Nutzung im Landschaftsbau und der direkten Aufbringung in der Landwirtschaft auch die thermische Behandlung. In der Zellstoff- und Papierindustrie ist die energetische Nutzung des aus der Abwasserreinigung des im Rahmen der Zellstoff- und Papierproduktion entstehenden Abwassers entstehenden Klärschlamms gemeinhin üblich. Insbesondere aufgrund der energieintensiven Prozesse hat sich die energetische Nutzung von Rückständen der Produktion in dieser Branche als wichtige Grundlage zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit einzelner Produktionsstandorte etabliert. Alternativ stellt die Kompostierung auch eine mögliche Form der Verwertung dieser Klärschlämme dar. Insofern entspricht die Verwendung des Klärschlamms für diesen Zweck (d.h. der energetischen Nutzung) der im Allgemeinen üblichen Vorgangsweise.

?    Besteht ein Markt für den Klärschlamm oder besteht eine Nachfrage danach?

A B-GMBH & CO KG hat vor Jahrzehnten die Voraussetzungen geschaffen, dass der gegenständliche Klärschlamm entsprechend vorbehandelt in Form einer mechanischen Entwässerung kontinuierlich über Förderbänder den am Produktionsstandort von A B-GMBH & CO KG in G situierten Verbrennungsanlagen, die

1.    auch über den entsprechenden Konsens für den Einsatz dieses Klärschlamms als Brennstoff verfügen und

2.   über die vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte die Einhaltung eines hohen Schutzniveaus für die Schutzgüter Mensch und Umwelt sicherstellen,

zugeführt und somit zur Energieversorgung (insbesondere auch als Reagenz für die Rauchgasreinigung im Rahmen der Energieversorgung) des Produktionsstandorts in G verwendet werden kann. Der Klärschlamm stellt somit eine wesentliche Grundlage für den Produktionsstandort G dar.

Aus den genannten Gründen ist es offensichtlich, dass es einen Markt und eine Nachfrage nach dem gegenständlichen Klärschlamm gibt.

?    Erfüllt der Klärschlamm die technischen Anforderungen auch für die energetische Verwertung und genügt er den bestehenden Rechtsvorschriften?

Der Klärschlamm wird seit Jahrzehnten in den Verbrennungsanlagen der A B-GMBH & CO KG – K11 – sowie des WASSERVERBANDS – RVA – als Brennstoff energetisch genutzt. Im Rahmen dessen erfolgen – wie in Kapitel 4.2.3 dargestellt - jährliche durch Dritte durchgeführte Emissionsmessungen an den entsprechenden Verbrennungsanlagen. Sowohl durch den laufenden Betrieb als auch die im Rahmen der Emissionsmessungen festgestellte Einhaltung bzw. wesentliche Unterschreitung der Bescheid-mäßigen Grenzwerte kann festgehalten werden, dass die technischen Anforderungen für die energetische Verwertung des Klärschlamms erfüllt sind.

Für den konkreten Fall der energetischen Verwertung in den auf Basis der Gewerbeordnung (GewO) genehmigten Verbrennungsanlagen der A B-GMBH & CO KG sowie des WASSERVERBANDS sind keine rechtlichen Vorschriften für die Beschaffenheit des Brennstoffinputs vorgesehen. Aus diesem Grund können lediglich die in der Abfallverbrennungsverordnung (AVV) definierten Grenzwerte für Ersatzbrennstoffe bzw. Ersatzbrennstoffprodukte orientierend zum Vergleich herangezogen werden. Wie in Kapitel 4.2.1 dargestellt, werden die für Ersatzbrennstoffe für den Einsatz in Kraftwerksanlagen mit maximal 10% der Brennstoffwärmeleistung festgelegten Grenzwerte jeweils mindestens um 80% unterschritten. In der orientierenden Betrachtung konnte ebenfalls festgestellt werden, dass auch die Schadstoffgrenzwerte für Ersatzbrennstoffprodukte, für die ein vorzeitiges Abfallende für die bestimmungsgemäße Verwendung deklariert werden kann, mit Ausnahme des Parameters Schwefel unterschritten werden. Der gegebene Schwefelgehalt ist eindeutig dem industriellen Produktionsprozess (=> Sulfitverfahren) zuzuschreiben. Die Messwerte für Chrom und Cadmium liegen in der orientierenden Betrachtung unter den Grenzwerten für den 80-er Perzentil und lediglich geringfügig über bzw. beim Grenzwert für den Median. Wie auch durch die jährlichen Emissionsmessungen gezeigt werden konnte, werden die für die genannten Parameter relevanten Emissionsparameter SO2 im Mittel in der Größenordnung von 86% bzw. 89% sowie jene für die Parameter Cd+Hg bzw. Cd+Hg+Tl im Mittel in der Größenordnung von 99,8% bzw. 99,5% und jene für den Parameter As+Cr+Co+Ni im Mittel in der Größenordnung von 98,6% unterschritten und jedenfalls ausnahmslos eingehalten.

Vor dem Hintergrund des oben Dargestellten ist festzuhalten, dass der Klärschlamm die technischen Anforderungen auch für die energetische Verwertung erfüllt und – soweit zutreffend – auch den bestehenden Rechtsvorschriften entspricht.

?    Führt die Verwendung des Klärschlamms als Brennstoff insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen?

Diese Frage wurde bereits in Kapitel 5.3 beurteilt. Wie durch jährliche Emissionsmessungen gezeigt werden kann, kommt es durch die energetische Nutzung des Klärschlamms in den Verbrennungsanlagen der A B-GMBH & CO KG (K11) sowie des WASSERVERBANDS (RVA) zu keinen schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen. Es lässt sich somit festhalten, dass die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 bereits vor der Verbrennung erfüllt sind.“

Im abfalltechnischen Gutachten des unterzeichneten Amtssachverständigen vom 17.12.2020, GZ.: ABT15-310711/2020-2, wurde in der gegenständlichen Angelegenheit zur Frage des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 30.11.2020, welche Spezifikationen der gegenständliche Klärschlamm einhalten muss, um bereits vor dem Einsatz als Ersatzbrennstoff nicht mehr Abfallregime zu unterliegen Folgendes festgestellt:

„Unter Bezugnahme auf die übermittelte Entscheidungssprechung zu EuGH 14.10.2020, C-629/19 (A B-GmbH & Co KG ua) und dem Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der A B-GmbH & Co KG , Dr. C und Mag. D, vom 26.11.2020, Zahl 13 A B-GmbH & Co KG 06-366 RA/G wurden zur Feststellung möglicher negativen Umweltauswirkungen bzw. zur Feststellung ob die Verwendung des Klärschlammes insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führt, Untersuchungen des Klärschlammes durch die Firma H vom 03.10.2013 herangezogen. Weiters wird im Schreiben der A B-GmbH & Co KG vom 26.11.2020 unter h) angeführt, dass regelmäßige von externen Stellen Untersuchungen für das Rauchgas und auch den Klärschlamm durchgeführt wurden.

Aus fachlicher Sicht ist eine Untersuchung der Klärschlammzusammensetzung nach den Vorgaben der Anlage 1, Teil 2 der Kompostverordnung jedenfalls geeignet um Aussagen über allfällige Umweltauswirkungen treffen zu können. Diese Untersuchungen liegen dem ASV für die vollständige Beurteilung des Sachverhaltes nicht vor und wären daher von der A B-GmbH & Co KG vorzulegen. Vergleiche der Untersuchungsergebnisse mit den Grenzwerten der Anlage 2 der Kompostverordnung (Qualitätsanforderungen an das Endprodukt) werden bei der fachlichen Beurteilung zu berücksichtigen sein.

Bei einem Einsatz von Klärschlämmen in einer Mitverbrennungsanlage ist es hinsichtlich der Zusammensetzung dieser Schlämme zwar unerheblich, ob diese als Abfall oder Biomasse eingesetzt werden, bei der Festlegung von Emissionsgrenzwerten ist dieser Umstand jedoch zu beachten, da diese bei den meisten der zu messenden Parametern nicht übereinstimmen.

Eine tabellarische Vorlage der Ergebnisse der Emissionsmessungen bei beiden Kesseln (Kessel 11 und RVA) ist daher ebenfalls erforderlich.

GUTACHTEN

Aus fachlicher Sicht wird festgestellt, dass das Gutachten bezüglich des Vorliegens der Abfalleigenschaft für den Klärschlamm der ARA des Wasserverbandes „Region G – G“, verfasst von Hon.-Prof. (FH) DI Dr. F G vom 01.03.2021, GZ.: **** fachkundig erstellt wurde und weitgehend schlüssig ist.

Im Anschluss wird auf die von F G behandelten drei Fragestellungen näher eingegangen sowie die Frage des LVWG vom 30.11.2020 welche Spezifikationen der gegenständliche Klärschlamm einhalten muss, um bereits vor dem Einsatz als Ersatzbrennstoff nicht mehr Abfallregime zu unterliegen, beurteilt.

Zur Frage 1 „Ist der gegenständliche Klärschlamm unter Zugrundelegung des nach der Richtlinie 2008/98 gebotenen hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und Umwelt als unschädlich einzustufen?“ wird ausgeführt:

Ein Vergleich der Zusammensetzung des gegenständlichen Klärschlammes mit den Vorgaben der Kompostverordnung ist aus abfalltechnischer Sicht geeignet um allfällige Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen im Sinne des AWG 2002 beurteilen zu können.

Im Gutachten F G wird schlüssig dargelegt, dass die Messwerte für die Gesamtgehalte gesichert unter den Grenzwerten für Ausgangsmaterialien sowie auch unter jenen für die Endprodukte entsprechend der Kompostverordnung liegen.

Sollte der gesamte mit dem Parameter Glühverlust erfasste organische Anteil des Klärschlamms bei der Kompostierung abgebaut werden, liegen weiterhin alle Schwermetallwerte unter den Grenzwerten für Ausgangsmaterialien und den Grenzwerten des Endproduktes der Qualitätsklasse A. Die Einhaltung der Grenzwerte der Qualitätsklasse A+ ist dann nur beim Parameter Cadmium nicht gegeben.

Somit ist aus fachlicher Sicht die Beurteilung, abweichend von der Schlussfolgerung im Gutachten F G, auf Basis der Qualitätsklasse A durchzuführen. Klärschlammkomposte der Qualitätsklasse A dürfen gemäß Teil 2 der Anlage 4 zur Kompostverordnung zulässigerweise im Hobbygartenbau für Pflanzungen und im Landschaftsbau und der Landschaftspflege sowie für Rekultivierungsschicht auf Deponien verwendet werden.

Vor allem unter dem Hinweis auf die zulässige Verwendung im Hobbygartenbau kann, natürlich nur unter der Voraussetzung der Einhaltung der maximal zulässigen empfohlenen jährlichen Aufbringungsmenge von 10 l/m2, keine Beeinträchtigung oder gar Gefährdung öffentlicher Interessen im Sinne des § 1 AWG 2002 abgeleitet werden.

Zur Frage 2 „Führt die Verbrennung des gegenständlichen Klärschlamms insgesamt zu schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen?“

Vorab wird festgestellt, dass mit Ausnahmen der Abfallverbrennungsverordnung keine Verordnung vom Gesetzgeber erlassen wurde, die Eingangsparameter beim Einsatz von Brennstoffen vorschreibt. Die Beurteilung möglicher Auswirkungen erfolgt anhand der Emissionen von Schadstoffen in die Luft.

Die Vorgaben der AVV werden im gegenständlichen Fall als strengstes Kriterium zur Beurteilung allfälliger nachteiliger Auswirkungen herangezogen. Der Stand der Technik ist jedoch über die in Zahlen gegossenen Emissionsgrenzwerte für die einzelnen Luftschadstoffe definiert.

Im Gutachten F G wird schlüssig die Einhaltung der Grenzwerte für sonstige Ersatzbrennstoffprodukte gemäß Anlage 9 mit Ausnahme der Parameter Schwefel und Chrom (geringfügige Überschreitung des Grenzwertes für den Median) sowie Cadmium (grenzwertnahe) dargestellt. Weiters wird die Einhaltung der Grenzwerte für Ersatzbrennstoffe beim Einsatz in Kraftwerksanlagen (BWL ? 10%) gemäß Anlage 8 für alle Parameter, jeweils Tabelle 1.2 der AVV, dargelegt.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse der Emissionsmessungen bei der Rindenverbrennungsanlage (RVA) und der beim Kesses 11 wird, trotz Überschreitung einzelner Grenzwerte für sonstige Ersatzbrennstoffprodukte gemäß Anlage 9, die gesicherte Einhaltung der mit Bescheid vom 20.08.1985 sowie vom 23.04.1987 vorgeschriebenen Grenzwerte festgestellt. Dies gilt auch für die Emissionsparameter SO2 sowie die Summenparameter Cd+Hg+Tl sowie As+Cr+Co+Ni.

Zur Aussage im Gutachten, dass es zur Ressourcenschonung im Rahmen der Verbrennung für die Bindung saurer Gase (SO2) durch den Einsatz des Klärschlammes kommt (der hohe Kalkgehalt im Klärschlamm ersetzt ein sonst erforderliches Additiv in der Rauchgasreinigung), wird angemerkt, dass diese sauren Gase nur im Falle einer Verbrennung gebildet werden.

Nachdem im gegenständlichen Fall die anfallenden Klärschlämme ausschließlich in der Rindenverbrennungsanlage (RVA) bzw. in den Kessel 11 eingebracht, bzw. bei einem Ausfall dieser Kessel einer externen Kompostierung zugeführt werden sollen, wird festgestellt, dass eine mögliche Beeinträchtigung oder Gefährdung öffentlicher Interessen im Sinne des § 1 AWG 2002 derzeit aus den vorliegenden Daten nicht abgeleitet werden kann. Somit kann auch die Aussage, dass es durch die Verwendung des Klärschlammes insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen kommt, nachvollzogen werden.

Auf die Anpassungsverpflichtungen an den Stand der Technik (BvT Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen (LCP) bzw. BvT Schlussfolgerungen Abfallverbrennung WI) der gegenständlichen Anlagen wird hingewiesen, die bei dieser Beurteilung, wie eingangs angeführt, nicht zu berücksichtigen war.

Die Ausführungen im Gutachten F G zur Frage 3 „Sind die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 bereits vor der Verbrennung erfüllt?“ werden inhaltlich, eingeschränkt auf die technische Beurteilung, mitgetragen, da schlüssig dargelegt wurde, dass der Klärschlamm für bestimmte Zwecke verwendet wird (Einsatz für die Prozessdampferzeugung) und ein Markt für diesen oder eine Nachfrage danach besteht. Weiters erfüllt der Klärschlamm die technischen Anforderungen nach den Bestimmungen der Kompostverordnung und werden hinsichtlich der Verbrennung auch keine Grenzwertüberschreitungen durch den Einsatz von Klärschlamm festgestellt. Durch eben diese nachgewiesene Einhaltung der Emissionsgrenzwerte ist davon auszugehen, dass der Einsatz insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führt.

Die vor der Verbrennung durchgeführte mechanische Entwässerung des Klärschlammes kann unter Hinweis auf Anhang 2 AWG 2002 dem Verwertungsverfahren R12 - Austausch von Abfällen, um sie einem der unter R1 bis R11 aufgeführten Verfahren zu unterziehen – zugeordnet werden.

Zur Frage des LVWG vom 30.11.2020 welche Spezifikationen der gegenständliche Klärschlamm einhalten muss, um bereits vor dem Einsatz als Ersatzbrennstoff (Anmerkung: ausschließlich in den beiden Kesseln am Betriebsstandort – RVA und Kessel 11) nicht mehr dem Abfallregime zu unterliegen, wird aus abfalltechnischer Sicht, unter Hinweis auf die obigen Ausführungen, die Einhaltung der Kriterien für die Kompostverordnung vorgeschlagen. Bei einer Kompostierung des gegenständlichen Klärschlammes entsteht ein Produkt, welches unmittelbar für den Hobbygartenbau oder auch für Pflanzungen verwendet wird und somit auch ein direkter Einfluss auf Boden und Grundwasser und damit auf die Nahrungskette gegeben ist. Dabei sind zumindest die Grenzwerte für Ausgangsmaterialien als auch die Grenzwerte für das Endprodukt der Qualitätsklasse A einzuhalten.

Das Gutachten wurde sodann an die Beschwerdeführer übermittelt und diesen die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer angemessenen Frist etwaige Stellungnahmen zu übermitteln. Innerhalb offener Frist langte eine Rückäußerung der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer ein. Darin wird zusammengefasst festgehalten, dass in der konsolidierten Fassung der Abfallrahmenrichtlinie (durch RL 2018/851) unter erleichterten Voraussetzungen das Erreichen des Abfallendes möglich sei. Überdies wurde auf die Entscheidung des EuGH vom 14.10.2020, C-629/19, eingegangen und die Einhaltung der vom EuGH in der gegenständlichen Entscheidung herausgearbeiteten Kriterien dargelegt. Weiters wurde die Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH im Zusammenhang mit Abfallbegriff dargelegt und insbesondere ausgeführt, dass ursprüngliche Rechtsprechung zunächst zu Gesteinsmassen ergangen sei und damaligen Anlassfall lediglich eine theoretische Weiterverwendungsmöglichkeit der Gesteine gegeben gewesen sei. Diese Rechtsprechung habe sich jedoch dahingehend fortentwickelt, als bei einer gesicherten Verwertung nicht von Abfall auszugehen sei. Abschließend wurde die Abänderung des ursprünglichen Feststellungsbescheides begehrt.

Auf Grundlage des oben beschriebenen Ermittlungsverfahrens wird vom Verwaltungsgericht folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Die A B-GmbH & Co KG betreibt am Standort G (Bstraße, G) eine Großindustrieanlage zur Herstellung von Papier und Zellstoff. Prozessbedingt fällt eine große Menge an industriellem Abwasser an, das einer entsprechenden Aufbereitung bedarf. Zu diesem Zweck befindet sich am Standort G eine Kläranlage, die von der A B-GmbH & Co KG und dem Wasserverband „Region G-G“, wobei auch die A B-GmbH & Co KG auch Mitglied dieses Wasserverbandes ist, betrieben wird.

Zu über 95% wird in dieser Kläranlage Abwasser der Zellstoff- und Papierproduktionsanlage und zu ca. 5% kommunales Abwasser behandelt. Der dabei anfallende Klärschlamm resultiert aufgrund des vergleichsweise höheren Feststoffgehalts des industriellen Abwassers zu 97% aus dem industriellen Abwasser und lediglich zu ca. 3% aus kommunalem Abwasser. Der Klärschlamm wird nach einer mechanischen Entwässerung in am Produktionsstandort in G situierten Verbrennungsanlagen von der A B-GmbH & Co KG (Kessel 11) bzw. dem Wasserverband „Region G-G“ in dessen Reststoffverbrennungsanlage verbrannt. Die bei der Verbrennung entstehende Wärme wird für die Energieversorgung der Zellstoff- und Papierproduktion der A B-GmbH & Co KG in Form von Dampf verwendet, wobei eine interne Verrechnung zwischen den beiden Betreibern vertraglich vereinbart ist.

Beim gegenständlich betrachteten Stoffstrom handelt es sich um einen aus der Abwasserreinigung von vorwiegend industriellem Abwasser der Zellstoff- und Papierproduktion entstehenden Klärschlamm, der einer mechanischen Entwässerung als Vorbehandlung zugeführt und danach kontinuierlich über Förderbänder in dafür genehmigten Verbrennungsanlagen als Brennstoff für die Energiebereitstellung für die Zellstoff- und Papierherstellung energetisch genutzt wird und es kommt so zu einer Substitution anderer Brennstoffe. Darüber hinaus stellt insbesondere der im Klärschlamm enthaltene Kalk ein wichtiges emissionsminderndes Additiv für die Verbrennungsanlagen dar.

Beweiswürdigung:

Der oben beschriebene Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten, dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2016 und dem Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 23.04.2021. Im Gutachten werden vom abfalltechnischen ASV, aufbauend auf dem Gutachten von Hon.-Prof. (FH) DI Dr. F G erstellten Gutachten vom 01.03.2021, GZ: ****, in schlüssiger, nachvollziehbarer und widerspruchsfreier Art und Weise die vom Landesverwaltungsgericht gestellten Fragestellungen abgearbeitet und das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 6 ARRL aus fachlicher Sicht überprüft.

Rechtliche Beurteilung:

Für den vorliegenden Beschwerdefall sind insbesondere nachstehende Gesetzesbestimmungen heranzuziehen:

Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr.102/2002, idF. BGBl. I Nr. 8/2021:

§ 1 Abs 1:

„Die Abfallwirtschaft ist im Sinne des Vorsorgeprinzips und der Nachhaltigkeit danach auszurichten, dass

1.  schädliche oder nachteilige Einwirkungen auf Mensch, Tier und Pflanze, deren Lebensgrundlagen und deren natürliche Umwelt vermieden oder sonst das allgemeine menschliche Wohlbefinden beeinträchtigende Einwirkungen so gering wie möglich gehalten werden,

2.  die Emissionen von Luftschadstoffen und klimarelevanten Gasen so gering wie möglich gehalten werden,

3.  Ressourcen (Rohstoffe, Wasser, Energie, Landschaft, Flächen, Deponievolumen) geschont werden,

4.  bei der stofflichen Verwertung die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe kein höheres Gefährdungspotential aufweisen als vergleichbare Primärrohstoffe oder Produkte aus Primärrohstoffen und

5.  nur solche Abfälle zurückbleiben, deren Ablagerung keine Gefährdung für nachfolgende Generationen darstellt.“

§ 1 Abs 3:

„Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.  die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.  Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.  die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.  die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.  Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.  Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.  das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.  die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.  Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.“

§ 2 Abs 1:

„Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen

Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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